Review: Ghostrunner 2 – Motivierende Parkour-Action geht noch einen Schritt weiter.

Das Genre der First-Person-Action-Parkour-Spiele ist nicht riesig, umfasst aber Spiele wie die Mirror’s Edge-Reihe von EA, die Titanfall-Reihe von Respawn Entertainment und Ghostrunner von One More Level. Der Erstling endete damit, dass die Menschheit frei ist, Ghostrunner von den KI-gesteuerten Cybervoid-Fallen befreit wurde und einen neuen Namen trägt: Jack. Und nun muss aber sein Schwert reaktiviert und ein neues, schickes Motorrad bestiegen werden, denn auch außerhalb des Turmes gibt es Probleme. Mehr dazu in unserem Test.

Jack-of-all-Kills

Ghostrunner 2 fühlt sich auf Anhieb richtig an. Es ist verdammt schnell, atemberaubend schön mit neonbeleuchtetem Regen, der das Glas von Wolkenkratzern in Cyberpunk-Aquarellwände verwandelt und unglaublich taktil. Der Kern des Sequels ist jedoch der Parkour. Es fühlt sich genauso gut an wie noch im Vorgänger, vielleicht sogar besser, bietet aber einige Verbesserungen. Eine der größten und einschneidendsten Änderungen ist die neue Mechanik zum Blocken. Im ersten Ghostrunner konntet ihr zwar Kugeln ablenken, aber erst, nachdem ihr die entsprechende Fähigkeit freigeschaltet hattet, und selbst dann musstet ihr den Einsatz der Fähigkeit mit dem Kontakt der Kugel abstimmen, was es enorm schwierig gemacht hat. Ghostrunner 2 verfügt nun über eine direkte Block-Taste und es gibt eine Anzeige, die verhindert, dass man sich ewig schützen kann. Aber es ist immer genug Zeit, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was in dem ansonsten blitzschnellen Kampf um einen herum passiert.

Per Knopfdruck einmal eure auswählbaren Waffen- und Handschuh-Skins betrachten ist kein Problem.

Aber das neue Blocken ist optional. Erfahrene Ghostrunner-Spielende können den im ersten Spiel geforderten Stil ohne Probleme beibehalten und lieber allem ausweichen bzw. schneller als jeder Gegner sein. Ihr könnt den Block in euren Spielstil einbringen und ihn nutzen, um Jack vor einem Ansturm von Maschinengewehrfeuer zu schützen, während ihr andere Feinde ausspäht, diese mit einem Sprung, einem Dash, einem Hieb und ein paar Shuriken-Würfen ausschaltet und direkt zum nächsten Encounter rennt. Neben den weiterhin schnellen, actionreichen und fordernden Kämpfen mit allerhand unterschiedlichen Gegnern gibt es diesem Mal auch einen guten Teil an Umgebungsrätseln. Eure Fähigkeiten, namentlich Shuriken, der Windstoß Tempest und eine Kopie von euch, während der man unsichtbar wird, sind alle wieder mit dabei. Aber diese kommen auch außerhalb des Kampfes zum Einsatz. Die Shuriken werden genutzt, um Tasten und Schlösser zu aktivieren, Tempest verschiebt Plattformen und Punkte für euren Greifhaken und mit der Kopie weicht ihr Suchkegeln aus. Da dies alles natürlich später innnerhlab weniger Sekunden miteinandern verbunden werden muss, entsteht fast schon ein Flow, wie wir ihn bisher nur aus den Kämpfen kannten. Denn diese funktionieren natürlich ähnlich, da euch die Fähigkeiten ebenso vielseitig Vorteile gegenüber bestimmten Feinden geben, diese aber auch jederzeit anders angegangen werden können. Jedes Areal und jeder Kampf ist somit fast so etwas wie ein Rätsel und nach jeder Lösung fühlt man sich belohnt oder wenn man es direkt innerhalb seines eigenen Flows sofort schafft, sogar richtig elektrisiert. Ein Gefühl, wie es wirklich nur Ghostrunner schafft.

Um zu diesem Boss zu gelangen gilt es, erst den Parkour bis dahin zu überleben.
Ein Roguelike-Modus, welcher im Hub anwählbar ist, bietet ein paar nette Belohnungen.

Gekonnte Evolution, ohne den Kern außer Acht zu lassen

Natürlich sind all diese Rätsel auch mit vielen Toden verbunden, doch das gehört nicht nur dazu, sondern ist auch kein allzu großes Ärgernis, denn der sekundenschnelle Respawn macht das Trial-&-Error-Prinzip wirklich angenehm. Nur vereinzelt gab es in späteren Leveln ein paar frustig gesetzte Checkpoints, die aber auch für eine besser Lernkurve gesorgt haben. Denn das „Schöne“ am Tod in Ghostrunner ist häufig, dass man jetzt weiß, was auf einen zukommt und wie es kommt. Also versucht man es noch einmal und stirbt wahrscheinlich wieder, aber beim dritten Mal ändert man die Taktik und hat vermutlich Erfolg. Was funktioniert? Was funktioniert nicht? Wenn ich diesen Feind zuerst angreife, kann ich ein Shuriken auf das explosive Fass werfen, um die beiden auszuschalten, bevor ich auf die Seilrutsche darüber springe, um den Fiesling mit Schild hier oben auszuschalten. Dabei helfen auch immer wieder die ultimativen Fähigkeiten, die sich durch jeglichen Aktionen langsam aufladen und einen häufig aus einer hitzigen Lage befreien oder diesen einen letzten Gegner erledigen, bevor der erhoffte Checkpoint erscheint. Ein Laserbeam, Zeit verlangsamen, all eure Fähigkeiten kurz verbessern oder „Blink“, um kurzerhand mehrere Ziele direkt vor euch auszulöschen habt ihr zur Auswahl und diese können sogar verbessert werden.

Grafik düster sind besonders die vielen Effekte doch immer wieder ein Hingucker.

Denn nach jeder Mission geht es zurück in eine Art Hub, in der Gespräche geführt, neue Updates gekauft oder in einem separaten Roguelike-Modus Chips erspielt werden können, die eure Anzahl an ausrüstbaren Skills erhöhen. Alles kleine Schritte, die den Titel noch etwas interessanter im Vergleich zum Vorgänger machen. Denn auch wenn die eigentliche Geschichte mit insgesamt fünf wirklich cool designten Bossen, die euch in mehreren Phasen einiges abverlangen, nicht wirklich spannend ist, führt sie euch doch durch viele Gebiete, bietet nette Überraschungen und geht ebenfalls noch einen Schritt weiter, in dem sie euch für die zweite Spielhälfte einfach in die Ödnis außerhalb des Turmes verfrachtet. Und wie kommt man am Besten sowie schnell durch? Mit einem Motorrad natürlich.

Sich per Greifhaken nach einem Sprung vom Bike wieder zurückzuziehen, hört nie auf Spaß zu machen.
Auch im CyberSpace gibt es immer wieder etwas zu tun.

Eine motorisierte Erweiterung von Jack, die wir nicht mehr missen möchten

Schon kurz nach der ersten Benutzung des Motorrads ist klar, dass es die beste Ergänzung von One More Level ist. Während ich über einen futuristischen Highway rase und mit dem rechten Trigger meines Controllers Gas gebe, muss ich schnell sein, um am Leben zu bleiben. Es gibt Sprünge, die ich überwinden muss, aber ich kann die Lücke nur überwinden, wenn ich zuerst von der Rampe springe. Vor mir stehen unvermeidliche Hindernisse, bis ich merke, dass das Motorrad auf den runden Wänden fahren kann, um sie ganz zu umgehen. Das Motorrad fühlt sich wie eine Erweiterung von Jack an und mitten in der Luft vom Motorrad abzuspringen, um einen Schalter zu betätigen, der einen Weg öffnet und danach wieder auf dem Sitz des Bikes zu landen, um weiterzukommen, ist einfach ein wunderbares und cooles Gefühl. Dazu dann noch die gewohnt antreibende Techno-Musik, die auch hier wieder ihren Teil dazu beiträgt, dass man sich unaufhaltsam fühlt und durch die Level schnetzeln will.

Ausrüstbare Skills machen euch das Spiel auf Dauer auch etwas leichter.

Nicht außer Acht zu lassen ist bei Ghostrunner 2 aber jederzeit, dass es wirklich bockschwer ist. Dabei nie unfair, fordert es einen jederzeit und man passt seinen Spielstil der aktuellen Situation immer wieder an, um dann doch erfolgreich zu sein, aber frustig ist es dennoch. Wer also bereits beim Vorgänger ständig in den Controller gebissen hat, sollte hier vielleicht zunächst die Demo probieren. Denn jeder Aspekt von Ghostrunner 2 wird irgendwann anspruchsvoll. Bekommt ihr beim ersten Boss beispielsweise noch Hilfe von einem KI-Kollegen, so müsst ihr später sogar zwischen Realität und einem CyberVerse springen und darin dann an Wänden laufend Schalter betätigen, dabei Lasern ausweichen und auf kleinen Plattformen landen, wobei jeder Fehler direkt einen Neustart beim Kontrollpunkt bedeutet. Aber seid ihr einmal drin und habt das Mantra des Spiels verinnerlicht, wollt ihr sehr wahrscheinlich nicht wieder aufhören. Umso gewöhnungsbedürftiger wirkt zunächst der Mittelteil, wenn ihr das erste Mal die Außenwelt auf eurem Motorrad erkundet, denn da geht das sonst rasante Pacing etwas verloren, fängt sich aber wieder, sobald ihr eure jeweiligen Ziele erreicht.

Fazit

Ghostrunner 2 bietet die gleichen frustigen Puzzle-Kämpfe und Parkour-Abschnitte wie schon der Vorgänger, setzt hier aber mit besserem Blocken, neuen Fähigkeiten, einer Außenwelt und dem Motorrad gepaart mit einer guten Portion Feinschliff noch einen Drauf. Der häufig einsetzende Gameplay-Flow und die anpeitschende Techno-Musik werden nur von einer vernachlässigbaren Story und einem etwas ausbremsenden Mitteilteil zurückgehalten.

Ghostrunner 2 erscheint am 26. Oktober 2023 für PlayStation 5, Xbox Series und PC.

Positiv:

+ großartige, schnelle Parkour-Action

+ Motorrad nicht mehr wegzudenken

+ bei Erfolg immens motivierend

+ top Soundtrack

+ etwas einsteigerfreundlicher als der Vorgänger

Negativ:

– Hohe Frustresistenz ist eine Voraussetzung

– Mittelteil in der offenen Welt zieht sich etwas

– kleine Bugs bei Sprungpassagen

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Written by: Nick Erlenhof

Hitoshura, Sith & FOXHOUND-Spectre

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