Nippon Ichi Software (kurz NIS) ist den meisten Gamern hauptsächlich über die Disgaea Reihe (hier unsere News zur Complete Edition von Disgaea 6) bekannt. Weitere bekanntere Games sind die Danganronpa oder die Hyperdimension Neptunia Serien, die hierzulande eher bei Enthusiasten ankommen. Alles in allem also japanische Nischentitel. So auch heute, mit The Cruel King and the Great Hero. Eine Geschichte über die kleine Yuu, die auf der Nintendo Switch ab 11. März in die Fußstapfen ihres Heldenvaters treten möchte.
Es fehlt nur der böse Wolf
Yuu ist ein junges Mädchen, das vom Drachenkönig adoptiert wurde und im Hofstaat des Drachenkönigs aufwächst und lebt. Ihr Vater, ein großer Held, der vor Jahren den Dämonenkönig besiegt hat, ist leider bereits verstorben. Yuu unterscheidet ihre „Väter“ daher in „Dad“(Drachenkönig) und „Papa“ (ihr leiblicher Vater). Der Drachenkönig erzählt ihr jeden Abend Geschichten über ihren Vater zum Schlafengehen. Dies bestärkt Yuu in ihrem Wunsch ihrem Vater nachzueifern und selbst eine große Helding zu werden. Die Prämisse klingt nicht nur nach Märchen und Kinderbuch, sondern zieht sich durch das gesamte Spieldesign. In Kämpfen wird zum Kampf „Geblättert“ und Speicherstände sind Lesezeichen.
Die Story wird dabei in Dialogen und vertonten gezeichneten Standbildern vorangetrieben. Leider gibt es das Spiel ausschließlich mit englischem oder japanischem Text und die Sprachausgabe ist ausschließlich japanisch. Aber auch hier wurde auf die Märchenhaftigkeit geachtet und die Erzählerin spricht alle Charaktere und das Drumherum. Aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse können wir hier zur Güte wenig sagen. Aber die Betonung gefällt uns sehr gut und man hört Entrüstung, Furcht und Motivation heraus. Auch die Musik passt dabei hervorragend in dieses Szenario und ist teilweise klassisch angehaucht. Im Dorf der Monster mag man manchmal sogar das Gefühl haben es läuft eine Version des Kanons in D von Pachelbel, der stilistisch als Inspiration für das Monster Dorf Thema hergehalten haben könnte. Etwas mehr Abwechslung wäre allerdings, insbesondere auch bei der Kampfmusik, schön gewesen. Alles in allem ist die Präsentation aber sehr, sehr stimmig.
Entschleunigung an allen Ecken und Enden
Die Art und Weise die Geschichte zu erzählen sorgt klassischerweise für einen sehr langsamen Aufbau. Und diese Entschleunigung gilt für alles in diesem Spiel. Das Gameplay ist ein altbekanntes rundenbasiertes RPG. Yuu und ein Partner kämpfen gegen diverse Monster und können zwischen Angriff, Spezialattacke, Verteidigung, Item und Weglaufen entscheiden. Es gibt Statusveränderungen wie schlafend oder vergiftet und insgesamt keine wirklichen Überraschungen. Monster haben zumeist eine Schwäche wie z.B. ignoriert zu werden oder von einem AoE Angriff getroffen zu werden. Wird diese Schwäche getroffen, kann das Monster eine Zeit nicht mehr angreifen und bekommt mehr Schaden. Leider kann dieses Feature kaum genutzt werden, weil ein Monster z.B. 3 Runden nicht anzugreifen, lohnt sich nur in Ausnahmefällen. Allgemein sind diese Kämpfe, insbesondere zu Beginn, nur eine Aneinanderreihung von Angriffen, bis der Gegner im Staub liegt und man Erfahrungspunkte und Geld (im Spiel „Shells“) sammelt. Später zieht der Schwierigkeitsgrad merklich an, wenn man z.B. zu zweit vier Gegnern gegenübersteht, die einem ohne Probleme einzeln schon ein Viertel der HP nehmen können.
Wer sich keine Heilitems gekauft hat, kann hier, trotz der niedlichen Aufmachung, auf arge Probleme stoßen. Es ist an ein paar wenigen Stellen wahrscheinlich sogar möglich sich softzulocken, wenn man keinen separaten Speicherstand hat. Kämpfe sind nämlich klassische random battles und in Höhlen bekommt man Pokémon Flashbacks aus dem Mondberg von Zubathorden. Da das Spiel auch autospeichert wird man ggf. an einer Stelle wiederbelebt, an der sich Kämpfe nicht umgehen lassen. Ohne genug Heal muss man sich dann auf den Zufall, ob man weglaufen kann, verlassen.
Wenn The Cruel King and the Great Hero zur Arbeit wird
Zudem wird die Länge der Areale, die langsame Gehgeschwindigkeit und die Menge an random battles irgendwann schlicht nervig. Aus zu vielen Kämpfen flüchten, rächt sich aber spätestens bei den Bossen, die hunderte von Lebenspunkten haben und im Kern nach dem Prinzip „Angriff, Angriff, Angriff, Heilen, Angriff, Angriff, Angriff, Heilen“ ablaufen. Wer hier unterlevelt auftritt bereut das sehr schnell. Selten muss nämlich auf eine spezielle Taktik zurückgegriffen werden. Hier wandelt sich The Cruel King and the Great Hero von einem gemütlichen Spiel zu etwas mühsamer Arbeit. Diese Kämpfe sind nämlich alles, nur nicht spannend. Das Spiel zwingt einen für diese Momente über die Länge der Gebiete zu leveln/grinden. Das ist Gamedesign auf das man hätte verzichten können.
Neben den ständigen Kämpfen gibt es abseits des Hauptweges Truhen mit Items und Geheimnisse, die nur mit dem passenden Partner eingesammelt werden können. Man braucht z.B. Rocky (eine Mischung aus Fuchs und Hund) um Schätze auszugraben oder die Menschen Prinzessin Flora um mit ihrem Regenschirm über Luftströme zu fliegen. Aber diese Umwege bedeuten automatisch auch mehr random battles. Auch die Gegnerauswahl ist innerhalb eines Kapitels immer sehr gleich und über die Kapitel hinweg wird auch oftmals recycled. Und trotzdem bleibt man auf irgendeine Art und Weise motiviert. Warum ist das so?
Wird Yuu die Heldin, die sie sich erträumt?
In aller Kürze: Weil man mit Yuu mitfiebert. Yuu, die mit einem Stock als Schwert und einem Topf als Helm ihre Reise zum Helden beginnt, erinnert wahrscheinlich einen jeden an die eigenen Kindheitsträume. Die Darstellung ihrer naiven, aber liebevollen Art zieht sich durch ihr gesamtes Handeln. Das sofortige Anbieten von Hilfe bei den Sidequests der Dorfbewohner, das Entsetzen als ihr „Schwert“stock bricht und ihr fast immer unerschütterlicher Wille ein Held zu werden. All das zieht einen in den Bann dieses zuckersüßen Spiels. Die oben erwähnte grafische Darstellung im Stil eines Buches und die gut geschriebenen Storyteile unterstützen das noch. Spätestens, wenn die Story Fahrt aufnimmt und es auch eine düstere Wendung gibt entsteht Motivation weiterzuspielen. Durch die Emotionalisierung von Yuus Situation möchte man sich der Herausforderung stellen und dann ist kein Weg zu weit und kein random battle zu viel. Es sei verraten, dass Yuus Wunsch nach Heldentum auch unliebsame Entscheidungen mit sich bringt und nicht zuletzt desillusionierende Momente durchbrochen werden müssen. Alles Weitere wäre ein Spoiler und wir möchten euch die Chance geben dieses „Buch“ selbst zu entdecken. In jedem Fall entwickelt man eine Bindung zum Hauptcharakter und hat somit einen Grund dranzubleiben.
Nebenbei gibt es Einiges zu entdecken
Um den Trott aus Kämpfen zwischen den Zwischensequenzen zu durchbrechen sollten auch die Side Quests betrachtet werden. Im Monsterdorf und auch außerhalb kann man kleinere Aufgaben finden, die von Laufbotendiensten über Items sammeln klassische RPG Kost bieten. Der Hauptvorteil liegt hier aber in der Bildung von Atmosphäre und Charakterisierung der Dorfbewohner. Die Sidequests bringen zudem Punkte, die gegen Konzeptzeichnungen eingetauscht werden können.
Completionists werden so ebenfalls angesprochen, denn es gibt einen Monsterdex, Badges und die Collection mit den Zeichnungen. Der Monsterdex beinhaltet Informationen zu allen bereits bekannten Gegnern und schreibt die gefundenen Schwachstellen auf. Die Badges fungieren als Achievements und bringen spielerisch nichts. Ein weiterer Punkt, der zwar nur punktuell motiviert, sind kleine, liebevolle Details. Zu Beginn der Geschichte sieht man z.B. den Drachenkönig laufend im Hintergrund, da er sich um seine Ziehtochter sorgt. Wenn Yuu nun ihre Spezialattacke Flame Sword nutzt und ihr Schwert erhebt, dann erscheinen die Flammen nicht einfach, sondern der Drachenkönig zündet das Schwert an. Später, wenn der Drachenkönig nicht da ist, hebt Yuu ihr Schwert zwar, aber es passiert nichts. Die darauffolgende Fragezeichen Sprechblase zeigt die Unwissenheit Yuus über die erfolgte Unterstützung. Diese Details sind einfach niedlich und bringen einen zum Schmunzeln.
Fazit
Für wen eignet sich das Spiel also? Wenig überraschend für diejenigen, die sich für nett erzählte Märchen begeistern können oder z.B. den Stil des geistigen Vorgängers The Liar Princess and the Blind Prince bereits mochten. Wer dagegen den Fokus auf taktisch vorgehen und spannende Kämpfe legt, der sollte einen großen Bogen um The Cruel King and the Great Hero machen. Insgesamt hätten dem Spiel etwas spannedere Kämpfe und etwas weniger Laufen gut getan. So bleibt ein Bilderbuch mit Durststrecken. Wer sich darauf einlässt, der wird wahrscheinlich von der Geschichte eingesogen. Die endgültige Wertung muss aber das schwache Kerngameplay der Rundenkämpfe aufgreifen und hier ist leider der größte Makel des Spiels. Wer darüber hinwegsieht, bekommt ein schönes Märchenbuch für die Nintendo Switch ab 11. März.
Pro
- Schön erzählte, emotionale, märchenhafte Geschichte
- Liebevolle Details
- Netter Soundtrack
- Stimmige Gesamtpräsentation
- „Entschleunigtes“ Storytelling passend zum Setting
- Atmosphäre bildende Sidequests
Contra
- Manchmal dann doch etwas zu sehr auf der Bremse
- Forcierter Grind durch zu große Gebiete
- Kampfgameplay auf Dauer langweilig und mühsam
- nur englischer/japanischer Text
- nur japanische Sprachausgabe