Kaum ein Spiel auf dieser Gamescom hat einen deutlicheren Eindruck bei mir hinterlassen als Through the Darkest of Times von Paintbucket Games. Das Spiel soll das Leben im Widerstand des Dritten Reichs während seiner Anfänge, auf dessen Spitze, und bei dessen Zerfall möglichst greifbar machen und erzählt Geschichten voller Hoffnung und Verzweiflung.
Through the Darkest of Times betitelt sich selbst als historisches Widerstands-Strategie-Spiel. Im Kern des Spiels steht das Leben und Leiden unterschiedlicher Widerstandsgruppen während des dritten Reiches – nicht die großen Bekannten, wie die Weiße Rose, sondern kleine Splittergruppen aus Freund*Innen und Nachbar*Innen, die sich privat organisiert haben, um etwas, irgendetwas, zu tun. Zu Beginn des Spiels wählt ihr eure Figur mit ihrer zufällig generierten politischen Zugehörigkeit und ihrem Beruf aus und werdet dann in eine solche Widerstandsgruppe integriert, die sich ebenfalls aus den unterschiedlichsten Charakter*Innen bestehen kann. In eurem Bestreben gegen das Hitler-Regime vorzugehen, müsst ihr schwierige Entscheidungen treffen, Kompromisse zwischen verschiedenen Überzeugungen treffen, Anhänger*Innen für eure Sache finden, und versuchen, selbst nicht ins Kreuzfeuer zu gelangen. Das Gameplay orientiert sich dabei an strategischen Ressourcen-Management spielen: auf der Karte von Berlin könnt ihr die Mitglieder eurer Gruppe auf verschiedene Aufträge senden, die je nach Fähigkeiten unterschiedlich mit Erfolg gekrönt sein können und verschiedene Effekte für den weiteren Spielverlauf haben. Die Effekte eures Handelns, eure Entscheidungen innerhalb der Gruppe, und eure Handlungen in zufällig auftauchenden Events entscheiden über das Schicksal eurer Gruppe und des Widerstands als solcher.
Die Narrative ist in vier Kapitel aufgeteilt, von Hitler Wahlsieg 1933, über die olympischen Spiele in Berlin 1936, die Kriegszeit um 1941 bis hin zum Verfall des Regimes 1945. In jedem Kapitel wird die Situation für den Widerstand hoffnungsloser und es wird schwieriger und schwieriger die Moral in der Gruppe aufrechtzuerhalten. Hierbei hat das Entwicklungsteam intensive Recherche zur Situation des Widerstands im dritten Reich betrieben, und eng mit Nachfahren der Opfer und Überlebenden zusammengearbeitet. In dieser Narrative des fiktiven aber doch sehr realen Widerstandes liegt der faszinierende Clou von Through the Darkest of Times: die Geschichte ändert sich nicht im Großen; die historischen Ereignisse so wie sie im Großen geschehen sind, verbleiben gleich, ihr könnt nicht den Krieg oder den Genozid verhindern; aber ihr könnt einen Unterschied machen, auch wenn ihr nur ein Menschenleben durch euer Handeln retten könnt. Die Message des Spiels ist heute so relevant wie notwendig: auch im Angesicht des größten Horrors und der größten Hoffnungslosigkeit kann Widerstand einen Unterschied machen. Alles, was wir tun und nicht tun, ist Geschichte. Through the Darkest of Times zeigt, wie über die Jahre hinweg die illegalen Handlungen der Nazis normalisiert wurden, und wie die Schrecken des dritten Reichs nach und nach versucht haben, jeden Widerstand niederzutreten. In dem Sinne bietet das Spiel kein „Happy Ending“ sondern erlaubt euch, viele unterschiedliche Geschichten zu durchleben, und die Bemühungen des Widerstands in zahlreichen Facetten kennenzulernen.
Through the Darkest of Times sollte weit oben auf der Liste aller Spieler*Innen stehen, die der Überzeugung sind, dass Spiele so viel mehr können, als einfach „nur“ Spaß zu machen. Spiele sind ein Medium, das Geschichte greifbarer machen kann – wenn gekonnt umgesetzt -, als ein Buch oder ein Film es je könnten.