Review: Remnant 2 – Billiges Soulslike mit Waffen oder Meister aller Klassen?

Remnant: From the Ashes war für viele eine wirkliche Überraschung. Doch kein weiterer Soulslike-Klon, sondern eher ein frischer Wind fürs Genre. Dennoch war das ambitionierte AA-Spiel nicht ohne Fehler und gilt auch immer noch eher als Geheimtipp. Wie sieht es da denn nun mit der Fortsetzung raus und haben Gunfire Games hier Fehler des Vorgängers ausmerzen können? Unser Test wird es zeigen.

Action-Adventure und Soulslike in Einem?

Remnant 2 ist die Art von Fortsetzung, die ihren Vorgänger in fast jeder Hinsicht übertrifft. Das Third-Person-Gunplay wurde gestrafft und verfeinert, die verschiedenen Schauplätze sind farbenfroher und abwechslungsreicher und die RPG-Elemente sowie die Charakterentwicklung wurden stark erweitert, sodass man mehr Möglichkeiten hat, einen einzigartigen Build zu erstellen. Dark Souls mit Waffen wurde als Kurzformel verwendet, um Remnant: From the Ashes zu beschreiben und obwohl diese Bezeichnung nicht falsch war, war sie auch nicht repräsentativ für das Gesamtbild. Das erste Spiel stach aus einer Schar anderer Soulslikes heraus, weil es von der Formel abwich und Remnant 2 baut nun auf diesen Grundlagen mit einem dynamischeren und robusteren Action-Adventure auf, das aber in einigen Bereichen schwächelt.

Auch das erste Spiel war nicht ohne Schwächen, allen voran die unausgereifte Story. Leider schneidet Remnant 2 in dieser Hinsicht nicht viel besser ab und bietet eine weitere vergessliche Geschichte, der es an Persönlichkeit und fesselnden Inhalten fehlt, fast bis zu dem Punkt, an dem sie sich wie eine Kopie des Originalspiels anfühlt. Selbst der Aufbau ist im Wesentlichen derselbe. Man beginnt auf den verfallenen Straßen einer postapokalyptischen Erde, die von einem interdimensionalen Wesen namens The Root verwüstet wurde. Man kommt schließlich in einer kleinen Siedlung namens Ward 13 an, dem gleichen Hauptgebiet wie im ersten Spiel, wenn auch an einem etwas anderen Ort. Und obwohl man ein verletzter Neuling ist, wird der eigene Charakter sofort mit einer wichtigen Aufgabe betraut, die schnell zu einer Mission führt, die über das Schicksal aller Reiche entscheidet.

Und ich muss sagen, dass es nicht gerade einfach ist, sich für die übergeordnete Handlung zu begeistern, wenn die Welt, wie wir sie kennen, nur aus etwa einem Dutzend Personen besteht, die genauso gut Pappfiguren sein könnten. Manche Charaktere, wie McCabe und Rigs, kehren zwar zurück, aber sie sind immer noch so eindimensional wie zuvor. Sogar unsere Freundin am Anfang, für den wir unser Leben riskiert haben, bleibt in seiner statischen Rolle gefangen. Die verschiedenen Welten, die wir im Spiel bereisen, beherbergen zwar interessantere Charaktere, aber die prozedurale Generierung des Spiels macht es schwer, sich einen klaren Überblick über die Geschichte und die Zusammensetzung der einzelnen Welten zu verschaffen. Und bis wir das schaffen, haben wir wahrscheinlich schon vergessen, was uns zuvor vermittelt wurde. Das Ende des Spiels belohnt daher nicht wirklich emotional.

Die zufallsgenerierten Areale sind ein zweischneidiges Schwert

Diese erzählerischen Schwächen sind einer der wenigen Bereiche, in denen die prozedurale Generierung von Remnant 2 aktiv gegen das Spiel arbeitet, denn die ehrgeizige Umsetzung ist ansonsten ganz gut. Ähnlich wie im ersten Spiel werden das Layout jedes Gebiets und die darin befindlichen Dungeons bei jedem Durchspielen zufällig generiert. Die Position der Feinde ändert sich jedes Mal, wenn man an einen Ort zurückkehrt, nach dem Tod neu lädt oder an einem Kontrollpunkt rastet. Diese prozedural generierten Kampfszenarien fügen jeder Feindbegegnung ein Element der Unvorhersehbarkeit hinzu, das in anderen Souls-Spielen nicht zu finden ist und die Spannung steigert, aber Remnant 2 geht noch einen Schritt weiter, indem es fast jeden Aspekt eures Abenteuers dynamisch generiert. Bosskämpfe, Nebenquests, die NSCs, denen man begegnet, und sogar das Eröffnungs-Tutorial unterscheiden sich von Spieler zu Spieler und von einem Durchgang zum anderen. Das hat aber auch zur Folge, dass man bei weniger Glück einen viel öderen Beginn hat, die ersten Bosse sich alle zu wenig unterscheiden oder die Areale sich nicht genügend abwechseln. Wenn ihr in Station 13 ankommt, werdet ihr gebeten, aus einer Reihe von verschiedenen Archetypen auszuwählen.

Diese Kategorien ähneln denen in Remnant: From the Ashes, wobei die Wahl die Startwaffen und Rüstungen bestimmt. Diesmal hat jedoch jeder Archetyp auch eine Reihe von Vergünstigungen und Fertigkeiten, die mit dem Stufenaufstieg freigeschaltet werden. Diese basieren auf der Rolle des gewählten Archetyps, sei es ein Sanitäter, eine Klasse wie der Jäger, die sich auf Fernkampfschaden und das Markieren von Gegnern konzentriert, oder der Herausforderer mit seiner Nahkampfstärke. Ich habe mich für den Handler entschieden, weil er mir einen hündischen Begleiter an die Seite stellt. Abgesehen davon, dass er Schaden anrichtet und Feinde angreift, erlaubt es einer der Perks meines Hundes, mich wiederzubeleben, wenn ich am Boden liege, während sich andere Werte wie Schaden und Bewegungsgeschwindigkeit erhöhen, wenn wir uns in der Nähe befinden. Jeder Archetyp kann außerdem eine von drei einzigartigen Fertigkeiten ausrüsten, die von einer Abklingzeitanzeige gesteuert werden und in der Regel eine der Spezialfähigkeiten der Klasse verstärken. Darüber hinaus könnt ihr dann noch später die anderen Typen finden und sogar einen zweiten zusätzlich mit ausrüsten und so einige Vorteile aus zwei Klassen genießen. Anpassung eurer Builds ist daher wirklich die Stärke von Remnant 2.

Kleinere Ungereimtheiten nerven mehr als sie sollten

Remant 2 ist besser als der Vorgänger, denn die Kämpfe wurden gegenüber dem ersten Spiel deutlich verbessert. Die Bewegungen sind so reaktionsschnell, dass man nie das Gefühl hat, mit der Steuerung zu kämpfen, um der Gefahr zu entgehen. Auch die Auswahl an Waffen macht im Allgemeinen Spaß, und jede hat eine befriedigende Wirkung, wenn man Blei durch sperrige Roboter und schlängelnde Baummonster schickt. Es ist die Art von Spiel, das besser wird, je länger man spielt, wenn man seinen Build in den Fokus rückt und beginnt, seine Vorlieben zu verfeinern und einige der kreativeren Bosswaffen freizuschalten. Das Gameplay ist dabei aber nie herausragend und die meisten Encounter laufen sehr ähnlich ab. Besonders die Bosse haben uns hier einen Dämpfer verpasst. Denn auch wenn diese häufig interessant designt sind, so sind die eigentlichen Kämpfe eher nervig oder unfair schwer. Denn der eigentliche Boss hat bis auf wenige Ausnahmen ein simples Pattern, was man lernen muss und eine Schwachstelle parat und wird nur durch zusätzliche kleinere Gegner dabei immer künstlich erschwert. Es gibt auch Ausnahmen wie zum Beispiel einen Labyrinth-Boss, welcher eher eine Art großes Rätsel ist, aber ansonsten bleiben richtige Highlights leider aus.

Noch dazu kommen nervige sich ständig wiederholende Sätze eures Charakters, die mich im ersten Areal schon zur Weißglut trieben oder Einblendungen beim Aufsammeln von Items, die nicht von alleine verschwinden. Nichts, an was man sich nicht gewöhnen kann, doch der Gesamteindruck drückt sich somit auch in dem Bereich in eine durcschnittliches „Okay“, was angesichts des guten Grundgerüstes und dem immer spaßigen Koop, einfach schade ist. Die Gebiete, die man erkundet, sind dafür dieses Mal zumindest optisch ansprechender und weisen eine breitere Farbpalette auf als die häufigen Braun- und Grautöne des ersten Spiels. Der Zusammenprall der Kunststile fühlt sich manchmal ein wenig schlampig an, aber das Konzept dieser unterschiedlichen Reiche bedeutet, dass es nicht unbedingt einen zusammenhängenden Handlungsstrang geben muss. In einem Moment durchquert man ein prunkvolles, mit Gold verziertes und mit opulenten Statuen geschmücktes Schloss und kommt danach in ein verschneites, eher offenes Areal. Da bietet das Spiel wirklich eine schöne Abwechslung, wenn ich auch häufiger mit der Wegfindung und anschließendem Backtracking zu kämpfen hatte, da ja alles zufällig zusammengewürfelt ist.

Fazit

Remnant 2 präsentiert sich als eine typische Fortsetzung, da es die Ideen des ersten Spiels erweitert und verbessert. Allerdings lässt es einen einfach nicht wirklich beeindruckt zurück, da die Charaktere und Story kaum eine Rolle spielen und einige Unstimmigkeiten den Spielspaß trüben. Besonders die eher langweiligen Bosse, die häufig nur durch zusätzliche, kleinere Gegner künstlich schwierig gemacht werden, tragen dazu bei. Dennoch bietet das Spiel fesselnde Kämpfe, ein stetig wachsendes Repertoire an Perks und Skills sowie eine interessante prozedurale Generierung, einen in den Bann ziehen kann, insofern man damit denn auch Glück bei den Arealen hat.

Remnant 2 erscheint am 25. Juli 2023 für PC, Xbox Series und PlayStation 5.

Positiv:

+ viele Anpassungsmöglichkeiten der Builds

+ Kämpfe sind simple, machen aber viel Spaß

+ im Koop immer eine Runde wert

+ zufallsgenerierte Dungeons & Boss-Reihenfolge

Negativ:

– langweilige Charaktere und uninteressante Story

– viele generische Bosse

– künstliche Steigung der Schwierigkeit

– kleinere nervige Ungereimtheiten wie sich wiederholende Voice-Lines

– Connection-Fehler während Bosskämpfen im Koop

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Written by: Nick Erlenhof

Hitoshura, Sith & FOXHOUND-Spectre

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