Review: Like a Dragon: Infinite Wealth – Ein wahrgewordener Urlaubstraum von einem RPG

Es war Yakuza 0, das die ersten Monate eines denkwürdigen Jahres 2017 für japanische Spielefans einleitete und jetzt ist Like a Dragon: Infinite Wealth bereit, sieben Jahre später eine weitere Glückssträhne für das Ryu Ga Gotoku Studio zu starten. Wieder mit dem rundenbasierten Kampfystem aus Yakuza: Like a Dragon an Bord und einem neuen Schauplatz auf dem wunderschönen Hawaii. Da kann ja eigentlich nicht viel schief gehen, oder? Mehr dazu in unserem ausführlichen Test.

Yakuza-Legende und Neuling wunderbar vereint

Die Geschichte dreht sich zum großen Teil wieder um unseren Helden mit dem auffälligen Afro Kasuga Ichiban, der auf Hawaii nach Hinweisen auf den Verbleib seiner Mutter Akane sucht. Sie ist dort untergetaucht, nachdem sie von Yakuza-Gruppierungen verfolgt wurde. Das bedeutet, dass die Serie einen weiteren neuen Schauplatz zu erkunden hat: die tropische Stadt Honolulu. Durch Zufälle hat es auch die Yakuza-Legende Kiryu dahin verschlagen und so schließt sich das ungleiche Duo natürlich schnell zusammen, ohne dabei auf bekannte Gesichter wie Adachi oder Nanba und ein paar weitere Überraschungen zu verzichten. Es heißt, dass dies die bisher größte spielbare Umgebung ist und das können wir bestätigen, aber auf eine positive Art. Denn wenn man sich auf die sonnigen Straßen begibt, sieht man genau die Art von exotischem Urlaubsort, die man erwarten würde. Die Strände säumen die eine Seite der Karte, während die Touristenfallen weiter im Landesinneren zu finden sind. Etablierte Marken füllen die Hauptstraßen, während unabhängige Geschäfte, die Strandkleidung und Accessoires verkaufen, an der Seite liegen. Der Schauplatz lädt wirklich zum Verweilen ein.

Natürlich bleibt es nicht bei den beiden und neben zwei gänzlich neuen Charakteren stoßen im Verlauf auch noch bekannte Gesichter aus vorangegangenen Teilen wieder hinzu. Die Geschichte zentiert sich aber auf Ichiban und Kiryu, deren jeweilige Geschichten hervorragend dargestellt werden. Eine familiäre Achterbahnfahrt voller Wendungen bei Ichiban trifft auf eine stoische und sehr emotionale vermeintlich letzte Reise eines mit Krebs erkrankten Kiryu. Besonders die Harmonie, wenn die beiden zusammen agieren, ist wunderbar umgesetzt worden und geht von Buddy-Action sehr gut in ernste und traurige Themen über, die einen auch schon mal mitnehmen können. Denn nach einiger Zeit wechselt die Perspektive des Spiels in die des Drachen von Dojima, wo der Ton viel ernster und düsterer ist. Dadurch entsteht neben der Hauptaufgabe und den Nebengeschichten eine neue Art von Mission, in der Kiryu in Erinnerungen schwelgen kann und noch so einiges unternehmen möchte, bevor die Krankheit in einholt. An bestimmten Stellen in Ijincho und Kamurocho kann man dabei auch über Ereignisse aus früheren Yakuza-Spielen nachdenken, wo sogar Like a Dragon: Ishin! enthalten ist, das Kiryu als einen seltsamen Traum bezeichnet. Denn auch wenn die Story bei den Spielen aus der Reihe schon immer wirklich gut und spannend umgesetzt war, so gipfelt diese hier noch einmal in einem besonderen finalen Akt, der für Fans wirklich etwas ganz besonderes sein wird.

Auch grafisch überzeugt die neue Stadt Honolulu.

Nebenaktivitäten, die ihr eigenes Spiel verdienen

Ein Like a Dragon-Titel hat in der Regel so viele Nebenaktivitäten wie es Sand am Stand gibt, aber hier werdet ihr euch wie nie zuvor auf den Weg machen wollen, um all die verlockenden Aufgaben zu erkunden, die ihr in der Haupthandlung ohnehin nicht erledigen müsst. Denn die schiere Anzahl, deren qualitative Umsetzung und die Liebe zum Detail dabei ist wirklich umwerfend. Wir versuchen einmal alles etwas anzureißen, um euch einen guten Eindruck geben zu können. Zunächst einmal sind viele der Questgeber wiederkehrende Charaktere und diese verwickeln euch dann erneut in alberne Nebengeschichten, eben ein Markenzeichen der Serie. Eine allumfassende Nebenaufgabe sind zum Beispiel die Sujimon und deren umfassende Kopie von allem was man aus Pokémon kennt. Ihr könnt diese nämlich fangen und trainieren, trefft überall verteilt Sujimon-Trainer, um gegen deren Team anzutreten und es gibt sogar Suji-Stops, um Items zu sammeln oder an Raids teilzunehmen. Getoppt wird das dann noch von Türmen in denen ihr gegen Arenaleiter antretet, nur um dann gegen eine Art Top Vier anzutreten. Ach ja, und einen Sujidex für alle Sujimon gibt es natürlich auch.

Habt ihr darauf keine Lust könnt ihr per Kamera während einer Busfahrt Weirdos in SM-Outfits fotografieren, was an Pokémon Snap erinnert. Oder ihr beschwört per Tanz einen Sturm für einen Rocker, tragt für einen Jungen in der Stadt Limonade aus, weicht in einer Version von Frogger Autos aus, nehmt an Chats mit unbekannten Frauen teil, tragt per Raketen-Fahrrad Burger aus und so weiter. Nicht nur klingt jede Aufgabe dabei verrückter als die letzte, diese machen auch alle noch wirklich Spaß und bieten neben der Geschichten auch immer Motivation diese zu absolvieren. Denn neben Items locken auch immer tolle Boni oder neue Beschwörungen für die Kämpfe. Noch dazu befüllt man ein Freunde-System auf der Insel, wobei man manche Menschen nur grüßen muss, um diese als Freunde zu gewinnen, andere wiederum benötigen etwas mehr. Es gibt eine befreundbare Kuh, die man mit Essen füttern muss oder einen Mann, der als Palme verkleidet ist und erstmal gefunden werden will. All die Aktitväten steuern dabei in eure Persönlichkeit, die sich ähnlich wie in Persona 5 entwickelt und dann wiederum neue Jobs freischalten kann. Dies gibt es für Ichiban und Kiryu jeweils und während der Kapitel mit letzterem habt ihr die Chance auf „Erinnerungen des Drachens“, die eine Art Nebenmissionen darstellen, den Fokus aber komplett auf Nostalgie und vorangegangene Yakuza-Teile legen.

Und wollt ihr nur einmal die Insel erkunden und etwas relaxen, könnt ihr einer Vielzahl an Gesprächen eurer Gruppe lauschen. Einige davon sind auf der Karte markiert, andere ergeben sich organisch, wobei viele auf dem aktualisierten Walk & Talk-System basieren. Dabei laufen diese einfach nebenbei in kleinen Sprechblasen an der Seite mit und ihr könnt zuhören oder diese auch wahlweise überspringen. Infinite Wealth geht jedoch noch einen Schritt weiter, indem es diese Funktion in ein eigenes kleines Spiel verwandelt, bei dem man Zeilen und Spalten im Bond-Bingo ausfüllen kann. Wenn man alle Interaktionen findet, um eine Reihe zu vervollständigen, erhält man eine Menge von Freundschaftspunkten, mit denen man neue Angriffe und Jobs freischalten kann. Doch eine große Nebenaktivität fehlt natürlich noch neben vielen weiteren, die wir noch nicht erwähnt haben: Dondoko Island.

Neue Sujimon können auch per Gacha-System ergattert werden. Ohne Echtgeld wohlgemerkt.

Yakuza Crossing oder wie sich eure Freizeit in Luft auflöst

Vom Servieren von Nudeln in Yakuza 5 bis zu den Go-Kart-Rennen in Yakuza: Like a Dragon gab es schon immer etwas umfangreichere Aufgaben, die einen von der Geschichte ablenken und die Zeit vergessen lassen. Und bei Infinite Wealth könnten das ja auch die ausgebauten Sujimon-Kämpfe sein und alles wäre gut. Doch RGG ist einen Schritt weiter gegangen und hat eine eigene Version von Animal Crossing geschaffen. Über eine gestrandete Schildkröte etwas nach 15 Stunden Spielzeit geht es auf eine neue Insel samt kleinem Resort. Zu Beginn eurer Reise räumt ihr dann auf dieser Schrott weg, um Platz für Gebäude, Unterkünfte und Attraktionen zu schaffen. Diese werden aus Ressourcen gebaut, die ihr durch das Fällen von Bäumen und das Zertrümmern von Felsen auf der Insel sammelt. Am Anfang kann man erstmal nur Toiletten, Tische und Kissen herstellen, aber mit der Zeit zieht man immer mehr Gäste an, um zu einem Fünf-Sterne-Resort aufzusteigen. Bestimmte Parameter müssen erfüllt sein, damit euer Urlaubsort einen höheren Rang erhält, darunter seine allgemeine Beliebtheit und die Zufriedenheit der Gäste. Je besser ihr abschneidet, desto mehr staatliche Zuschüsse erhaltet ihr, was zu einem Kreislauf führt: Je mehr ihr investiert, desto mehr bekommt ihr heraus. Was den Modus noch cooler macht, ist, dass einige der Leute, die auf der Dondoko-Insel Urlaub machen, denkwürdige Charaktere aus früheren Yakuza-Spielen sind, so dass Ichiban sie zum ersten Mal treffen kann und ein netter Nostalgie-Hit ist.

Neue Gebäude und Möbel werden kurzerhand erbaut und anschließend platziert.

Auf der Insel gibt es aber noch mehr zu tun als nur Putzen und Bauen. In einem Dokopedia werden die Fische, die man fängt, die Insekten, die man findet, die Lebensmittel und die Sammlerstücke aufgezeichnet, was alles dazu beiträgt, dass man die Insel besser versteht. Zusätzlich verfügt ihr über euer eigenes Haus im Resort, das ihr nach eurem Geschmack einrichten und gestalten könnt. Wenn ihr das Haus ausbaut, erhöht sich eure Lebensfähigkeitsanzeige, wodurch sich Ichibans Gesundheit auf der Insel und die Anzahl der Ressourcen, die er sammeln kann, verbessern. Denn immer wieder müssen auch feindliche Besucher von der Insel vertrieben werden. Insgesamt ist das natürlich alles nicht so ausgereift wie bei einem Spiel im Genre, aber als optionale Aufgabe ist es schon wirklich beeindruckend.

Jede neue Stufe beschert euch auch einen schicken Bonus, der außerhalb der Insel genutzt werden kann.

Die Schwächen der rundenbasierten Kämpfe wunderbar ausgesondert

Das Spiel wurde gegenüber seiner Vorgänger übrigens auch in vielen Punkten poliert und ein riesiger davon ist der rundenbasierte Kampf, bei dem man die Charaktere jetzt frei innerhalb eines Radius bewegen kann, wenn sie an der Reihe sind. Das klingt zwar nach einer recht simplen Ergänzung, aber diese Option verleiht euren Fähigkeiten eine neue strategische Ebene. Jetzt könnt ihr Feinde so aufstellen, dass mehrere auf einmal Schaden nehmen oder einen Bösewicht dazu zwingen, in eine bestimmte Richtung zurückzufallen, damit er mehr Lebenspunkte verliert, wenn er mit einem Objekt zusammenstößt. Das war ein großes Manko beim letzten RPG-Teil, denn man hatte keine Kontrolle wo jemand hinläuft und konnte wenig taktisch planen. Wie schon in früheren Titeln kann man nun auch einfach zu Objekten in der Umgebung wie Fahrrädern und Verkehrskegeln gehen und sie als Waffen einsetzen. Es gibt Tag-Team Moves, die durch einen hohen Bond-Level freigeschalten werden, stehen eure Partymitglieder gut, könnt ihr Combos mit diesen ausführen oder ihr bestaunt die durchweg irrwitzigen Heat-Finisher, wobei das Spiel bei Kiryu sogar in das bekannte Brawler-Gameplay übergeht. Auch die Poundmates, Beschwörungen, die übers Handy herbeigeholt werden können, sind wieder dabei und bleiben dieses Mal sogar für einige Runde im Kampfgeschehen, ohne direkt wieder abzuhauen.

Bei Alo-Happy Tours gibt es neue Jobs bzw. Klassen für eure Party.
Das schicke Teil kann sogar angepasst werden und verfügt über einen Autopilot zum nächsten Ziel.

Neben so vielem was man unternehmen kann, dem verbesserten kampf gibt es auch eine Vielzahl an tollen Quality-of-Life-Features. Gegner, die jederzeit innerhalb der Stadt sichtbar sind wurden mit Farben und Umrandungen designt, um deren Level gegenüber eurem dazustellen. Sind diese blau könnt ihr den Kampf per Knopfdruck direkt beenden und so wertvolle Zeit sparen. Eine Fahrt per Taxi muss nun nicht erst bei einem der Fahrzeuge erfolgen, sondern ihr könnt euch jederzeit per Schnellreise über die Karte zu einem hinbegeben. Es gibt Auto-Kämpfe, die per Taktik auch etwas angepasst werden können, falls euch einmal die Lust vergeht in einem der optionalen Dungeons jeden Kampf per Hand zu steuern, auch wenn das bei dem wirklich tollen Kampfsystem selten der Fall sein sollte. Es gibt noch viele weitere Punkte, beziehungsweise Highlights, über die wir berichten könnten, wie beispielsweise die wirklich guten Boss-Kämpfe, die neben Yakuza-Bossen auch verrückte Clowns oder einen monströsen Hai bieten (Denn man darf ja nicht vergessen, dass die Kämpfe und das Aussehen der Gegner alles nur in Ichibans Kopf stattfinden und es daher keine Grenzen gibt), aber wir wollen den Rahmen nicht sprengen und können den Titel nur wärmstens weiterempfehlen.

Eure Persönlichkeit wird durch fast alles stetig verbessert und schaltet praktische passive Effekte frei, plus eröffnet neue Jobs. Kiryu hat ebenfalls so etwas für seine Parts.

Fazit

Like a Dragon: Infinite Wealth ist eine unglaublich ambitionierter Titel, den man uneingeschränkt empfehlen kann. Er wurde an allen Ecken und Enden gegenüber dem Vorgänger verbessert, wobei besonders die rundenbasierten Kämpfe von profitieren. Die Geschichte bietet besonders ab der Hälfte eine ambivalente Achterbahnfahrt sondergleichen und die Nebenaufgaben sind so abwechslungsreich und ausufernd wie noch nie. Und einen besseren Nostalgie-Trip für Yakuza/Kiryu-Fans wird es so schnell nicht wieder geben.

Like a Dragon: Infinite Wealth erscheint am 26. Januar 2024 für PlayStation 5, PlayStation 4, Xbox Series X|S, Xbox One und PC.

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Written by: Nick Erlenhof

Hitoshura, Sith & FOXHOUND-Spectre

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