Review: The Inquisitor – Gelobt sei der rachsüchtige Jesus!

Es gibt ja so Spiele, die einen einfach nur mit Kopfschütteln zurück lassen, da sie so schlecht sind. Dann gibt es so derart trashige Spiele, dass sie schon wieder gut sind, man aber nicht genau weiß warum, beispielsweise bei einem Deadly Premonition. The Inquisitor vom polnischen Studio Dust tänzelt dabei zwischen beiden Konzepten hin und her und geht teilweise sogar darüber hinaus und ist ein richtig frischer und spannender Detektiv-Hit. Doch mehr dazu in unserem gesegneten Test.

Mordimer Madderdin, Detektiv und die laufende Rache Gottes

Das Konzept von The Inquisitor zieht zweifellos die Aufmerksamkeit auf sich. Ihr spielt Mordimer Madderdin, einen heiligen Inquisitor der Kirche, dessen Aufgabe es ist, Ketzer zu jagen und den Glauben durchzusetzen – auch wenn das ein bisschen Folter bedeutet. Dieser Glaube stammt übrigens von keinem Geringeren als Jesus selbst, der in der Welt von The Inquisitor nicht am Kreuz starb, sondern sich von diesem befreite und anschließend einen blutigen Feldzug durch die Welt unternahm, um sich an allen Ungläubigen zu rächen und zum Gottkönig der Menschheit zu werden. Jetzt, 1.500 Jahre später, seid ihr ein Werkzeug der Unterdrückung durch seine allmächtige Kirche in einer düsteren und dystopischen Welt. Amen. Der Inquisitor beginnt damit, dass Mordimer von der Kirche ausgesandt wird, um Gerüchten über einen Vampir nachzugehen, der in der Stadt Königstein im 16. Jahrhundert sein Unwesen treibt, wo er bald eine Reihe blutiger Ritualmorde sowie die Stränge einer weitaus tieferen und unheilvolleren Verschwörung entdeckt. Ihr steigt an der Anlegestelle von Königstein aus, und von da an ist es eure Aufgabe, zu untersuchen, was passiert und wer dafür verantwortlich ist, wobei die düstere Fantasy-Erzählung des Spiels in einem gemächlichen Tempo beginnt.

Der Inquisitor ist in erster Linie ein relativ langsames, narratives Detektivabenteuer. Vom Gespräch mit bedeutenden Persönlichkeiten in Königstein, wie dem Bürgermeister und Händlern, bis hin zum Verhör von Verdächtigen, dem Lernen von religiösen Amtsträgern über die Überlieferungen im Spiel und dem Untersuchen potenzieller Spuren mit dem Adel der Stadt, ist Mordimer in erster Linie ein Detektiv und erst in zweiter Linie ein Kämpfer. Denn die Kämpfe sind definitv nicht der spaßige Teil des Ganzen, ganz anders als zum Beispiel bei einem The Witcher. Zumindest hat Mordimer passend zu Geralt eine genervte, fast monotone Stimme. Außerdem kann er bei der Jagd auf seine Ziele Gerüchen in der Luft folgen, die als rot glühende Rauchfahnen angezeigt werden. Seine heilige Geistenergie, die er zum Verfolgen von Gerüchen benötigt, lädt übrigens auch wieder auf, indem er an Schreinen kniet und betet.

Düstere Fantasy, die besser abseits der Kämpfe bleibt

Es dauert nicht lange, dann werdet ihr schnell in die grundlegenden Kampfmechanismen eingeführt (leichter Angriff, schwerer Angriff, Konter) und bewegt euch schon bald zwischen den Stadtgebieten (Königstein ist keine nahtlose Stadt, sondern eine Reihe von Bezirken, die durch Ladezonen voneinander getrennt sind), untersucht den Bericht über einen Vampir, belauscht die Einheimischen, um Informationen zu erhalten, befragt Zielpersonen, entdeckt Hinweise, löst Rätsel, kämpft gelegentlich mit dem Schwert gegen Feinde und zieht an den Fäden einer größeren, möglicherweise gesellschaftsverändernden Verschwörung. Oh, und ihr reist auch in ein dunkles Schattenreich namens Unworld, wo eine Cthulu-ähnliche Abscheulichkeit namens The Murk ständig versucht, eure Seele zu verschlingen.

Denn während man in der Welt an der Oberfläche Detektiv spielt, muss man von Zeit zu Zeit Mordimers einzigartige Kraft nutzen, um die Unworld zu besuchen, ein dunkles und düsteres Schattenreich, das auf einer anderen parallelen Ebene zur realen Welt existiert. Dabei kann Mordimer das, was er bei seinen Ermittlungen in der Oberflächenwelt gelernt hat, nutzen, um Fragmente der tatsächlichen Wahrheit aus der Unworld zu finden und zu sammeln, die sich als leuchtende Kugeln in diesem Schattenreich manifestieren. Jedes Mal, wenn Mordimer die Unterwelt besucht, ist es seine Aufgabe, diese Kugeln zu sammeln, die, sobald sie vollständig zusammengesetzt sind, eine Vision der Geschehnisse enthüllen. Dies wiederum enthüllt Mordimer die Wahrheit und bringt die Handlung voran. Das Einsammeln der Kugeln ist jedoch etwas nervig gestaltet. In The Unworld schwebt der bereits erwähnte Murk ständig überall umher, während geisterhafte Schattenkrieger ebenfalls durch das Land streifen. Später im Spiel gibt es noch weitere Gefahren in Form der vier apokalyptischen Reiter, die euch weitere Hindernisse in den Weg werfen.. Im Kampf gegen die Gespenster kann Mordimer sein Schwert zücken und sich duellieren, aber dem Murk kann man nur entkommen und dieser Survival-Aspekt ist bei der sehr klobigen und ungenauen Steuerung wirklich eine Zumutung.

Gerechtigkeit, wir ihr sie für richtig haltet

Eine weitere Mechanik, die im Spiel häufig zum Einsatz kommt, sind QTEs, sowohl innerhalb als auch außerhalb von Bosskämpfen. Kaum hat man Königstein betreten, jagt man zum Beispiel einen Taschendieb durch die Straßen der Stadt und muss in entscheidenden Momenten Knöpfe drücken, um dem Dieb auf den Fersen zu bleiben. Auch während eines Bosskampfes gibt es eine ziemlich dramatische Verfolgungsjagd, bei der zeitlich festgelegte QTEs erforderlich sind. Später im Spiel gibt es leider auch ein paar QTE-Momente, in denen man sofort stirbt, zum Beispiel wenn man gegen einen messerwerfenden Gegner kämpfen muss. Doch ich bin trotz der vielen merkwürdigen Gameplay-Elemente und nervigen Sequenzen sehr angetan vom Spiel. Es ist einfach eine einzigartige Erfahrung. Es handelt sich um ein interaktives Abenteuer, das The Inquisitor meiner Meinung nach wirklich gut gestaltet hat, auch wenn das meiste davon keine verschiedenen Abschlussmöglichkeiten bietet (das Spiel hat allerdings mehrere Enden, die von den Entscheidungen des Spielers abhängen).

Die erzählerische und visuelle Atmosphäre ist eine der besten Qualitäten dieses Spiels und Mordimers Rolle in dieser Geschichte zu spielen, ist immer spannend. Es ist überflüssig zu erwähnen, dass in Königstein viel mehr vor sich geht, als man auf den ersten Blick sieht und es ist interessant, die Tiefen der Handlung aufzudecken, ebenso wie das bloße Dasein in der Welt von The Inquisitor, die häufig hübsch, stimmungsvoll und geerdet ist, auch wenn die Grafik manchmal etwas grob ist. Generell ist das Spiel grafisch nicht hübsch, hat aber besonders bei den Umgebungen teilweise schon ein paar Highlights dabei, wie die Kirche oder Bereiche von Königstein. Generell aber ist der größte Pluspunkt des Titels der häufig schiere Wahnsinn durch die Prämisse, die teils völlig merkwürdigen Charaktere und deren Dialoge sowie die Reaktionen von Mordimer darauf.

Fazit

The Inquisitor ist häufig wirklich wie ein Autounfall, bei dem man einfach nicht wegschauen kann. Doch beim weiteren Hinschauen offenbart sich immer wieder wirkliches Staunen, ob der Wendungen in der Geschichte, ein frisches Setting und spaßige Ideen. Die Kämpfe sind so storrisch wie Mordimer mürrisch ist und die Unworld ist voller Frust und doch will man weiter am Ball beiben. Wenn ihr dem Merkwürdigen nicht abgeneigt seid, solltet ihr dem Titel daher unbedingt eine Chance geben. Sonst soll euch der Rache-Jesus holen!

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Written by: Nick Erlenhof

Hitoshura, Sith & FOXHOUND-Spectre

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