Seit der Veröffentlichung von Persona 5 im Jahr 2016 war Atlus gut mit den Phantom-Thieves beschäftigt und hat Spin-offs wie Persona 5 Strikers und Persona 5: Dancing in Starlight sowie eine erweiterte Version des Spiels namens Persona 5 Royal veröffentlicht. Die Reise der Phantom Thieves wird später in diesem Jahr mit der Veröffentlichung von Persona 5 Tactica, einem taktischen Strategie-Rollenspiel, fortgesetzt. Von Anfang an ist klar, wie anders dieser Titel ist, da die Charaktere zu Chibi-ähnlichen Versionen ihrer selbst werden und das Gameplay sehr an Mario + Rabbids erinnert. Doch wie uns das gefallen hat, wie immer im Test.
Gewohnt ernste Thematik unter farbenfrohem Stil versteckt
Zu Beginn findet ihr euch in einem an die Französische Revolution angelehnten Metaverse namens The Kingdoms wieder, wo ihr versucht, euch vor eurer Abschlussfeier auszuruhen. Sofort werdet ihr von Legionären angegriffen, die unter dem Bann der Königin Marie blindlings dienen und kämpfen. Sie erinnert dabei sofort an die rote Königin aus Alice im Wunderland und dieses allgemeine Thema scheint zum Spiel als Ganzes zu passen. Alles ist übertrieben, selbst ernste Töne haben einen skurrilen Unterton, aber das passt alles gut zu diesem neuen Metaverse. Gepaart wird dies mit zwei neuen Charaktere, die euch über die vier Königreiche, die als Art Paläste aus dem Original Persona 5 agieren, begleiten. Erina ist eine heroische Rebellin, ausgestattet mit Speer und Flagge und unterstützt euch auch tatkräftig im Kampg. Toshiro wiederum ist ein Politiker, der eigentlich im japanischen Diet-Gebäude zum Premierminister aufsteigen wollte und nicht so recht weiß, warum er in einem märchenartigen Schloss gelandet ist. Die Charaktere sind dabei in Tactica alle in eine Art Chibi-Version ihrer sonstigen Vorbilder verwandelt worden, an dem man sich zunächst etwas gewöhnen muss, der aber wirklich sehr gut passt.
Geschichtlich wollen wir natürlich nicht allzu viel verraten, besonders da die Reihe für ihre vielschichtigen Charaktere und verborgenen Twists bekannt ist. Aber stellt euch darauf ein, dass der ungefähr das erste Viertel an Anlaufzeit benötigt wird, bevor die Story wirklich losgeht. Der erste Akt ist maßgeblich dazu da, um euch mit dem Kampfgeschehen vertraut zu machen, euch die Mechaniken nahzubringen und die Geschichte plätschert dabei nebenher etwas mit, zumindest was die Hauptsory angeht. Diese wird später nämlich wirklich gut und zeigt wieder, dass hinter dem zunächst so fröhlichen Gewand eine ernste und nahbare Erzählung über Verlust, Familie und Repsekt vor der eigenen Persönlichkeit zeigt. Leider wird das ganze meist nur in Standbildern in einer Art Visual-Novel erzählt und nur sporadisch durch animierte oder gezeichnete Sequenzen aufgebrochen. Da fällt es einem besonders im ersten Akt schon schwer, nicht auch mal Zeilen überspringen zu wollen. Gepaart wird das mit einem etwas gehetzen finalen Akt, der euch nicht nur alte Bosse erneut vorsetzt, sondern auch fast komplett auf Story verzichtet und einen Kampf nach dem anderen bringt.
Taktik-Kämpfe mit sehr schönem Persona-Flair
Jeder, der schon einmal ein taktisches RPG gespielt hat, wird mit diesen Elementen vertraut sein: Bewegung, Deckung, Angriff und Aktivierung von Fähigkeiten, in diesem Fall Personas. In der Tat unterscheidet sich der Kampf selbst nicht so sehr von den rundenbasierten Kämpfen der traditionellen Persona-Spiele, obwohl der Schwerpunkt mehr auf Bewegung und Positionierung liegt. Doch es gibt einige Besnderheiten. Eine Mechanik nennt sich „One More“, die es euch ermöglicht, einen weiteren Angriff auszuführen, wenn ihr einen Gegner erfolgreich umgehauen habt. Dies passiert entweder, wenn ihr diesen aus seiner Deckung befördert oder per Kombo oder kritischem Treffer erwischt. Und dann kommt direkt die nächste coole Umsetzung, nämlich der All-Out-Attack aus der Reihe. Seid ihr im „One More“ und schafft es euren Gegner mit euren drei Figuren in einer Art Dreieck einzuschließen, könnt ihr mit einem Triple Threat-Angriff enormen Schaden aneichten und dabei auch andere Feinde mit einkreisen.
Eine weitere Option ist, dass Mitglieder eurer Gruppe aufgeladen werden, was bedeutet, dass sie, wenn sie keine Aktionen ausführen, in ihrem nächsten Zug den Status aufgeladen erhalten. Was der Status „Geladen“ bewirkt, ist für jede Einheit einzigartig, wobei es zwischen mehr Schaden, besserer Genauigkeit oder dem One-More-Treffer auch bei Widersachern in der Deckung einiges zur Auswahl gibt. Außerdem gibt es drei Fertigkeitsbäume, die mit jedem Charakter verbunden sind. Hier könnt ihr Skills ausbauen, euren ultimativen Fertigkeiten, wovon ebenfalls jeder Charakter eine hat, ausbauen oder passive Boni freischalten, eben das Übliche. Neben einem Shop für Waffen darf dann natürlich der obligatorische Velvet-Room nicht fehlen, in dem ihr wie gewohnt Personas fusionieren könnt oder neu für Tactica auch Waffen. Letzteres wird dann mit Statuseffekten versehen, die durchaus praktisch für den Kampf sind. Leider fallen dafür aber die Personas, die nach dem Fusionieren übrigens jedem Charakter ausgerüstet werden können, etwas ab in Ihrem Nutzen. Denn diese geben euch zwar zwei zusätzliche Skills pro Kämpfer sowie Statistik-Boni wie mehr HP, sehen werdet ihr diese im Kampf aber nie. Somit ist es etwas obsolet, ob ich nun Lucifer oder nur eine kleine Pixie ausgerüstet habe, da dies mitunter gar nicht auffält, wenn ihr diese zum Beispiel nur mit zwei passiven Skills versehen habt. Man merkt eben duchweg, dass hier etwas an der Präsentation gespart wurde.
Eine hell erleuchtete, rebellische Präsentations-Sparflamme
Zunächst aber das abolut positivste in diesem Belangen, die Musik. Lauter neue Tracks, wo einer besser als der andere ist und die perfekt den Flair der Reihe einfangen, nur minimal schwächer als in den anderen Titeln sind und dabei nicht einmal vom Soundtrack-Meister Shoji Meguro sind. Dafür aber mit gewohnten Gesangsstimmen von Lotus Juice und Lyn, die wieder einen tollen Job machen. Wo die Präsentation aber Probleme hat, sind die angesprochenen zu häufigen Standbilder und dem Pacing. Abseits der Kämpfe könnt ihr im Hub auch Quests annehmen, die wirklich coole Kampfareale mit häufigen rätselartigen Ansätzen bieten, da ihr beispielsweise innerhalb eines Zuges alle Gegner neutralisieren müsst, oder euch in kleinen Szenen mit der Gruppe unterhalten, da es keine Social Links, wie noch in Persona 5 gibt. Sowohl diese als auch die Quests sind aber fast nie vertont und auch nur im Visual-Novel-Stil gehalten, was man mögen muss. Ebenso sind im Übrigen die Stimmen und Designs der Einwohner jedes Gebietes eine Sache für sich, die uns nicht so recht gefallen haben.
Noch dazu ist es schade, dass das Spiel so klein wirkt, da man alles nur über Menüs anwählt, nie ein Areal erkunden kann oder man sich auch im Hub nur über Auswahlbildschirme bewegt. Stellt man sich darauf ein, ist das wirklich kein großes Problem, da der Fokus klar die Kämpfe sind, doch nach Persona 5 Strikers haben wir eine ähnliche Herangehensweise erwartet. Wo aber außerhalb der Kämpfe Abwechslung fehlt, kann man die bei den Arealen nicht sagen. Die insgesamt vier verschiedenen Königreiche bieten nicht nur einzigartige Settings, sondern bieten euch neben neuen Gegnern auch immer eine spezielle Mechanik. Dies könne sich bewegende Plattformen, Regeln für den Kampf, Sicherheitskameras, die euch nicht entdecken dürfen oder mehrere Ebenen sein. Euch wird also nicht langweilig und für uns hörte der Spielspaß in den Kämpfen bis zum Ende fast nicht auf.
Fazit
Persona 5 Tactica überzeugt durchweg durch die spaßigen Kämpfe, die durch Abwechslung der Gebiete und Elemente stets frisch bleiben. Die Musik ist erneut absolut großartig und die Story wird ernst und interessant, wenn man etwas mehr als den ersten Akt geschafft. Doch das Pacing, die häufig unterwältigende Visual-Novel-Präsentation und die beschränkte Spielwelt ziehen den Gesamteindruck etwas runter.
Persona 5 Tactica erscheint am 17. November 2023 für alle aktuellen Plattformen.
Positiv:
+ enorm spaßige Taktik-Gefechte
+ abwechslungsreiche Kampfarenen
+ gewohnt großartige Musik
+ Story ist düster und interessant,…
Negativ:
– …wenn sie denn mal ab Akt 2 wirklich einsetzt
– Präsentation recht runtergedampft
– beschränkte Aktionen in der Spielwelt