Für jede Geschichte ist eine emotionale Verbindung zu den Charakteren wichtig. Das Team von FuRyu hat sich dies mit ihrem Spiel Crymachina zu Herzen genommen, das den Schwerpunkt auf eine emotionale Reise legt und diese zum Kernstück des Gameplay-Systems macht. Es ist eine Geschichte des Kampfes und des Ringens gegen das Schicksal, um eine sterbende Welt zu retten. Doch so interessant die Story und optisch beeindruckend der Look des Spiels ist, so wenig macht es manchmal leider Spaß. Mehr dazu aber in unserem Test.
Postapokalypse ohne Menschen
Die Geschichte, so einfach wie möglich ausgedrückt, lässt sich so beschreiben. Die sogenannte Zentrifugalkrankheit überrollt die Erde, hat eine 100%ige Todesrate und fordert sofort mehr als 20% der Weltbevölkerung. Die Menschheit findet nie heraus, was sie verursacht hat und sie hat die Welt in Aufruhr versetzt. Hinzu kommt, dass der Mangel an Ressourcen einen Weltkrieg auslöst, der die Erde unbrauchbar macht. Als letzte Anstrengung erschafft die Menschheit ein Raumschiff namens Eden, dessen einziger Zweck darin besteht, acht Dei Ex Machina, voll funktionsfähige mechanische Lebensformen ohne Beschränkungen in ihrem Wachstum, zu den Sternen zu bringen und zu sehen, ob diese KI die Wiederkehr der Menschheit bewirken können. Natürlich ist es keine einfache Angelegenheit, eine Maschine zu schaffen, die so sehr wie ein Mensch sein kann, dass sie einer wird, also erweitern sich diese Deus Ex Machina nach außen.
Das Ding ist, obwohl alle acht dieser KIs ihre eigenen Aufgaben und Designs haben, arbeiten sie nicht gerade perfekt zusammen. Die Handlung beginnt, als die wohlwollende Deus Ex Machina, Enoa, die digitale Seele für ein junges deutsches Mädchen namens Leben erschafft, eine von drei dieser digitalen Seelen, die mechanisches Leben erhalten haben. Kurz bevor Leben erwacht, verschwindet die erste Deus Ex Machina und mit ihr auch die Weltordnung für Eden. Eure Gruppe aus vier Protagonistinnen macht sich nun auf den Weg, verteidigt sich gegen die angreifenden Armeen, erfährt, was mit den anderen Dei Ex Machina passiert ist und verbessert langsam ihre Menschlichkeit, da die Menge dieser in einer Maschine davon abhängt, wie viel Erfahrungspunkte (ExP) sie haben. Wenn unsere Heldinnen genug ExP sammeln können, werden sie nämlich zu echten Menschen und können die feindlichen Deus Ex Machina besänftigen. Ganz simpel und konventionell also, oder?
Schicke Namen für bekannte Systeme
Was macht ihr also so, um eure Menschlichkeit wiederherzustellen? Ihr sammelt ExP, mit dem ihr eure Charaktere aufleveln könnt, gewinnt EGO-Punkte, um eure individuellen Statistiken zu verbessern und Enoas Unterstützung im Kampf zu verbessern und könnt Rüstungsteile namens Sentiments sowie schwebende Nebenwaffen namens Auxiliaries sammeln. Auf dem Spielfeld findet ihr auch Persönlichkeitsdaten, die Enoa für Beute knacken kann, wie neue Waffen und Auxiliaries sowie EGO-Punkte. Es versucht nicht wirklich etwas Neues, das noch kein anderes Action-RPG ausprobiert hätte, aber bringt auch genug mit, dass man sich in verschiedenen Anpassungen austoben kann. Wo es leider bergab geht, ist beim eigentlichen Kampf. Es ist so schade zu sehen, wie viel Stil und einzigartige Animation in das gesteckt wurden, was ich zugeben muss, ein sehr einfaches und sich wiederholendes Kampfsystem ist.
Denn der eigentliche Kampf hat tatsächlich ein paar Mechaniken, die Spaß machen und dabei schön in Szene gesetzt sind. Ihr verfügt über besondere Fähigkeiten, die an Auxiliaries gebunden sind, zwei zusätzliche Waffen, die in eurer Nähe schweben und alles sein können, von riesigen Kreissägen über Artilleriekanonen bis hin zu Schilden und Chakrams. Etwas anderes, das für den Kampf wichtig ist, ist das Brechen der Verteidigung des Gegners, wodurch er betäubt wird und ihr aufgefordert werdet, den Feind in die Luft zu launchen, um dann einen Kombi-Finisher für massiven Schaden auszuteilen. Ihr könnt eure Waffe dabei sogar in ein Gewehr für Fernkämpfe verwandeln. Auf dem Papier funktioniert das alles auch wie beabsichtigt, aber das Problem bei Crymachinas Kampfsystem ist ein Mangel an echter Vielfalt. Es gibt keine Kombinationsmuster, keine zusätzlichen Mechaniken für Bosse oder Feinde und keinen Grund, sich zurückzuhalten, um die Fähigkeiten beider Auxiliaries auszulösen, sich in die Nähe zu begeben und die Angriffstaste zu hämmern, während ihr gelegentlich ausweicht. Grundlegende Feinde können kaum Schaden einstecken, wenn sie nicht zehn Level über euch liegen und ihr verschwendet mehr Zeit damit, zu ihnen zu gelangen, als sie tatsächlich zu töten, während alle Bosse zäh sind und sich nicht wirklich lohnenswert anfühlen. Dazu kommen sehr einfache und simple Level-Designs und es bleibt nicht viel übrig, um wirklich Freude am Gameplay-Aspekt zu haben.
Umfangreiches Worldbuilding mit viel Emotionen
Wenn ihr nicht kämpft, werdet ihr in einem sicheren, digitalen Ort namens Imitation Garden abhängen, wo Enoa in ungezwungenem Gespräch mit den drei Heldinnen interagieren kann. Tatsächlich werdet ihr oft, nachdem ihr eine Kampfmission abgeschlossen habt, einige Dialogszenarien durchgehen müssen, bevor ihr mit der nächsten Mission fortfahren könnt, zusammen mit vielen optionalen Gesprächen. Dabei werden wirklich erwachsene Dinge wie Kummer oder Angst behandelt, dass ihr Bewusstsein nun in einen Roboter-Körper hochgeladen ist und was dies bedeutet. Und ich mag die Charaktere in Crymachina wirklich, denn sie sind gut geschrieben, auch wenn sie eher auf der klischeehaften Seite sind. Aber trotz all der guten Dinge, die diese Charaktere tun, kann ich nicht umhin zu fühlen, dass sie nicht so gut passen, wie sie könnten. Die Situation in Eden ist ernst und daran gibt es keinen Zweifel, aber während die Atmosphäre im Imitation Garden je nach Teil der Geschichte, in dem ihr euch befindet, ein wenig trübe werden kann, gibt es zwischen der Besetzung nie einen wirklich dauerhaften Konflikt, und wenn es einen gab, ist er bereits Geschichte oder es wird durch zu viel Komik aufgebrochen. Die beste Möglichkeit, es zu beschreiben, ist, als würdet ihr versehentlich in einen Sci-Fi-Slice-of-Life-Anime hineinrutschen, aber ihr seid bereits zwei Staffeln drin und es gab eine Prequel-Serie, die ihr anschauen müsst, um das volle Erlebnis zu erhalten.
Und die gesamte Besetzung der Stimmen von Crymachina hat das wirklich gut gemacht, daran gibt es nichts zu meckern. Man sollte jedoch beachten, dass alles nur in japanisch vertont wurde, was teilweise eine sehr ungünstige Lösung ist. Denn inmitten vieler Kämpfe wird schon mal viel geredet und in einem Action-RPG hat man da nicht wirklich Zeit Untertitel zu lesen, um mitzubekommen worum es überhaupt geht. Da wäre man mit einer englischen Synchro schon den besseren Weg gegangen. Darüber hinaus ist auch die musikalische Untermalung toll, besonders das Anime-Opening sowie eine weitere ähnliche Sequenz stechen hier hervor. Und das gepaart mit dem sehr eigenen, aber beeindruckenden Artstil ist wirklich etwas, was man so noch nicht so häufig gesehen hat. Es bemüht sich sehr, eine von Charakteren getragene Geschichte über Trauer und Schmerz zu sein, die mit der Frage verbunden ist, wie man Mensch wird und dennoch könnten die Verbindungen zwischen den Charakteren nicht künstlicher und oberflächlicher sein. Und während Crymachinas auffällige und beeindruckende Charakterdesigns sicherlich strahlen, können sie ein Spiel nicht retten, das leider von einfallslosen, wiederholten Kämpfen und schmerzhaft linearen Dungeons behindert wird. Und dennoch sehe ich hier Dinge, die ich in keinem anderen Titel gesehen habe.
Fazit
CRYMACHINA besticht durch eine interessante Welt, tolle Musik und einen sehr interessanten Grafikstil gepaart mit Anime-Ästhetik, der uns durchweg gefiel. Leider bleibt mit den immer gleichen Kämpfen, öden und linearen Dungeons und den wenig beendruckenden Bossen abseits davon nicht viel übrig.
CRYMACHINA wird am 27. Oktober für PlayStation 5, PlayStation 4, Switch und PC über Steam erscheinen.
Positiv:
+ hübscher eigenständiger Grafikstil
+ erwachsene und gut geschrieben Themen
+ passender Soundtrack, wie aus einem Anime
+ wirklich gute japanische Vertonung,…
Negativ:
-… die leider durch Untertitel in Kämpfen untergeht
– lineare Dungeons
– wenig Abwechslung im Kampf und bei Gegnertypen
– arg schwankender Schwierigkeitsgrad
– Pacing vermittelt wenig bis keine Spannung