Bevor Ihr bei Uncle Chop’s Rocket Shop, dem neuen Raketenreparatur-Roguelike von Beard Envy, anfangt, solltet Ihr Euch eine wichtige Frage stellen: Wie steht Ihr zum Zusammenbauen von Ikea-Möbeln? Wenn Euch der Gedanke daran abschreckt, wird es schwierig. Wenn Ihr aber früher schon begeistert an Eurem Fisher-Price-Werkzeugkasten geschraubt habt und heimlich Spaß daran findet, am Wochenende eine BESTÅ oder zwei zusammenzubauen, dann haben wir genau das richtige Spiel für Euch, doch mehr dazu in unserem Test.
Jedes Fahrzeug muss irgendwie wieder in Schuss gebracht werden
Willkommen bei Uncle Chop’s, einer seltsamen kleinen Raketenwerkstatt irgendwo im All. Ihr kommt als Wilbur, ein vieräugiger Fuchsmechaniker, an Eurem ersten Arbeitstag an. Euer Kollege, ein geheimnisvoller und etwas pummeliger Koch, hilft Euch dabei, die Leiche Eures Vorgängers ins All zu schleudern. Von da an müsst Ihr einfach nur einchecken und Eure mechanischen Künste unter Beweis stellen. Keine Sorge, wenn Ihr sowas noch nie gemacht habt, Ihr bekommt ein Handbuch, das „Grimoire“. Es ist eine chaotische Sammlung aus Notizen, Bildanleitungen und vagen Warnungen. Angeblich findet Ihr darin alles, was Ihr wissen müsst. Alles, was Ihr braucht, könnt Ihr im kleinen Laden kaufen, der von dem rätselhaften Meatball betrieben wird. Repariert einfach alles, was reinkommt, und verdient genug, um die „vernünftige“ Miete, den sogenannten R.E.N.T., zu zahlen. Klingt einfach, oder? Uncle Chop, ein gigantischer holografischer Schweinskopf, der Euren Laden leitet, ist kein gewöhnlicher Chef. Er ist schlecht gelaunt, stellt absurde und immer schwierigere Forderungen, und er taucht nie persönlich auf. Er ist exakt wie ein echter CEO. Rücksichtslos und nicht hier, um Faulenzer zu beschäftigen. Bevor Ihr Euch verseht, tankt Ihr Raketen auf, löscht Brände oder begeht kleine Diebstähle. Vom Beruhigen emotional instabiler KI-Einheiten bis hin zum Entstopfen von Toiletten – Wilbur (und Ihr) müsst alles lernen.
Wenn Ihr etwas nicht richtig repariert, nicht alle Fehler findet oder es schlimmer macht, als es vorher war, gibt’s Strafen und weniger Einkommen für den armen Wilbur. Während Ihr Meteoren, mörderischen Kunden und gelegentlich tickenden Bomben ausweicht, will Wilbur einfach nur den Arbeitstag überleben und in seinem Wohnwagen schlafen gehen. Leider ist das selten so einfach. Schafft Ihr es bis zum Ende der Mietperiode und zahlt Eure Schulden, könnt Ihr weitermachen. Schafft Ihr es nicht, naja, dann ist es das mit Wilbur. Aber da es ein Roguelike ist, ist der Tod nur der Anfang. Nach einem kurzen Besuch im Limbo schickt man Euch zurück zu Uncle Chop’s, um es nochmal zu versuchen. Der Tag wird auf Eins zurückgesetzt, die Miete ist wieder fällig, und Wilbur startet von vorne. Einchecken, reparieren, nicht umgebracht werden. Und so geht es weiter. Aber lasst Euch nicht täuschen, nichts ist so, wie es scheint, und je weiter Ihr kommt, desto mehr erfahrt Ihr, was wirklich bei Uncle Chop’s abgeht.
Job-Zufriedenheit nur bei maximaler Frustresistenz
Mit der Zeit entdeckt und entfuselt Ihr immer mehr prozedural generierte Raumschiffe, die von einer kuriosen Kundschaft angeliefert werden. Manche sind ekelhaft unangenehm, andere sind wirkliche Schleimbeutel von einem anderen Planeten. Manche sind beides. Manche Kunden geben gute Trinkgelder, andere sprengen Euch den Kopf, wenn Ihr nicht alle Schrauben richtig einsetzt oder ihre Schnecken ärgert. Jedes neue Schiff bringt seine eigenen Probleme mit sich. Bevor Ihr Euch verseht, werdet Ihr zu richtigen Expert:innen. Ich habe mich selbst dabei erwischt, wie ich murmelte: „Okay, dann schrauben wir mal die Haube ab“, oder: „Da ist das Problem, kaputter Kühlkörper.“ Und dieses Gefühl macht das Spiel wirklich motivierend und hält einen gut bei der Stange. Der Humor ist trocken, die Grafik ist liebenswert, die Crew bunt zusammengewürfelt, und alles ist wunderbar schräg. Das Grimoire ist nicht nur ein tolles Spielelement, sondern auch super gestaltet, wie eine Mischung aus fleckigen Notizen und einer Anleitung aus dem Haynes-Universum. Die Adventure-Time- und Rick-and-Morty-Vibes sind stark, nur etwas brutaler und fluchreicher. Wenn Ihr das süß-gruselige Ästhetik-Mix aus Cult of the Lamb mögt, werdet Ihr das hier lieben. Kurz gesagt: Es ist einfach verdammt süß.
Es gibt zwei Modi: „Ruhiges Reparieren“ und „Hektisches Reparieren“. Im ruhigen Modus habt Ihr eine bestimmte Anzahl Jobs pro Tag, könnt Euch aber Zeit lassen. Rätselt Euch Schritt für Schritt durch das Grimoire, um die Aufgaben zu lösen. Die Rätsel erfordern Geschick, Logik und gutes Erinnerungsvermögen und jedes ist eine neue Herausforderung. Im hektischen Modus arbeitet Wilbur gegen die Uhr. Hier zählen Schnelligkeit und Effizienz, die Kundenzufriedenheit hängt jetzt auch von Eurer Geschwindigkeit ab, und das Gehalt steigt oder sinkt entsprechend. Ich empfehle mit dem ruhigen Modus anzufangen, um die Grundlagen zu lernen. Danach könnt Ihr in den hektischen Modus wechseln, wenn Ihr es knackiger wollt. Aber hey, wenn Ihr schnell lernt, macht, was Euch Spaß bringt. Einer der großen Nachteile von Uncle Chop’s Rocket Shop ist, dass das Tempo und der Schwierigkeitsgrad sehr schnell ansteigen, obwohl das Spiel euch Schritt für Schritt durch alle möglichen Facetten des Mechanikerdaseins führt. Nach drei Missionen haben wir das Pensum leicht verfehlt, obwohl wir das Gefühl hatten, dass wir die Aufgaben einigermaßen reibungslos bewältigen konnten. Wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, zum Beispiel eine Batterie aufzuladen, bekommt man diese Aktion eigentlich nur noch selten. Man stößt also ständig auf neue Dinge, was das Üben und Lernen der Missionen wenig sinnvoll macht. Außerdem wirft das Spiel regelmäßig neue Gegenstände auf euch, sagt euch aber nicht, was dabei wichtig ist. Zum Beispiel kann man nach der zweiten Mission neue Maschinen in seine Garage stellen, die man kaufen muss, aber das Spiel vergisst kurz, einem zu sagen, dass eine davon für die beiden folgenden Missionen unerlässlich ist. So sind wir gescheitert und mussten das Spiel noch einmal von vorne beginnen. Als Laie hat man immer noch keine Ahnung, welche Maschine für die Missionen wichtig ist, also ist es meistens Trial and Error. Das passt natürlich zu einem Roguelike-Spiel, aber nicht, wenn das Spiel keine Hinweise oder Ideen gibt, was nützlich ist.
Fazit
Uncle Chop’s Rocket Shop ist eine sehr spaßige Mischung aus einem Roguelike und einer Mechanikersimulation gepaart mit etwas Papers Please. Stil und Humor sind super und wenn man sich einmal reingefunden hat, will man den Schraubenschlüssel nicht mehr weglegen. Auf dem Weg dahin muss man aber schon frustresistent sein.
Positiv:
+ ganzen Modulschnittstellen und Reparaturen sind recht ansprechend
+ Handbuch ist ein Kunstwerk
+ motivierender Fortschritt
+ erwachsener Stil
Negativ:
– einige sehr frustrierende Minispiele
– teils fehlende Erklärungen