In einer Zeit, in der Spiele versuchen, hohes Kino und Prestige zu erreichen, ist es komisch, ein Spiel, das von dem bahnbrechenden Michael-Mann-Kriminalfilm Heat aus dem Jahr 1995 inspiriert wurde, als alles andere als prestigevoll zu bezeichnen. Aber genau das macht den Charme der PAYDAY-Reihe aus, denn sie ist eine visuelle Hommage an einen solchen Filmklassiker und bietet gleichzeitig stupiden Koop-Spaß, während ihr mit euren Freunden die verschiedenen Raubüberfälle plant und ausführt. Nach den vielversprechenden Anfängen des von Overkill Software entwickelten ersten Spiels, PAYDAY: The Heist, damals auf der PlayStation 3, bis hin zum unmittelbaren Nachfolger PAYDAY 2, der vom Ende der PlayStation 3/Xbox 360-Generation bis zu seiner Wiederveröffentlichung in der PlayStation 4/Xbox One-Ära eine lange Unterstützung erfuhr, war dieses Spiel die erste Wahl für alle, die ihre Raubüberfälle abseits von Grand Theft Auto: Online ausleben wollen. Jetzt, ein Jahrzehnt nach der Veröffentlichung des letzten Spiels, ist PAYDAY 3 endlich da, um das Erbe der Serie auf neuen Plattformen fortzusetzen. Ob das geklappt hat, erfahrt ihr in unserem Test.
Gangster in der Neuzeit
PAYDAY 3 knüpft kurz nach dem Ende des letzten Spiels an. Nachdem sie ihren letzten Coup erledigt hatten, ging die Gruppe der Heisters aus dem letzten Spiel getrennte Wege und ließ ihr kriminelles Leben hinter sich, bis etwas die Gruppe dazu veranlasste, wieder in das Leben des Verbrechens einzutreten, jetzt in New York City, um einen letzten Coup zu landen. Natürlich sind auch die Sicherheitsmaßnahmen mit der Zeit gegangen und QR-Codes, Laptops und Smartphones gesellen sich zu den sonst etwas stumpferen Möglichkeiten einen Raub zu begehen. Auch wenn einige der Story-Konzepte als Hülle für die acht verschiedenen Heists dienen, die zum Start verfügbar sind, bleiben der Kern des Spiels die Heists selbst. Die verfügbaren sind dabei sehr abwechslungsreich, von ein paar traditionellen Banküberfällen bis hin zum Diebstahl eines gepanzerten Wagens auf einer im Bau befindlichen Brücke, der Infiltration und dem Überfall auf eine Neon-Diskothek und ein Kunstmuseum sowie dem auf Lagerhäuser und Wolkenkratzer. Ihr werdet also nicht immer das Gleiche tun, zumindest zunächst. Denn je nachdem wie erfolgreich ihr mit eurer Truppe seid, können die acht Szenarien schon recht schnell abgeschlossen werden.
Auch wenn der Inhalt für das, was am ersten Tag verfügbar ist, fadenscheinig erscheinen mag und man das auch zu spüren bekommt, wenn man bedenkt, dass alle Inhalte, die in PAYDAY 2 während seiner fast zehnjährigen Lebensdauer verfügbar waren, nicht in die Fortsetzung übertragen wurden, ist der Inhalt selbst gut genug, um einen soliden Grundstein für das erste Live-Service-Angebot der PAYDAY-Serie zu legen. Denn Starbreeze plant bereits einiges und will das Spiel definitv lange mit Inhalten unterstützen. Und auch wenn der Gedanke, zu Beginn nur diese acht Raubüberfälle zu haben, als nicht sehr viel erscheinen mag, gibt es in Kombination mit dem Fortschrittssystem des Spiels, das an die freischaltbaren Gegenstände und das Ausrüstungssystem gebunden ist, mit dem man bessere Waffen und Kosmetika für seinen Heister erhält, sicherlich einen Grund, sich über den ersten Abschluss hinaus mit den angebotenen Raubüberfällen zu beschäftigen. Ob Starbreeze und Overkill Software in der Lage sind, den Inhalt in der neuen Live-Service-Umgebung der Serie schnell zu füllen, bleibt abzuwarten. Aber zumindest ist das, was geboten wird, ein vielversprechender Anfang, wenn es um Abwechslung und Design geht.
Neue Stealth-Mechaniken sind die Superlative eines Raubzuges
Das Design der neuen Levels ist wirklich schön, denn sie scheinen noch besser in der Lage zu sein, den Stealth-Ansatz zu unterstützen, der im letzten Spiel zwar versucht wurde, aber nicht ganz gelungen ist. Zwar sind nicht alle perfekt gestaltet, aber die meisten Level in PAYDAY 3 haben diesen neuen Stealth-Ansatz berücksichtigt, der euch alternative Wege zum Levelabschluss bietet, die sich deutlich von einem lautstarken Baller-Playthrough unterscheiden. Die Koordination mit einer ganzen Gruppe von Leuten, als wir uns durch die fachmännisch gestalteten Banken schlichen, um zu versuchen, in den Haupttresor zu gelangen, nur um einen zufälligen Fehler zu begehen, wie z. B. dass ein Teamkollege versehentlich eine Granate wirft, während er seine Maske aufsetzt, was ironischerweise dieselbe Tasteneingabe ist, oder ungesehen in eine patrouillierende Wache hineinläuft, wodurch der Raub sofort im Chaos versinkt, zeigte ein Spiel, das mit beiden Herangehensweisen ziemlich viel Spaß machen kann, während die Hölle losbricht.
Wichtig dabei ist, dass das Spiel zwar eindeutig gedacht ist, mit mindestens einem Freund gespielt zu werden, potentiell sogar lieber immer mit drei, es aber zumindest das Potenzial hat von Teams mit keiner vollen Gruppe und sogar Solo mit der KI bewältigt zu werden. Die KI-Helfer gehen euch aus dem Weg, wenn ihr einen Solo-Stealth-Run versucht und sie sind auf jeden Fall in der Nähe, falls es schiefgeht, um Wellen von SWAT-Teams aus dem Weg zu räumen und euch widerzubeleben. Der einzige Bereich, in dem sie nicht effektiv sind, ist, wenn man erwartet, dass die KI-Begleiter einem tatsächlich bei den Missionszielen helfen, sei es beim Einsammeln der Beute oder bei Dingen wie dem Knacken von Schlössern und Ähnlichem. Das bedeutet also, dass man inmitten des Chaos eines schief gelaufenen Raubüberfalls ganz allein die Beute hin- und hertragen muss, wobei die einzige Möglichkeit, die KI zu unterstützen, darin besteht, ihr die Beute auf den Rücken zu werfen, was die Raubüberfälle weniger spaßig machen kann. Ich weiß es zwar zu schätzen, dass man sich bemüht hat, den Spielenden, die keinen Freund finden können, die Möglichkeit zu geben, alleine zu spielen, aber hier hoffen wir in einem Patch noch aus etwas Besserung.
Besseres Gameplay lenkt von der KI ab
Im Vergleich zum Vorgänger ist das Gefühl der Waffen und Schussgefechte definitiv verbessert worden und auch das Bewegen eures Ganoven funktioniert besser, wenn es auch insgesamt nicht mit aktuellen Genre-Vertretern mithalten kann, was es aber auch gar nicht muss. Aber so gut das verbesserte Spielgefühl auch ist, muss man auch sagen, dass man einfach merkt, dass PAYDAY 3 kein Produkt der Oberklasse ist. Die Animationsqualität ist komisch steif, die Menge an Clipping, die man zu sehen bekommt, ist geradezu ungeheuerlich und die KI von Gegnern und Wachen kann wahnsinnig ist zwar besser geworden, aber immer noch verbesserungswürdig. Zugegeben, die Feinheiten der KI machen das Schleichen in den Levels zu einem Vergnügen, aber manchmal wird man aus so seltsamen Blickwinkeln gesehen oder die KI macht unvorhergesehen Dinge, das man nicht weiß wie man das hätte umgehen sollen.
Diesen Mangel an allgemeinem Schliff merkt man leider immer wieder. Dies ist eines der seltenen Spiele, bei denen sich allein die Menünavigation manchmal schon kaputt anfühlt, mit vielen nicht reagierenden Tasteneingaben oder einfach verzögerten Menüs, die einfach nicht aufgehen wollen. Auch im Matchmaking gibt es Probleme und das Spiel benötigt unbedingt eine Art forciertes Starten des Spiels, dass man nicht bis zu 5 Minuten warten muss, weil jemand in der Gruppe einfach nicht auf „Bereit“ klickt. Bei solchen grundlegenden Funktionen handelt es sich um ein Problem, das Starbreeze und Overkill hoffentlich relativ bald beheben. Aus technischer Sicht ist PAYDAY 3 trotz der Umstellung auf die Unreal Engine 4, mit dem Versprechen, irgendwann in der Zukunft auf die Unreal Engine 5 umzusteigen, recht solide. Es gibt hier und da Pop-Ins und NPCs werden mit ihren Outfits häufig mehrfach verwendet, wie die Bankangestellte, die im gleichen Anzug auch im Club auf der Tanzfläche steht. Doch die Bereiche sind schön designt und es macht Spaß alle Büros und versteckten Räume zu erkunden.
Fazit
Payday 3 macht einen großen Schritt nach vorne in dem bisher alleinigen Feld der Heist-Simulatoren. Die neuen Stealth-Mechaniken motivieren, das Gameplay wurde verbessert und die Raubüberfälle sind abwechslungsreich. Abstriche gibt es jedoch leider noch beim aktuellen Mangel an Inhalten, der KI und dem allgemeinen Feinschliff. Doch an einigen Dingen wird bereits gearbeitet, sodass sich Heist-Fans hier in Kürze ausgiebig austoben können.
Payday 3 ist ab sofort für PlayStation 5, PC und Xbox Series verfügbar.
Positiv:
+ motivierende Stealth-Ansätze
+ abwechslungsreiche Heist-Szenarien
+ verbessertes Gameplay
+ viel Freischaltbare Skills und Gegenstände
+ Koop mit bis zu 4 Spielenden
Negativ:
– mangelnder Content, besonders wenn man Payday 2 gewohnt ist
– schwache KI
– nicht reagierende Menüs und generell fehlender Feinschliff
– Matchmaking noch mit Problemen