Review: Alone in the Dark – Von einem der auszog das Fürchten zu lernen

Der Urvater der Survival Horror Spiele aus dem Jahr 1992 kommt nun endlich zu einem Remake, auf das viele Hoffnungen gesetzt werden konnten. Denn Pieces Interactive hatte unter anderem Jason Köhnen (ein Gigant der Dark Jazz Szene) für den Soundtrack, Guy Davis (u.a. Pacific Rim und Monster Hunter) für das Monster Design und Mikael Hedberg (Soma, Amnesia) für die Story rekrutiert. Ob diesem Dream Team das Alone in the Dark Remake gelungen ist, erfahrt ihr hier bei uns im Review der PC Version (erscheint aber auch für PS5 und Xbox Series X|S).

Schauspielgrößen als Hauptcharaktere

Die Protagonisten Emily Hartwood und Edward Carnby werden von bekannten Schauspielern dargestellt und vertont. Man konnte dabei Jodie Corner und David Harbour verpflichten. Frau Corner konnte man u.a. in Star Wars: The Rise of Skywalker und auch als Hauptdarstellerin in Killing Eve bewundern, während David Harbour den meisten wohl aus Stranger Things bekannt sein dürfte. Diese beiden dürfen sich nun also in die Klinik in Louisiana begeben. Die Grundstory ändert sich im Remake insofern, dass Emilys Onkel Jeremy dieses Mal nicht Suizid begeht, sondern weiterhin sein Dasein in Derceto fristet. Das Anwesen dient als eine Art Psychatrie, in der einige auffällige Charaktere leben. Konkret wurde Privatdetektiv Carnby engagiert, um mit Emily gemeinsam eine kleine Visite bei ihrem Onkel durchzuführen.

Alone in the Dark Hautpcharaktere

Der schreibt nämlich ziemlich wilde Briefe über einen „Dark Man“, der ihn verfolgt. Unglücklicherweise ist Jeremy bei der Ankunft am Tor Dercetos spurlos verschwunden und das ungleiche Paar geht auf die Suche. Genauer gesagt, geht einer von beiden auf die Suche, denn der Spieler darf sich zu Beginn entscheiden, wen er denn steuern möchte. Inhaltlich ändern sich dadurch Details in der Story und, viel interessanter, die Persönlichkeit und ein wenig die Backstory der Bewohner des Sanatoriums. Das macht einen zweiten Durchgang gleich viel interessanter, doch dazu später mehr.

Derceto, Sümpfe und New Orleans – Eine Gegend an der die Ghostbusters ihre Freude hätten

Bei der Erkundung von Derceto in der 3rd Person Perspektive zeigt sich schnell, dass irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Schnell findet man sich nämlich im vernebelten New Orleans wieder und trifft dort auf die ersten Gegner. Zombieähnliche Kreaturen, die bei Blickkontakt relativ zügig auf euch zukommen und sicher nicht nur kuscheln wollen. Gottseidank ist man zu Beginn mit einer Pistole ausgestattet und kann sich solcher Probleme schnell entledigen. Allerdings haben wir genretypisch nicht allzuviel Munition und darum gibt es neben der Möglichkeit zu schleichen auch Alkoholflaschen zum Werfen, die praktischerweise immer dann auftauchen, wenn Monster ebenfalls anwesend sind.

Damit kommen wir auch gleich zum größten Kritikpunkt: Sowohl Schleichen, als auch Kämpfen, sind keine Stärken von Alone in the Dark. Die Geschwindigkeit beim Schleichen und die recht engen Areale machen sowohl Durchrennen, als auch Durchschleichen zu einer Geduldsprobe. Daher beginnt man irgendwann sich den direkten Weg auszupicken und dann dementsprechend die Gegner zu erschießen. Auch Nahkampfwaffen, die sehr schnell brechen, sind immer wieder verfügbar. Allerdings ist auch der Nahkampf sehr zäh und macht gefühlt zu wenig Schaden, um gegen mehr als einen Gegner gleichzeitig empfehlenswert zu sein. Zum Ausgleich gibt es aber genug Heilmöglichkeiten, falls man doch mal einen Kratzer abbekommt.

Hast du das gehört?

Zu einem Survival Horror Game gehört aber mehr als Munitionsknappheit und Kampf. Ein Hauptelement des Genres ist natürlich auch die gruselige Atmosphäre. Und hier trumpft das Spiel auf. Da bereits das Original den Cthulhu-Mythos als Grundlage verwendet hat, darf dieses Element in der Neuauflage natürlich nicht fehlen. Bücher, Briefe und andere Schriftstücke, die man überall findet, zeichnen ein mysteriöses Bild der Bewohner dieser Gegend von Louisiana. Geheime Kulte, die eine mysteriöse Fruchtbarkeitsgöttin anbeten und Jeremys Intimmonster, der „Dark Man“, werden laufend erwähnt und mit diesen Infos kommt man dem Geheimnis von Derceto langsam aber sicher näher. Dabei sind all diese Texte auf Englisch hervorragend vertont. Das gilt auch für alle Bewohner des Anwesens und natürlich die beiden Spielercharaktere. Obgleich die deutsche Synchronisation ebenfalls stark unterwegs ist, empfehlen wir, wenn ihr des Englischen mächtig seid, euch die englischsprachige Vertonung zu gönnen.

Auch das restliche Sounddesign ist eine der größten Stärken von Alone in the Dark. Die jazzig angehauchten Songs sorgen für das passende Film Noir Feeling und werden bei actionreichen Sequenzen zum klassischen Horrorfilm Score. Gleichzeitig tragen auch die Geräusche der Monster, des Wetters und unbekannter Herkunft zu einer dauerhaften Angespanntheit bei. Genau so erwartet man das von einem Horrorspiel. Gleichzeitig erspart man sich so die Not in Dosen in Form von Jump Scares an jeder Ecke. Grusel statt Schock ist etwas, das dem Spiel sehr gut zu Gesicht steht. Gleichzeitig verliert Edward bzw. Emily langsam aber sicher den Verstand, da dem Spieler immer mehr übernatürliche Überraschungen erscheinen. Dabei ist man sich irgendwann auch nicht mehr sicher, was wirklich passiert und was im Kopf des Spielercharakters stattfindet. Genau so soll es sein.

Schiebepuzzles, Schlüsselsuche und Zahlenschlösser hätten kein Revival gebraucht

Während man also durch Derceto und andere Gebiete wandert, befindet man sich auf der dauerhaften Suche nach Hinweisen auf Jeremy bzw. wie man ihm gegen den Dark Man helfen kann. Fast alle relevanten Hauptgegenstände sind dabei hinter Rätseln versteckt, die über das klassische Suchen und Finden sowie Zahlen- und Bilderrätsel nicht hinausgehen. Finde zwei Platten für das Bilderpuzzle, um den Schlüssel für die Tür zu bekommen oder reiße die Tapete herunter, um Zahlen für einen Safe zu finden sind der absolute Genrestandard und viel zu einfach und langweilig. Hier enttäuscht uns Alone in the Dark etwas, da man ein durchaus intelligentes Hilfssystem eingebaut hat, das an- und abschaltbar ist. Man kann sich nämlich zusätzliche Tipps geben oder die Karte markieren lassen. Dadurch weiß man wie, was und wo ein Puzzle lösbar ist. Gerade durch diese Option hätte man viel schwierigere Rätsel integrieren können. Bis auf eine einzige Stelle, waren nämlich absolut alle Knobeleien intuitiv lösbar, sobald man die passenden Gegenstände gefunden hatte und auch ohne Tipps keine Herausforderung.

Um die Einfachheit und die Linearität etwas aufzuweichen, gibt es noch sogenannte Lagniappes, kleine Gegenstände, die in Dreier-Sets daherkommen. Wer ein Set vollständig hat, bekommt weitere Hintergrundinfos und kann sogar eine weitere Waffe freischalten. Um wirklich alles zu finden, muss man das Spiel sogar mit beiden Charakteren durchspielen, da nicht alle Lagniappes bei beiden Protagonisten zu finden sind. Hier hilft dann auch der „Gesinnungswechsel“ der Hausbedienstesten und Insassen, den wir eingangs erwähnt haben. Durch geänderte Dialoge und eine dezent angepasste Story weckt Alone in the Dark überraschenderweise das Interesse nach den 7-9 Stunden des ersten Durchgangs noch einmal durch Derceto zu streifen. Und das, obwohl sich am Gameplay herzlich wenig ändert und die Gegner noch immer an derselben Stelle stehen. Auch hier handelt es sich um verspieltes Potential, da die Verhaltensänderung der Bewohner uns wirklich gut gefallen hat und weitere Diskrepanzen zwischen den Läufen das Ganze noch interessanter gemacht hätten.

Verneigungen vor dem Original und kleinere technische Gebrechen

Wenn man bedenkt wie alt das erste Original ist und welche Grafik damals zum Einsatz kam, ist es bemerkenswert, wie gut es Pieces Interactive gelungen ist, kleine wie große Verbindungen zum Original zu schaffen. Beispiele hierfür sind z.B. der Frosch im Intro oder auch eine Szene in der in die Iso Perspektive (inklusive passender Steuerung) geschaltet wird. Auch der Zusatzinhalt der Deluxe Edition in Form von den Original Charaktermodellen ist eine nette Dreingabe. Abseits dieser Modelle sieht Alone in the Dark aber wunderbar aus. Das Herrenhaus strotz vor Details, ist glaubwürdig eingerichtet und auch die Sequenzen in der freien Natur machen etwas her. Auch hier hat man in Bezug auf die Atmosphäre alles richtig gemacht.

Alone in the Dark Deluxe
Ein Gimmick der Deluxe Edition: Das Charaktermodell aus dem Jahr 1992.

Technisch gibt es allerdings wieder ein „aber“. Wir haben sowohl in der PC, als auch in der Playstation Version vereinzelte Abstürzen des Spiels erleben müssen. Aufgrund von gut gesetzten Autosavepunkten war das kein großes Thema, aber wir möchten zum Abschluss dennoch darauf hinweisen.

Fazit

Es ist ein Wechselbad der Gefühle. Einerseits bringen Story, Grafik und vor allem das Sounddesign eine überragende Detektiv-, Film Noir- und Gruselatmosphäre auf den Schirm, andererseits lassen die Action- und (unnötigen) Schleichsequenzen die Luft wieder raus. Mit dem gut implementierten Hinweissystem war sehr viel Potential für tolle Kopfnüsse da, aber man hat sich nur für sehr einfache und seichte Rätsel entschieden. Dennoch hat uns das Remake Spaß gemacht und Alone in the Dark sehr gut auf moderne Hardware geholt. Wenn man das Spiel mehr als interaktiven Film begreift, wird man durchaus Freude mit dem Urvater des Survival Horrors haben.

  • Die (englischen) Sprecher machen ihren Job hervorragend
  • Sowohl der Soundtrack als auch die Soundeffekte schaffen eine perfekte Atmosphäre
  • Weltdesign und Grafik tragen ebenso zur Film Noir und Gruselatmosphäre bei
  • Verzicht auf viele billige Jumpscares
  • Sehr guter erzählerischer Kniff mit geändertem NPC Verhalten bei erneutem Durchspielen mit dem jeweils anderen Charakter
  • Viel zu einfache und zu oft gesehene Rätsel
  • Schleichpassagen sind unnötig zäh und meist nicht von Erfolg gekrönt
  • Auch der Nahkampf wirkt hölzern
  • Verschenktes Potential für den Wiederspielwert in Sachen Gameplay
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Written by: Steve Brieller

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