Review: Alan Wake 2 – Atmosphärisch dicht, doch schlecht umgesetzte Gameplay-Elemente zeigen Studio Remedy auf Umwegen

Nach dreizehn Jahren ist Alan Wake zurück! Kann man in einem Jahr, wo ein Dead Space und Resident Evil 4 Remake erscheint, wirklich mit neuen Survival-Horror-Ansätzen überzeugen? Ist Alan Wake 2 genauso kreativ und verrückt wie die bisherigen Titel von Remedy Entertainment? Mehr dazu wie immer bei uns im Test. Wir hatten in diesem Rahmen übrigens die Möglichkeit das Spiel sowohl auf der PlayStation 5, als auch am PC zu testen!

Wir haben die nächste Metaebene erreicht

In guten 13-20 Stunden an Spielzeit geht es für euch zurück nach Bright Falls: In Alan Wake 2 stehen euch dieses Mal zwei spielbare Protagonisten zur Verfügung – mit dem Neuzugang Saga Anderson und ihrem Partner Alex Casey geht ihr zum Beginn des Spiels einem Mörderkult auf die Spur. Direkt davor könnt ihr das nackte Antlitz eines weißen Mannes begutachten, während ihr mit der Steuerung vertraut gemacht werdet, kurz bevor euch Mitglieder des Kultes abschlachten. Die ersten ein bis zwei Stunden verbringt ihr fast ausschließlich mit der neuen Protagonistin und müsst im „Mind Place“ Detektivarbeit leisten, indem ihr auf einem Brett alle gesammelten Hinweise logisch zusammenführt. Hier beginnt bereits das erste gewöhnungsbedürftige Gameplay-Element, welches mit Alan Wake 2 etabliert wird. Bereits Erlebtes wird nochmals erzählt oder von Saga Anderson neu interpretiert, in einer kurzen Dialog-Animation mit dem jeweiligen Charakter, der sich gerade im Verhör befindet. Optisch macht dieses Element sowohl bei Saga, als auch bei Alan in einer ähnlichen Form – wie es bereits bei Control etabliert wurde -, einiges her.

Die Integration von echten Schauspielern und verschiedenen Medien innerhalb der Geschichte ist beachtlich, aber nicht immer wirklich notwendig bzw. überzeugend.

Generell sieht der Titel in sehr vielen Bereichen fantastisch aus: sogar die im ersten Ableger relativ unspektakulären Gegenspieler haben ein unglaublich gelungenes optisches Upgrade bekommen. Einen Preis für Gegnervariation oder Abwechslung in den Bewegungsabläufen der Gegner bekommt Alan Wake 2 zwar definitiv nicht, aber dafür sieht jeder einzelne Gegner großartig aus und kann mit Genre-Größen wie Dead Space und Silent Hill hier leicht mithalten. Wir möchten im Test nicht unbedingt viel zur Geschichte des Spiels verratn, da dies (bis auf ein paar Highlight-Missionen und kleineren Rätseln) das Einzige sein wird, was euch während der ordentlichen Spielzeit für einen Singleplayer-Titel am Ball halten wird. Kurzgefasst spart der zweite Teil etwas mit großen Überraschungen und fokussiert sich eher auf die kuriose und alberne Seite der bisherigen Spiele von Remedy Entertainment. Man lässt sich zwar am Ende natürlich noch etwas offen für weitere Ableger, aber findet einen netten Abschluss für die Ereignisse aus dem ersten Teil und bindet sogar das geschaffene Universum aus Control recht gut mit ein.

Als interaktives Element sind die beiden Bretter der Protagonisten nett gestaltet, entpuppen sich aber oftmals eher als mühsame Wiederholung von bereits erlebten Ereignissen.

Abgesehen von der – wie üblich fürs Studio -, verrückten Welt und Geschichte, hat man sich in vielen Bereichen nicht die Mühe gemacht, etablierte Elemente gekonnt zu übernehmen. Die Navigation durch die Welt von Alan Wake 2 ist mitunter eine der mühsamsten Erfahrungen des Jahres. Bedingt durch ein fixes Lauftempo und verwinkelten Arealen inklusive viel Backtracking und Nebenaufgaben sowie optionalen Kisten, macht es selten Spaß vom Hauptweg abzuweichen und selbst dort könnt ihr euch sehr leicht ohne ständiges Öffnen der Karte leicht verlaufen. Bis zum zweiten Drittel des Spiels sind auch Elemente aus dem Vorgänger relativ irrelevant. Wo das Stresslevel im ersten Teil noch ständig in die Höhe geschossen ist, wenn keine Lichtquelle in Sicht war, sind diese in der ersten Hälfte von Alan Wake 2 eher ein belangloses Element. Damit stört der Faktor beispielsweise wenig, dass ihr angreifbar seid, während ihr in den „Mind Place“ wechselt bzw. auf die Karte schaut – jedoch im späteren Spielverlauf umso mehr! Selbst beim Öffnen von Kisten kann sich die Gegner KI oftmals nicht wirklich entscheiden, ob ihr angegriffen werdet oder sie lautstark einige Sekunden um euch kreist. Alan Wake 2 hat leider viele Elemente, die einem immer wieder aus der Immersion herausziehen können, was bei so einem Titel leider immens schädigend ist.

Die Tag und Nachtwechsel im Spiel sind absolut gelungen und unterstreichen die gelungene Atmosphäre.

Zusätzlich wirken gerade die Action-Elemente des Spiels wenig zu Ende gedacht: Uns ist noch nie ein Survival-Horror-Spiel untergekommen, wo man sich so leicht fast in einen Deadlock manövrieren kann. Das Spiel erinnert euch zwar sehr oft daran, regelmäßig abzuspeichern, speichert aber auch in Phasen von Bosskämpfen, wodurch ihr gezwungen in Situationen mit sehr wenig Munition landen könnt. Zusammen mit fehlerhaften bzw. unvollständigen Untertitel sind das Dinge, die man nicht wirklich von Remedy oder generell AAA-Produktionen gewohnt ist. Von der Klasse eines Resident Evil 4 ist man hier leider noch weit entfernt, auch wenn man sich zumindest im Monster-Design deutlich gegenüber Teil 1 steigern konnte. Vor allem die Erweiterung der vielen Wechsel innerhalb der Designs der einzelnen Areale, wenn man Alan spielt, erinnern stark an Control und wurden um einige Ebenen verbessert.

Mit Gore wird an wenig Stellen gespart – was die Atmosphäre angeht, liefert Alan Wake 2 fast durchgängig eine solide Leistung ab.

Nachdem der erste Teil zwar in Sachen Gameplay ein gewisses Stresslevel erzeugen konnte, aber nicht wirklich gruselig war, versucht hier Alan Wake 2 ein Stück nachzulegen. Auch hier leider oftmals wieder zu energisch und unbeholfen! Eigentlich recht kreativ gestaltete Jump-Scares werden an falschen Stellen und viel zu häufig verwendet, lenken daher von der eigentlich sehr gelungenen Atmosphäre ab. Die Gegner selbst liefern relativ wenig Anreiz, sich die paar versteckten Waffen, die das Spiel zu bieten hat, wirklich anzueignen. Eine Notwendigkeit dafür liefert das Spiel selten, außer in Bosskämpfen, wobei sich die letzten auch komplett ohne Munition lösen lassen! Wie auch beim Einsatz der verschiedenen Medien, wirft Alan Wake 2 sehr viele Elemente zusammen, aber denkt dann nichts davon ganz zu Ende.

Das Inventar im Spiel ist zwar keine wirkliche Weiterentwicklung fürs Genre, bietet aber wie das Öffnen der Karte mit Gegnern in der Nähe ein netten Stressfaktor.

Technisch sieht der Titel vor allem am PC großartig aus, solange ihr ein aktuelleres Setup als eine RTX 3070/3080 herumstehen habt. Hier könnt ihr zwar alle Einstellungen auf Ultra werfen, aber bei Raytracing/Path Tracing wird es damit schon etwas schwerer, mehr als 10 FPS zusammenzukratzen. Ähnlich sieht es auf der PlayStation 5 ohne Performance Modus aus: Hier kann das Spiel leider oftmals unter 30 FPS einbrechen, aber immerhin kein einziger Absturz vorweisen. Eine kurze ungewollte Anspielung an Assassin’s Creed Unity ungewollten Einblick in die Anatomie des Charakters und vereinzelte Bugs hier und da sind uns auch in der Launch-Woche untergekommen, aber bis auf die Framerate-Einbrüche war nichts Weltbewegendes auf der PS5 auszumachen. Wer den Performance Modus auswählt, wird hier, wie auch schon in Lords of the Fallen, ein deutliches besseres Spielerlebnis haben. Die Performance enttäuscht umso mehr, wenn man dann innerhalb der einzigen Areale solch leblose NPCs entdeckt, die beispielsweise versuchen, den Boden bis zur Unkenntlichkeit zu bürsten.

PS5-Besitzer werden auch ohne Ray/Path Tracing einige gelungene Schauplätze im Spiel entdecken.

Fazit

Alan Wake 2 wird Fans von den Spielen von Remedy Entertainment großteils überzeugen und ist mitunter eines der besten Spiele des Jahres, was die Atmosphäre angeht. Abseits davon leidet das Spiel unter enormen Pacing-Problemen, ärgerlichen Framerate-Einbrüchen und gravierenden Problemen im Actionbereich sowie der Navigation. Trotz der Steigerung gegenüber dem ersten Teil kann der Titel leider immer noch nicht mit den Größen des Genres mithalten.

Positiv

+ Einer der besten Titel des Jahres die Atmosphäre betreffend

+ Einsatz von verschiedensten Medien inklusive echten Schauspielern großteils gelungen

+ Ordentliche Spielzeit für einen Singleplayer-Titel

+ Gelungene neue Monsterdesigns

Negativ

– Störende Framerate-Einbrüche auf der PS5

– Actionelemente gehen im gesamten Spiel kaum auf

– Übermäßiger Einsatz von Jump-Scares

– Fehlerhafte Untertitel

– „Mind Place“ zwar optisch nett, aber kein wirklich interessantes Feature

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Written by: Gabriel Bogdan

Redaktionsleiter/Vernichter von Cornflakes und Vollzeit Gamer

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