Review: Final Fantasy XVI – Episches Meisterwerk

Final Fantasy ist nicht nur eine langlebige und unter Rollenspiel-Fans beliebte Serie, sondern weiß sich auch immer wieder neu zu erfinden. Vorbei sind die Tage von rundenbasierten Kampfsystemen und buntem Anime-Spaß. Final Fantasy XVI ist da und bringt brachiale Echtzeit-Action gepaart mit düsteren Themen und epochalen Kämpfen. Denn wer hätte gedacht, dass man bei einem Final Fantasy einmal Referenzen zu Game of Thrones, Godzilla, Attack on Titan oder Neon Genesis Evangelion erkennt. Und warum das alles so gut zusammenpasst und dieses Spiel zu jeder PlayStation 5 dazu gehört, erfahrt ihr im nachfolgenden Test.

Das Lied von Shiva und Ifrit

Über die Geschichte wollen und können wir an dieser Stelle nicht allzu viel verlieren, denn diese ist nicht nur extrem umfangreich und verstrickt, sondern auch ein großer Hauptaugenmerk des Spiels. Nur so viel sei gesagt: Die Geschichte von Final Fantasy XVI ist komplex und tiefgründig. Sie behandelt Themen wie Macht, Verrat, Schicksal und Opferbereitschaft. Die Charaktere sind alle sehr gut ausgearbeitet und haben ihre eigenen Motivationen und Hintergrundgeschichten. Besonders Clive Rosfield, der Protagonist des Spiels, macht eine beeindruckende Entwicklung durch und wird mit einigen emotionalen Herausforderungen konfrontiert.

Die Welt von Valisthea bildet dabei die Kulisse für Final Fantasy XVI. Sie ist in die beiden Kontinente Ash und Storm aufgeteilt und beherbergt magische, überall in der Landschaft verstreute Kristalle, bekannt als „Mothercrystals“. Diese Kristalle versorgen die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen mit Ätherenergie und treiben die Zivilisation voran, obwohl ihr exzessiver Gebrauch die Magieanwender versteinern lässt. Die Vergangenheit der Welt umfasst eine einst technologisch fortschrittliche Zivilisation, die vom Himmel aus über die Welt herrschte. Vor etwa 1.500 Jahren brach genau diese Himmelsgesellschaft in einem gewaltigen Krieg zusammen, anschließend wurden ihre Überreste wurden über ganz Valisthea. In der Zeit des Spiels wird diese Gesellschaft nur wie eine Legende behandelt und ihr steuert mitten auf einen Konflikt globalen Ausmaßes zu.

Auf optisch Opulenz kann man sich während des Spieldurchlaufs jederzeit einstellen.

Eine bedeutende Macht in Valisthea sind dabei die Esper: magische Kreaturen, die durch menschliche Wirte, bekannt als „Dominants“, agieren. Die aus früheren Teilen der Reihe bekannten Esper wie Phönix, Shiva, Titan, Garuda, Bahamut, Odin und Ramuh repräsentieren jeweils ein Element und bekämpfen sich einander auch nicht. Doch ein vermeintlich unmögliches zweites Feuer-Esper, Ifrit, stört dieses Gleichgewicht und sorgt überall im Land für Furore. Und irgendwie passt da natürlich auch Protagonist Clive Rosfield hinein, welcher anfangs eigentlich nur seinen Bruder – und „Dominant“ des Espers Phönix – Joshua beschützen möchte, doch bald einen herben Rückschlag erfährt. Generell ist der Ton des Spiels nicht nur sehr düster und die Darstellungen teilweise sehr brutal, das ganze Spiel richtet sich konkret an erwachsene Spielende und scheut sich auch nicht davor, euch mit Wendungen und Intrigen aus allen Ecken zu überraschen. Daher kommt das eingeführte Kompendium auch wie gerufen, welches euch ähnlich wie ein bekannter Streaming-Dienst erlaubt, Sequenzen zu pausieren und Hintergründe zu Figuren und Orten nachzulesen. Ein tolles Feature, welches wir uns für mehr Spiele wünschen!

Die Esper-Kämpfe sind nicht sehr anspruchsvoll, aber immer super inszeniert.

Euch erwartet eine inszenatorische Achterbahnfahrt

Solltet ihr mittlerweile die Demo gespielt haben, werdet ihr bereits die tollen Kamerafahrten und -einstellungen gesehen haben, die im Spiel warten. Besonders während oder vor Kämpfen werden diese gerne zur Einführung eines eindrucksvollen Gegners genutzt und mit passender musikalischen Untermalung unterstützt. Ebenso eindrucksvoll, wenn auch spielerisch nicht sehr fordernd, sind die QTEs, die euch innerhalb solcher oder größerer Kämpfe immer wieder begegnen und neben toll choreografierter Aktionen auch mal einen Knopf drücken lassen. Schade ist es dabei, dass diese stimmigen Einlagen um die Kämpfe herum wohl nach dem ersten Akt irgendwie vergessen wurden, ebenso wie die QTEs. Letztere tauchen zwar sporadisch noch in den epochalen Esper-Kämpfen oder bei Endbossen auf, doch auch die kleineren Begegnungen wurden anfangs dadurch unglaublich aufgewertet. Dies ist kein wirklich negativer Punkt, da das Spiel auch ohne diese inszenatorisch begeistert und die Zwischensequenzen alleine schon das Geld wert sind, doch es fiel leider auf.

Abwechslungsreiche Locations sorgen immer wieder für beeindruckende Szenen.

Clive, der Lauf-, Liefer- und Jagdbursche

Lasst aber dadurch nicht den Eindruck entstehen, dass das Spiel irgendwann an Epik herunterfahren würde. Besonders das sehr gute Pacing hat hier immer wieder Wunder gewirkt! Denn die Action geladenen Sequenzen werden durch ruhigere Abschnitte unterbrochen, in denen Nebenmissionen und die Erkundung im Fokus stehen. Generell habt ihr abseits vom bereits sehr umfangreichen Hauptstrang sehr viele Möglichkeiten, euch anderweitig zu beschäftigen, wenn dies auch anfangs noch etwas eingeschränkt wird. Doch sobald ihr das Versteck von Cid euer Zuhause nennen könnt, öffnen sich viele Pfade zur Ablenkung der Geschichte, die teilweise sogar abgeschlossen werden müssen, damit diese weitergeht.

Es gibt die klassischen Nebenmissionen, die von „Töte Kreatur X“ bis „Liefere Gegenstand Y an Person Z“ reichen oder einfach etwas Hintergrundwissen zur Welt näherbringen. Dabei sind die Ziele aber manchmal so nah, dass man sich fragt, warum man sich dafür überhaupt die Mühe macht. Glücklicherweise wurde aber alles komplett vertont und bietet wirklich interessante Einblicke in die Welt und deren Bewohner, sodass man die Unsinnigkeit so mancher Aufgaben außer Acht lassen kann.

Auch die häufig düstere Atmosphäre wird jederzeit sehr gut transportiert.

Denn wenn euch eine dieser Tätigkeiten zu öde sein sollte, könnt ihr euch ja an den Jagden versuchen, die euch neben Gil auch Ansehen verleihen und mit dem sich nette Gimmicks freischalten lassen. Sammeln ist so oder so ein Stichwort, denn neben diesen Punkten, sammelt Clive liebend gerne Memorabilia für sein Zimmer, überall in der Welt versteckte Musikstücke, welche ihr im Versteck dann abspielen könnt, oder Materialien, um Waffen und Ausrüstung beim Schmied verbessern zu können. Optisch verändert sich dabei übrigens nur euer Schwert, der Rest bleibt wie gehabt. Beim Historiker könnt ihr euer Wissenslevel erhöhen und alles zu bereits begegneten Charakteren, Schauplätzen und Fraktionen nachlesen. Ist euch das zu simpel, ist Vivian vielleicht eher ein Anlaufpunkt, welche historische Karten der Welt mit allen stattfindenden Schlachten, ein Organigramm und einen gigantischen Charakter-Stammbaum bietet. Final Fantasy XVI möchte wirklich, dass die Geschichte und alle Konflikte innerhalb dieser nachvollzogen werden können und das merkt man an allen Ecken und Enden.

Neue Fähigkeiten eurer Esper schaltet ihr nach und nach frei.

Effektgewitter und Schwertschläge – das Kampfsystem

Im Laufe der Geschichte nimmt Clive Fähigkeiten von den verschiedenen Esper auf, denen er begegnet. Das macht ihn nicht zu deren „Dominant“, aber bedeutet, dass sein Kampfstil von magischen Elementen durchdrungen ist, die ihre einzigartigen Eigenschaften verkörpern. Das sieht häufig nicht nur beeindruckend aus, sondern lässt euch so auch das Kampfgeschehen jederzeit anpassen. Denn ihr könnt immer zwischen diesen wechseln und ihre einzigartigen Fähigkeiten nutzen, um eure Nahkampfangriffe zu ergänzen. Phönix zum Beispiel ist besonders wendig und kann Lücken schließen, während Garuda besser für Luftkämpfe geeignet ist und mit ihren harpyienartigen Klauen Gegner aus der Ferne packen kann. Titan fühlt sich aufgrund seiner schweren Angriffe, die für ihre volle Wirkung nur eine kurze Aufladung benötigen, ganz anders an als diese beiden.

Das Kampfsystem erlaubt es nicht nur, sondern verlangt sogar, dass man dabei immer wieder zwischen diesen Fähigkeiten wechselt, da jede von ihnen eine Abklingzeit hat. Anfangs empfand ich den Wechsel zwischen diesen Fähigkeiten als verwirrend – vor allem, wenn ich eine Titan-Fähigkeit antippte und vergessen hatte, dass sie ein Halten der Taste erfordert. Aber da ihr euch an jede dieser Esper recht lange gewöhnen könnt, bis die nächste dazukommt, und so die insgesamt acht verschiedenen gut lernt, funktioniert das System wirklich gut und bringt unglaublichen Spaß.

Nebenmission gerade erst angenommen und das Ziel ist quasi fünf Schritte entfernt! Muss man sich nicht dran stören, aber ist im Spiel wirklich sehr häufig der Fall.

Jede der Esper-Fähigkeiten hat zusammen mit Clives Standard-Nahkampfangriffen einen eigenen Upgrade-Baum. Noch dazu könnt ihr Skills meistern und diese dann unabhängig vom ausgerüsteten Esper benutzen. Also beispielsweise einen gigantischen Blitz von Ramuh bei Titan ausrüsten. Wichtig, da ihr nur drei Esper zeitlich ausgerüstet lassen könnt. Übrigens rühmt sich Square Enix ja damit, den Devil May Cry-Veteranen Ryota Suzuki als Kampfdesigner verpflichtet zu haben. Und ich muss neidlos anerkennen, dass die Kombination aus Nahkampf und magischen Fernkampffähigkeiten mich stark an Dante und Nero erinnerte. Denn das schnelle Ausweichen, das flinke Kampfgeschehen und die brachiale Optik machen simpel gesagt einfach immer Bock. Ein perfekt getimtes Ausweichen mit kurzer Bullet-Time, ein anschließender Konter, schnell den Limit-Break aktiviert und ein Flammenmeer als Phönix entfachen. Das hört einfach nicht auf Spaß zu machen und zeigt, dass sich die viele Arbeit beim Kampfsystem für Square Enix definitiv gelohnt hat.

Valisthea ist vielseitig, schön und es gibt einfach keine Ladezeiten

Jedes Final Fantasy erschafft eine neue, umfangreiche Welt. Und auch wenn euch hier keine komplette Open-World mit aberhunderten Abzweigungen und Rätseln erwartet, so konnte mich Valisthea doch sehr in seinen Bann ziehen. Das Layout hat mich etwas an Final Fantasy XIII erinnert, wenn auch nicht annähernd so schlauchig und überladen. Denn die Bereiche wechseln sich angenehm zwischen eher linearen und konzentrierten narrativen Pfade und offeneren mit Nebenmissionen und Shops gespickten Gebieten ab. Besonders die vielen Städte gefielen mir dabei besonders gut, da das beschäftige Leben mit allerlei laufenden Gesprächen und Aktionen beobachtet werden kann. Das trägt ungemein zur Atmosphäre bei und bietet auch über das gesamte Spiel hinaus viel Variation, sowohl in den Farbgebungen und Biomen, als auch in der Stimmung. Ganz zu schweigen von der wirklich eindrucksvollen Weitsicht, den schön designten Landschaften und der klangvolle Musik! Lediglich beim Design der Charaktere kann man schon relativ zügig erkennen, ob es sich um eine relevante oder eher nebensächliche Figur handelt – je nachdem wie detailverliebt diese daherkommt.

Eine der Nebenbeschäftigungen sind die Jagden, die sich überall auf der Welt verteilen.

Die Features der Konsole richtig genutzt

Und da ihr euch nicht nur zu Fuß oder auf dem Rücken eines Chocobo bewegen könnt, sondern natürlich auch per Schnellreise, kommen einem die nicht existenten Ladezeiten nur zugute. Besonders beim Start des Spieles fand ich den extrem kurzen Übergang direkt ins Spiel nach den Klick auf „Weiter“ doch etwas beeindruckend, da das bisher in nicht allzu vielen Spielen zu klappen scheint. Noch dazu gab es während meiner gesamten Spielzeit keinen einzigen Bug oder Grafikfehler. Final Fantasy XVI läuft butterweich, keine Ruckler oder ähnliches, egal wie viel während der Kämpfe auf dem Bildschirm los ist. Noch dazu keine DLC-Pläne, somit fühlt sich das Spiel und Geschichte abgeschlossen und rund an. Auch wenn ich einem zahlungspflichtigen Add-On keineswegs abgeneigt wäre, denn was wir hier bekommen haben, ist ein Pflichttitel für jede PlayStation 5 und ein Rollenspiel-Meisterwerk.

Fazit

Final Fantasy XVI bietet Epik in seiner Geschichte, massiv spaßige Action in seinen Kämpfen und eine großartig ausgearbeitete Welt mit enorm viel Vielfalt und Ernsthaftigkeit. Wer nach einem düsteren Rollenspiel der Extraklasse sucht und eine PS5 besitzt, muss hier zugreifen.

Final Fantasy XVI erscheint am 22. Juni 2023 exklusiv für PlayStation 5.

Positiv:

+ ernste Story voller Epik

+ inszenatorisches Brett

+ Kompendium gehört in jedes Rollenspiel

+ tiefgründige Charaktere mit klasse Synchro (Sowohl in Englisch als auch Deutsch)

+ spaßiges Kampfsystem mit viel Variation

+ Esper-Kämpfe zwar simpel, aber bildgewaltig

+ Nebenmissionen und -charaktere komplett vertont

+ keinerlei Bugs, Glitches, Ruckler oder ähnliches

Negativ:

– unwichtige Figuren sehen teils generisch aus

– Ziele der Nebenmissionen sehr simpel

– anfänglich aufwendige Kamerafahrten inkl. QTE gibt es später nur noch selten

– Story zieht sich in späteren Abschnitten

Teilt uns eure Meinung mit

Written by: Nick Erlenhof

Hitoshura, Sith & FOXHOUND-Spectre

No comments yet.

Leave Your Reply