Auf dem Papier spricht einiges gegen Like A Dragon Gaiden. Der größte Nachteil ist die gewaltige Aufgabe, Kiryus Rückkehr als Protagonist nach seinem scheinbar letzten Abenteuer zu rechtfertigen. Dies gilt insbesondere, da Ichiban, der neue Hauptdarsteller der Serie, von den Fans der Serie weitgehend akzeptiert wurde. Für Entwickler Ryu Ga Gotoku Studio und Kiryu ist das ein Nachteil. Aber wenn Kazuma Kiryu eines ist, dann ist es entschlossen. Und ob er immer noch etwas auf dem Kasten hat, erfahrt ihr in unserem Test.
Ein Mann ohne Namen, den doch alle kennen
Like A Dragon Gaiden knüpft an die Ereignisse von Yakuza 6 an, in dem Kiryu seinen eigenen Tod vortäuschte, um der kriminellen Unterwelt zu entkommen, der er schon so lange zu entkommen versucht hatte. Doch die Dinge in Kiryus Leben verlaufen selten wie geplant und er wird schnell wieder in sein kriminelles Leben hineingezogen, wenn auch aus einer anderen Perspektive und unter einem neuen Namen: Joryu. Zeitlich spielt das Ganze dabei auch während Like a Dragon, also Yakuza 7 und auch zeitgleich mit Judgment, womit sich einige interessante Überschneidungen der Serien ergeben. Die Story ist dabei etwas kürzer als die vorangegangenen Teile, dies mindert aber in keinster Weise die Qualität. Kiryu begeistert erneut mit seiner stoischen und gerechten Art und muss dabei diesem Mal neue Gefährten auf seinem Weg finden, begegnet aber dennoch gegen Ende bekannten Figuren und es wird immer wieder damit gespielt, was er in der früheren Teilen bereits erlebt hat.
Etwas merkwürdig dabei ist die Tatsache, dass so getan wird als könnte man Kiryu in seinem so geheimen Outfit nicht erkennen. Schließlich hat er ja eine Brille auf. Aber weder Frisur noch Bart oder sonst irgendetwas wurde in irgendeiner Art verändert und daher dauert es nicht lange bis im ersten Kapitel direkt viele Widersacher den legendären Dragon of Dojima als diesen erkennen. Das würde zum sonst häufig flappsigen Stil der Spiele passen, wird aber in der sehr ernsten und spannenden Story nicht so behandelt und hat daher etwas weniger stimmig gewirkt. Doch das tut dem ganzen keinen großen Abbruch und besonders gegen Ende hin nimmt die Geschichte wirklich Fahrt auf und bereitet einen sehr gut für das bevorstehende Like a Dragon: Infinite Wealth vor, in dem Kiryu ja ebenfalls wieder eine Rolle spielen wird.
Agent Drache meldet sich zum Einsatz
Während Like A Dragon Gaiden den Beat-‚em-up-Kampf aus den Kiryu-Titeln beibehält, führt es einen neuen Kampfstil ein: Den Agenten-Stil. Hier setzt Joryu vier spezielle Gadgets ein, die dem Kampf etwas mehr Flair und Geschmeidigkeit verleihen. Spider erlaubt es, Feinde zusammenzutreiben und einen Greifhaken zu benutzen, Hornet setzt einen Drohnenschwarm ein, Firefly eine Zigarette mit Zeitbombe, und Serpent gibt Joryu einen Geschwindigkeitsschub. Ihr könnt frei zwischen dem traditionellen Kampfstil der Serie und Agent wechseln, und es hat viel Spaß gemacht, mit beiden zu spielen. Der neuen Stile fügt sich wunderbar ein und die Gadgets mitsamt den freischaltbaren Upgrades spielen sich wunderbar spaßig. Klassiche Heat-Actions, die per Knopfdruck Finisher loslassen und der Extreme-Heat Modus passen sich dabei auch wunderbar an den Agentenstil an. Ruft ihr beispielsweise während letzterem eure Drohnen, kommen diese nicht nacheinander, sondern ein riesiger Schwarm stürzt sich direkt auf eure Gegner. Dazu kommt noch eine neue Konter-Mechanik, die auch größere Gegner und Bosse zu einer spaßigen Auseinandersetzung machen und weniger auf QTEs setzen wie noch Yakuza 6 es gemacht hat.
Noch mehr Spaß machte es jedoch, als einer der anderen Charaktere der Serie im Kolosseum des Schlosses zu spielen. Und damit kommen wir auch zum anderen Hauptaugenmerk, den Nebenaufgaben. Diese sind serientypisch mal wieder in großem Umfang vertreten und reichen natürlich vom klassichen Dart, Billard, Arcade-Hallen, Sega-Konsolen, Karaoke sowie Hostess-Clubs und noch so viel mehr. Doch neu ist „The Castle“, ein Theme-Park für Erwachsene, der auf einem riesigen Schiff samt dem japanischen Osaka-Schloss untergebracht wurde. Hier gibt es nicht nur eine Boutique, in der man Kiryu, äh Entschuldigung, Joryu nach Lust und Laune umfangreich mit neuen Klamotten und Anpassungen austatten kann sowie ein Casino, sondern auch ein Kolosseum. Hier könnt ihr euch einen eigenen Clan zusammenstellen und in Einzel- oder Gruppenkämpfen antreten, die nicht nur chaotisch viel Spaß machen, sondern in denen ihr andere Charaktere steuern könnt. Habt ihr also über Nebenmissionen beispielsweise Majima oder Saejima freigeschaltet, könnt ihr auch als diese antreten und ordentlich aufräumen. Doch die Missionen sind diesmal ebenfalls an etwas neues geknüpft, das „Akame-Network“.
Ein Obdachlosen-Netzwerk, bei dem Ichiban nur staunen kann
Akame lebt in Sotenbori, Osaka, und ist ein Tausendsassa mit einem Geheimdienstnetzwerk namens Akame Network. Kiryu trifft sie während einer Mission für die Daidoji und es stellt sich heraus, dass ihr Netzwerk aus Obdachlosen besteht. Sie nimmt auch riskante Aufträge an, die andere meiden. Im Spiel wird dieses Netzwerk mit Punkten gefüttert, levelt mit der Zeit auf, um euch in einem Shop nette Items zu bieten oder ihr levelt eure Fähigkeiten damit auf. Investieren könnt ihr euer Geld aber auch und so mehr Items im Shop oder besser Drop-Raten der Gegner freischalten und es bietet euch übers Spiel verteilt kleine Aufgaben wie kurze Kämpfe oder jemand, der seinen Ball im Baum verloren hat und kurzerhand die Hilfe von Agent Joryu benötigt. Aber auch größere Missionen mit kurzen Geschichten gilt es abzuschließen, wovon viele mit sehr netten Verweisen zu anderen Spielen der Reihe oder sogar deren Spin-Off Judgment gespickt sind. Mit Kaito zusammen ein paar Gangster vermöbeln ist da nur ein Beispiel. Leider sind diese wieder einmal nicht vertont, was erneut sehr schade ist.
Abschließend noch der für uns wichtige Hinweis, dass die Story in großen Teilen wirklich nur genossen werden kann, wenn man die Reihe bisher recht gut verfolgt und zumindest Yakuza 6: The Song of Life gespielt hat. Denn das wirklich spannende ist die Zerissenheit von Kiryu in Verbindung mit allem, was er für sein jetziges Leben aufgeopfert hat und wen er auf diesem Weg getroffen hat. Grundlegend lässt sich Like a Dragon Gaiden: The Man Who Erased His Name natürlich auch für sich spielen und erklärt einen die Grundlagen für die hier erzählte Geschichte gut, aber für alles im letzten Kapitel und besonders das Ende sollte man für die richtige Tragweite schon Kenntnisse der vorherigen Geschehnisse um den Tojo-Clan, den Omi-Clan und Kiryus Rolle inmitten der Fronten haben.
Fazit
Like a Dragon Gaiden: The Man Who Erased His Name bietet eine gewohnt hochklassige Geschichte, bei der man dieses Mal aber durchaus mit der Reihe oder zumindest Yakuza 6 vertraut sein sollte. Die Agentenfähigkeiten fügen sich großartig in die Kämpfe ein und auch Nebenaufgaben gibt es wieder in großer Anzahl, wenn auch mit wenig wirklich spannenden Neuerungen, sodass der geringfügig kürzere Ausflug nach Sotenbori für Kiryu-Fans ein Muss, für Neulinge aber einen zu schwieriger Einstieg, ist.
Like a Dragon Gaiden: The Man Who Erased His Name erscheint am 8. November 2023 für PC, Xbox One & Series und PlayStation 4 & 5.
Positiv:
+ ernste Story mit Hauptaugenmerk auf Kiryu
+ wunderschönes Finale
+ Agenten-Skills bieten enormen Spaß in Kämpfen
+ Akame-Network & Kolosseum für Langezeitmotivation
+ Kostüme/Anpassungen in der Boutique samt samt kurzem Laufsteg-Video
+ Der Dragon of Dojima ist zurück!
Negativ:
– nur japansich vertont
– wenig wirkliche Neuerungen
– Geheimhaltungsfaktor, dass es sich um Kiryu handelt hat etwas von Clark Kent
– Vorwissen von zumindest Yakuza 6 gewissermaßen Voraussetzung