Um das Offensichtliche gleich vorweg zu nehmen: Ein von Capcom entwickeltes Third-Person-Actionspiel, das in einem Universum mit schier endlosen Dinosauriern spielt, ist tatsächlich erschienen. Ist es Dino Crisis? Zu allem Unmut, leider nein. Aber das muss ja nicht direkt etwas schlechtes sein. Denn Exoprimal sehr viel Spaß und warum, verraten wir euch gerne in unserem Test.
Eine riesige KI-Krise mit Dinos
Obwohl ich bezweifle, dass viele Leute, die Exoprimal spielen, eine spannende Geschichte erwarten, hat das Spiel tatsächlich eine halbwegs funktionierende Erzählung. Im Guten wie im Schlechten. Obwohl es sich um ein reines Koop- und Multiplayer-Erlebnis handelt, hat Capcom eine ziemlich raffinierte Methode entwickelt, um die Geschichte mit der chaotischen Hektik des Online-Spiels zu verbinden. Während ihr als stummer Protagonist Ace Spiele bestreitet, schaltet ihr Dateien in Form von Audioprotokollen, Bilddateien, Dialogen und gelegentlichen Zwischensequenzen frei. Euer Fortschritt hängt einfach davon ab, wie viele Matches ihr spielt und nicht von eurer Leistung. Das ist eine Erleichterung, denn es bedeutet, dass ihr die Handlung immer vorantreibt, selbst wenn euer Exofighter zu Dinosaurier-Eintopf zerhackt wird. Nur leider ist diese so uninteressant und die Charaktere so austauschbar, dass man sich das Ganze auch hätte sparen können.
Bikitoa ist seit dem Ausbruch der Dinostürme im Jahr 2040 von der Außenwelt abgeschnitten und das liegt offenbar daran, dass eine lose KI namens Leviathan hier Kriegssimulationen durchführt. Diese finden in mehreren Dimensionen nebeneinander statt, damit die KI Daten sammeln kann und es gibt gleich eine nette Erklärung dafür, dass zwei Teams in verschiedenen Dimensionen gegeneinander antreten. Sobald man als Spieler ankommt, stürzt das Team auf der Insel ab und die Aufgabe besteht darin, herauszufinden, was genau vor sich geht und wie man die Insel wieder verlassen kann. Auf der Analysekarte werden dann nach und nach Dateien freigeschaltet, die Einblicke in den Ausbruch selbst, in die Crew der „Hammerheads“ und in die Geschichte der Insel Bikitoa geben, dem Schauplatz dieses prähistorischen Echsen-Vergnügungsparks, der sehr, sehr schief läuft. Einige Dateien sind zusätzlich auch völlig unsinnig, wie zum Beispiel vier Dateien, die einem Schraubenzieher gewidmet sind.
Herzstück sind die Klassen und das Gameplay
Aufgeteilt in Damage-Dealer-, Tank- und Support-Klassen, sind sie das Highlight eines ansonsten mageren Pakets. Die Zusammenstellung des Trupps ist der entscheidende Faktor für den Erfolg oder Misserfolg bei den zielgerichteten Aufgaben, die euch gestellt werden. Wie in jedem klassenbasierten Game dieser Art, natürlich. Richtig cool ist dabei, dass ihr eure Klasse während eines Matches jederzeit wechseln könnt, um eine Lücke in der Aufstellung eures Teams zu füllen oder euch an ein verändertes Schlachtfeld anzupassen. Jede Klasse hat eine klare Rolle und diese sind einfach zu erlernen und zu spielen, aber sie bestmöglich zu nutzen, benötigt die entsprechende Erfahrung. Außerdem ist es schön, ein PvE-orientiertes Spiel zu finden, das unterstützende Rollen so sehr belohnt, wie Exoprimal es tut. Meistens sind es Heiler und Tanks, die an der Spitze der Rangliste stehen, was alle Spielstile belohnt und eine schöne Abwechslung ist. Auf der anderen Seite ist es unglaublich demoralisierend, in einem Team zu sein, das einfach die falschen Klassen spielt und meint drei Heiler zu benötigen, während der Gegner die Ziele in die Luft jagt.
Doch kommen wir einmal zum Kernproblem von Exoprimal: das inhaltliche Angebot. Oder besser gesagt, sein erheblicher Mangel daran. Wenn man auf der Analysekarte vorankommt, bekommt man schließlich die Möglichkeit, gegen neue Dinosaurierarten zu kämpfen, neue Szenarien zu erleben und auf neuen Karten zu spielen. Es gibt sogar ein oder zwei Endgegner. Wirklich gesagt wird einem das übrigens nicht und somit kann man bestimmte Neuerungen im Spielmodi auch verpassen bzw. wundert sich, warum auf einmal der Schauplatz ein anderer ist oder ein Dino nicht mehr auftaucht. Aber all dies geschieht nur in einem Modus: dem 5 gegen 5 Dino Survival. Der Modus selbst macht Spaß – eine Mischung aus PvE für eine Handvoll Ziele, bei denen man Wellen von Dinosauriern schneller als das andere Team ausschalten muss, bevor man sich in den Wahnsinn des PvP stürzt, während man die knorrigen Kiefer eines Carnotaurus abwehrt. Aber man kann das nur eine bestimmte Anzahl von Malen hintereinander machen, bevor es langweilig wird. Was dabei ein wenig merkwürdig ist, ist die Tatsache, dass Exoprimal bereits andere PvP-Modi innerhalb des Dino-Survival-Modus anbietet. Sie sind nur für einmalige Ziele am Ende des Modus als final Mission aufgespart. Die Datenträger-Missionen oder die Dominanz-ähnlichen Sequenzen hätten leicht in ihre eigenen, einzigartigen Modi umgewandelt werden können, aber stattdessen fühlen sie sich ein wenig aufgesetzt an, was schade ist. Nette Idee wiederum ist, dass einmal im Match ein Item auftaucht, mit dem ihr euch kurzerhand in einen zufälligen Dino verwandeln könnt und so ordentlich Tumult beim gegnerischen Team verursachen könnt.
Technisch sind die Echsen jedem Zweifel erhaben
In jeder beliebigen Mission verfolgt das Spiel beide Teams in Echtzeit, während man Dutzende von Fähigkeiten gleichzeitig auf eine Menge von Hunderten oder teils Tausenden von Raptoren, einen wilden Triceratops und die von allen gehassten Pteranodons abfeuert. Teilweise gibt es sogar ganze Wasserfälle oder Tornados voller Echsen, was man so einfach noch nicht gesehen hat. Und es läuft dabei wie Butter. Die Framerate ist während meiner gesamten Spielzeit kein bisschen gesunken, ich hatte keine Abstürze und die RE-Engine schafft es, diesen Sci-Fi-Fantasy-Trip hervorragend zum Leben zu erwecken. Ihr könnt übrigens jeden einzelnen Exosuit auflevelen und eine Reihe von Skins und fähigkeitssteigernden Modulen freischalten, die ihr euren Ausrüstungen hinzufügen könnt. Einige der Kosmetika sind großartig und bieten einen netten Anreiz zum Weiterspielen, während Module aufgerüstet werden können, um die Effektivität der Ausrüstung zu verbessern. Es ist nichts Weltbewegendes, aber es fügt ein nettes Element hinzu, das Exoprimal hoffentlich in Schwung hält, bis das Inhaltsangebot aufholt.
Außerdem erwähnenswert ist, dass das Spiel auch über ein kostenloses und ein Premium-Kampfpass-System verfügt, das sich angesichts des Preises des Titels und seiner begrenzten Inhalte nicht besonders gut anfühlt. Da dieses System zum Start des Spiels zur Verfügung stand, frage ich mich, ob es der Community nicht besser gedient hätte, wenn es für alle verfügbar gewesen wäre, um es mit der Ingame-Währung BikCoin freizuschalten. Zumindest gilt dies abseits der Xbox, denn da ist das Spiel ja im GamePass verfügbar. Das Zusammenstellen von Trupps mit Mitspielenden funktioniert im Übrigen nahtlos und Exoprimal passt die Mission je nach Fortschritt der einzelnen Spieler an. Da man ja Leviathan zuhören muss, wie er den gleichen Unsinn wiederholt, um den Ladebildschirm vor Kämpfen zu überdecken, tröstet einen diese Tatsache immerhin.
Fazit
Exoprimal hat ein tolles Grundgerüst. Spaßige, abwechslungsreiche Klassen, eine tolle Optik und ein verrücktes Setting. Da jedoch die Story gekonnt ignoriert werden sollte und die Abwechslung mit nur einem Modus zu Wünschen übrig lässt, kann man das Spiel bisher nur uneingeschränkt für den GamePass empfehlen. Es macht süchtig und Spaß, doch bietet für einen Vollpreistitel einfach zu wenig.
Exoprimal ist seit dem 14. Juli für PlayStation 4 & 5, PC und Xbox One & Series erhältlich.
Positiv:
+ 5vs5-Wettlauf zweier Teams gegen Dinos macht einfach süchtig
+ toll ausgearbeitete Klassen (Exosuits)
+ technisch butterweich
+ riesige Horden Dinos sind grafisch beeindruckend
Negativ:
– furchtbare Story und Charaktere
– Inhalte der Analysekarte häufig nur Standbilder und uninteressant
– aktuell nur ein Modus, der sich schleppend mit der Zeit verändert
– gleichbleibende Sätze der KI nerven schnell