Samurai Shodown Review – eine gelungene Rückkehr

In den Neunzigern haben SNK und ihr Neo Geo MVS System für Spielhallen sowie das AES für den Heimgebrauch den Ruf als elitäre Exoten genossen: Einerseits war in den Spielhallen der mühelose Wechsel zwischen Spielen aufgrund des Einsatzes von Modulen statt riesiger JAMMA Boards für Betreiber finanziell eine gewaltige Entlastung, andererseits konnten Spieler zuhause auf dem AES Eins zu Eins Ports der SNK Games aus der Spielhalle genießen und sich so direkt das Flair der Arcade in ihr Wohnzimmer holen. Zwar hatte die Edelmaschine, die zum Launch satte 649,- samt Spielen für 150,- bis 350,- pro Stück zu Buche schlug, ihren Preis, aber blieb vor allem aufgrund ihrer legendären Fightinggames wie Fatal Fury, The King of Fighters oder Samurai Shodown in den Köpfen der Spieler, so dass das Unternehmen nach diversen Talfahrten und Restrukturierungen seit rund 2 Jahren wieder unter dem ursprünglichen Namen operiert und mit Reboots alter Serienklassiker glänzen möchte. Nun hat man mit Samurai Shodown wohl die eigenständigste und von vielen Fans erwünschte Neuauflage ins Rennen geschickt und möchte der Serie, welche 2008 mit Samurai Shodown Sen ihren letzte Ableger hatte, wieder neues Leben einhauchen. Lest nach, warum dieses Unterfangen in großen Teilen gelungen ist, aber auch alte Schwächen mit sich bringt.

Der Storymodus als Big Tutorial und Fokus auf competetive Gaming

Storytechnisch ist Samurai Shodown zwischen dem fünften und ersten Teil angesiedelt und soll die Ereignisse von neuem erzählen, welche zugegeben flott abgehandelt sind: So bahnen sich im feudalen Japan aufgrund der vielen Kriege der Herrscherhäuser dunkle Mächte in Form des bösen Geistes Shizuka an, der Kämpfer der verschiedensten Nationen anlockt, so dass sich auf der Reise ihre Wege kreuzen und sich einer letzten Endes Shizuka stellen muss, um die Welt wieder in das Gleichgewicht zu bringen. Jeder der Kämpfer hat seine persönlichen Interessen, welche in Form von Cutscenes zu Beginn und am Ende des Storymodus erzählt werden. Insgesamt ist die Story wie schon in alten Teilen mysteriös gehalten und ist pro Charakter mit entsprechendem Schwierigkeitsgrad in rund 30 Minuten abgehandelt. Gewiss fällt der Modus etwas mager im Umfang aus, doch spielt ihr pro Charakter auch verschiedene Unlockables frei und könnt euch in Ranglisten um Bestzeiten kämpfen, was vor allem gut für das Training mit eurem Charakter ist.

Neben dem knapp gehaltenen Storymodus gibt es noch allerhand Challenges wie den Survival Mode oder den Dojo, in welchem ihr in gestaffelten 10er, 50er oder 100er Kämpfen online um Bestzeiten ringen müsst. Das wirkt im Vergleich zu Prüglern von Arc System Works vielleicht etwas dünn, aber Samurai Shodown schlägt durch sein Kampfsystem und den generellen Ansatz des kompetitiven Spielens eher in die Richtung der Prügler von Capcom beziehungsweise klassischer SNK Spiele ein und wurde im Vorfeld schon als Titel in die EVO 2019 aufgenommen, so dass sämtliche Modi schlussendlich nur als Vorbereitung für die intensiven Onlinekämpfe dienen sollen. Kurz gesagt: Wer ein umfangreiches Paket für Einzelspieler wie bei Mortal Kombat XI sucht, wird hier nicht fündig und das sollte jedem Spieler vor dem Kauf bewusst sein.

So simpel und tiefgängig wie eh und je

Herzstück von Samurai Shodown ist sein intensives Kämpfsystem, was zwar auf den ersten Blick simpel erscheint, aber durchaus einiges an Einarbeitungszeit erfordert: Anders als bei The King of Fighters zum Beispiel bewegt sich euer Charakter langsamer und euer Fokus liegt nicht auf den Dauereinsatz von Specialmoves, sondern auf richtig getimte Konter und Standardangriffe, die im entsprechenden Moment heftigen Schaden anrichten und das Match entscheiden können. Zusätzlich habt ihr pro Kampf die Möglichkeit, einen Fatal Blow auszuführen, der einen Gegner mit einem Schlag oft komplett in das digitale Jenseits befördern kann. Im Kampf selbst kann Samurai Shodown richtig punkten und zeigt sein volles Potenzial: jede der Partien spielt sich flüssig, richtig intensiv und der Umstand, dass der Ausgang bis zum letzten Moment noch offen sein kann, sorgt für ein sehr gutes Balancing, welches die Serie auch schon damals zumindestens bis zum fünften Teil ausgezeichnet hat.

Beim Roster setzt SNK überwiegend auf bewährte Charaktere wie zum Beispiel Titelgesicht Haohmaru, seinen Erzrivalen Genjuro Kibagami, Ninja Hanzo Hattori oder der Magierin Nakoruru, führt aber auch neue Recken wie Piratenkönigin Darli Dagger ein. Insgesamt stehen 16 Charaktere zur Auswahl, von denen sich immer jeweils zwei ein bisschen wie die Variante des anderen spielen: So verwenden Haohmaru und Genjuro zwar beide ein Katana, aber Haohmaru bevorzugt einen schnelleren Stil mit leichten Attacken, wo hingegen Genjuro mit trägeren, aber heftigeren Angriffen aufwartet. Diese Konstellation sorgt dafür, dass sich jeder der Charaktere erfrischend anders spielt und man Lust bekommt, alle Kämpfer auszuprobieren und sich entsprechend einzuarbeiten. Erneut wird hier wieder der Fokus von SNK auf eine behutsame Wiedereinführung der Franchise als potenziell künftiger Fixstarter der EVO bemerkbar, was aufgrund der tollen Umsetzung der Kernmechanik auch gelingen könnte.

Effektreiche Optik, sterile Stages und ein hervorragender Soundtrack

Bei der Optik hat SNK sich alter Stärken in Form ihrer riesengroßen Charaktermodelle, die beim Kampf entsprechende rein- und rausgezoomt werden, bedient und konnte dies Dank der Unreal Engine 4 auch entsprechend gut umsetzen: Die Figuren sind mit etwas Cel Shading versehen, sehen hervorragend aus und wirken fast schon wie die Abbilder des damaligen Promomaterials zu den Neo Geo AES Releases der Serie. Die Stages selbst sind zwar farbenfroh und hübsch aufgemacht, wirken allerdings aufgrund der steifen Animationen des Publikums zweckmäßig, was in Anbetracht der restlichen Präsentation einfach schade und lieblos umgesetzt wirkt. Zugegeben: Ein Bär sowie ein paar Tiere des Waldes im Kampf als Publikum zu haben ist serientypisch witzig, aber die stoische Gelassenheit der Tiere wirkt dann doch befremdlich.

In Sachen Performance hingegen haben wir auf unserer Playstation 4 Pro konstante 60 FPS bei hochskalierten 4K gehabt, was zwar für das Genre als gewisser Standard definiert, aber nicht selbstverständlich ist und von SNK glücklicherweise gut umgesetzt wurde. Hervorragende Arbeit hat auch die Soundabteilung geleistet: Nicht nur sind die Effekte selbst sehr gut abgemischt, viel mehr ist der geniale Soundtrack, der liebevolle Neuinterpretationen serienbekannter Songs liefert und auf feudale japanische Klänge setzt, einfach ein Ohrenschmaus. Auch die Steuerung der Charaktere geht mit dem Pad und der Dreifachbelegung für den Fatal Blow gut von der Hand, auch wenn Besitzer eines Fighting Sticks definitiv diesen anschließen und verwenden sollen.

Fazit

Samurai Shodown ist ein gelungener Neustart der Serie, welcher zwar durch seinen Fokus auf den kompetitiven Multiplayer vielleicht für Solospieler wenig Inhalt bietet, aber dank seines hervorrangendes Kampfsystems Laune macht und der originalgetreuen Aufmachung eine entsprechende Langzeitmotivation mit sich bringen kann. Fans der Serie und Freunde der Turniermentalität sollten definitiv einen Blick auf den Titel werfen.

Positiv

+ hervorragendes Kampfsystem

+ gelungener Soundtrack

+ abwechslungsreiche Kämpferriege

+ hübsches Artwork

+ technisch sauber

Negativ

– steriles Publikum in den Stages

– Storymodus ist mager

– für Solospieler wenig Inhalte

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Written by: Patrice Naderi

Multikonsolero, Film- und Seriennerd aus Leidenschaft, Technikjunkie, Comicsammler, Sportfan und Müslivernichtungsmaschinerie.