Die Entwicklerschmiede Falcom ist jedem JRPG-Fan sicher ein Begriff. Sei es durch die rundenbasierte Langzeitserie „Trails of“ oder die actionorientierte Version in Ys. Letzteres ist ja eigentlich mit Ys IX: Monstrum Nox bereits bei der neunten Version angekommen, spendiert der PS5 aber noch einmal eine Portierung von Ys VIII, damit auch Next-Gen-Spieler in den Genuss des Abenteuers kommen. Doch reicht dafür nicht eigentlich bereits die PS4-Version? Erfahrt es in unserem Test.
Ein immer noch grandioses Abenteuer
Zu Beginn von Ys VIII befinden sich der Protagonist der Serie, Adol Christin, und sein bester Kumpel Dogi auf einem Schiff auf dem Weg zu ihrem nächsten Abenteuer. Das Schiff wird von einer riesigen Seekreatur angegriffen und Adol findet sich auf einer mysteriösen Insel wieder. Obwohl Lacrimosa of Dana an einem bestimmten Ort in der Zeitlinie der Serie angesiedelt ist, mit gelegentlichen Verweisen auf vergangene und zukünftige Spiele, erfordert es kein wirkliches Wissen über die bisherige Handlung. Wie die meisten Spiele der Serie ist es ein eigenständiges Abenteuer.
Ys VIII hebt sich jedoch von früheren Ys-Spielen – und auch vom japanischen RPG-Genre insgesamt – durch einen einzigartigen Aufbau ab. Auf einer Insel gestrandet zu sein, ist nicht unbedingt eine neue Idee in RPGs, aber in der Regel dient es nur als kurzes Zwischenstück auf einer langen Reise. In Lacrimosa of Dana ist die Insel das ganze Spiel, und jeder Zentimeter von Adols Abenteuer dreht sich um den Kampf ums Überleben und die Suche nach einem Weg zur Flucht. Adol ist noch nicht lange auf der Insel, als er auf andere Überlebende des großen Kreuzfahrtschiffs trifft, auf dem er war. Diese zusammengewürfelten Reisenden bilden eine Gemeinschaft, die als Castaway Village bekannt ist, und es liegt an Adol und einer Handvoll anderer kampffähiger Verbündeter, dafür zu sorgen, dass sie gedeiht, indem sie Materialien sammeln, weitere Schiffbrüchige finden und langsam die riesige, geheimnisvolle Insel kartografieren.
Lockere Kämpfe, mit der zeitweisen Portion Taktik
Ys VIII ist ein Third-Person-Action-Rollenspiel mit schnellen, kurzweiligen und bunten Kämpfen. Adol hat die Aufgabe, Nahrung und Vorräte für das Lager zu finden und gleichzeitig die Insel nach Überlebenden abzusuchen. Die Karte ist in kleinere Regionen unterteilt, und die Kämpfe werden ähnlich wie in der Monster Hunter-Reihe frei ausgetragen, man erhält sogar Quests von Dorfbewohnern. Der Schwerpunkt liegt auf dem Herstellen und Verbessern von Ausrüstung, die ihr findet und nicht auf der Verwendung von Geld. Stattdessen können Vorräte und Ausrüstungsgegenstände gegen alles, was was man entbehren kann, eingetauscht werden.
Der Kampf ist mit grundlegenden Angriffen, Springen, Ausweichen und Zielen leicht zu erlernen. Alle Feinde lassen sich in drei Kategorien einteilen: Hieb, Stich und Schlag, gegen die jeder mögliche Teamkamerad einen Vorteil hat, so dass ihr ein vielfältiges Team zusammenstellen könnt. Teamkameraden können während des Kampfes ausgetauscht werden, so dass diese sofort den Platz mit dir tauschen, anstatt die Kamera auf den nächsten Charakter zu richten. Das ist äußerst praktisch für schnelle Kämpfe, wenn man den Dreh raus hat. Auch fortgeschrittene Taktiken kommen ins Spiel: Perfekt getimte Ausweichmanöver verleihen einem mehr Geschwindigkeit und Kraft, und perfekt getimtes Blocken lässt den Gegner kurzerhand einfrieren und euch freie Hand. Es ist nichts, was wir nicht schon gesehen haben, aber es wird in Ys VIII gut gehandhabt. Die Abenteuerausrüstung ist eine weitere, clevere und fesselnde Kette im Spieldesign von Ys VIII. Jedes Ausrüstungsstück bietet einen anderen Vorteil, wie z. B. die Möglichkeit, dunkle Bereiche zu beleuchten, an Lianen hochzuklettern, unter Wasser zu atmen oder (mein persönlicher Favorit) einen Doppelsprung auszuführen. Jedes Mal, wenn man ein neues Ausrüstungsstück entdeckt, öffnen sich neue Teile der Karte für die Erkundung, so dass man mehr von der Insel erkunden und neue Schätze oder Überlebende finden kann. Dieses Element ist nicht neu in der Ys-Reihe, aber mehr als in jedem anderen Titel fühlt sich Lacrimosa of Dana dadurch wie ein Action-RPG mit Metroid an. Es ist brillant.
Technisch hätte es diese PS5-Version definitv nicht gebraucht
Das Einzige, was an Ys VIII nicht brillant ist, ist die Geschichte, und selbst die ist schlimmstenfalls eine fade, aber verzeihliche Ablenkung und in ihren besten Momenten ein wirklich unterhaltsames Abenteuer. Wie bei japanischen Rollenspielen üblich, weitet sich die spärliche Erzählung von Lacrimosa of Dana mit der Zeit auf eine uralte Zivilisation, einen Charakter mit einem schlimmen Fall von Amnesie und eine überraschende Bedrohung für die Welt aus, mit der sich Adol und seine Freunde auseinandersetzen müssen, um einen Weg aus Seiren zu finden. Ys VIII kommt mit dieser Handlung größtenteils gut zurecht – bis zum Ende gibt es nicht allzu viele überlange Zwischensequenzen -, aber es gab definitiv Momente, in denen ich lieber wieder zur Action zurückkehren wollte, als den Hauptfiguren beim Grübeln zuzuhören, was sie als Nächstes tun sollen. Die besten Momente des Spiels konzentrieren sich auf die unpassenden Bewohner von Castaway Village selbst. Sie sind größtenteils eine Ansammlung von Anime-Tropes, aber es sind Klischees, die sich gut umgesetzt anfühlen. Jedes Mitglied der Gemeinschaft hat einen weitgehend in sich geschlossenen, befriedigenden Charakterbogen, und wenn man mit ihnen arbeitet und jeden Handlungsstrang bis zum Ende verfolgt, vermittelt das Spiel ein echtes Gefühl dafür, wie die Erfahrung, auf der Insel gestrandet zu sein, sie verändert hat.
Ein weiteres Hindernis für das Spiel ist seine Grafik. Das Spiel wurde ursprünglich für die PS Vita entwickelt, ein Handheld, der zwar gut ist, aber eindeutig nicht mit der PlayStation 5 mithalten kann. Es ist nicht gerade ein hässliches Spiel, aber die Charaktermodelle sehen eher so aus, wie man es in der frühen PS3-Ära erwarten würde. Auch die Umgebung fühlt sich leer und fade an, mit einfachen Wänden und Barrieren, denen verschiedene Farben und Texturen gegeben wurden, aber nichts, was sie zum Blühen bringt. Das Spiel auf eine Heimkonsole zu portieren war eine gute Idee, denn die Charaktere, die Geschichte und die Kämpfe sind allesamt sehr solide, aber der heutige Spieler wird von der Präsentation des Spiels nicht begeistert sein. Und es braucht einen starken Aufhänger, um den Spieler bei der Stange zu halten, bis die Dinge interessant werden.
Fazit
Ys VIII: Lacrimosa of DANA ist eine herzerwärmende und interessante Reise mit fantastischen Charakteren und einem ausgewogenen Kampfsystem. Lasst euch von dem obskuren Namen nicht täuschen; abgesehen von der vergesslichen Geschichte und der altbackenen Optik ist dies eines der besten Action-RPGs dieser Generation.
Ys VIII: Lacrimosa of DANA erscheint am 18. November 2022 für die PlayStation 5. Versionen für andere Plattformen sind bereits erhätlich.
