Review: Voice of Cards: The Isle Dragon Roars – Ein klassisches RPG nur aus Karten

In der Spiele-Industrie von heute ist das Role Playing Game inzwischen überall vorzufinden! Sei es, ob der neuste Shooter EP-basierende Upgrades integriert hat oder man eine der vielen Subgenres wie das Roguelike spielt, dass RPG hat überall die Finger drin. Dem gegenüber steht der Fakt, dass das klassische rundenbasierte RPG (mit Ausnahme von Pokémon und ein paar anderen Beispielen) eine absolute Nischenerscheinung geworden ist. An diesem Punkt dürfen wir uns aber freuen, dass es wieder ein Genre-Vertreter auf den Markt geschafft hat – und dazu auch noch Nier-Entwickler Yoko Taro verantwortlich zeichnet. Wir haben Voice of Cards: The Isle Dragon Roars bereits für euch getestet, nachstehend könnt ihr von unseren Erfahrungen lesen!

Abenteurer, schlagt den Drachen tot!

Ein Königreich, eine Prinzessin, ein Drache, der getötet werden muss! Genau so lautet die Prämisse für Voice of Cards, in der ihr euch zu Beginn mit anderen Abenteurern im Thronsaal aufhaltet, um den Auftrag von der Prinzessin persönlich entgegen zu nehmen. Ihr seid der geldgierige Schwertkämpfer Dust (wahlweise könnt ihr euch auch einen anderen Namen ausdenken) in Begleitung eines dinoartigen Monsters namens Marin, bereit, um den Kontinent von der Gefahr durch den Drachen zu befreien. Dabei ist von Anfang an klar, dass Dust nicht am Heldentum, sondern nur am Reichtum interessiert ist.

Kurz darauf werdet ihr (nicht das letzte Mal) auf die unliebsamen drei Mitglieder des Weißen Ordens stoßen, die ich euch mit allen Mitteln zu übervorteilen versuchen. Glücklicherweise stößt Dust auch auf Chloe, die zum dritten Partymitglied wird, und die Schwertangriffe von Dust und Marins physische Attacken mit Magie ergänzt. Im Spielverlauf werdet ihr zudem noch zwei weitere Mitstreiter finden – da eine aktive Party allerdings nur aus drei Teilnehmern bestehen kann, werden die anderen passiv in Reserve gesteckt. Sie erhalten aber dennoch auch Erfahrungspunkte um Aufleveln zu können.

Die Erzählweise der Handlung sticht besonders heraus. Die Charaktere sprechen und bewegen sich auch nicht, sondern existieren lediglich in Form von Karten, die bewegt werden oder auf die zahlreiche Effekte gelegt werden. Die Vertonung der Dialoge übernimmt ein authentischen Erzähler, der durch seinen leicht lustlosen Ton zwar im ersten Moment befremdlich wirkt, dafür aber die Geschehnisse bestens beschreibt. Somit fühlt man sich wie an einem Tabletop-Tisch, auch wenn die Aktionsmöglichkeiten der Spielenden sich meist darauf begrenzen, zwischen zwei oder drei Antwortmöglichkeiten zu wählen, die das Geschehen nicht allzu stark beeinflussen. Auch jede Stadt und die Oberwelt – ihr habt es erraten -, bestehen nur aus Spielkarten.

In den zahlreichen Städten lohnt es sich derweil, mit allen möglichen NPCs zu sprechen. Dadurch erhält man nicht nur zusätzliches Wissen über die Welt und Zugang zu Nebenaufgaben, sondern auch sogenannte Kartenrücken. Jeder Charakter und jedes Monster ist nämlich als Karte in einer Enzyklopädie gespeichert, und wer bestimmte Voraussetzungen erfüllt, kann diese umdrehen, um mehr Informationen zu erhalten – Waffenbeschreibungen aus Nier lassen grüßen.

Runde um Runde klassisches Kampfsystem

Auch in Kampfsituationen weicht man – wenig überraschend – nicht von der Darstellung als Kartendesign ab. Die untere Reihe bildet die Party, die obere die feindlichen Reihen. Auch die Auswahl an Angriffen wird rein mit Karten dargestellt und liefert eine simple Übersicht über die bereits besessenen und neu erlernten Skills. Der Haken an der Sache: stärkere Fähigkeiten kosten mehr Juwelen.

Diese werden links oben in einer Truhe gesammelt – vor jedem Zug eines Partymitglieds wird ein Juwel in die Schatulle gelegt, zum Kampfbeginn selbst liegen bereits zwei darin. Spieler, die also momentan keine Juwelen besitzen, aber beispielsweise Chloes „Donnersturm“ einsetzen wollen, müssen darauf drei Züge sparen, indem sie nur Standardangriffe nutzen oder gleich mit den Charakteren passen. „Donnersturm“ verursacht Schaden an allen Gegner in Höhe von Chloes Angriff (links unten auf ihrer Karte zu sehen) plus 4 Basisschaden. Die anderen Werte auf den Charakterkarten sind Verteidigung (rechts unten) und die Anzahl der aktuellen HP (unten Mitte).

Außer durch Levelaufstieg kann man diese Werte auch ganz rollenspieltypsich mit Ausrüstung verbessern. Bessere Waffen, Rüstungen und Accessoires können in Schatztruhen, die in Dungeons herumstehen, gefunden oder auch ganz einfach beim Waffenhändler gekauft werden. Dabei passt natürlich nicht jedem Helden jede Rüstung – auch das ist ein typischer Umstand für ein klassisches RPG.

Wobei Voice of Cards dann doch mit ein wenig mehr Zufall arbeitet, als andere Genre-Vertreter. Denn oftmals ist mal ein Würfel in die verschiedenen Skill-Befehle eingebunden, der über Höhe des Schadens und in gewissen Fällen sogar darüber bestimmt, ob noch ein zusätzlicher Effekt ausgelöst wird. In dem Beispiel oben muss erst eine Fünf gewürfelt werden, damit der Gegner mit dem Zustand „Frost“ belegt wird. Abschließend erwähnt werden sollten noch die Talente: Dabei handelt es sich um permanente Boni im Kampf, die durch Levelaufstieg freigeschalten werden. So kann Chloe mit „Doppelresistenz“ erlittenen Wind- und Blitzschaden um 5 Punkte verringern oder die sich später anschließende Viri mit „Lehren des Waldvolks“ immun gegenüber Gift und Toxin werden.

Das Kartenspiel im Kartenspiel

Es wäre fast schon eine verpasste Chance, wenn man nicht noch ein echtes Kartenspiel mit eigenen Regeln in ein Spiel integriert, dass bereits nur aus Spielkarten besteht. Deshalb wurde vom Entwicklerstudio ein simples Spiel bis zu gegen drei Mitspieler konzipiert, dass in der Spielhalle jeder Siedlung begonnen werden kann. Die Spielmodi reichen von „Einfach“ bis zu „Alles aktiv“ und werden zunehmend chaotischer. Es geht darum, Pärchen desselben Werts oder Drillinge desselben oder aufsteigenden Werts (also beispielsweise 4-4-4 oder 4-5-6) zu finden und diese dann als Kartenreihe am eigenen Feld abzulegen. Der addierte Wert der Karten wird dann eurem Gesamtwert gutgeschrieben.

Man darf aber immer nur eine lose Handkarte besitzen, die restlichen Karten werden in die geteilte Ablage gelegt, wo sie auch vom Gegner genutzt werden können. Zudem ist es nicht möglich, mehr als drei verschiedene Kartenreihen zu besitzen, für jede weitere muss man sich von einer bereits zusammengefügten Reihe trennen. Spannend wird es erst im Modus „Skills aktiv“ und „Ereignisse aktiv“, denn dann löst man mit Karten gleichen Werts auch deren Fähigkeit aus: So ist es zum Beispiel mit einem Ass-Pärchen möglich, vor dem eigenen Zug einen Würfel entscheiden zu lassen, ob man noch eine zusätzliche Karten ziehen darf.

Noch bunter wird es dann mit den Ereigniskarten: Vor jedem Zug entscheidet sich der Spieler, ob er eine Karten diesen Stapels ziehen möchte. Das Ergebnis kann dementsprechend gut (z.B. ziehe zwei zusätzliche Karten) oder schlecht (z.B. setze eine Runde aus) ausfallen. Vollends chaotisch wird es mit der Joker-Karte. Sie tauscht eine beliebige Kartenreihe der Spieler mit einer eines anderen aus; so kann der Letztplazierte mit ein wenig Glück schnell zum Sieger der Partie werden.

Unterm Strich kann man das Kartenspiel als nette Draufgabe zu Voice of Cards ansehen. Es macht durchaus für ein paar Runden Spaß, allerdings fehlt der nötige Tiefgang, um für Langzeitmotivation zu sorgen. Oftmals geht es einfach zu chaotisch zu, sodass nie wirklich strategisch gespielt werden kann – der Zufall regiert also. Als Sieger geht dann oftmals der Spieler mit dem meisten Glück und nicht der besten Taktik hervor.

Fazit

Voice of Cards: The Isle Dragon Roars lebt von seiner Präsentation und der Idee, ein klassisches RPG nur mit Karten umzusetzen. Von Skills über zufällige Ereignisse und kleinen Entscheidungsfreiheiten zieht der Titel alle Register eines simplen Rollenspiels – und macht seine Sache dabei auch vorbildlich. Dennoch schleicht sich während des Spielverlaufs auch eine gewisse Monotonie mit hinein. Der ziemlich angestaubt wirkende Plot hilft dabei ganz und gar nicht. Als Daumenregel gilt: Fans der alten RPG-Schule kommen voll auf ihre Kosten, für alle anderen ist Voice of Cards kein Muss.

Positiv:

+ schön inszeniertes, klassisches RPG mit allem, was dazu gehört

+ Darstellung als Spielkarten gut umgesetzt

+ nettes Kartenspiel (ohne wirklichen Tiefgang) als Draufgabe

Negativ:

– zu wenig Abwechslung für heutige Verhältnisse

– Plot und Handlungsstränge wirken altbacken

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Written by: Julian Bieder

Retro-Zocker, RPG-Allrounder und eifriger Trophäenjäger

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