Unknown 9: Awakening ist Teil eines multimedialen Projekts, das auch Bücher, einen Comic und Podcasts enthält. Das wirkt ambitioniert, aber wird in diesem Test nicht weiter thematisiert. Denn jeder Teil des Projekts kann und soll auch für sich selbst stehen. Wir haben uns also mit der Heldin von Awakening, Haroona, die von Anya Chalotra (bekannt aus der Netflix Adaption von The Witcher) vertont und verköpert wird, in ihr Abenteuer gestürzt. Dabei haben wir uns an die PC Version gewagt, aber auch Xbox One, Xbox Series X|S sowie PS4 und PS5 bekommen eine Umsetzung.
Rache wird am besten kalt serviert
Haroona ist eine mystisch begabte Queastorin aus Indien, die eine unsichtbare Energie namens Am. Am stellt man sich am besten wie die Macht aus Star Wars vor, denn schlussendlich kann man mit ihr schnell ausweichen, Gegner heranziehen, wegstoßen und Fässer aus der Ferne entzünden. Zusätzlich erlaubt sie es einem auch kurzfristig unsichtbar zu werden oder Gegner durch Wände zu sehen. Das alles hat Haroona von ihrer Mentorin Reika erlernt, mit der sie im Intro des Spiels Vincent, den Anführer der Ascendants, verfolgt. Die Ascendants sind ein Bund, die den Unknown 9 auf der Suche nach Macht nachspüren. Die Story ist bewusst nebulös gehalten und nimmt erst spät im Spiel Fahrt auf.

Im Zuge der ersten Mission erlernt Haroona auch den sogenannten Step. Hierbei kann ein Quaestor in den sogenannten Fold eintreten. Das ist eine Parallelwelt in der quasi der Geist eines jeden Menschen lebt. Diesen kann man auch kurzzeitig aus dem Körper vertreiben. Das ermöglicht es ihr Gegner direkt zu kontrollieren und einen einmaligen Angriff auszulösen. Ein sehr cooles Feature des Spiels, das man auch in letzter Not nutzen kann, um Gegner von sich fernzuhalten. Doch auch diese mächtige Fähigkeit verhindert nicht, dass Reika und Haroona in eine Falle laufen, aus der nur Haroona entkommen kann. Jahre später sinnt sie immer noch auf Rache, als Vincent in der Stadt auftaucht und die weitere Story in Gang setzt.
Stealth oder Vollgas

Auf ihrem Weg Vincent dingfest zu machen, treten Haroona viele Schergen der Ascendants entgegen, die sie entweder durch Schleichen mit Instakills oder auch actionreich mit Nahkampfeinlagen erledigen kann. Dabei kann sie die oben erwähnten explosiven Gegenstände , die in der Gegend herumstehen, nutzen, sich auf ihren sehr starken Ausweichskill verlassen oder später auch Gegner mit magischen Steinen direkten Geschossen ablenken bzw. angreifen. Die Möglichkeiten sind durchaus vielfältig. Allerdings bleibt sich das völlig egal, denn die Gegner sind abgrundtief dumm. Wenige Sekunden im Gras versteckt bzw. Haroonas Unsichtbarkeit genutzt und man hat völlig vergessen, dass da bis vor kurzem eine Inderin den Kumpel umgebracht hat. Zudem scheint es für die Soldaten das normalste der Welt zu sein, dass ein Kollege auf sie einschlägt, weil er wie von Zauberhand kontrolliert wird.

Besonders absurd wird es, wenn Mitstreiter mit dabei sind. Diese verstecken sich zu 90% und kämpfen so gut wie nie mit, aber wenn sie es tun, werden sie ziemlich ignoriert. In Kombination mit der Unsichtbarkeit stellen Gegner völlig das Handeln ein und registrieren einen normal gewachsenen Amerikaner mit Pistole in der Hand namens Luther nicht mehr. Trotzdem und auch ein bisschen wegen der Dummheit der Gegner waren die Kämpfe bzw. Schleicheinlagen unterhaltsam. Durch die übermächtigen Fähigkeiten Haroonas kann man ohne Probleme zwischen Stealth und Nahkampf und zurück wechseln. Das ist relativ viel Freiheit, die man durch Skillpunkte, die mal mehr, mal weniger gut versteckt sind, sogar etwas anpassen kann. So kann man dann z.B. aus der Unsichtbarkeit heraus zweimal angreifen, bevor man sichtbar wird oder man kann nach einem perfekten Dodge gleich zuschlagen.
Uncharted von Wish
Neben den Skillpunkten, findet man auch Am- und Lebenserweiterungen sowie eine große Menge an Winzigkeiten. Dazu gehören Artefakte, Münzen, Karten, Briefe, Dossiers usw. Die meisten dieser Collectibles können im Menü näher betrachtet werden und liefern (Background)Informationen zur Story. Da diese Infos aber teilweise nur sehr, sehr wenig geboten haben und keine Gameplayrelevanz hatten, war unser Interesse extrem gering nach jedem gefundenen Tand ins Menü zu gehen, um zu lesen, ob da nun etwas spannendes steht. Weniger Collectibles mit gewichtigeren Infos, wären hier mehr gewesen.

Dieses und viele weitere Elemente des Spiels wirken dabei altbacken, als ob man ein Spiel spielt, das als AA Titel eigentlich ca. 2010 auf der Welle von Uncharted und Assassins Creed mit einer weiblichen Protagonistin mitreiten wollte. Dabei ist es aber nicht so, als ob Unknown 9: Awakening ein per se schlechtes Spiel ist. Aber es kommt nie über das offensichtliche Vorbild hinaus und auch die Stealthmöglichkeiten mit der hanebüchenen Gegner AI, gab es schon vor Jahren in besser. In allen Belangen erreicht man immer nur ein „geht so“, das auch mit dem leicht reduzierten Vollpreis von 49,99€ zum Release nicht ausreicht.

Grafisch erreicht man leider auch nur Mittelmaß
Dieses Mittelmaßgefühl zieht sich wie ein roter Faden durch das Spiel, denn auch die Grafik kann 2024 nicht mehr überzeugen. Das wird durch regelmäßige unerklärbare Framedrops und durch an Treppen oder in anderen Strukturen hängenbleiben nochmals deutlich. Gleichzeitig möchte man dem Spiel aber ständig wünschen, dass es doch besser wäre. Denn die Idee mit magischen Fähigkeiten, die mechanischen Nachbauten dieser Fähigkeiten zu bekämpfen und dem Spieler einen recht freien Wechsel zwischen Kämpfen und Schleichen zu ermöglichen, ist auf dem Papier sehr, sehr gut.

Und wenngleich es auch durchgehend Nachfrage nach linearen Story Adventure Spielen gibt, hat man es hier mit einem recht zähen Geschehen zu tun. Die Nachvollziehbarkeit von Haroonas Handlungen und der ihrer Mitstreiter ist auch nicht immer gegeben. Bei einer aufgrund von Spoilern nicht näher beschriebenen Storywendung reagiert unsere Heldin absolut unverständlich, in dem sie von den Personen wegläuft, die wichtige Informationen für sie hätten. Dabei wurde davor mehrfach etabliert, wie cool und schlagfertig Haroona ist und handelt. Wenn man aber darüber hinwegsieht, kommt man irgendwann an den Punkt, an dem man mehr von der Story wissen möchte, wenngleich einem die Protagonistin nicht so wirklich ans Herz wachsen will. Oder anders formuliert: Das Universum ist durchaus interessant, die Akteure bzw. deren Umsetzung aber wieder nur mäßig.
Fazit
Die guten Ideen und Ansätze, die Unknown 9: Awakening auf dem Papier hat, werden durch eine durch die Bank mittelmäßige Umsetzung, einige Bugs und Framerateeinbrüche sowie eine grottenschlechte KI zersetzt. Selbst die prominente Besetzung der Hauptfigur mit einer bekannten Schauspielerin kann nicht über schreiberische Schwächen der Story und der Charakterentwicklung hinweghelfen. Die hin und wieder durchaus spaßigen Kämpfe reichen aber nicht aus um dieses lineare Abenteuer in höhere Sphären zu bringen. Alles in allem ist Unknown 9 um gute 10 bis 15 Jahre zu spät dran, um einen großen Fußabdruck zu hinterlassen. Da hilft auch das ambitionierte Aufsetzen eines Franchises mit mehreren Medien nicht.

Positiv
- Flüssiger Wechsel zwischen Stealth und Kämpfen möglich
- Man hat mächtige Fähigkeiten, die in Kombination für ein spaßiges Überlegenheitsgefühl sorgen
- Im letzten Drittel wird die Story interessant und man möchte wissen wie es weitergeht
- Auf dem Papier eine coole Idee
Negativ
- Framerateeinbrüche und Clipping Fehler ziehen sich durch das Spiel
- Trotzdem reißt man grafisch keine Bäume aus
- Manche Entscheidungen der handelnden Charaktere sind storytechnisch nicht nachvollziehbar
- Unnütze Collectibles