Review: Tom Clancy’s Rainbow Six Extraction – Nur ein Add-On zu Rainbow Six Siege oder großartige Koop-Action?

Tom Clancy’s Rainbow Six Extraction ist das erste wirklich neue Spiel in der Rainbow Six-Reihe seit der Veröffentlichung von Siege im Jahr 2015. Allerdings ist Extraction nicht einfach nur ein weiterer neuer Multiplayer-Titel, sondern dreht sich alles um das Koop-Gameplay, bei dem sich die Spieler zusammentun, um Horden von außerirdischen Parasiten zu bekämpfen, die in die Welt eingedrungen sind. Und obwohl dies auf dem Papier nach einem völlig anderen Spiel klingt, hat Ubisoft angesichts des Erfolgs von Rainbow Six Siege beschlossen, sich mit Extraction zumindest in Bezug auf das Gameplay nicht zu weit von der Formel zu entfernen, mit der das Unternehmen bereits erfolgreich war. Das Ergebnis ist ein Spiel, das sich sowohl wie eine angenehme Erweiterung von Siege anfühlt, als auch ein wenig von seinem Vorgänger zurückgehalten wird. Mehr dazu in unserem Test.

Ein Dreierteam, ein Haufen Aliens, kein Gelaber und dabei schön herausfordernd

Mit diesen Schlagwörtern beginnt man vielleicht nicht unbedingt ein Review, aber diese beschreiben den ersten Eindruck doch ganz gut. Denn es richtet sich in erster Linie wirklich an Core-Gamer, denen bereits der Multiplayer von einem Call Of Duty zu einsteigerfreundlich war und sie deswegen zu Rainbow Six Siege gewechselt sind. Ähnlich verhält es sich bei Extraction und dem allgemeinen Zombie-Koop-Shooter. Sind euch ein Zombi-Modus in Call of Duty oder Back 4 Blood zu einfach und euch fehlt es an Taktik? Dann richtet sich Extraction an euch. Doch erwartet auch erstmal nur das. Denn eine Story, die euch in die Welt einführt und jedes Gefecht mit Lore und Inhalten füllt, gibt es nicht wirklich. Sicher, die eine oder andere Zwischensequenz oder ein kurzes Gespräch während eines Gefechts sind ganz nett, mehr aber auch nicht. Und obwohl es die gleichen Operator wie bei Siege sind, habe es die coolen Einführungssequenzen dieser leider nicht ins Spiel geschafft.

Und warum das Setting mit den Aliens/Parasiten oder wie man sie nennen möchte, nicht nur wenig innovativ ist, und die Gegnerdesigns lahm, erklärt sich ja leider von selbst. Humanoide Wesen mit Klauen, Blobs an Wänden oder explodierende Kriecher mit Dottersäcken auf dem Rücken gab es ähnlich auch schon in Left 4 Dead. Und auch wenn die Mutationen später zunehmen, so hätten diese doch ausgefallener sein können. Nun aber mehr zum Gameplay.

Zu Beginn habt ihr drei Maps in New York, diesen folgen aber recht schnell Weitere.
Die bereits arg infizierten Gebiete versprühen eine schön schaurige Atmosphäre.

Ihr könnt euch nach dem Tutorial direkt in ein Schnelles Spiel mit zwei zufälligen Mitstreitern stürzen oder eine von drei Maps im ersten Gebiet angehen. Wahlweise alleine, zu zweit oder maximal im Dreierteam. Euch werden drei Aufgaben erteilt, die in drei Gebieten der Map stattfinden. Jederzeit gibt es einen Abholpunkt für euch, der es ermöglicht bereits verdiente Erfahrungspunkte durch Kills, Ziele oder Hilfen nach Hause zu holen. Und genau hier kommt auch der knackige Schwierigkeitsgrad ins Spiel. Denn bringt ihr diese nicht nach Hause und gebt stattdessen den Löffel ab, bleibt euer Operator als vermisst auf der Map und muss anschließend in einer Rettungsmission zurückgeholt werden. Schafft ihr dies erneut nicht, liegt ein weiterer vermisst direkt daneben. Und dies geschieht schnell, denn seid ihr nicht vorsichtig und nutzt sämtliche Tools, so haben euch die Aliens schnell in der Zange.

Auch dieser roter Blob stellt eine Gefahr dar und spaltet sich nach einem Treffer auf.

Erschwerend hinzu kommen dabei Nester, die es auf jeder Map gibt. Diese dienen als Spawnpunkte für eure Gegner, bis ihr diese ausschaltet. Und damit entsteht schnell ein Teufelskreis. Ihr schafft es nicht schnell genug euch der Gegner vor euch zu entledigen und zum Nest zu kommen und diese spawnen immer weiter nach. Daher ist häufig die Devise – Stealth. Geht vorsichtig vor, nutzt eure Gadgets, schließt Türen hinter euch wieder. Schielt um jede Ecke und nutzt auch die Verstärkungen für die Wände, um diese vor durchbrechenden Gegnern abzuschirmen. All das bisher beschriebene ist alleine natürlich viel schwerer und macht dabei auch nicht wirklich Spaß. Denn wiederbeleben oder Deckung geben kann euch dabei natürlich niemand. Bots gibt es keine. Seht daher als Einzelgänger oder Offline-Spieler eher von Rainbox Six Extraction ab, denn auch eine ständige Online-Verbindung ist Voraussetzung, um überhaupt ins Hauptmenü zu gelangen. Seid ihr somit mitten in einer Mission, vielleicht nach ca. 45min und euch bricht die Verbindung ab, so ist auch euer Fortschritt bis dahin verschwunden. Sehr ärgerlich, besonders da der Endgame-Content noch längere Einsätze vorsieht.

Sind eure Operator verletzt, können diese ein paar Runden nicht eingesetzt werden.

Ein XCOM-artiger Shooter im Rainbow-Universum

Im Tutorial des Spiels lernt man schnell eine Reihe von Spieltaktiken (Stealth-Kills, Einsatz von Drohnen, um Räume zu räumen usw.), die man anwenden muss, um zu verhindern, dass man überwältigt wird, aber keine dieser Mechaniken fühlt sich wirklich befriedigend an. Im Grunde war ich in Rainbow Six Extraction am erfolgreichsten, wenn wir uns vorsichtig durch jeden Raum bewegten und alle Werkzeuge in unserem Arsenal einsetzten, um sicherzustellen, dass wir nicht überrannt werden. Dieser schwerfällige Spielstil führte zwar dazu, dass es insgesamt mehr erfolgreiche Missionen waren, ist auf Dauer aber auch manchmal anstrengend. Doch genau dieser Frust und die anspruchsvollen Level machen auch den Reiz an weiteren Runden aus. Denn schwere Spiele sind aktuell ja wieder angesagt und auch hier stellt sich dadurch eine gehörige Portion Motivation ein, wenn man diese eine Ziel doch noch schaffen will oder diesen bestimmten Operator noch retten.

Der große Evakuierungsbonus von 90% lässt Freude aufkommen.

Um euch mal einen Überblick des Umfangs von Rainbow Six Extraction zu geben, so ist das Spiel so aufgebaut, dass man eine von 12 verschiedenen Karten (verteilt auf vier verschiedene Regionen) betritt, um bis zu drei verschiedene Ziele zu erfüllen. Diese Ziele variieren in ihrer Zielsetzung ziemlich stark. Eine Aufgabe kann zum Beispiel darin bestehen, ein bestimmtes Alien auf eine Plattform zu locken, um es zu fangen, während eine andere darin besteht, eine bestimmte Anzahl von Nestern zu eliminieren, die über eine Ebene verteilt sind. Zwar werden euch in jedem Level drei dieser Ziele vorgegeben, aber ihr müsst nie alle erfüllen, um zu „gewinnen“. Wenn man stattdessen nur eines oder zwei von ihnen erfüllt, kann man sich wie oben beschrieben dafür entscheiden, per Heli zu evakuieren und sich sofort ein paar Erfahrungspunkte zu sichern, mit denen man seinen Charakter aufwerten und neue Ausrüstung freischalten kann. Wenn ihr alle drei Ziele erfüllt, erhaltet ihr natürlich die meisten Erfahrungspunkte, aber riskiert auch, alles zu verlieren, wenn ihr euch zu weit vorwagt.

Ein Operator kommt selten allein

Outfits, Kopfbedeckung, Skins & Aufsätze für Waffen und die Anhänger aus Siege gibt es natürlich auch hier.

Was mir an dem Ansatz in Extraction besonders gut gefallen hat, ist die Tatsache, dass man schon im Voraus weiß, in welche Art von Situation man geraten wird. Jedes Ziel, das man in einem bestimmten Level vorfindet, wird einem mitgeteilt, bevor man seinen Operator überhaupt festlegt. Auf diese Weise könnt ihr mit eurem Team eine Strategie entwickeln und herausfinden, wer in eurem Team am besten geeignet ist und welche Waffen und Ausrüstungen am sinnvollsten sind. Die Operator in Extraction sind identisch mit denen in Siege und verfügen ebenfalls über ihre typischen einzigartigen Fähigkeiten. Sei es Doc mit seinen Heilpfeilen, Sledge mit seinem Hammer oder Ela mit ihren werfbaren Betäubungsminen. Die Zusammenstellung eines Trupps, den ihr für einen bestimmten Level für am besten geeignet haltet, ist ein wichtiger Bestandteil von Rainbow Six Extraction, und das bedeutet auch, dass ihr nicht immer wieder denselben Operator einsetzen wollt und durch die Mechanik, dass sich diese auch erholen müssen, könnt.

Auch die Wandverstärkungen aus Siege haben es ins Spiel geschafft und machen immer noch Laune

Das Beste, was ich über Rainbow Six Extraction sagen kann, ist, dass es in einem taktischen Team wirklich glänzen kann. Ähnlich wie bei Siege ist es ein Spiel, bei dem man wirklich mit seinen Teamkameraden zusammenarbeiten muss, um sicherzustellen, dass man seinen Plan als Einheit durchführt. Wenn ihr versucht, euer eigenes Ding zu machen oder euch zu weit von eurer Gruppe entfernt, werdet ihr wahrscheinlich in kürzester Zeit beschossen und ausgeschaltet. Kommunikation ist der Schlüssel, und wenn man ein bestimmtes Ziel ohne Verluste erreicht, ist das ein befriedigendes Gefühl und motiviert direkt den nächsten Einsatz anzugehen. Rainbow Six Extraction ist ein Spiel, das ihr mit zwei guten Mitspielenden auf jeden Fall ausprobieren solltet.

Ein Squad für die Ewigkeit?

Auf der technischen Seite bietet Extraction leider wenig herausstechendes. Die Grafik wirkt wie eine etwas aufgehübschte Version der bekannten Assets aus Rainbow Six Siege. Musik und Sprachausgabe sind in Ordnung, wobei letzteres aber eher selten zu hören ist, aufgrund der wenigen Sequenzen. Dafür knallt der generelle Sound wieder sehr gut, und besonders die zerstörbaren Umgebungen sowie die sich ausbreitende dunkle Flüssigkeit der Aliens, die eure Bewegungen einschränkt, klingt nicht nur sehr eklig, sondern sieht dabei auch sehr schön abstrakt aus. Die Welt ist auch sehr stimmig, nur vieles leider sehr ausgelutscht. Man hat leider schon zu viele parasitär überhäufte Gegenden gesehen oder infizierte Gegner bekämpft.

Neue Gadgets werden mit verdienten Tokens freigeschaltet und bieten hilfreiche Tools.
Maelstrom Protocol bietet euch einigen Endgame-Content.

Doch das Spiel kann durch das taktisch herausfordernde Gameplay punkten, sofern man Lust darauf hat. Im Squad jeden Schritt langsam zu planen, sich abzusprechen, um Ecken zu schauen oder mit der Drohne zu spähen. All diese Dinge machen in einem Team aus Core-Gamern Spaß und funktionierten so ja bereits wunderbar im PvP bei Siege. Ob dies auch mit Extraction im PvE funktionieren wird, bleibt für die Zukunft abzuwarten. Es gibt auf jeden Fall genug zu tun. Denn neben allerhand freischaltbaren Gadgets, Operator und neuen Maps, schaltet man am Ende das „Maelstrom Protocol“ frei. Maelstrom Protocol ist ein wöchentlicher Herausforderungsmodus mit Rangliste, in dem ihr eure Fähigkeiten auf die Probe stellen und schwierige Ziele bewältigen müsst. Und das alles, um zu bestimmen, welcher Stufe ihr angehört. Eine Art Ranked-Match für Koop. Für jede Stufe gibt es verschiedene Belohnungen, und am Ende der aktuellen Season natürlich auch. Hier zieht der Schwierigkeitsgrad neben den bereits vier wählbaren natürlich nochmals an und es gibt mehr als nur drei Ziele. Daher solltet ihr dafür auch nur eure Level 10-Operator benutzen und ein gutes Team parat haben.

Microtransactions bleiben zum Glück kosmetischer Natur.

Ihr seht, es gibt genug zu tun. Doch hält einen dies wirklich für eine lange Zeit bei Laune? Aktuell sagen wir, mit einem Team aus Freunden auf jeden Fall. Besonders die späteren Missionen, wie beispielsweise die Boss-Kämpfe gegen die Proteans, eine Art infizierter Operator in einer Parallelwelt, machen mit Absprache im Team enormen Spaß. Auch zu zweit oder alleine kommt man zwar mit der Zeit immer besser rein und kann ebenfalls Erfolge erzielen, doch ist das Spiel darauf wirklich nicht ausgelegt. Vielmehr bietet Extraction für den anspruchsvollen Koop-Fan eine gelungene Alternative zum Mehspieler-Vorbild Rainbow Six Siege an.

Fazit

Tom Clancy’s Rainbow Six Extraction fühlt sich definitiv nicht wie nur eine Erweiterung an, ein vollwertiges neues Rainbow ist es aber auch nicht. Denn auch wenn das Setting recht ausgelutscht, die Gegner nicht besonders kreativ und alles irgendwie schon einmal da gewesen ist, so macht es doch immer wieder immens Spaß. Die anfangs bockschweren Level werden mit Freunden direkt einfacher und der taktische Aspekt kommt super zu tragen. Man will diesen einen Level und dieses eine Ziel einfach immer wieder probieren und die verschiedenen Nebenziele erfüllen. Jeder Operator spielt sich anders und die Maps sind schön verschachtelt. Leider hätte es so viel mehr sein können. Denn es fehlt an einer interessanten Story, wirklichen Innovationen und Always-On hätte nicht sein müssen.

Rainbow Six Extraction erscheint am 20. Januar 2022 für PlayStation 5, PlayStation 4, Xbox Series X, Xbox One, PC und Stadia. Außerdem direkt auch für den Xbox Game Pass auf Konsole und PC.

Positiv:

+ taktisch herausforderndes Gameplay

+ motivierende Freischaltungen

+ fördert Teamplay

+ gute Abwechslung der Ziele

+ viele Operator & Gadgets

Negativ:

– unmotivierte Zwischensequenzen

– wenig innovatives Setting

– teilweise schwankender Schwierigkeitsgrad

– Always-Online ist Voraussetzung

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Written by: Nick Erlenhof

Hitoshura, Sith & FOXHOUND-Spectre

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