Review: Battlefield 2042 – Wir sind anscheinend 21 Jahre zu früh dran

Ihr habt es sicherlich schon mitbekommen. Der Launch und die ersten Stimmen rund um den neuen Multiplayer-Shooter von Entwickler DICE und Publisher EA sorgt aktuell für viel Furore. Doch verbirgt sich unter den Bugs, Problemen der Performance und generellen seltsamen Entscheidungen noch ein gutes Spiel? Wir haben uns den Shooter angeschaut und berichten euch.

Nostalgie vor Innovation

Es ist wahrscheinlich ein schlechtes Zeichen für ein Spiel, wenn die Spielerschaft lieber eine Neuauflage früherer Teile der Serie spielt, als das neue Spiel. Das ist die seltsame Situation, in der sich Battlefield 2042 befindet. Denn trotz der starken Grafik und des meist fesselnden Gunplays von Battlefield 2042 wäre es ein sehr langweiliges Spielerlebnis, wenn es nicht das exzellente Battlefield Portal gäbe, das den Spielern den Zugang zu einigen der besten Ausschnitte aus Battlefield 1942, Battlefield Bad Company 2 und vielen anderen ermöglicht. Battlefield 2042 ist ein militärischer Ego-Shooter, der sich auf die Kriegsführung im großen Stil konzentriert. Während man in Call of Duty Vanguard das Gefühl hat, dass einige Karten kleiner als das eigene Wohnzimmer sind, arbeitet Battlefield in einem Maßstab, der die verschiedenen Fahrzeuge, die die Spieler steuern können, eher zu einer Notwendigkeit als zu einem Spaß macht. Und im Gegensatz zu allen Vorgängern gibt es bei 2042 keinerlei Story oder Nebengeschichten, die einen vom Multiplayer ablenken könnten. Doch lasst uns das etwas erläutern.

Die Karten sind zwar von der Größe her beeindruckend, aber auch karg. Trotz der Verdoppelung der Spielerzahl im Vergleich zu den Vorgängern hat man das Gefühl, dass während um ein Ziel auf der Karte nur sechs Leute kämpfen, ein anderes wiederum ein Blutbad ist, in dessen Nähe man nicht spawnen kann, ohne dass einem der Kopf weggeblasen wird. Die Spawns sind so vorhersehbar, dass feindliche Teams einen leicht aus meilenweiter Entfernung anvisieren können. Und optisch wirken die Karten wie mehrere kleinere Multiplayer-Arenen, die der Größe wegen zusammengewürfelt wurden. Sie fühlen sich fast wie Battle-Royale-Karten an, aber mit nicht annähernd so viel interessanter Geografie. Wohl gemerkt, das betrifft nur die neuen Karten, von denen es insgesamt sieben Stück gibt.

Die größte Änderung ist aber die Entkopplung der Gebrauchsgegenstände von der Auswahl der Waffen. Eine richtige Entscheidung. Das Unterklassensystem von Battlefield 5 war unnötig kompliziert, und während es zu Beginn der Serie mit Battlefield 1942 sinnvoll war, die Primärwaffen nach Klassen einzuschränken, war diese Stein-Papier-Schere-Medizin-Dynamik weit weniger komplex. Nimmt man nun hier noch bewaffnete Roboterhunden und eine Frau, die Feinde durch Wände hindurch scannen kann, fühlt sich das freie Mischen und Anpassen in Battlefield 2042 besonders spaßig an. Auch die Abstimmung der Munitionskapazität ist genau richtig, so dass eine Munitionskiste in einem meiner Loadouts nützlich genug ist, um sich neben Spielzeugen wie Raketenwerfern und AA-Raketen nicht wie eine Verschlechterung zu fühlen.

Ein Tornado voller Probleme

Nun kommen wir langsam auf das Schlachtfeld selbst, wo auch leider die Probleme anfangen. Die Wetterereignisse wie Sandstürme oder Tornados, die einen so großen Teil des Marketings für das Spiel ausmachten, sind bei den ersten Malen genial. Sie wirken wuchtig, sehen super aus und klingen auch brachial. Aber nachdem man sie gesehen hat und vom Tornado erfasst wurde und davongeflogen ist, verliert es seinen Reiz. Denn dieser dient quasi nur als Sprungbrett, um schneller auf der Map voranzukommen, als eine wirkliche Naturgewalt. Sie wirken fast wie ein Zugeständnis an die Tatsache, dass die meisten Karten ein wenig langweilig zu erkunden sind. Die Länge der Matches führt dann außerdem häufig zu einem Nihilismus in eurem Team. Denn sobald ihr zu verlieren beginnt, beschließen sie, dass es sich um ein Team-Deathmatch handelt und jeder Anschein von Teamwork verschwindet. Es ist unmöglich, ein Teamziel zu erreichen, wenn man der Einzige ist, der sich um die Arbeit kümmert, und genau so fühlt es sich auch oft an. Dazu trägt auch die Tatsache bei, dass es keinen Voice-Chat im Spiel gibt, was jede Hoffnung auf eine Strategie zwischen euch und euren Teamkameraden zunichte macht.

Zugegeben, in Battlefield 2042 gibt es viel zu erleben. Aber es scheint, als hätte der schwedische Minimalismus hier einen Sieg errungen. Abgesehen von den individuellen Zugänglichkeits- und Grafikeinstellungen fühlen sich die Menüs spärlich an. Es gibt weniger freischaltbare Waffen als sonst, einfachere Fortschrittssysteme und keinen Battle Pass. Das einzige Extra, das EA derzeit verkauft, ist ein einjähriger Pass, der vier neue Spezialisten verspricht, die exklusive Gadgets und Vorteile in den Kampf bringen werden. Apropos Spezalisten. Von diesen gibt es 10 Stück, wobei manche noch freigeschaltet werden müssen. Diese haben verschiedene Fähigkeiten wie einen Enterhaken oder eine Heilungspistole. Ihr könnt daneben individuell deren Ausrüstung anpassen, doch davon gibt es nicht nur anfangs viel zu wenig, generell gibt es bei den freischaltbaren Items nicht viel auf das man wirklich hinarbeiten oder sich freuen möchte, wenige Ausnahmen natürlich ausgenommen. Es scheint übrigens als soll es zu jedem von diesen Charakteren noch Hintergründe geben, wie in dem Short-Film zu Irish, doch davon ist im Spiel nichts zu sehen. Generell wirkt alles so zusammenhangslos und passt irgendwie nicht zusammen.

Die meiste Zeit vergisst man einfach komplett, dass es überhaupt einen fiktiven Krieg gibt, und dann erwähnt eine russische Stimme auf einmal den westlichen Imperialismus und rückt ihn kurz in den Fokus. Das Wesentliche ist, dass wir „No-Pats“ sind, ein erfundenes Wort für staatenlose Söldner, die für die USA und Russland an einer Reihe von Krisenherden des Klimawandels kämpfen. Eine Karte besteht zur Hälfte aus Wüste und zur Hälfte aus Landwirtschaft, die in der Mitte durch eine Mauer geteilt ist, eine andere spielt sich um eine antarktische Ölplattform ab. Doch wenn man sich dessen nicht bewusst ist oder es sich anliest, bekommt man davon im Spiel selbst nichts mit.

Ein Portal zu einem besseren Battlefield

Battlefield Portal, ein Tool zur Erstellung von Spielmodi ist eine willkommene Ergänzung und einziger wirklicher Lichtblick für die Serie. Benutzerdefinierte Spiele waren schon immer ein wichtiger Bestandteil von Multiplayer-Shootern, und es ist gut zu sehen, dass DICE sich darauf stützt. Zum Start hat das Team auch mehrere Modi bereitgestellt, die an die klassischen Battlefield-Spiele erinnern. Die Portal-Elemente für Battlefield 1942, Battlefield Bad Company 2 und Battlefield 3 können alle über das Portal-Menü ausgewählt werden, und sind wohl das wirkliche Highlight von 2042.

Es kann zwar etwas verwirrend sein, zwischen Spielen mit unterschiedlichen Regeln zu wechseln, was man tun kann und was nicht. Aber das Kartendesign, der allgemeine Kampfablauf und die Tatsache, dass man nicht über eine Karte in der Größe eines Open-World-Spiels reisen muss, machen einen großen Unterschied. Und dazu noch die wunderschöne Nostalgie, wenn man wieder an den gleichen Hausecken auf Arica Harbor aus Bad Company 2 vorbeiläuft. Portal lädt dazu einfach zum ausprobieren ein, schafft es verrückte Modi sowie Hardcore-Matches gleichermaßen bereitstellen zu können und ist eine Art Modding-Zone, endlich auch für Konsoleros. Hazard Zone wiederum ist ein gruppenbasierter Modus, in dem ihr mit vier anderen Spielern eine Karte betretet, um Daten zu beschaffen und sie zu extrahieren. Er ist vergleichbar mit Escape From Tarkov oder The Dark Zone in der The Division-Reihe. Es ist wirklich intensiv, vor allem, wenn man einen guten Lauf hat, aber es leidet wieder unter dem Mangel an Kommunikation zwischen den Teamkameraden, mangels fehlendem Ingame-Chat. Natürlich ist das keine Kritik, wenn man eh immer in einer Gruppen mit Freunden spielt. Doch bei einer schnellen Runde alleine fehlt dies doch immer negativ auf. Es gibt zwar einen Text-Chat, aber viel Glück damit, wenn man von allen Seiten beballert wird, dann noch Nachrichten zu schreiben.

Was bleibt, ist die Enttäuschung

Beim Launch ist uns immer wieder aufgefallen, dass die Matches in Battlefield 2042 durchweg langweilig sind. Die Spiele beginnen voller Leben und fesselnder großer Teamkämpfe, aber sobald die Spielerzahl sinkt und die Nachzügler alleine losziehen, kann man spüren, wie die Energie den Raum verlässt. Die Rate der Spielabbrüche, vermutlich weil sie es satt hatten, 40 Minuten lang zu rennen und dann in 2 Schüssen zu sterben, war erschütternd. Die Wettereffekte, die so ein großer Teil des Marketings waren, sehen toll aus, wenn man sie zum ersten Mal sieht, aber sie beeinflussen das Spiel nicht signifikant genug, um wirklich das Blatt zu wenden. Es fühlt sich an wie ein System, das der „Levolution“ von Battlefield 4 hinterherläuft. Nichts in 2042 ist so gut, wie den Wolkenkratzer mitten im Spiel fallen zu sehen, obwohl Battlefield 4 schon fast ein Jahrzehnt alt ist.

Portal und Hazard Zone bewahren 2042 davor, ein echter Tiefpunkt in der Serie zu sein, die ikonische, hochoktanige Momente gegen unnötige Größe eingetauscht hat, ohne diesen Raum auszufüllen. Es gibt zum Beispiel keinen teamübergreifenden Textchat. Die manuelle Neigungsfunktion aus Battlefield 5 ist ebenfalls verschwunden, was sich anfühlt, als hätte man ein paar wichtige Muskelgruppen verloren, nachdem man sich in den letzten Jahren so sehr an das um die Ecke schauen in Rainbow Six Siege gewöhnt hat. Es gibt lustige Bugs, wie z. B. dass Hovercrafts an vertikalen Flächen hochklettern können, aber es gibt auch ärgerliche Bugs, wie z. B. dass das Wiederbeleben manchmal nicht funktioniert. Es gibt keine Statistikseite im Menü, was eine überraschende Lücke ist. Ihr merkt, es fehlt an allen Ecken und Ende. Wir sind jetzt hier hauptsächlich auf Features und Probleme mit den Änderungen im Gameplay eingegangen, statt auf Bugs und Glitches – Und glaubt uns, davon gibt es reichlich. Aber diese kann und wird man mit Patches beheben. Doch inhaltlich wird sich wahrscheinlich weniger tun und das ist es, was so schade ist und am Ende übrig bleibt. Es ist nicht alles negativ an Battlefield 2042 und das aktuelle Review-Bombing ist natürlich mehr als übertrieben. Aber es scheint wirklich, dass der Launch hier wieder mal viel zu früh und gezwungenermaßen erfolgte.

Fazit

Es gibt viel zu beanstanden und das betrifft nicht nur Bugs. Inhaltlich und fundamental sind da einige Sachen einfach nicht kohärent. Seien es die Spezialisten mit fehlenden Hintergründen, sehr langsame Progression der Waffen oder das Balancing der Fahrzeuge. Vieles davon kann gepatched werden, aber das sollte nicht der Anspruch sein. Unter dem ganzen Problemen scheint jedoch der Portal-Modus mit seinen klassischen Karten und enorm viel Möglichkeiten hervor. Battlefield 2042 kann durchaus viel Spaß machen. Aber wenn dies nur in einer Gruppe mit Freunden auf zehn Jahre alten Karten wirklich der Fall ist, so ist es fraglich wie sinnvoll dieser Launch ist.

Battlefield 2042 ist am 19. November 2021 erschienen.

Positiv:

+ Grafik und Sound gewohnt klasse

+ Portal bietet nostalgischen Spaß samt Baukasten

+ das Schlachtgefühl, mittendrin zu sein, ist immer noch toll

+ Loadout frei wählbar für jede Klasse,…

Negativ:

– …wodurch sich Klassen aber sehr ähnlich spielen

– Verbindungsfehler

– Spiel lies sich häufig gar nicht starten, Neuinstallation

– hohe Anzahl an Bugs und Glitches

– Features wurde gestrichen oder fehlen (Scoreboard, manuelles Anlehnen)

– wenig Waffen, Progression dieser langsam

– Balancing, besonders der Fahrzeuge, sehr schwankend

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Written by: Nick Erlenhof

Hitoshura, Sith & FOXHOUND-Spectre

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