Twitch – Der Ort, an dem Frauen im Bikini baden gehen…

Vor ein wenig mehr als 10 Tagen reagierte Twitch, eine Streaming-Plattform bis dato vorwiegend für Gaming-bezogene Medien bekannt, auf den steil aufwärts gehenden Trend von weiblichen Nutzerinnen, sich in Unterwäsche oder Bikini vor der Kamera zu präsentieren, darauf, eine eigene Kategorie für diesen einzuführen. „Pools, Hot Tubs, and Beaches“ lautet der klingende neue Unterpunkt im Navigationsmenü. Hier plaudern überwiegend Frauen stundenlang mit ihren Zusehern, während sie im Wasser planschen und dabei wirklich viel Haut zeigen. Es ist nur ganz natürlich, dass über diesen Sachverhalt innerhalb der Twitch-Community sowie außerhalb dieser heftig diskutiert wird.

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Doch was ist der Grund für Twitch, so leichtbekleidete Mädchen auf ihrer Plattform auftreten zu lassen? Und geht sogar so weit, die Praktiken in ihrem offiziellen Statement zu verteidigen? Demnach verstoßen die Frauen nicht gegen bestehende Richtlinien, solange sie sich der Situation angemessen kleiden (also zB. Bikini im Whirlpool) und sich nicht völlig nackt zeigen oder pornographische Inhalte produzieren. Twitch ändert seine Richtlinien allerdings ständig, der größte Eingriff kam zuletzt 2016, als beschlossen wurde, dass Streamer nicht zwingend einen Titel spielen müssen, während sie für ihre Zusehen online sind – diese „Just Chatting“-Kategorie ist inzwischen einer der populärsten.

Streamerin Amouranth wurde die Werbung auf ihrem Kanal von Twitch ohne Vorwarnung gestrichen – und jetzt gibt es eine maßgeschneiderte Kategorie für sie.

Um auf die Frage zurückzukommen: Der Grund für die Umstellungen auf Twitch ist – wie sollte es anders sein – Geld! In den letzten Monaten fiel immer mehr Leuten die zunehmende Anzahl von Whirlpool-Streams auf. Dies wurde in der Community als „Whirlpool-Meta“ bezeichnet. Die Idee dahinter ist, dass eine attraktive Frau einen Bikini anzieht, in einem aufblasbaren Whirlpool sitzt und Donations („Spenden“) von Zuschauer sammelt. Das Problem der Community mit der „Whirlpool-Meta“ hängt nun aber mit Werbung zusammen: Bis letzte Woche waren die meisten Whirlpool-Streams in der Kategorie „Just Chatting“ verortet. Einige Nicht-Whirlpool-Streamer befürchteten, dass Sponsoren ihr Geld für Werbung aus „Just Chatting“ abziehen könnten, um nicht mit Livestreams von leicht bekleideten Frauen in Verbindung gebracht zu werden. Dies hätte sich auf die Einnahmen aller Streamer in dieser Kategorie ausgewirkt. Twitch war sich der Besorgnis bewusst, weshalb beschlossen wurde, eine separate Kategorie einzurichten.

„Heute können Sponsoren bestimmte Kategorien von Inhalten ansprechen oder vermeiden und Kanäle kennzeichnen, die nicht ihren Standards entsprechen“, verlautbarte Twitch. „Wir halten es für wichtig, dass die Zuschauer die Wahl haben, welche Art von Inhalten ihnen vorgeschlagen wird, und dass Sponsoren das Recht haben, zu bestimmen, wo ihre Anzeigen im Service erscheinen.“

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Viele Leute macht die momentane Situation auf Twitch äußerst wütend: Das sind zum einen natürlich die vorhin erwähnten Streamerinnen, die darum fürchten müssen, ihre Sponsoren zu verlieren und andererseits von Fans unter Druck gesetzt werden, doch auch mal einen „Hot Tub“-Stream aufzunehmen. Andererseits sind auch viele der jahrelangen Twitch-Abonnenten der Meinung, dass halbnackte Frauen nichts auf einer Seite zu suchen haben, die eigentlich rund um das Thema Videospiele aufgebaut wurde. Félix „xQc“ Lengyel, einer der beliebtesten Streamer auf Twitch, hat beispielsweise letzten Monat einige harte Worte über das Whirlpool-Meta getwittert. „Ich werde ehrlich sein, dieses Whirlpool-Meta ist bei weitem das erbärmlichste, was wir auf Twitch seit Ewigkeiten gesehen haben“, twitterte er. „Was für eine traurige Realität. Bitte holt diesen Müll von der Titelseite.“

Dennoch gibt der Erfolg der Sektion „Pools, Hot Tubs, and Beaches“ auf Twitch recht und zeigt seine immense Popularität: Die wohl erfolgreichste Whirlpool-Streamerin und Coverbild dieses Artikels, Amouranth verdient $35.000 bis $40.000 monatlich – und dieser Betrag errechnet sich alleine aus geschaltener Werbung, exkludiert also jegliche Spenden und Abonnements von privaten Nutzern oder Sponsorenverträge. Auch wenn keine genauen Zahlen zum Einkommen der einzelnen erwähnten Streamerinnen vorliegen, ist das schon ein sehr guter Indikator, der aufzeigt, wie beliebt diese Art von Streams bei einer gewissen Gruppe von Twitch-Usern sind. Solange der Rubel rollt, ist eine Ende dieses Trends trotz lauter Proteste noch lange nicht in Sicht.

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Written by: Julian Bieder

Retro-Zocker, RPG-Allrounder und eifriger Trophäenjäger

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