In einer Zeit, in der Rennspiele wie Forza Horizon und Need for Speed mit Hochglanzoptik, riesigen Lizenzen und perfektem Marketing glänzen, wirkt Wreckreation auf den ersten Blick wie ein kleiner Außenseiter. Doch schon nach wenigen Minuten wird klar, dass dieses Spiel gar nicht versucht mitzuhalten, sondern einfach nur Spaß machen will. Entwickelt wurde es von Three Fields Entertainment, einem kleinen Team, das schon an Burnout mitgearbeitet hat. Und genau das spürt man in jedem Aspekt des Spiels.
Die Welt – groß, frei und ziemlich leer
Die Spielwelt bietet eine Mischung aus Stadtgebieten, Bergen und ländlichen Gegenden. Dabei sehen viele Ecken dennoch ähnlich aus. Man merkt, dass hier viel Leidenschaft in die Gestaltung geflossen ist. Besonders die Lichtstimmungen und die Weitsicht beeindrucken, egal ob man bei Sonnenuntergang über Brücken rast oder durch neblige Täler fährt.
Allerdings wirkt die Welt stellenweise etwas verlassen. Oft begegnet man über längere Strecken kaum anderen Autos. Dadurch fehlt ein wenig das lebendige Chaos, das man aus anderen Rennspielen kennt. Trotzdem ist die Karte abwechslungsreich und lädt zum Erkunden ein. Überall gibt es zerstörbare Werbetafeln, Sprungschanzen und Tore die wir zerstören müssen. Dabei sind sie auf der Map immer sichtbar, sofern wir einmal vorbeigefahren sind. Wenn wir alles per Checkliste abhacken möchten, können wir wirklich sehr viel Zeit in das Spiel investieren.
Dabei können wir die Welt so gestalten, wie wir möchten! Auf unserer Karte gibt es einen Kreativ-Modus. Wir können beispielsweise an einer Kurve eine Rampe bauen und ein paar Meter weiter eine große Statue an einer Tankstelle errichten. So wirkt jede Karte individuell und keine gleicht der anderen. Um diverse Dinge freizuschalten, müssen wir sogar beispielsweise eine Rampe errichten, da wir mit unseren normalen Fahrkünsten nicht an diese Stellen gelangen. Das ist eine unfassbar gute Idee und erzeugt damit einen kleinen Gameplayloop.

Abwechslung in den Modis und Musik
Wreckreation bietet eine ordentliche Auswahl an Spielmodi. Neben klassischen Rundrennen und Zeitfahren gibt es den bekannten Road Rage Modus, bei dem man innerhalb einer bestimmten Zeit möglichst viele Fahrzeuge zerstören muss.
Das Prinzip bei Road Rage macht unfassbar Spaß, kann aber auch frustrierend sein. Für jede Zerstörung erhält man 10 Sekunden Bonuszeit, doch die Vorgaben sind oft zu streng. In einer Minute müssen zu viele Autos ausgeschaltet werden, was manchmal kaum zu schaffen ist. Trotzdem sorgt die Mischung aus den verschiedenen Modi für Abwechslung. Mal jagt man Bestzeiten, mal liefert man sich wilde Drifts oder lässt einfach nur die Umgebung auf sich wirken.
Kaum ein anderes modernes Rennspiel legt so viel Wert auf die musikalische Untermalung. Die ersten Teile von „Forza Horizon” waren Meilensteine, doch mit jedem weiteren Teil wurden sie austauschbarer. Ähnlich ist es bei „Need for Speed”. Während sich jeder an die Soundtracks der Underground-Reihe erinnert, ist in den letzten Jahren nicht mehr viel passiert. Hier wird alles auf den Kopf gestellt: Es gibt insgesamt 15 Radiosender, die eine breite Mischung aus Rock, Elektro, Pop und Klassik bieten. Dadurch erhält jede Fahrt ihren eigenen Rhythmus. Besonders schön ist ein kleines Detail: Wenn man das Auto anhält und etwa zehn Sekunden wartet, schaltet der Fahrer Motor und Radio aus. Dieser Moment der Ruhe sorgt für Atmosphäre und zeigt, wie viel Liebe zum Detail im Spiel steckt. Wreckreation möchte nicht laut, sondern stimmungsvoll sein und genau das gelingt erstaunlich gut.

Fahrzeuge ohne Lizenzen – Aber mit viel Liebe zum Detail
Die Fahrzeuge passen hervorragend ins Spiel. Vom schweren Muscle Car bis zum leichten Sportwagen ist alles dabei. Die Modelle wirken glaubwürdig und mit Liebe gestaltet.
Das Fahrgefühl ist sehr Arcadelastig. Kurven driften sich gut aber manchmal zu stark, Sprünge haben Gewicht und Crashs fühlen sich wuchtig an. Leider stehen nur zwei Kameraperspektiven zur Auswahl: eine klassische Ansicht hinter dem Auto und eine Stoßstangenkamera. Eine Cockpitansicht hätte dem Ganzen zwar noch etwas mehr Tiefe gegeben, aber auch so funktioniert das Fahren sehr gut.

Rubberbanding und Fortschrittsystem
Das Rubberbanding, also der Effekt, dass Gegner langsamer oder schneller werden, um das Rennen spannend zu halten, wirkt manchmal unausgeglichen. In manchen Rennen scheinen die Gegner absichtlich zu warten. In anderen hingegen bleiben wir mit großem Abstand Erster, wie es auch sein sollte, wenn wir gut fahren. Diese Schwankung sorgt zwar für Spannung, kann aber irritieren. Insgesamt bleibt die KI solide, auch wenn sie gelegentlich unberechenbar agiert.
Um neue Fahrzeuge und Strecken freizuschalten, sammelt man Lizenzpunkte. Diese bekommt man für jedes Rennen. Anfangs bei den ersten Rennen nur wenn wir Platz 1 werden, später aber auch für den zweiten oder dritten Platz. Das motiviert, kann aber auch schnell frustrieren, wenn man ein Rennen knapp verliert. Trotzdem funktioniert das System insgesamt gut und gibt einen klaren Anreiz, sich zu verbessern.

Grafischer Durchschnitt mit guter Technik
Wreckreation lief auf der PlayStation 5 erstaunlich stabil. Während des Tests kam es nur einmal zu einem Absturz. Die Performance war meist flüssig. Hin und wieder kam es zu vereinzelten Framedrops, die aber sehr selten auftraten. Die Ladezeiten sind kurz. Beim Start des Spiels gibt es eine etwas längere Ladesequenz, danach läuft das Spiel von Rennen zu Rennen sehr flüssig und ohne großartige Pausen.
Ein kleiner Kritikpunkt betrifft die Eingabe zur Bestätigung des Rennens. Ein Rennen wird über die hinteren Schultertasten bestätigt, was manchmal nicht sofort funktioniert. Das ist kein großes Problem, aber man wünscht sich hier etwas mehr Feinschliff.
Grafisch ist das Spiel kein großes Highlight. Die Bäume wirken ausgewaschen und aus der Anfangs-PlayStation 4 Zeit. Versteht mich nicht falsch, dass Spiel sieht nicht schlecht aus aber da würde noch einiges gehen. Allerdings ist die Crash-Physik beeindruckend. Wenn sich Blech verformt, Funken fliegen und der Wagen sich überschlägt, sieht das nicht nur spektakulär aus, sondern fühlt sich auch genau richtig an.

Der Multiplayer – Leider nicht anspielbar aber Riesengroßes Potenzial
Zum Testzeitpunkt waren die Server noch nicht aktiv, weshalb der Online-Modus nicht vollständig getestet werden konnte. Die Idee klingt jedoch vielversprechend. Durch gemeinsame Rennen, kooperative Bauprojekte und kreative Wettbewerbe könnte Wreckreation langfristig interessant bleiben. Wenn alles so funktioniert, wie angekündigt, steckt darin sehr viel Potenzial und es bietet einem breiten Publikum mehr Spielspaß. Denn man muss kein Rennspielprofi sein um das Spiel zu mögen.
Fazit
Wreckreation ist kein perfektes Rennspiel, aber ein unglaublich sympathisches. Es lebt von seiner Atmosphäre, der Musik, dem Fahrgefühl und der Kreativität. Es hat Schwächen, keine Frage, doch es hat auch dieses gewisse Etwas, das man nicht beschreiben kann, sondern fühlen muss.
Wer ein reines Prestige-Racing-Erlebnis sucht, wird vielleicht bei Forza oder Need for Speed besser aufgehoben sein. Wer aber ein ehrliches, handgemachtes Spiel mit Seele sucht, das einfach Freude am Fahren vermittelt, sollte Wreckreation unbedingt ausprobieren.
Ein charmantes und kreatives Rennspiel, das mit Herzblut und Leidenschaft entwickelt wurde. „Wreckreation” zeigt, dass ein Spiel keine Hochglanzoptik braucht, um Spaß zu machen, sondern sich einfach von der Masse abheben muss. Hinzu kommt noch ein kleines Nostalgiegefühl an die guten Zeiten von Burnout.

Positiv
- Musikvielfalt ist grandios
- Liebe zum Detail / Man merkt die Entwickler hatten Lust auf dieses Spiel
- Motivierender Progress
- Intuitiver Streckeneditor mit großem Freiraum
Negativ
- Kaum Verkehr in der Open World
- Road Rage Modus kann frustrierend sein
- Nur zwei Kameraperspektiven


