Review: Yakuza: Like A Dragon – Neues Kampfsystem, neuer Protagonist, aber alte Klasse?

Die im Dezember 2005 auf der Playstation 2 gestartete Yakuza-Reihe im fiktiven japanischen Kamurocho erfreut sich vieler Fans, hatte es aber außerhalb Japans in der Vergangenheit nicht immer leicht. Insbesondere seit dem sehr erfolgreichem Yakuza 0 ist die Reihe wohl endgültig richtig im Westen angekommen. Doch nun gibt es mit Yakuza 7 oder besser gesagt Yakuza: Like A Dragon nicht nur das erste Mal einen Ableger ohne den Dragon of Dojima und Hauptprotagonist Kiryu Kazuma, sondern auch noch mit einem brandneuen rundenbasierten Kampfsystem. Ob sich diese Veränderungen gut eingefügt haben oder ob sich die Serie hier zu weit von bekannten Stärken entfernt, erfahrt ihr in unserem Test.

Abseits von Kamurocho und Kiryu Kazuma

Zum ersten Mal in der Yakuza-Serie verlagert sich der Schwerpunkt weg von Tokio und der fiktiven Version des japanischen Viertels Kabukichō, genannt Kamurocho. Stattdessen findet der Großteil des Spiels im Yokohama-Distrikt Isezaki Ijincho statt, der auf Yokohamas realem Isezakichō Distrikt basiert. Yakuza: Like a Dragon ist wie eingangs erwähnt auch das erste Hauptspiel, in dem Kiryu Kazuma nicht der Protagonist ist und stattdessen die neue Figur Ichiban Kasuga eingeführt wird. Ichiban ist viel gefühlsbetonter und emotionaler als Kiryu und funktioniert für uns wie eine Mischung aus Kiryu und Majima, was wirklich sehr gut funktioniert. Zur Geschichte wollen wir hier natürlich nicht allzu viel verraten, euch aber gerne einen Überblick der Handlung sowie eine Einführung von Ichiban geben.

Geld verdienen ist häufig eine schmutzige Angelegenheit.

Im Jahr 2001 wird Ichiban Kasuga, ein Mitglied der Arakawa-Familie des Tojo-Clans, vom Patriarchen der Familie, Masumi Arakawa, gebeten, für einen Mord ins Gefängnis zu gehen, den er nicht begangen hat, um den wahren Mörder zu schützen. Ichiban stimmt dem zu, in der Hoffnung, dass er dadurch zu einem Helden im Tojo-Clan wird, und in dem Bestreben, eine nicht näher bezeichnete „Schuld“ zu ehren, die er seinem Patriarchen schuldet. Achtzehn Jahre später wird Ichiban schließlich aus dem Gefängnis entlassen, befindet sich im Jahre 2019, ist völlig weltfremd und versteht nicht, warum niemand seiner alten Familie ihn abholen kommt und er scheinbar betrogen wurde. Folglich entspinnt sich eine Geschichte, die serientreu mit viel Ehre, Verrat und Kämpfen zwischen Yakuza-Clans gefüllt ist, aber noch mit einer Prise mehr Verrücktheit und sich häufig mehr wie ein JRPG im Yakuza-Setting anfühlt als eine knallharte Gangster-Story. Und genau dieser Spagat aus zwei Welten macht Yakuza: Like A Dragon so interessant, auch für Neulinge der Serie.

Die Fäuste fliegen jetzt Runde nach Runde

Der Sujidex offenbart euch allerhand Infos zu den Widersachern.

Klassische Kämpfe im Yakuza-Universum wurden bisher immer in guter Brawler-Manier ausgefochten. Also in Echtzeit draufhauen, jegliche Gegenstände wie Pylonen oder Tische dabei einsetzen gepaart mit stylischen Special-Moves. Doch der neue Protagonist ist selbst ein begeisterter Zocker, und eines seiner Lieblinge ist das JRPG Dragon Quest. Somit macht der Wechsel auf das rundenbasierte Kampfsystem also sogar in der Story ein bisschen Sinn. Das Ganze lässt sich von der Oberfläche am besten wie ein etwas interaktiveres Persona 5 bezeichnen. Ihr wählt Zug um Zug eure Aktionen, habt Spezialfähigkeiten, könnt Items zur Heilung einsetzen oder mit Kampfitems wie einem Baseball euren Gegnern einmalig ordentlich Schaden zufügen und sogar wie in Final Fantasy Beschwörungen zu Hilfe rufen. Dazu kämpft ihr natürlich nicht alleine, sondern habt wie im Genre üblich eine Party aus Mitstreitern, wovon vier in eurer Gruppe am Kampf teilnehmen können und alle sehr unterschiedliche Fähigkeiten mitbringen. Diese lernt ihr während der Story kennen, könnt zu jedem Freundschaften über ein Punktesystem aufbauen, dadurch besondere Tag-Team Moves freischalten oder einfach die Gespräche dieser genießen. Die zufälligen Encounter aus früheren Yakuza-Titeln fügen sich ebenfalls super hier ein und wirken wie für das neue Genre gemacht. Generell wurde all dies mit viel Liebe und Details neu ausgerichtet, denn auch wenn zum Beispiel manche „Dungeons“ etwas karg wirken, machen das die verrückt inszenierten und durchaus fordernden Boss-Kämpfe am Ende immer wett.

Rechts oben seht ihr Ichibans Attribute, darunten die Chrakterwerte.

Ihr erlangt nach jedem Kampf dabei Erfahrung für euren Charakter und euren Job (also die Klasse), könnt eure Helden mit Ausrüstung ausstatten, die sich aber nur auf eure Eigenschaften wie Stärke, Verteidigung oder Negierung von Statusveränderungen und nicht das Aussehen auswirkt. Dazu gibt es noch ein System, was ebenfalls an Persona 5 erinnert. Denn Ichiban besitzt mehrere soziale Attribute, die durch Entscheidungen in den Haupt- sowie Nebenmissionen erhöht werden können und euch allerhand Vorteile wie neue Skills bringen können. Da wir gerade davon sprechen, Yakuza: Like A Dragon bietet erneut wieder sehr viele Nebenmissionen, die allesamt von extrem verrückt oder bizarr bis zu rührend und herzallerliebst die Palette der Gefühle abdecken. Sei es ein Yakuza-Clan, der sich gerne von einer Frau wie ein Baby behandeln lässt und euch samt Windel herausfordert, eine Art Pokémon-Parodie, die dazu führt, dass ihr von einem Professor Zugriff auf den „Sujidex“ erhaltet und alle Gegner von da an darin registrieren müsst oder ein Kino-Besitzer, bei dem die Gäste alle während des Films einschlafen und ihr euch in genau diesem in einem Minispiel ebenfalls wachhalten müsst, indem ihr per QTE die bösen Schafsmenschen besiegt. Ihr seht also, der gewohnt wahnwitzige Ton wurde hier keinesfalls weggelassen sondern eher noch angezogen.

Hier gilt es wach zu bleiben und das QTE-Event zu schaffen.
Ein Kart-Rennen oder wie hier Dosen sammeln gehört ebenfalls zu den Minispielen.

Stimmt das Komplettpaket?

Das Spiel läuft, wie schon alle Teile seit Yakuza 6: A Song of Life, mit der Dragon Engine und weiß durch eine recht frei begehbare Open World zu begeistern, in der ihr ohne Ladezeiten in die verfügbaren Geschäfte, Restaurants oder Arcades gehen könnt. Grafisch hat sich dabei seit Judgment, dem letzten Ableger der Entwickler, nicht so viel getan, aber alleine durch komplett Kamurocho und dazu noch das neue Yokohama gibt es einiges zu sehen. Es läuft flüssig, Kämpfe werden direkt beim Annähern an Gegner ohne Ladezeit gestartet und die Umgebungen sehen klasse aus. Auf Wunsch könnt ihr zwischen englischer und japanischer Sprachausgabe wählen und sogar deutsche Untertitel zuschalten, wobei die englische Vertonung wirklich gelungen ist und viele bekannte Sprecher bietet. Zu meckern gibt es wirklich nicht viel, lediglich das Pacing der Story lässt manchmal zu wünschen übrig, da spannende Passagen durch zu viel Beiwerk zwischendurch dabei durchaus an Dramatik verlieren können, bis es dann endlich zur langersehnten Konfrontation kommt. Auch ist die Übersicht während der Kämpfe häufig schwierig, da sich eure Charaktere konstant bewegen und dann nach Auswahl einer Aktion nicht unbedingt den besten Weg zum Feind wählen, dadurch von einem Gegner unterbrochen werden und der Zug beendet ist. Es gibt auch einige Balancing-Probleme, die besonders gegen Ende des Spiels auftreten, wo der Schwierigkeitsgrad plötzlich und exponentiell ansteigt und grinden notwendig wird. Und die Musik, die euch während der Kämpfe mit Techno-Bässen um die Ohren dröhnt ist nicht jedermanns Sache, besonders wenn diese bei Zufallskämpfen sehr häufig nacheinander zu hören ist.

Fazit

Yakuza: Like A Dragon geht andere Wege und folgt dennoch der Erfolgsspur der Serie. Der neue Protagonist weiß zu gefallen, die Geschichte ist bis auf marginale Schwächen wieder gewohnt großartig und die neuen abgedrehten Minispiele, Kampfanimationen, Beschwörungen und generell Ichiban Kasuga machen einfach Spaß. Lediglich ein paar sehr öde Dungeons in der Mitte und Probleme mit dem Balancing gegen Ende des Spiels fallen dabei negativ ins Gewicht. Selbst wer mit rundenbasierten Kämpfen so gar nichts anfangen kann, der Thematik oder der Reihe aber nicht abgeneigt ist, sollte sich den Titel einmal anschauen. Wir sind gespannt wie die Reise mit der Yakuza-Reihe nun weitergehen wird.

Positiv:

+ tolle neu implementierte Rundenkämpfe,…

+ spannenden Story mit unvorhergesehenen Wendungen

+ sehr viel Abwechslung in den Nebenmissionen

+ Spagat zwischen Wahnsinn und Ernsthaftigkeit funktioniert einfach super

Negativ:

– …die manchmal mit Wegfindung und Abwechslung zu kämpfen haben

– teilweise entschleunigendes Pacing

– unfaires Balancing gegen Ende des Spiels

– Musik während der Kämpfe ist Geschmackssache

Yakuza: Like A Dragon erscheint am 10. November 2020 für Xbox Series S/X, Playstation 4, Xbox One und PC und am 2. März 2021 für Playstation 5.

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Written by: Nick Erlenhof

Hitoshura, Sith & FOXHOUND-Spectre