Review: Star Ocean: The Second Story R – Ein Rollenspiel-Schatz aus vergangenen Tagen neu aufpoliert

Enix kennt man heutzutage eigentlich nur noch als Namensteil von Square Enix, doch vor der Fusion mit Square 2003 war Enix auch alleine ein erfolgreicher Publisher mit Fokus auf RPGs, darunter Klassiker wie Actraiser, Illusion of Time, Terranigma und – im Westen am bekanntesten – die Dragon Quest-Reihe. Doch neben diesen Titeln war Enix auch für eine weitere erfolgreiche Rollenspiel-Reihe verantwortlich, dessen zweiten Teil wir nun über 20 Jahre später nochmals neu erleben dürfen: Star Ocean: The Second Story. Ursprünglich für die PlayStation veröffentlicht, konnte dieses 2D-RPG mit Story und Gameplay auf den Beginn der Reihe aufbauen und sie weiterführen. Doch wie schlägt sich das Remake Star Ocean: The Second Story R in einem modernen Review? Wir hatten die Möglichkeit, das Spiel vorab zu testen und möchten euch nun davon berichten.

Klassisches Fantasy mit einem Schuss Science Fiction

The Second Story lässt euch die Wahl, ob ihr zu Beginn als Claude C. Kenny oder Rena Lanford spielt. Je nach Wahl unterscheidet sich die Geschichte perspektivisch ein wenig. Wir haben und für Claude entschieden, der kürzlich als Fähnrich in die Pangalaktische Föderation aufgenommen wurde und seinen ersten Auftrag unter der Aufsicht seines Vaters, Admiral Ronyx J. Kenny, erhält. Dieser war dazumal in Star Ocean: First Departure einer der Protagonisten. Der Auftrag lautet, den Planeten Milokeenia zu untersuchen, auf dem ein mysteriöses Energiefeld aufgetaucht ist. Sie finden einige außerirdische Ruinen, wo Claude ein geheimnisvolles Gerät untersucht, das ihn auf den unterentwickelten Planeten Expel teleportiert.

Etwa zur gleichen Zeit ruht sich Rena Lanford im Heiligen Wald in der Nähe ihres Dorfes Arlia aus. Sie wird von einem Monster angegriffen, aber Claude teleportiert sich just in diesem Moment in die Gegend und eilt ihr zu Hilfe. Nachdem das Monster besiegt ist, nimmt Rena an, dass es sich bei Claude um den „Held des Lichts“ ist, von dem in den Legenden die Rede ist. Schließlich ist er in einem Moment großer Gefahr für den Planeten eingetroffen, er führt ein „Schwert des Lichts“ (seine Phasenkanone) und trägt ein außergewöhnliche Kleidung.

Sie nimmt ihn mit in ihr Dorf, um auch dort den anderen von dem „Helden“ zu erzählen. Am nächsten Tag erklärt ihnen der Dorfälteste, dass ein Meteorit, die so genannte Hexerkugel, seit seinem Einschlag vor drei Monaten als Vorbote der Katastrophe gilt. In der Hoffnung, dass dieser Meteorit der Schlüssel zu seinem Weg nach Hause sein könnte, willigt Claude ein, ihn zu untersuchen. Rena, die immer noch glaubt, dass Claude der Held des Lichts ist, schließt sich ihm an.

Die beiden werden bald eine Vielzahl von Mitstreitern um sich scharen, wobei nur maximal vier Charaktere in der aktiven Party und zum Kampf bereit stehen können. Allerdings schafft es auch erst die erst in Star Ocean: Second Evolution (dem PSP-Remake) eingeführte Welch Vineyard in die Riege der Helden aus The Second Story R.

Aus alt mach neu – und plötzlich erscheint alles in neuem Glanz

Das Remake hat eine Reihe von Änderungen und neuen Ergänzungen im Vergleich zum Originaltitel und seiner PSP-Portierung. Die bemerkenswerteste Änderung ist, dass die Szenarien für Städte, Dungeons und die Oberwelt komplett neu gestaltet wurden, indem 3D-Modelle im Gegensatz zu den vorgerenderten Hintergründen aus dem Originalspiel verwendet wurden.

Der Titel hat auch das Kampfsystem überarbeitet, indem neue Kampfmechaniken eingeführt wurden, wie z.B. ein Kontersystem und die Einführung von passiven Effekten für Kampfformationen. Spezialkünste und Symbologiezauber wurden verfeinert und mit neuen Effekten versehen und die Spieler können sie nun auch manuell aufwerten.

Ähnlich wie in First Departure R (dem Remake des ersten Teils) können die Spieler zwischen den folgenden Optionen wählen, um sich für eine andere Sprachausgabe zu entscheiden: Japanische Sprachaufnahmen von der Originalbesetzung aus The Second Story oder der englische Originalstimme aus Second Evolution.

Kämpfen wie auf Expel – und 100 andere Dinge, die man machen kann

Durch das Besiegen von Gegnern und das Gewinnen von Kämpfen erhalten die Spieler Erfahrungspunkte für das Aufleveln von Charakteren, Fol (Geld), P (Kampfpunkte) und FP (Fähigkeitspunkte); diese können aber auch durch verschiedene Nebenaktivitäten, wie dem Erledigen von Gildenmissionen verdient werden. Diese verlangen meist, dass man sich mit den unglaublich vielen Handwerken und Spezialisierungen des Spiels beschäftigt, die von Kochen, Musizieren und Schmieden über Angeln und Trainieren bis zu Zähmen, Braukunst und Anpassung reichen. An Inhalt mangelt es hier definitiv nicht – es ist eher so, dass man als RPG-Neuling zu Beginn von den vielen Möglichkeiten fast erschlagen wird.

Kämpfe werden durch das Berühren von Gegnersymbolen in der Oberwelt und in den Dungeons ausgelöst, die als Nebel dargestellt werden und in drei Farben erscheinen: grün (schwach), lila (normal) und rot (stark). Nähert sich der Spieler dem Feind von hinten, ist er im Vorteil und alle Feinde werden vorübergehend betäubt; im umgekehrten Spektrum, wenn ein Feind von hinten auf den Spieler stößt, wird die Spielergruppe stattdessen benommen. Wenn ein feindliches Symbol den Spieler entdeckt, jagt es ihn einige Sekunden lang.

Die Spieler können Kettenkämpfe durchführen, bei denen sie mehrere Feinde in der Oberwelt oder in Dungeons versammeln und diese miteinander „verbinden“. Die Spieler werden dann gegen Wellen von Feinden (bis zu 5) antreten müssen, die erhöhte Belohnungsmultiplikatoren (EXP, FP, KP und Fol) erhalten. Es gibt eine visuelle Anzeige zwischen gegnerischen Gruppenverbindungen, um den Spieler zu informieren. Das Verbinden von Feindgruppen ist nur möglich, indem man feindliche Symbole „ködert“, damit sie den Spieler entdecken und sie näher zusammenbringen.

Außerdem gibt es verschiedene neue Kampfmechaniken, die dem Gameplay mehr Tiefe verleihen: Das „Bonus Gauge System“ fügt der gesamten Gruppe passive Effekte hinzu, wenn Bonuskugeln von besiegten Feinden gesammelt werden. Für das „Just-Counter-System“ muss man den Angriffen der Feinde präzise ausweichen, um Gegner von hinten anzugreifen. Durch das „Break System“ können Feinde betäubt werden, nachdem ihre Schilde zerstört wurden. Und das „Assault Action System“ beschwört Charaktere aus der Reserve, um Künste oder Zauber auszuführen.

Das Coole daran ist, dass nicht nur Mitstreiter, die nicht mehr in die aktive Party passen, über letzteres System zum Angriff gerufen werden können – nein, es ist auch möglich, Figuren aus anderen Star Ocean-Teilen am Kampfgeschehen teilhaben zu lassen. Im Beispiel rufen Laeticia Aucerius aus Star Ocean 6, die den Gegner mit dem Angriff „Ultime Camui“ einheizt.

Fazit

Falls jemand sagen sollte, dass Rollenspiele der 90er heutzutage nicht mehr zeitgemäß sind, der sollte sich Star Ocean: The Second Story ansehen. Mithilfe einer überwältigenden 2.5D-Grafik und einigen kleinen Verbesserungen bzw. Anpassungen im Bezug auf Kampfsystem und anderen Gameplay-Mechaniken erstrahlt der Titel als The Second Story R in einem Glanz, der es mit jedem anderen aktuellen RPG aufnehmen kann. Die Spieltiefe inklusive Nebenaktivitäten des Originals übernehmen den Rest.

Positiv:

+ 2.5D-Ästhetik lässt The Second Story R wie ein neuwertige Spiel erscheinen

+ packende Geschichte mit vielen interessanten Party-Mitgliedern

+ Kampfsystem dank Verbesserungen noch dynamischer

+ Gildenmissionen und Nebenaufgaben erweitern die 40 Stunden an Main Story nochmals

Negativ:

– die riesige Menge an Handwerks- und Spezialisierungsmöglichkeiten können verwirren

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Written by: Julian Bieder

Retro-Zocker, RPG-Allrounder und eifriger Trophäenjäger

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