Review The Dark Pictures: House of Ashes – 2003 hat angerufen und will seine Klischees zurück

Supermassive Games. Zur Ära der PlayStation 3 war das britische Entwicklerstudio mit Litte Big Planet in aller Munde. Als dann aber die Zeit der PlayStation 4 hereinbrach, überraschte man mit einem Genre-Wechsel zum Survival-Horror. Mit weitreichenden Folgen, wie Until Dawn im August 2015 eindrucksvoll bewiesen hat. Dennoch brauchte es ganze vier Jahre, bis man mit der  The Dark Pictures Anthology Nachschub für Fans liefern sollte. Diese beinhaltet insgesamt acht, inhaltlich voneinander unabhängige Spiele, wovon die ersten beiden Abenteuer bereits erschienen sind. Mit Man of Medan legte man 2019 den Grundstein, auf den Little Hope im Jahr 2020 folgte. Mit House of Ashes steht nun bereits der dritte Überlebenskampf bevor, diesmal jedoch mit einem ungewohnten Setting. Auf ein verlassenes Schiff und eine Geisterstadt folgt nun ein sumerischer Tempel im irakischen Untergrund. Ob das ein Glückstreffer ist oder eher ein Griff ins Klo, das verraten wir euch jetzt in unserem Review.

Vom Krieg in die Hölle

Wir schreiben das Jahr 2003, zu Zeiten des Irakkriegs. Auf der Suche nach Massenvernichtungswaffen entdeckt Lieutenant Colonel Eric King bei der geologischen Untersuchung einer Region verdächtig viele Hohlräume im Untergrund. Das lässt die amerikanische Regierung hellhörig werden, weswegen der Offizier umgehend zum nahe gelegenen Stützpunkt berufen wird. Dort angekommen trifft dieser auf die dort befehlshabende Offizierin Rachel King, ihres Zeichen Gattin von Eric. Ihr untergeben sind 1st Lietenant Jason Kolchek und Sergeant Nick Kay. Als Einsatzleiter auserkoren macht sich das US-Militär umgehend mit Helikoptern auf den Weg, das betreffende Gebiet zu untersuchen.

Der Erzähler ist zurück und präsentiert eine brandneue Geschichte…

Vor Ort konnte man bis auf Einheimische in einem überschaubaren Dorf nichts finden. Die Mission schien sich bereits als Fehlschlag zu erweisen, doch plötzlich ertönt Gewehrfeuer. Irakische Truppen überraschen die Soldaten und verwickeln sie in ein Feuergefecht. Auf Seiten der vermeintlichen Feinde befindet sich auch Salim Othman, ein irakischer Offizier und unser fünfter Protagonist in House of Ashes. Doch noch bevor die Kampfhandlung ein Ende nimmt, stürzt der Boden unerwartet ein und bringt einen sumerischen Tempel zum Vorschein. Dieser ist jedoch nicht unbewohnt, wie die amerikanischen und irakischen Soldaten schon bald selbst herausfinden sollen. Was sich in unserem Review als ein relativ überschaubarer Prolog gestaltet, nimmt in House of Ashes bereits gut und gerne rund 45 Minuten in Anspruch. Das Spiel lässt sich nämlich besonders zu Beginn Zeit, euch alle Charaktere näher vorzustellen.

…über knallharte Jungs und ihrem Kampf gegen den Terrorismus.

Gut gemeint, schlecht ausgeführt

Auch wenn die ausgiebige Charaktervorstellung durchaus wohlgemeint ist, so stellt sich das leider als fataler Fehler heraus. Eine zerbröckelnde Ehe, eine betrügende Noch-Gattin und ein übermotivierter Lieutenant sprechen nicht unbedingt für das Protagonisten-Quartett. Das spiegelt sich vor allem in den zahlreichen Konversationen untereinander wieder, die anfangs für eine große Portion Fremdscham sorgen. Das trifft auch auf die Nebencharaktere zu, wo man sich an der typischen Klischee-Kiste bedient hat. Der ängstliche Brillenträger der lieber vor dem Computer sitzt oder der Gewichtheber, stets einen vulgären Spruch parat. Das alles wirkt ungewollt trashig und lässt euch mehrmals einfach nur mit den Augen rollen. Sympathie gegenüber diesen Figuren? Weit gefehlt! Lediglich Salim, der auf der anderen Seite steht, scheint der einzig normale Protagonist zu sein. Leider fällt dieser in der ersten Hälfte fast gar nicht auf, kann aber zumindest ein wenig das Ruder herumreißen. Das ist auch wichtig, denn große Überraschungen bleiben vorerst aus.   

The Dark Pictures Hattrick

Eine Spezialeinheit auf Abwegen

Wie bereits in den Spielen zuvor besteht die Kernmechanik darin, Entscheidungen zu treffen. Diese nehmen oft unmittelbaren Einfluss auf das Geschehen, oder wirken sich erst Stunden später fatal aus. Das ist natürlich auch bei House of Ashes der Fall, wobei hier relativ früh mit offenen Karten gespielt wird. Bis auf die Zähne bewaffnete Soldaten, ihres Zeichen alles harte Hunde, haben vor nichts Angst. Dementsprechend macht das Spiel keinen Hehl daraus, womit ihr es zu tun bekommt. Anstelle Horror gibt es hier eine große Portion Survival und die funktioniert dank zahlreichen Quick-Time Events sogar überraschend gut. Dadurch, dass sich beim Einsturz die Gruppe getrennt hat, wird gut dosiert zwischen den Schauplätzen gewechselt. Wer dort mit offenen Augen durch die linear gestalteten Gänge und Räume pilgert, kommt wieder in den Genuss der zahlreichen Geheimnisse und Tafeln.

Es gibt wieder zahlreiche Geheimnisse zu entdecken…

Während Erstere aus Artefakten und Tagebucheinträgen bestehen, offenbaren die Tafeln gute und schlechte Vorahnungen. Wer sich diese genau ansieht und einprägt, der kann später gefährliche Situationen sogar entschärfen. Davon gibt es zwar zahlreiche in House of Ashes, so richtig tödlich sind aber die wenigsten. Deswegen sind die Geheimnisse, allen voran ein Tagebuch um einiges interessanter. Denn die Kreaturen in diesem Tempel sind kein Zufall und die Soldaten sind bei Weitem nicht die ersten Menschen, die sich dort aufhalten. Obwohl das ganze Szenario von zahlreichen Spielfilmen wie Alien inspiriert ist und eingefleischte Filmfans die wenigen Überraschungen meilenweit voraussehen, macht das Ganze besonders in der zweiten Hälfte überraschend viel Spaß. Das liegt zum Glück auch an den Charakteren, die hinten raus im Zusammenspiel überzeugen und mehrere, gefühlvollere Facetten zeigen, als noch zu Beginn.  

… und die Beziehungen zwischen den Protagonisten zu stärken.

Technisch aus der Zeit gefallen

Was das optische Zeigen von Facetten betrifft, hat House of Ashes ebenfalls seine Probleme. Das beginnt bereits bei den Charaktermodellen, die in den zahlreichen Videosequenzen starr und unnatürlich wirken. Erschwerend hinzu kommen die aalglatten Texturen, angefangen bei der Haut von Menschen, bis hin zum sumerischen Tempel. Vielerorts wirkt es so, als sei ein Putztrupp vor dem Eintreffen der Soldaten noch schnell durchgefegt und hat alles gesäubert, was bei drei nicht auf den Bäumen war. Während die englische Synchronisation durchwegs authentisch klingt, offenbaren die deutschen Sprecher eklatante Schwächen. Viele Dialoge wirken völlig deplatziert und brechen oft die Immersion. Da ist es umso bedauerlicherweise, dass man augenscheinlich bei den Protagonisten, die von Schauspielern verkörpert werden, den Sparstift angesetzt hat. Bis auf Ashley Tisdale weist davon keiner eine bekannte Filmografie vor, wobei das bereits hochgegriffen ist.  Da hilft auch nicht die längere Spielzeit, die im ersten Durchgang locker auf sieben Stunden kommen kann.

Dunkle Gänge und Räume stehen an der Tagesordnung für unsere Soldaten.

Für Abwechslung sorgen da auch nicht die Sequenzen, wo ihr die Charaktere selbst steuern dürft. Entweder durchschreitet ihr dabei lineare Gänge oder schlichte Grabkammern. Erst gegen Ende trumpft das Spiel groß auf, weswegen sich dranbleiben lohnt. Doch bis dahin habt ihr auch eure Mühen mit der Steuerung. Diese fühlt sich so schwerfällig und unpräzise an, als ob ihr mit Panzern durch die Räume navigiert. Als wir einmal zum gemeinsamen Erkunden eine Gefängniszelle betraten, war an dieser Stelle sogar fast Schluss. Denn während wir ein Geheimnis aufmerksam lasen, blockierte unser Begleiter den Ausgang. Wie angewurzelt blieb dieser dort stehen, ein Laden des Spielstands half auch nicht weiter. Glücklicherweise gelang es uns, den Kollegen nach dem zehnten Versuch und mit ein wenig Anlauf, um einen Zentimeter zu verschieben. Die Rettung! Zumindest für Salim in dieser Situation, trotzdem aber auch ein Fingerzeig, dass hier für den vierten Ableger definitiv Verbesserungsbedarf herrscht.

In dieser Situation ging die größte Bedrohung von unserem Begleiter aus, der den Ausgang blockierte.

Fazit

Nach Man of Medan und Little Hope schafft es Supermassive Games auch mit House of Ashes nicht, an Until Dawn heranzukommen. Schuld daran ist nicht das ungewohnte Setting, sondern die darin befindlichen Charaktere. Völlig überzeichnet und klischeebehaftet ist man zu Beginn eher froh, wenn man sie unabsichtlich losgeworden ist. Erschwerend hinzu kommt die technische Qualität,  die von der Grafik bis hin zur Steuerung kaum zu überzeugen weiß. Dank einem starken letzten Drittel schafft man es aber doch noch, das Ruder herumzureißen und zu einem positiven Abschluss zu bringen.

Positiv:

+ Ungewohntes Setting

+ Starkes letztes Drittel

Negativ:

– Völlig überzeichnete und klischeebehaftete Charaktere

– Charaktere und Texturen grafisch nicht auf der Höhe

– Steuerung unpräzise und schwerfällig

– Deutsche Synchronisation ist oft sehr nahe am Trash-Faktor

The Dark Pictures: House of Ashes erscheint am 22.Oktober 2021 für PC und PlayStation und Xbox.  

Während unserem Review ist ein einziger Fehler aufgetreten, der den Spieldurchgang fast beendet hätte. Vereinzelte Aussetzer bei der Synchronisation fallen jedoch kaum ins Gewicht. Getestet wurde von uns die PlayStation 5 Version.

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Written by: Manuel Barthes

Ehemaliger freier Redakteur bei Cerealkillerz

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