Review: Live A Live – Ein RPG-Klassiker als hervorragendes HD-2D-Remake

Final Fantasy IV – VI, Chrono Trigger, Earthbound, Super Mario RPG, Breath of Fire, Secret of Mana, Terranigma, Lufia – diese Liste an SNES-Titeln könnte noch lange weitergeführt werden, aber es reichen auch weniger Beispiele, damit klar wird, dass die Super Nintendo die unangefochtene Nummer 1 unter den Rollenspielen ist! Darunter befindet sich auch eines mit dem seltsam anmutendem Namen Live A Live: ein Spiel, das mit der Zeit ein wenig in Vergessenheit geriet. Dabei braucht es sich gar nicht hinter den eingangs erwähnten Titeln zu verstecken! Den Grund dafür verraten wir euch in den folgenden Zeilen und auch, wieso ihr das diesjährige Remake für Switch auf keinen Fall auslassen solltet.

Acht verschiedene Zeitebenen mit acht verschiedenen Charakteren

Oboromaru läuft im feudalen Japan heimlich über die Dächer des feindlichen Daimyos.

Anders als andere klassische RPGs setzt Live A Live nicht auf eine eingeschworene Heldenparty für den gesamten Spieleverlauf, sondern lässt euch acht verschiedene Helden an verschiedenen Zeitpunkten der Weltgeschichte spielen – von der Urzeit bis zu fernen Zukunft. Dabei besitzt jeder eine ganz eigene Mission, die in etwa 2-3 Stunden durchspielbar ist.

Die Geschichte von Oersted verläuft ziemlich tragisch…

Pogo, der Steinzeitmensch, wird vom eigenen Clan verstoßen, der alternde Erdherz-Meister sucht im kaiserlichen China nach einem geeigneten Nachfolger, im Mittelalter kämpft Oersted gegen den Fürsten der Finsternis, Oboromaru ist ein Ninja auf Rettungsmission, im Wilden Westen bereitet Sundown eine Siedlung auf eine Bande einfallender Banditen vor. In der Gegenwart wiederum trainiert Masaharu Takahara, um der stärkste Kampfsportler der Welt zu werden, in der nahen Zukunft deckt der telepathisch begabte Akira eine Regierungsverschwörung auf und in der weit entfernten Zukunft muss der kleine Roboter Würfel herausfinden, wer der Saboteur an Bord eines Transportraumschiffes ist, das eine gefährliche Lebensform als Fracht trägt.

Max Morgan, der Wrestling-Champ, gegen den Takahara – links im Original, rechts im Remake

Dabei könnten die Kapitel unterschiedlicher nicht sein: Masaharu Takahara nimmt sich einen Gegner nach dem anderen im Zweikampf vor, lernt während des Kampfes die Attacken des Gegenübers und kämpft sich so an die Spitze. Würfel wiederum greift in seinem Kapitel nie auf den Kampf zurück, sondern muss sich – ganz im Gegenteil – vorsehen, nicht vor dem wilden Behemoth an Bord gefressen zu werden, während er nach Hinweisen sucht.

Fersengeld ist das Stichwort, sobald der Behemoth am Bildschirm auftaucht.

Dennoch verbindet alle Helden aus Raum und Zeit ein Element: an jedem Kapitelende steht ein Kampf gegen eine Entität, die eine Variation des Namens Odio trägt. Wer alle acht Kapitel abgeschlossen hat, erhält Zugriff auf ein neuntes. Wir wollen an dem Punkt nicht zu viel verraten, aber dort wird es möglich sein, eine vollwertige Party aus den Hauptfiguren der früheren Kapitel zu formen und in einen finalen Kampf zu ziehen.

Klassisches Kampfsystem und frischer Wind durch variierendes Gameplay

Mit dem Ellbogenschlag kann Akira nur Gegner treffen, die direkt vor, hinter, über und unter ihm stehen.

Das Kampfsystem ist klassisch rundenbasiert, wobei sich Spieler und NPCs auf einem 7×7 großem Raster bewegen. Es gibt unterschiedliche Arten von Angriffen, gegen welche die Gegner Schwächen als auch Resistenzen aufweisen können. Statusveränderungen wie Schlaf, Gift und Paralyse sind ebenfalls anwendbar. Obendrauf ist es auch möglich, die Felder selbst zu manipulieren: Sie können durch Aktionen mit verschiedenen Elemente belegt werden, wodurch alle sich darauf befindlichen Figuren Schaden nehmen. Verliert ein Party-Mitglied alle Lebenspunkte, wird es handlungsunfähig (mit Heiligenschein über dem Kopf), kann aber mit regulären Heil-Zaubern oder -Items zurückgebracht werden. Wird ihm allerdings weiterer Schaden zugefügt, scheidet es permanent aus dem Kampf aus und erhält auch keine Erfahrungspunkte nach gewonnenem Kampf.

Yun Jou lernt Fähigkeiten vom Erdherz-Meister, indem er sich einem besonders harten Training unterzieht.

Abseits des Kampfes besitzen jedes Kapitel für sich ein oder zwei Gimmicks: Dies kann in Form einer anwendbaren Technik sein, wie beispielsweise das Gedankenlesen von Akira, das Tarnen von Oboromaru oder das Aufnehmen von Fährten durch Pogo. Aber auch andere Segmente lockern die klassischen RPG-Konventionen auf: Als Sundown befehligt ihr die Leute der Siedlung, Fallen gegen die Banditen zu stellen, oder im finalen Kapitel gibt es jede Menge bizarre Puzzle-Elemente, die man so aus Rollenspielen nicht kennt.

Die Duftwolken zeigen Pogo die Richtung, in der sich Wildtiere oder Items befinden.

Eine Perle der Videospielgeschichte in strahlendem Gewand

Spieleregisseur Takashi Takita wollte 1993 ein Spiel mit unterschiedlichsten Handlungssträngen produzieren und engagierte für die Aufgabe des Charakterdesigns auch sieben verschiedene Mangaka – darunter auch Gosho Aoyama, den Kopf hinter Detektiv Conan. Das Ergebnis konnte sich absolut sehen lassen, es war ein Mix aus manchmal kampflastigen, manchmal storylastigen Segmenten. In Bezug auf die Dialoge ist es interessant zu erwähnen, dass damals nicht mit Kraftausdrücken gespart wurde und diese auch ihren Weg auch in das Remake für Nintendo Switch gefunden haben.

Sundown ist um keine Antwort verlegen.

Leider gibt es neben den vielen Hochs auch ein paar Tiefs, da Kapitel wie „Das kaiserliche China“ aufgrund von ständigen Gegnerwellen monoton wird oder der Plot und die erforderlichen Aktionen in „Die nahe Zukunft“ mit Akira nicht nachvollziehbar sind. Der Großteil der Kapitel bietet allerdings erstklassige RPG-Action mit frei wählbaren Entscheidungen, die den Verlauf der Story beeinflussen können.

Der Spieler kann seine Partymitglieder selbst mit Rüstung versehen oder per Knopfdruck automatisch optimal ausrüsten lassen.

Womit wir auch schon bei den Verbesserungen der Remake-Version wären! Drei Jahrzehnte in Sachen Grafik ziehen nicht unbemerkt an einem Spiel vorbei; Das Original von Live A Live sieht dementsprechend angestaubt aus, doch das Remake ist ein wahrer Augenschmaus, da man sich an der HD-2D-Aufmachung von Octopath Traveller orientiert hat. Zusätzlich gibt es ein paar „Quality-of-Life“-Verbesserungen wie Landkarten in einigen der Kapitel oder – viel nützlicher – ein Radar am unteren Bildschirmrand, dass unerforschte Gebiete in Grau, erforsche in Blau und das aktuelle Ziel mit einem Fähnchen markiert. Diese sorgen dafür, dass das Spiel für den modernen Zocker bequemer wird, ohne etwas Grundlegendes daran zu ändern. Abschließend muss auch noch das neue, authentische Voice-Acting erwähnt werden, das wirklich viel zur Atmosphäre des Spiels beiträgt.

Fazit

Live A Live zeigt, wie Remakes für Spiele aus den frühern 90ern gemacht werden müssen: Ein neuer Anstrich, ein paar Orientierungshilfen und schon wirkt Live A Live wie ein brandneuer Titel, der sich ebenso gut spielt. Die Story war, mit ein paar wenigen Abstrichen, bereits so grandios, dass sie auch heute noch für Staunen sorgen wird. Das Remake ist ein Liebesbrief an klassische RPGs und eine ausgesprochene Empfehlung für jeden, der Fan davon ist.

Positiv:

+ Remake eines japanischer RPG-Klassiker, der jede Menge Abwechslung bietet

+ wunderhübsche Grafik und Verbesserungen, die bei der Orientierung helfen

+ hoher Wiederspielwert aufgrund von Entscheidungsfreiheiten

Negativ:

– nicht alle Kapitel sind gleichwertig, ein kleiner Teil ist langwierig oder monoton

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Written by: Julian Bieder

Retro-Zocker, RPG-Allrounder und eifriger Trophäenjäger

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