Review: Windbound – Wenn Disney’s Vaiana auf Zelda: Breath of the Wild trifft

Wirft man einen Blick auf die jüngste Videospielgeschichte, dann sticht vor allem ein Titel aus dem Hause Nintendo hervor, der schnell zu einem Bestseller avancierte. Dabei handelt es sich natürlich um The Legend of Zelda: Breath of the Wild! Mit zahlreichen Top-Wertungen überhäuft krönt man sich als eines der besten Abenteuer mit Rollenspielelementen überhaupt und hievte das gesamte Franchise auf eine neue Ebene. Obwohl das Prinzip einer offenen Spielwelt mit zahlreichen Crafting-Möglichkeiten relativ simpel ist, so wagen sich zur Überraschung vieler, kaum andere Entwicklerstudios daran. Mit Publisher Deep Silver im Rücken, Markenlabel von Koch Media, stellen sich nun jedoch die Entwickler von 5 Lives Studios dieser Mammutaufgabe und versuchen mit Windbound in eine ähnliche Kerbe zu schlagen. Der Clou an der Sache: Die offene Spielwelt ist diesmal ein Meer mit einer Vielzahl von Inseln, die allesamt erkundet werden wollen, denn schließlich gilt es auch ein Mysterium zu lüften. Ob und wie das letztlich gelungen ist, das verraten wir euch jetzt in unserem Test!

Ein Leben auf dem offenen Meer

Windbound erzählt die Geschichte der jungen Kara, ihres Zeichen Mitglied eines Stammes, der sein Leben auf hoher See verbringt. Eines verhängnisvollen Tages sucht ein gnadenloser Sturm das Meer Heim und trennt die Abenteurerin von ihrem Volk. Wie in einer Traumsequenz findet sie sich plötzlich vor einem riesigen mysteriösen Portal wieder das sie durchschreitet, ehe sie allein und gestrandet auf einer einsamen Insel erwacht. Von ihren Freunden und Bekannten fehlt jegliche Spur, Boot gibt es auch keines mehr und ein seltsamer Sturm, in dessen Zentrum sie sich befindet, verhindert ein Entkommen. Die einzige Möglichkeit, um aus diesem unheilvollen Szenario auszubrechen, scheint ein mysteriöses Meereswesen zu sein, das ab sofort fest mit dem Schicksal von Kara verknüpft ist.

Ein mysteriöses Wesen lauert in den Tiefen des Meeres.

Obwohl die zahlreichen veröffentlichten Trailer im Vorfeld eine mysteriöse Story suggerierten, so fällt diese in den ersten Minuten kurz und knapp aus und wird anschließend im weiteren Verlauf des Spiels nur noch via Wandmalereien behandelt. In insgesamt fünf Kapiteln durchstreift Ihr die immer größer werdenden Meere und seid stets auf der Suche nach dem nächsten Portal, welches sich nach Aktivierung von drei Altären öffnet. Um das zu bewerkstelligen, müsst Ihr mittels dem Paddel der Ahnen von Insel zu Insel segeln, in der Hoffnung eines der mysteriösen Bauwerke zu finden. Was zunächst noch einfach von der Hand geht, dort wächst die Herausforderung zunehmend von Kapitel zu Kapitel, wo nur die richtige Ausrüstung zum Erfolg führt.   

Wandmalereien sind eure einzige Informationsquelle im gesamten Spiel.

Mit Wind in den Segeln von Insel zu Insel

Wie in der Einleitung erwähnt handelt es sich bei Windbound um ein Abenteuer, in dem das Herstellen von Gegenständen oberstes Gebot ist. Doch hier steht nicht Kara selbst im Fokus eurer Aufgabe, sondern vielmehr das Schiff, mit welchem die tückischen Gewässer befahren werden müssen. Was zunächst mit einem einfachen Kanu aus Gras beginnt, sollte später mit den höherwertigen Materialien Bambus und Holz unbedingt ausgebaut werden. Das Paddel wird dabei schon früh durch einen Segelmast ersetzt, ein Bambusdeck bietet Schutz vor unliebsamen Angreifern und mittels Beiboote kann das eigene Transportmittel sukzessive erweitert werden. All die dafür benötigten Gegenstände können auf den unterschiedlichen Inseln gefunden werden, dennoch ist ein gutes Ressourcen-Management unbedingt notwendig, denn einfach wird euch eure Reise in die Freiheit nicht gemacht.

Zu Beginn sieht euer Boot noch dürftig aus…

Während zu Beginn die Gewässer relativ überschaubar ausfallen, so erschweren später extreme Wetterverhältnisse wie Nebel und Stürme, aber auch Korallenriffe oder Gebirgsketten ein Vorankommen zur nächsten Insel. Das Segeln auf offenem Meer will ohnehin gelernt sein, denn ganz so einfach macht es euch Windbound dabei ebenfalls nicht, wo der Name im wahrsten Sinne Programm ist. Denn nur wer mit dem Wind segelt, der findet auch den Weg ans Ziel und dieser macht es euch fürwahr nicht leicht. Zwar lotst euch die starke Meeresbrise in den meisten Fällen direkt zur nächsten Insel, will man jedoch einmal einen Abstecher auf ein nahegelegenes Atoll wagen, dann zeigt Windbound seine benutzerunfreundliche Seite. Die fünf offenen Gebiete könnt Ihr selten nach Lust und Laune frei erkunden, denn wenn einem der Wind nicht wohl gesonnen ist, dann ist ein gezieltes Vorankommen nahezu unmöglich. Dementsprechend beißt man sich besonders in den ersten Spielstunden an der Steuerung des Bootes die Zähne aus, bis man endlich einsieht, dass man im wahrsten Sinne des Wortes an den Wind gebunden ist. Doch nicht nur der Luftstrom ist phasenweise euer Feind, sondern auch die einzelnen Inseln werden von einigen Tier bewohnt, die nicht besonders freundlich auf Eindringlinge reagieren.

…habt Ihr aber erst einmal den Dreh raus, dann lässt sich einiges anstellen.

Überlebenskampf am Land und zu Wasser

Wichtigstes Gebot der Stunde in Windbound ist das Aufrechterhalten eurer Lebens- und Ausdaueranzeige, wovon zweitere in regelmäßigen Abständen automatisch abnimmt. Regenieren kann man diese mit dem Verzehr von Speisen, wo Beeren, Pilze und Trüffel rasch Abhilfe schaffen. Sinkt jedoch mal eure Lebensanzeige, dann hilft in den meisten Fällen nur der Griff zum Fleisch, welches über die Jagd ergattert werden kann. Im Nahkampf greift Kara neben dem Standard-Messer auch zu Speeren, im Fernkampf sogar zu einer Schleuder und diversen Bögen. Doch Obacht, denn jeder Gegenstand den Ihr herstellt, besitzt auch eine Haltbarkeit und geht mit fortlaufender Benutzung zu Bruch. Das gilt auch für Werkzeuge wie den Hammer, die Schaufel oder die Axt, die zum Abbau von wichtigen Materialien dienen. Hierfür ist die Jagd aber ebenfalls zwingend erforderlich, denn nur mit Knochen, Tierhaut oder bestimmten Teilen der Kreaturen lassen sich diese herstellen.

Mit dieser Übersichtskarte segelt Ihr von Insel zu Insel, …

Über die Kapitel verteilt habt Ihr stets die Chance, per Zufallsprinzip Inseln mit fünf unterschiedlichen Themen anzusteuern. Bullige Donnerhörner finden sich beispielsweise dort, wo idyllische Graslandschaften auf einer übersichtlichen Ebene auf Besucher warten. Den aggressiven Ebenenpirscher, der ein Äquivalent zur Hyäne darstellt, findet man in herbstlichen Bambuswäldern oder kargen Steppen. Traumhafte weiße Wälder werden vom echsenartigen Schattenterror heimgesucht und gefährliche Giftsümpfe von zu groß geratenen Kröten. Mit Ausnahme der giftigen Kröte müsst Ihr euch den anderen Tieren mindestens einmal im Kampf stellen, denn ansonsten bleibt euch der Dienst wichtiger Werkzeuge verwehrt. In puncto Crafting überlässt euch Windbound eurem eigenen Schicksal, denn Tipps und Anleitungen sind Mangelware. Steht deswegen den ersten Spieldurchgang als einen Einsteigertest an, denn frühestens beim zweiten Mal wisst ihr dann auch wirklich, was zu tun ist.

…stets auf der Suche nach wertvollen Materialien.

Indie-Abenteuer mit kleinen Macken

Zu Beginn des Spiels dürft Ihr zwischen zwei Schwierigkeitsgraden wählen. Während im Story-Modus die Kreaturen abgeschwächt wurden und im Fall des Ablebens alle Gegenstände im Beutel erhalten bleiben, so zeichnet sich im Überlebens-Modus ein anderes Bild ab. Monster sind weitaus aggressiver, stärker und im Falle eines Todes startet man wieder in Kapitel 1, mit einer geringen Auswahl an Gegenständen die man bis zum Zeitpunkt des Ablebens trug. Wer nach dem ersten Durchgang also noch nicht genug von Windbound bekommt, kann sich dieser Herausforderung stellen. Eine weitere zusätzliche Herausforderung kann auch der Dolchzahn sein, ein riesiger Haifisch der euch in Kapitel 5 im Meer verfolgt und euer Boot attackiert. Im Zuge unseres Review blieb uns nur die Flucht im Angesicht dieses mächtigen Feindes, der mit Pfeil und Bogen kaum abwehrbar war. Der monströse Sandwurm, den man im Trailer zu Gesicht bekam, ist uns in beiden Spieldurchgängen leider nicht begegnet.

Im Überleben-Modus werden keine gefangenen gemacht!

Steuert Ihr aber mal eine Insel an, die keinen der drei Altäre beherbergt, dann ist die Chance groß, einen von drei unterschiedlichen Schreinen zu finden. Diese belohnen euch entweder mit einem höheren Lebens- oder Ausdauerbalken oder wertvollen Seelensplittern. Diese Seelensplitter lassen sich nach einer Überfahrt ins nächste Kapitel an einem speziellen Schrein in einen sogenannten Segen investieren, der euch gewisse Boni beschert. Leider hat sich uns der Sinn dieser Währung nicht ganz erschlossen, denn Gelegenheiten zum Ausgeben sind spärlich und fallen kaum ins Gewicht. Umso mehr ins Gewicht fällt jedoch, dass bis auf die genannten Bestien, einigen Wildschweinen, süßen Erdkaninchen, gefährlichen Seidenschlunden und zu groß geratenen Mücken die Inseln insgesamt sehr leblos wirken. Auch wenn die Grafik passend gewählt ist und der Soundtrack oft zum längeren Verbleib einlädt, so bleibt dennoch ein bitterer Nachgeschmack zurück denn als Spieler merkt man nach Abschluss des rund sechsstündigen Abenteuers, dass hier definitiv mehr drinnen gewesen wäre.

Viel Einfluss nehmen die Segen und gesammelten Seelensplitter leider nicht auf das Spielerlebnis.

Fazit

Für einen Indie-Titel macht Windbound vieles richtig. Optik und Sound stimmen und obwohl die verschiedenen Inseln mitsamt ihrer Flora und Fauna überschaubar wirken, so gibt es trotzdem viel zu tun. Leider trüben die kaum existente Story und das unnötigerweise mühsame Steuern des eigenen Schiffes das Spielerlebnis, das es trotzdem schafft, den Spieler über mehrere Spielstunden in seinen Bann zu ziehen.

Positiv:

+ Malerische Optik passen zum Spiel und seiner Story

+ Soundtrack variiert je nach Situation und Umgebung

+ Die unterschiedlichen Insel-Themen wecken den Erforscherdrang

+ Zahlreiche Crafting-Optionen für Mensch und Schiff

+ Zwei unterschiedliche Schwierigkeitsgrade mit „Story“ und „Überleben“

Negativ:

– Inseln wirken bis auf die wenigen Kreaturen sehr leblos

– Die offenen Gebiete hätten durchaus größer ausfallen können

– Anstrengendes Gameplay beim Segeln aufgrund des unberechenbaren Windes

– Ein fehlender „New Game +“ Modus drückt den Wiederspielwert

Windbound erscheint am 28.August 2020 für PC und Xbox One.

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Written by: Manuel Barthes

Ehemaliger freier Redakteur bei Cerealkillerz