Nachdem wir bereits ausgiebig das erste Kapitel von Armored Core VI exklusiv bei Bandai Namco in Frankfurt anspielen konnten, gibt es hier jetzt unsere finalen Eindrücke nach über 20 Stunden mit dem nächsten großen Titel von FromSoftware (Elden Ring, Bloodborne, Dark Souls). Ob die Serie mit dem neuen Teil wieder richtig aufleben kann und was vor allem Neueinsteiger erwarten können, findet ihr wie immer bei uns im Test heraus.
Vorwissen empfehlenswert, aber nicht zwingend notwendig
Mit 13 Hauptspielen, 7 Spin-Offs und 3 Remastered Re-Releases kann man als Neueinsteiger in die Serie leicht die Sorge entwickeln, dass man bei Armored Core VI: Fires of Rubicon nicht unbedingt der Geschichte folgen kann. FromSoftware hat hier den Weg gewählt, sowohl Neulinge, als auch Veteranen etwas Außerordentliches zu servieren, wobei ein wenig Vorwissen definitiv nicht schadet. Viele Titel und Namen von Fraktionen, Mechs oder einzelnen Teilen sind in den diversen Ablegern schon einmal (zumindest als Referenz) vorgekommen, wodurch man sich deutlich leichter tut, die einzelnen Fraktionen und Charaktere genauer einzuordnen, wenn man schon einmal einen Armored Core-Ableger gespielt hat. Generell liefert das Spiel hier nur in der, für die Serie üblichen, Missionsstruktur pro Kapitel einzelne Radiogespräche und kurze Missionsbesprechungen, um die Geschichte sowie die Welt dem Spieler näher zu bringen. Unterstützend sind zusätzlich in fast allen Missionen Battle Logs versteckt, die Auszüge von Bewohnern vor der Katastrophe, die sich auf dem Planeten Rubicon 3 ereignet hat, näher bringen. Wer schon einmal einen der letzten großen Ableger des Studios gespielt hat, wird an diese Art des Weltaufbaus bzw. dieser Art, Geschichten zu erzählen, gewohnt sein. Als treuer „Hund“ oder auch als unabhängiger Söldner, interessieren euch die Geplänkel und die Politik zwischen den interplanetarischen Konzernen und Widerstandsgruppen relativ wenig, Hauptsache die Bezahlung stimmt. Aufgeteilt in fünf Kapitel oder auch Rang F bis S, arbeitet ihr euch in guten 15-20 Stunden an Spielzeit von Mission zu Mission (30-40 Stunden wenn ihr alle alternativen Missionen spielen/sehen wollt), um am Ende jedes Kapitels einen finalen Bosskampf zu bestreiten. Ähnlich wie auch schon in Elden Ring kommt es in einigen Missionen zu Konflikten. Ihr müsst euch aktiv entscheiden, welche Seite ihr unterstützt – und nach dem Absolvieren solch einer Mission wird die andere Seite erst in einem weiteren Spieldurchlauf wieder verfügbar sein. Man sollte hier nicht Unmengen an multiplen Enden und Szenarien erwarten, aber Veteranen werden dadurch aktiver in die Geschichte involviert, indem man sich für eine jeweilige Fraktion entscheidet und damit das Schicksal von bestimmten Gegenspielern besiegelt. New Game+ wirft euch nach dem Abspann direkt wieder ins Menü, wo ihr alle Missionen von vorne beginnen könnt, ohne einen neuen Speicherstand zu starten. Arena-Missionen und die erste Mission „Illegal Entry“ müssen nicht erneut gespielt werden.
Wer komplett neu in die Serie einsteigt, sollte sich vor allem in der Arena jeden Text zu den einzelnen Söldnern durchlesen. Die meisten dieser Söldner befinden sich als optionale Herausforderung versteckt in bestimmten Missionen oder sind storyrelevante Bosse, lassen sich aber auch separat in der Arena bekämpfen. Wer genau aufpasst, wird auch ein paar nette Anspielungen an andere Titel des Studios entdecken. Die Zwischensequenzen – seien es Intros für die epischen Bosskämpfe oder Hintergrundinformationen zur Welt des Spiels -, sehen großartig aus und tragen allgemein dazu bei, dass Armored Core, neben Elden Ring, eines der schönsten Spiele des Studios geworden ist. Die einzelnen Missionen sind zwar oftmals deutlich trostloser gestaltet und hin und wieder überraschend leer, liefern aber immens viele Ebenen zum Erkunden oder auch großartige Schauplätze für immens schnelle und spannende Kämpfe.
Der richtige Build ist alles
Was Armored Core stark von Soulsborne-Ablegern unterscheidet: Die Relevanz von Builds! Während man Elden Ring oder Bloodborne mit genug an Skills nackt oder einer Standardwaffe durchspielen kann, ist in Armored Core jeder einzelne Bestandteil eures Mechs spielentscheidend. Vor allem in den Missionen ab Rang A-S müsst ihr allerspätestens lernen, euch mit jedem Bereich eures Mechs zu beschäftigen. Neue Beine für mehr Lebensenergie (AP) oder mehr Agilität oder auch die richtige Wahl der Schulterbewaffnung können einzelne Bosskämpfe zu Spaziergängen machen, vorausgesetzt ihr habt wie für Dark Souls und co. üblich, die einzelnen Bewegungsabläufe und Phasen genau studiert. Wenn man bedenkt, welche Sprünge die letzten Spiele des Studios in Sachen Variation und Vertikalität gemacht haben – von Bloodborne zu Sekiro und danach von Sekiro zu Elden Ring -, wirkt Armored Core VI wie die finale Stadium. Kämpfe sind so dynamisch und schnell wie noch nie und verlagern sich in vielen Fällen sogar in die Lüfte. Trotz der Herausforderung, jeden einzelnen Kampf damit weiterhin ausgeglichen und fordernd zu halten, läuft das Spiel unglaublich flüssig. Während der über 20 Stunden mit dem Titel hatten wir bereits eine gute Woche vor dem offiziellen Release keinerlei Abstürze oder Framerate-Einbrüche. Gerade einmal in einer der letzten Missionen sind manche kleineren Gegner kurz einmalig Clipping-Fehlern zum Opfer gefallen oder in diversen Böden stecken geblieben, aber ansonsten ist nichts Erwähnenswertes aufgetreten. In Sachen Gameplayvielfalt und -variation der einzelnen Mech-Builds leistet FromSoftware wieder einmal eine unglaubliche Arbeit! Wo die Variation etwas zu kurz kommt, ist der Fokus auf das „Staggern“ der Gegner: Wenn man Gegnern mehr Schaden zufügen will, muss man in so gut wie allen Fällen die Stagger-Leiste der Gegner aufs Maximum treiben. Da es gesamt nicht all zu viele Möglichkeiten an Schäden (Explosiv/Kinetisch/Energie) gibt, läuft es meistens darauf hinaus, einfach in kurzer Zeit, möglichst viel Schaden am Gegner anzurichten und dann mit einem Nahkampf-Angriff zu folgen.
Damit wird man selten motiviert, die unzähligen Mech-Möglichkeiten auszutesten, wenn man einen halbwegs effizienten Build gefunden hat. Zusätzlich habt ihr nur außerhalb von Missionen Zugriff auf den Shop. Wenn euch also ein passendes Teil fehlt, um einem bestimmten Boss effizient Schaden zuzufügen, heißt es „Mission beenden“ und komplett von vorne beginnen, außer ihr habt davor das notwendige Teil schon im Shop gekauft. Allgemein muss man hier aber zur Verteidigung der Serie sagen, dass es ein unglaublich gutes Gefühl ist, wenn man die einzelnen Mechaniken verstanden hat, und vor allem wie die einzelnen Teile ineinandergreifen und euren Spielstil beeinflussen. Zusammen mit dem dynamischen Spielablauf, der vier belegbare Waffenslots und genauste Mech-Konfiguration zu bieten hat, liefert FromSoftware das intensivste Spielerlebnis ab, welches man bisher von diesem Entwicklerstudio gesehen hat. Im Gegensatz zu ihren anderen Titeln wurden dieses Mal zudem weniger kryptische Item-Texte und mehr Tutorials implementiert. In eigenen besagter Tutorial-Levels schaltet ihr sogar wichtige Einzelteile frei und könnt in Ruhe relevante Spielmechaniken und Builds austesten. Wenn man mit einer der unzähligen Anzeigen in der Übersicht überfordert ist, kann man sich außerdem Hilfetexte anzeigen lassen, die sehr präzise erklären, wie sich jeder Wert genau auf den Mech auswirkt. Wirkliche Frustmomente kommen im Spiel eigentlich nur auf, wenn man mal wieder die Übersicht bei schnelleren Gegner oder einem höheren Gegneraufkommen verliert oder der Mech sich entscheidet, seine Booster zu starten, anstatt dem Nahkampfangriff, weil man neben L2 den R3-Button erwischt hat.
Arena und Nest liefern nette Unterhaltung abseits der Hauptmissionen
Wer sich die Hauptmissionen leichter machen will und zusätzlich gerne persönlich mit den anderen Söldnern aus dem Spiel in den Ring steigt, begibt sich in die altbekannte Arena. Hier habt ihr pro Kapitel/Rang passende Gegenspieler in Einzelkämpfen zur Auswahl, die euch als Belohnung OST Chips („Operating System Tuning Chips“) liefern, mit denen ihr Upgrades für mehr Schaden bzw. bessere Heilung oder auch manuelles Zielen freischaltet. Wenn ihr euch stattdessen online mit anderen Spielern messen wollt, steht der „Nest“ Modus zur Verfügung, nachdem man diesen im Spiel freigeschalten hat.
In den ersten beiden Kapitel von Armored Core VI hat sich FromSoftware mit dem üblichen Schwierigkeitsgrad und der hohen Lernkurve merklich zurückgehalten. Doch danach hört es sich mit den Hilfestellungen auf und man kann sich als Soulsborne-Veteran auf die gewohnt hohe Härte verlassen, bei der sich einige Spieler bei manchen Bossen doch viele Stunden die Zähne ausbeißen werden.
Fazit
Armored Core VI: Fires of Rubicon ist eine absolut gelungene Rückkehr einer Serie, die fast schon in Vergessenheit geraten ist. Auch wenn man als Neueinsteiger leicht den Überblick zwischen den ganzen Fraktionen und Söldnern verlieren kann, oder die Kamera in Kombination mit den vielen Explosionseffekten es schwierig gestaltet, die Übersicht zu behalten, liefert das Studio hier eines ihrer bisher besten Spielerlebnisse ab. Wer eine ordentliche Herausforderung sucht oder auch frisch in die Welt von Armored Core einsteigen will, wird definitiv mörderisch Spaß mit dem neuen FromSoftware-Titel haben.
Positiv
+ Unglaublich dynamische und schnelle Kämpfe
+ Anpassbarkeit bis ins kleinste Detail, die direkte Auswirkungen im Spielverlauf zeigt
+ Bosskämpfe überzeugen fast durchgehend
+ Hoher Wiederspielwert durch Entscheidungsmöglichkeiten und versteckten Missionszielen
Negativ
– Oftmals zu überladener Bildschirm in Kombination mit immens schneller Kameraführung
– Ohne Vorwissen aus den Vorgängern ist es schwierig, Anteil an der Story mit ihren verschiedene Fraktionen zu nehmen