Review: Tiny Tina’s Wonderlands – Ein gelungenes Spin-Off aber leider kein Überflieger

Spricht man heutzutage von der Boderlands-Reihe, dann blicken Fans noch immer verträumt auf Teil 2 zurück. Eine spannende Story mit einem ikonischen Bösewicht machten den Ableger zu einem Meilenstein der vorletzten Konsolengeneration. Dabei hat Gearbox es auch geschafft, einen Nebencharakter einzuführen, der sich bis heute allergrößter Beliebtheit erfreut. Die Rede ist natürlich von Tiny Tina, die seither die Kammerjäger tatkräftig unterstützt mit teilweise wahnwitzigen Erfindungen. Da kommt es kaum überraschend, dass nach einem eher mittelmäßigen Teil 3 ein Spin-Off auf uns wartet. Das nennt sich Tiny Tina’s Wonderlands und entführt uns in die Fantasiewelt von Spielleiterin Tina selbst. Ob das aber auch gelungen ist, verraten wir euch jetzt in unserem Review.

Ein witziger Abend mit Tiny Tina

Was tut ihr, wenn euch die wohl gefährlichste 13-jährige zu einem Brettspielabend einlädt? Natürlich zusagen, sofern euch euer Leben lieb ist! Doch zum Glück seid ihr nicht alleine, denn selbiges Schicksal hat auch den schneidigen Gauner Valentine und Buchhaltungs-Bot Frette ereilt. Zwei neue Gesichter im Kosmos von Borderlands, die weniger die klassischen hartgesottenen Kammerjäger sind, sondern ein perfekt eingespieltes Duo. Was die beiden mit euch verbindet: Ihr seid große Fans von Bunkers & Badasses! Und wenn euch schon nicht großzügige Loot-Kisten auf Pandora erwarten, dann zumindest in der von Tiny Tina kreierten Fantasiewelt. Diese wird regiert von niemand geringeren als ihrer königlichen Majestät Königin Arschgaul. Die klügsteste, schönsteste und perfekteste Herrscherin aller Zeit hat jedoch ein gehöriges Problem. Alle paar hundert Jahre erwacht ihr langwieriger Widersacher Dragon Lord zum Leben und sorgt für Unheil. Das Land braucht also neue Helden und da kommt ihr ins Spiel!

Der Clou an der ganzen Sache: Die Weltkarte erkundet ihr in Form eines riesigen Spielbretts. Euer Charakter bildet dabei die Spielfigur, mit welcher ihr dann von Stadt zu Gebiet zu Dungeon reist. Während die Städte und Gebiete wie gewohnt großflächig ausfallen, fungieren die Dungeons als eine Art Arena-Kämpfe. In einem abgesteckten Areal geht es dann den Widersachern an den Kragen. Doch das passiert nicht nur in den Dungeons, sondern auch in zufälligen Angriffen im hohen Gras. Die wenigen Nebenquests die direkt auf dem Spielbrett zu finden sind, sind kaum der Rede wert. Mal müsst ihr Siegel sammeln, Statuen herstellen oder Erz abbauen. Das entlockt euch beim ersten Mal ein Schmunzeln, verkommt aber immer mehr zu einem müden Lächeln. Denn auch wenn die Idee ganz witzig ist, so richtig überspringen will der Funke leider nicht. Hier merkt man klar, dass nicht die Spielwelt sondern ihr selbst der Star sein sollt.

Individualität ist Trumpf

Wie bei einem echten D&D oder P&P Abenteuer startet alles mit dem Charakterbogen. Und der darf natürlich in Tiny Tina’s Wonderlands nicht fehlen und muss selbstverständlich auch ausgefüllt werden. Hier überlässt euch das Spiel einen angenehm großen Charakter-Editor, der einiges zur Auswahl bietet. Damit sorgt man direkt für Individualität und Identifikation mit seinem Helden. Und das ist gut so, denn spätestens bei der Auswahl der geeigneten Klasse hat man die Qual der Wahl. In den Borderlands-Ablegern hattet ihr zu Beginn stets die Entscheidung zwischen vier unterschiedlichen Kammerjägern zu treffen. Diesmal habt ihr aber sogar zwei Klassen mehr zur Verfügung, was das Ganze nicht gerade einfacher macht. Neben Skill-Punkten gibt es zusätzlich Fertigkeitspunkte zu vergeben, die in körperliche Attribute gesteckt werden können. Dadurch lassen sich unter anderem Gesundheit und Schild erhöhen, aber beispielsweise auch kritische Treffer und der daraus resultierende Schaden steigern. Je nach Klasse will das sorgfältig überlegt sein.

Wollt ihr die Feinde im Nahkampf vermöbeln, dann eignen sich der Brr-Serker und Klauenbringer am besten. Experten im Fernkampf kommen mit dem Zauberschützen auf ihre Kosten, Assassinen hingegen greifen zum Killomant. Als Unterstützer fungieren diesmal der Grabspross und Sporenhüter, zwei Klassen die nicht sonderlich durchschlagskräftig sind, aber einen treuen Gefährten an ihrer Seite haben. Doch selbst wenn euch der anfangs gewählte Job nicht vollends zusagt, Grund zum Verzagen ist das keiner. Denn neuerdings gibt es im weiteren Verlauf des Spiels glücklicherweise das Multiklassen-System. Hier lassen sich zwei unterschiedliche Jobs kombinieren, was zu äußerst kreativen Builds führen kann. Das macht enorm viel Lust zum Experimentieren und das ist auch gut so. Denn Tiny Tina’s Wonderlands werden von zahlreichen Kreaturen bevölkert, die euch allesamt ans Leder wollen. Egal ob Zombies, Skelette, Pilze, Kobolde, Trolle und noch viele mehr, alle wollen Bekanntschaft mit euch machen.

Volles Inventar

Um den Horden an Feinden gerecht zu werden, stehen euch wieder eine Vielzahl an Waffen zur Verfügung. Diese sind natürlich reichlich vorhanden und in die gewohnten Kategorien unterteilt, spielerisch aber fantasievoll angepasst. Neben einem Schild könnt ihr euren Helden ebenfalls wieder mit einer Modifikation ausstatten, die gewisse Skill-Punkte erhöhen. Brandneu hingegen sind die Nahkampfwaffen, wo es diesmal in eurem Ermessen liegt, beispielsweise zur Axt oder dem Schwert zu greifen. Auch Granaten wurden ersetzt und zwar mit Magiebüchern. Ähnlich wie eure Fähigkeit lassen sich dann unterschiedlichste Zauber entfesseln, die nach einer Abklingzeit wieder verfügbar sind. Selbst mächtige Ringe lassen sich anlegen und erhöhen eure Werte zusätzlich. Das gestaltet die Suche nach der bestmöglichen Ausrüstung noch umfangreicher und vor allem interessanter. Ständig gefüllte Inventare stehen damit auf der Tagesordnung. Kein Problem für eine Bunkers & Badasses Gruppe im Mehrspielermodus, wo man sich den Loot je nach Einstellung teilt oder eben nicht.

Die Nachwehen von Borderlands 3

Und hier kommen wir bereits zu der Krux an der Sache. Ein Pen- and Paper oder Dungeons & Dragons Abend lebt von der Interaktion mehrerer Mitspieler. Zwar bekommt ihr erzählerisch oft Kommentare von Tina, Valentine und Frette zu hören, spielerisch lassen euch die drei aber leider zu oft im Stich. Denn den Großteil des Abenteuers beschreitet ihr wie schon in Borderlands 3 alleine. Und hier hat man augenscheinlich nichts aus dem dritten Ableger gelernt. Denn in den schier übergroßen Gebieten warten an jeder Ecke zahlreiche Feinde. Verkaufsautomaten oder Schnellreisestationen befinden sich meistens nur am Anfang. Und so seid ihr alle paar Minuten gezwungen, Dutzenden von Gegnern den gar aus zu machen, um 50 Meter weiter erneut Dutzenden von Gegnern den gar aus zu machen. Das macht vielleicht anfangs Spaß, wird mit der Zeit aber immer ermüdender, sofern man komplett auf sich allein gestellt ist.

Denn natürlich blüht Tiny Tina’s Wonderlands erst dann so richtig auf, wenn ihr nicht als einsamer Wolf unterwegs seid. Für die spielerische Abwechslung sorgen hier die eingangs erwähnt sechs unterschiedlichen Klassen sowie Multi-Klassen. Dadurch entsteht ordentlich Stimmung auf dem Schlachtfeld, was das Abenteuer mit Freunden zu einem besseren Erlebnis macht. Das gestaltet den Kampf erheblich facettenreicher, und flotter wenn es um Erkundung geht gibt es aber ordentlich was zu bemängeln. Denn wenn man den übergroßen Gebieten von Borderlands 3 eines zu Gute halten kann, dann sind das die Nebenaktivitäten. Sei es die Jagd auf Hammerlocks Kreaturen, das Finden von gut versteckten Audio-Logs oder das Sammeln von Fahrzeugteilen. Wer fleißig unterwegs war, wurde belohnt! Leider fallen diese Belohnungen in den Wonderlands nur in Form von Schriftrollen, Gedichtseiten und Loot-Würfeln aus. Diese sind zwar oft gut versteckt, so richtig motivierend alle zu finden ist das aber leider nicht.

Fazit

Tiny Tina’s Wonderlands ist ein gelungenes Spin-Off der Borderlands-Reihe, das vor allem durch die Erzählerin selbst lebt. Obwohl man einiges besser macht als noch in Teil 3, an die Glanzzeiten von früher reicht man leider trotzdem nicht heran. Größer und mehr ist nicht immer besser, vor allem wenn es an spielerischer Abwechslung und Substanz mangelt. Denn während man in einer Gruppe voll auf seine Kosten kommt, so kommt als Einzelspieler viel zu schnell Langeweile auf.  

Positiv:

+ Witziges Setting in Tiny Tina’s Fantasiewelt

+ Sechs unterschiedliche Klassen sorgen für Individualität

+ Wiedersehen mit vielen bekannten Gesichtern und lustigen Quests

+ Im Mehrspieler gewohnt stark …

Negativ:

– … als Einzelspieler langweilt man sich schnell

– Übergroße Gebiete mit wenig Nebenaktivitäten

– Viel zu viele Feinde an jeder Ecke

– Spielzeit fällt im Vergleich zu Vorgängern deutlich geringer aus 

Tiny Tina’s Wonderlands ist am 25. März 2022 für PC, PlayStation und Xbox erschienen.

Getestet wurde von uns die PlayStation 5 Version. Beim Spielen kam es zu keinen Fehlern, die das Spielerlebnis nachhaltig negativ beeinflusst hätten.

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Written by: Manuel Barthes

Ehemaliger freier Redakteur bei Cerealkillerz

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