Review: Atlas Fallen – Etwas zu ambitioniertes Breath of the Sand

Nachdem Deck13 mit dem ursprünglichen Lords of the Fallen und den Sci-Fi-Spielen The Surge 1 & 2 eine lange Zeit mit dem Soulslike Genre verbracht hat, wendet es sich mit Atlas Fallen nun etwas völlig anderem zu. Dennoch gibt es zwischen dem sandigen Fantasy-Setting und den rasanten Kämpfen jede Menge Herausforderungen und einige vertraute Gameplay-Ideen aus den letzten Spielen der Frankfurter. Doch mehr dazu in unserem Test.

Umgebung und Traversal sind der eigentliche Hauptheld

Grundlegend offenbart sich uns hier ein typisches Open-World-Game mit den zu erwartenden Aufgaben. Aber die offene Welt von Atlas Fallen bietet ein fantastisches Gefühl von Größe, das durch die Fähigkeit, sich schnell durch die Sanddünen zu bewegen, noch verstärkt wird. Es sind nicht nur Dünen, die sich bewegen, sondern auch Berge, Felsen, Dörfer, Ruinen und vieles mehr, die dieser Welt einen ansprechenden visuellen Stil verleihen. Man kann zwar nicht über alles surfen, aber Deck13 verzeiht in der Regel recht gut, wenn es darum geht, wann und wo man dies tun kann, selbst Steinwege mit relativ leichtem Staub können mit Leichtigkeit überflogen werden. Wenn man dann noch einen Air Dash hinzufügt, hat man jede Menge Geschwindigkeit und Agilität zum Erkunden. Natürlich wird diese Art der Fortbewegung und der Kontrolle über den Sand auf verschiedene Weise in das Herz der offenen Welt gebracht. Bei der Erkundung gibt es verschiedene Punkte, an denen man Ruinen aus dem Sand ziehen kann, um sie zu erforschen und so möglicherweise neue Wege und Bereiche der Welt zu erschließen. Sei es ein Turm auf dem ihr beim herausziehen an höhere Punkte gelangt, eine Schatztruhe oder die Ambosse, die als Ruhepunkt und zum Upgraden eurer Fähigkeiten und Rüstungen dienen.

Das stylishe Surfen ist und bleibt das Beste am Spiel.

Es gibt auch Herausforderungen, bei denen ihr von Punkt zu Punkt durch die Umgebung rennen müsst und eure Fähigkeiten auf die Probe gestellt werden. Außerdem könnt ihr versuchen alle verstreuten Aussichtspunkte zu finden, Wachtürme eliminieren, die die Umgebung in eine düstere Sandhölle tauchen und so die Flora und Fauna vertreiben oder ihr sammelt Bruchstücke, um euren Gauntlet aufzuwerten. Letzteres müsst ihr im Verlauf der ca. 10-stündigen Story einige Male machen, um bestimmte Fähigkeiten freizuschalten, die euch dann neue Areale und Möglichkeiten eröffnen. Eine vertane Chance dabei ist, dass man keine Möglichkeit hat direkt die Geschwindigkeit eures Sandsurfens oder die Sprungkraft zu verbessern, was zu einer Art Crackdown im Sand geführt hätte. Stattdessen bekommt man nur bis zu drei Dashes, um besser Entfernungen zu überbrücken. Dennoch ist das umherspringen, surfen und dashen in den großen Arealen aber definitiv einer der Hauptaugenmerke des Spiels und bringt neben den Kämpfen den meisten Spaß.

Die Gespräche bleiben häufig zu ernst und uninteressant.

Belohnende Kämpfe in teils wüsten Perspektiven

Ein großer Teil eines jeden Action-Rollenspiels sind natürlich die Kämpfe und auch Atlas Fallen bietet eine interessante Mischung von Ideen. Euer selbst erstellter Charakter kommt in den Besitz eines magischen Handschuhs, der ihm die Fähigkeit verleiht, den Sand zu kontrollieren und mit formwandelnden Waffen anzugreifen. Drei davon habt ihr im Arsenal und könnt diese nach Belieben schnell wechseln. Im Kampf selbst geht es darum, Momentum aufzubauen und sowohl passive Boosts als auch aktive Fertigkeiten freizuschalten, während man die Anzeige füllt, indem man Schaden austeilt. Euren aktiven und passiven Skills lassen sich übrigens sehr umfangreich durch Essenzsteine anpassen und bieten wirklich sehr schöne Kombinationen, die die Kämpfe spürbar verändern. Es ist ein fast rein belohnendes System, da die aktiven Fertigkeiten mit einer Abklingzeit nutzbar bleiben und das Momentum nicht verbrauchen, wenn ihr sie auslöst, wodurch euer Machtempfinden schnell wächst. Mit vollem Momentum fühlt man sich einfach toll, da nicht nur alle Fähigkeiten dabei aktiv sind, sondern sich in drei Stufen auch die Angriffe der drei Waffentypen verändern und verstärken.

Kleinere grafische Highlights werden von den sandfarbenen Standbildern abgelöst, die die Geschichte erzählen.

Aber aufgepasst, denn mit höherem Momentum nehmt ihr auch mehr Schaden. Das Einzige, was euer Momentum verbraucht, ist, wenn ihr Schaden nehmt oder einen verheerenden Shatter-Angriff ausführt, der wirklich spektakulär aussieht. Dieser peilt die zerstörbaren Körperteile der sandigen Monster, ähnlich wie bei The Surge, an und kann bei höherer Stufe auch mal ein ganzes Feld an Gegnern direkt wegräumen. Hier kommt eine interessante Taktik dazu, da man abwägen muss, wann man sein Momentum aufbrauchen möchte oder ob man lieber die höherwertigen Angriffe und Effekte beibehält. Leider offenbart sich im Laufe des Spiels aber ein Problem mit der Gegnervielfalt. Im ersten Gebiet freut man sich noch über jeden neuen Gegnertyp und die Herangehensweise, doch ab der Mitte des Spiels etwa wiederholen sich diese in nur etwas größerere Form, mit mehr Panzerung oder einfach nur mit vielen kleinen Gegner dabei, um es künstlich zu erschweren. Noch dazu kommen gelegentliche Probleme mit der Kamera, da man häufig nicht weiß wo man sich genau im Getümmel befindet oder diese hängt gerade an einem Gegner fest. Generell ist dies zwar nur ein sporadisches Problem bei größeren, fliegenden Gegnern, doch es kann schon gerne mal ein Leben kosten, was aufgrund der folgenden langen Ladezeit nerven kann.

Das Arsenal an Essenzsteinen bietet eine schöne Abwechslung für die Kämpfe.

Nicht jeder mag ja Sand

Und falls sich das für euch etwas altbacken anhört, dann seid ihr auf der richtigen Spur. Atlas Fallen wird leider sehr schnell zu Arbeit und erinnert dabei an ältere Genre-Vertreter, die man so eigentlich nicht mehr spielen mag. Das bereits erwähnte häufige Sammeln der Bruchstücke innerhalb der Hauptmissionen für euren Gauntlet, was ich bereits erwähnte, ist da nur ein Punkt. Der generelle Ablauf ist immer der Gleiche. Finde oder zerstöre eine Anzahl von X, bekämpfe dabei davor in einer Arena mehrere Gegner und wieder von vorne. Das macht mitunter auch wirklich Spaß, aber es fehlen coole Dungeons, spannende Rätsel oder eine Geschichte, in die man involviert ist. Und da sind wir leider bei einem weiteren Manko, der Story. Nicht jedes Open-World-Game braucht eine unglaublich involvierte Narrative, doch dann sollte das Spiel auch nicht so tun, als hätte es eine. Doch fangen wir einmal von vorne an. Atlas Fallen spielt in einer postapokalyptischen Fantasy-Welt und erzählt die Geschichte eines namenlosen Helden, der sich gegen den unterdrückerischen Sonnengott Thelos erhebt. Geboren als einer der Millionen von Menschen, die von Thelos versklavt wurden, findet ihr anfangs ein uraltes Artefakt, das als Gauntlet bekannt ist.

Wenn das mal keine Truhe ist, die wir hier aus dem Sand ziehen.

Außerdem beherbergt der Handschuh einen alten Geist, welcher fortan mit euch spricht und euch auf der Reise begleitet. Überraschend waren die sehr schön ausgearbeiteten Städte und Dörfer, die mit viel Leben gefüllt sind und sich sehr atmosphärisch und grafisch schön in das Spiel einfügen. Das genaue Gegenteil davon sind aber die Charaktere. Diese und die generelle Geschichte nehmen sich nicht nur viel zu ernst, keiner hat auch wirklich etwas interessantes zu erzählen, neue Figuren tauchen auf einmal auf, sollen wichtig sein, verschwinden dann aber wieder und man weiß häufig nicht so recht, was das alles soll und fängt an Gespräche zu überspringen, um sich schnell wieders aufs Sand-Surfbrett zu schwingen. Noch dazu weiß man bereits nach der ersten Spielstunde wie die finale Konfrontation aussehen wird und der Twist um euren Geist im Gauntlet namens Nyaal und dessen Rolle ist auch sofort klar. Ärgerlich daran ist, dass es auf jeden Fall Potential hat und Deck13 offensichtlich ja wirklich eine umfangreiche Welt aufbauen wollte. Nebenmissionen sind ebenfalls zahlreich vertreten und schaffen es teils besser, eine klare Struktur aufzubauen, dass man immerhin etwas involviert ist und nicht nur Checkboxen absolviert. Wirklich hilfreich ist dabei auch nicht die schwankende Qualität der Synchonstimmen, die sowohl im englischen als auch im deutschen bekannte und wirklich gute Stimmen gepaart mit absoluten Ausfällen bieten. Doch wer kein Problem hat, dies auszublenden und seine Zeit einfach in der offenen Wüste mit Kämpfen und Sammeln verbingt, der kann mit Atlas Fallen wirklich eine tolle, wenn auch kurzweilige, Zeit haben.

Perks schaltet ihr nach dem Aufrüsten euer Rüstungen frei.

Auf Wunsch kann das gesamte Abenteuer im Übrigen auch im Koop gespielt werden und wirklich lobend erwähnen möchte ich dabei das System, dass beide Spielenden unabhängig des jeweils eigenen Fortschrittes miteinanden zocken können. Denn der zweite kann der Story und den Gesprächen problemlos folgen und sieht sogar die Dialogoptionen, die gewählt werden. Und natürlich sind so auch die Kämpfe nochmal eine Spur spaßiger und das gemeinsame Surfen durch die Dünen sowieso. Leider konnten wir dies aber nur kurz in unserer Version ausprobieren, da das Hosten einer offenen Sitzung immer nach 2 Minuten wieder abgebrochen wurde. Doch das Potential an Spaß alles mit jemand anderem zu erleben ist natürlich enorm groß.

Fazit

Atlas Fallen ist ein schwieriger Fall. Auf der einen Seite gibt es großartiges Surfen durch den Sand, spaßig wuchtige Kämpfe und umfangreiche Anpassungen des Spielstiles sowie allerhand in der offenen Welt zu entdecken. Dagegen stellen sich jedoch langweilige Charaktere, eine viel zu ernste und vorhersehbare Story, repetitive Missionsziele und künstliche erschwerte Kämpfe. Somit kann man das Spiel nur empfehlen, wenn man ein paar Erwartungen herunterschraubt und sich im Klaren ist, dass es an einigen Stellen clunky und abwechslungsarm wird. Denn der Spielspaß ist meist wirklich nur eine Schicht Sand entfernt.

Atlas Fallen erscheint am 10. August 2023 für PC, PlayStation 5 und Xbox Series.

Positiv:

+ toll designte Städte

+ ansprechende Optik

+ Vielzahl an aktiven und passiven Skills

+ Sandsurfen

+ Viel entdecken und sammeln

+ wuchtige Kämpfe mit coolem Momentum-System

+ Komplettes Spiel in Koop möglich

Negativ:

– repetitive Missionsziele

– öde Charaktere und vorhersehbare Story

– lange Ladezeiten nach Game Over

– Kämpfe häufig durch Mobs künstlich erschwert

– zu geringe Gegnervielfalt

– durchwachsene Synchro (DE & ENG)

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Written by: Nick Erlenhof

Hitoshura, Sith & FOXHOUND-Spectre

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