Review: Wo Long: Fallen Dynasty – Motivierend, befriedigend und für mich besser als Nioh

Das im Juni 2022 angekündigte Wo Long: Fallen Dynasty ist das nächste Action-Rollenspiel von Team Ninja. Es spielt in der Drei-Königreiche-Ära Chinas und hat das gleiche feudale Design und den gleichen Reiz wie der vorherige Titel des Entwicklers, Nioh. Es ist schwer, auf den ersten Blick keine Vergleiche zu ziehen, denn beide Spiele bieten hoch stilisierte Action und untote und dämonische Feinde, die durch die Überreste längst verlassener Schlachtfelder schleichen. Doch Wo Long ist anders und kann vom Gameplay her auch Nioh-Abneiger wie mich überzeugen. Warum, erfahrt ihr in unserem Test.

Fans von Dynasty Warriors geht das Herz auf

Wo Long: Fallen Dynasty spielt in einem wunderschön umgesetzten Dark-Fantasy-Szenario im China der Drei Königreiche um 184 nach Christus. Ähnlich wie Team Ninja es mit Nioh und seinem historischen japanischen Setting und seiner Mythologie gemacht hat, greift Wo Long auf die chinesische Mythologie zurück und verwebt Fantasy-Elemente mit dem historischen Setting durch den Einsatz von Drachen, mythischen Kreaturen und elementarer Magie. In den ersten beiden Kapiteln sind historische Gruppierungen wie die Rebellen des Gelben Turbans regelmäßig sowohl in lebendiger als auch in untoter Form anzutreffen, wodurch eine fesselnde Mischung aus Geschichte und Fantasy entsteht. Überraschenderweise ist Wo Long: Fallen Dynasty zwar eher in einem düsteren Fantasy-Setting angesiedelt ist, waren diese ersten Kapitel doch recht lebendig. Da bleibt natürlich nicht so und spätestens wenn Dong Zhuo und sein gefürchteter General Lu Bu am Hu-Lao Tor auf den Plan treten, wird es auch in diesem Spiel sehr ungemütlich.

Ein Verzeichnis gibt euch immer neue Infos zu Charakteren oder euren Gegenern

Die eigentliche Geschichte bleibt dabei aber typisch zu den inoffiziellen Vorgängern Nioh 1 & 2 eher im Hintergrund, beziehungsweise ist nicht das Hauptaugenmerk. Dennoch ist es schön auch einmal Versionen von Cao Cao, Lu Bu oder Guan Yu abseits der beliebten Massenkämpfe von Dynasty Warriors zu sehen. Als Fan hat mich daher aber auch direkt das Wiedersehen mit so vielen Charakteren aus dem feudalen Setting der drei Reiche gefreut. Sich mit Zhao Yun zusammenschließen zu können oder mit Sun Jian ein Heer gegen den Feind anzuführen macht einfach Spaß, auch wenn es ein abfrühstücken von Schauplätzen und Charakteren ist, ohne wirklich tiefgründig auf irgendetwas einzugehen. Somit fällt der komplett selbsterstelle Hauptcharakter auch geschichtlich kaum ins Gewicht und der Fokus des Spiels liegt klar auf den Kämpfen. Dies hauen dafür aber auch richtig rein.

Rasante Konter, schnelle Hiebe und immer schön in Bewegung bleiben

Es mag zwar einfach sein, Wo Long: Fallen Dynasty in den gleichen Dunstkreis wie die Nioh-Reihe zu stecken, aber es fühlt sich so anders an. Das liegt an der Integration verschiedener Systeme, die in diesem neuen Actionspiel einzigartig sind. Eines davon ist die Moral. Die Moral ist ein entscheidender Faktor dafür, wie leicht Begegnungen sein können, was zur Erkundung von Punkten auf der Karte anregt, an denen man sein Banner aufstellen kann. Dadurch erhöht sich eure Gesamtmoral, und ihr könnt euren Gegnern je nach Moralunterschied mehr Schaden zufügen. Je höher eure Moral ist, desto mehr Schaden richtet ihr an, was dazu führen kann, dass Begegnungen, die früher eine Herausforderung darstellten, jetzt wesentlich einfacher sind. Es ist offensichtlich, dass Team Ninja hier versucht, etwas anders zu machen: So sehr, dass ich mir das gesamte Konzept von Wo Longs Kampf erst einmal zurechtlegen musste, was sehr erfrischend war. Gegner haben einen Lebensbalken, es gibt normale und schwere (Geist-)Angriffe sowie eine Taste zum Deflektieren, die bei doppeltem Antippen auch als Ausweichen dient. Außerdem gibt es Künste (physische Fähigkeiten) und Magie. Das ist für jeden, der sich auch nur ansatzweise mit dem Genre auskennt, leicht zu vermitteln. Aber schon zu Beginn des Tutorials beginnen die Dinge ein wenig von den ausgetretenen Pfaden abzuweichen.

Bei der Verteilung solltet ihr immer die Skalierung eurer aktuellen Waffe im Auge haben.
Auch kleinere Aktionen wie diese lockern das Geschehen immer mal wieder auf.

Normale Angriffe erhöhen eure Geisteranzeige, eine Art Sammelanzeige, die mehrere Mechaniken wie Deflektieren und Fähigkeiten steuert, und Geisterangriffe fügen den Gegnern Geisterschaden zu. Das ist ein nettes kleines Tänzchen, denn ihr müsst eure Geisteranzeige auffüllen, um einige große Schläge ausführen zu können, aber ihr könnt euch auch größtenteils auf eure rohen Fähigkeiten des Angreifens, Ausweichens und Deflektierens verlassen, um die schwere Arbeit zu erledigen. Ausweichen ist oft machbar, aber man kann nicht einfach die Taste spammen und selbst wenn man nur ein grundlegendes Verständnis für das Deflektieren bekommt, wird das in fast jedem Kampf einen großen Unterschied machen. Hier kommen auch die Vergleiche zu Sekiro zum Tragen. Deflektieren ist nicht nur nützlich, es ist auch verdammt auffällig und zeigt, wie weit Team Ninja in Sachen Kampfanimationen gekommen ist. Denn seid ihr einmal geübt darin, könnt ihr nicht nur wirklich jeden Angriff eures Gegenübers ablenken, sondern das sieht auch noch obendrein mega gut aus. Und wenn dann noch nach dem kompletten Senken der Geisteranzeige eurer Gegner ein Finisher möglich ist, fühlt sich das sehr befriedigend an.

Looten, upgraden, sammeln und dekorieren

Ein großer Punkt, weshalb sich Nioh von der Souls-Reihe abseits des Gameplays unterschied war die Tatsache, dass es Unmengen an Items zu looten gab, die dann wieder aller fünf Minuten im Menü ausgerüstet werden oder man schauen muss, ob der neue Säbel jetzt direkt bessere Boni hat. Das mag einigen gefallen, störte für mich aber den Spielfluss enorm und leider ist es in abgeschwächter Form auch hier der Fall. Fast jeder Gegner lässt etwas fallen, vom neuen Speer, über Rüstungsteile oder einen neuen Heiltrank. Das Sammeln ist dabei nicht das Problem, aber nach einem abgeschlossenen Level dann ins Menü zu schauen und zu sehen, dass alles vollgepflastert ist mit neuer Ausrüstung macht die Waffen und Rüstungen etwas inflationär. Es gibt allerlei verschiedene Waffentypen, die sich anders spielen und jede davon hat wiederum andere Fähigkeiten, die im Kampf eingesetzt werden können. Doch ich war es recht schnell leid, wirklich alle auszuprobieren und bin bei ein paar Favoriten geblieben. Besonders sind dafür die Gegenstände, welche man bekommt, wenn der Eid zu einem Verbündeten die maximale Stufe erreicht. Dies passiert, wenn ihr diese häufiger zu Hilfe ruft und mit Ihnen duch die Level streift. Zhao Yuns Speer als Zweitwaffe oder Zhang Feis Stangenwaffe sind ein ganz anderer Kaliber und fast wie eine Art Boss-Waffe. Diese zu ergattern macht wirklich Spaß.

Holz-Wasser Build mit Doppel-Schwertern
Ein bekanntes Monster aus der Zeit, General Lu Bu.

Eine klasse Funktion bei der ganzen Ausrüstung ist, dass ihr diese optisch ganz nach euren Vorlieben anpassen könnt und so herumlauft, wie ihr es wollt. Generell hat das Spiel einige sehr angenehme Optimierungen. Und auch die Grafik wurde im Vergleich zu den früheren Spielen gut hochgeschraubt. Besonders die farbenprächtigeren Areale und die monströsen Bosse wissen das zu beeindrucken und überzeugen wirklich durchweg. Neben mehreren menschlichen Gegners, gibt es natürlich wieder typisch für die Reihe einen Riesenboss und die berühmten bockschweren zweiten Phasen. Und gerade da merkt man, dass es ungemein erfrischend ist nicht immer nur ausweichen zu müssen oder zu lernen, sondern alles, was einem entgegen kommt zu deflektieren. Da fühlt man sich einfach direkt wie eine unüberwindbare Mauer. Insofern man denn auf dem Weg dahin nicht aufgibt, denn besonders der erste große Boss hat es bereits in sich, wenn auch danach einige etwas zahmere folgen.

Punkte für neue Zauber gibt es aller fünf Level.

Auch abseits der Story gibt es zu tun

Neben der Hauptstory habt ihr übrigens sogar ein eigenes kleines Dörfchen, in dem man zwar nicht allzu viel machen kann, was aber dennoch immer wieder einen Besuch wert ist. Sei es um der Schmiedin einen Besuch abzustatten oder kleinere Gespräche oder Nebenmissionen zu absolvieren. Diese bleiben hier bei simplen Lieferaufgaben, denn dafür gibt es noch die Nebenschlachten. Diese werden pro Kapitel freigeschalten und können über eure Flagge jederzeit angereits und bestritten werden. Dabei begegnet ihr weiteren neuen Charakteren und könnt neue Ausrüstung ergattern oder einfach ein bisschen leveln. Das eignet sich besonders gut, um Zauber oder andere Settings auszuprobieren, da ihr jederzeit eure ausgegebenen Attributspunkte weider neu verteilen könnt. Was auch enorm wichtig ist, denn sonst richten manche Waffen je nach Skalierung auch kaum Schaden an.

Die Grafik der Zwischensequenzen kann sich echt sehen lassen.

Fazit

Wo Long: Fallen Dynasty führt die bekannte Formel der Nioh-Reihe fort und verfrachtet das Ganze dabei in die chinesische Zeit der drei Reiche. Das neue, pur auf Konter ausgelegte Gameplay bringt dabei so enormen Spielspass und Freiheiten, dass man über die Story, etwas zu inflationären Loot und den schwankenden Schwierigkeitsgrad locker hinwegsehen kann.

Wo Long: Fallen Dynasty erscheint am 3. März 2023 für PlayStation 4 & 5, Xbox One & Series und PC.

Positiv:

+ rasantes Action-Gameplay

+ befriedigende Konter-Mechanik

+ tolle, unterschiedliche Boss-Designs

+ abwechslungsreiche Areale

+ Charaktere der drei Reiche toll umgesetzt

+ motivierendes Moral-System

Negativ:

– etwas zu inflationärer Loot

– Story kann ignoriert werden

– Schwierigkeitsgrad schwankt teilweise arg, selbst mit Level-Vorraussetzungen pro Mission

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Written by: Nick Erlenhof

Hitoshura, Sith & FOXHOUND-Spectre

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