The Precinct erinnert euch auf den ersten Blick vielleicht an alte GTA-Spiele oder Chinatown Wars. Nur dass ihr hier nicht den Gangster spielt, sondern im Polizeiuniform durch die Straßen zieht. Klingt auf dem Papier cool – leider hapert’s in der Umsetzung an manchen Stellen, macht insgesamt aber dennoch sehr viel Spaß und zeigt, das in dieser Prämisse für ein Spiel noch sehr viel Potential steckt. Mehr dazu aber natürlich in unserem Test.
Als frischer Kadett auf den Spuren eines Mordes
Tatsächlich sollte man in der allerersten Idee zum Ur-GTA von 1997 mal als Polizist spielen – doch die Entwickler bei DMA Design entschieden sich schnell um: Kriminell sein macht einfach mehr Spaß. The Precinct versucht nun fast 30 Jahre später das Gegenteil zu beweisen – und zeigt, dass auch das Gesetzeshüten in einem alten, GTA-ähnlichen Sandbox-Setting durchaus Laune machen kann.. Ihr spielt Nick Cordell Jr., einen frischgebackenen Streifenpolizisten und Sohn eines verstorbenen Polizeichefs. Zwei Banden bekriegen sich in der Stadt, und ihr sollt für Ordnung sorgen. Neben der Story gehören dazu auch alltägliche Aufgaben wie Strafzettel verteilen oder Raser stoppen. Die Stadt ist in Schichten unterteilt – mit Tag-Nacht-Zyklus. Während eurer Patrouillen begegnet ihr Kriminellen mit sehr unterschiedlichem Verhalten: Manche geben direkt auf, andere fliehen oder eröffnen das Feuer. Es gibt lustige und spannungsgeladene Momente – etwa, wenn sich ein Verdächtiger in der Mülltonne versteckt oder ihr zwischen zwei Gangs geratet.

Ihr übernehmt Streifendienst in den düsteren Straßen von Averno City, stilecht im Look der 80er – mit Neonlichtern, Cadillacs und Funkgerät statt Smartphone. Die Atmosphäre ist top: Man fühlt sich wie in einer alten Cop-Serie. Keine Social-Media-Quatsch, keine Cyberkriminalität – nur ihr, euer Partner, und jede Menge Verbrecher. Ob auf Streife zu Fuß, in wilden Verfolgungsjagden mit dem Auto oder aus dem Helikopter – die Einsatzvielfalt ist groß. Leider nutzen sich die Aufgaben nach rund 12 Stunden Kampagne etwas ab. Trotzdem: Die detaillierte Spielwelt, das stimmige Design und die spaßigen Auto-Physik sorgen für einige richtig gute Momente – gerade wenn bei einer Verfolgungsjagd alles eskaliert und ihr euch wie in einer Szene aus Blues Brothers fühlt. So abwechslungsreich das auch klingt, irgendwann wirkt das ganze System dann doch ziemlich repetitiv. Jede Straftat muss einzeln bearbeitet werden – inklusive Papierkram. Ihr könnt zwar Kollegen das lästige Ausfüllen überlassen, verpasst dann aber Erfahrungspunkte. Diese braucht ihr, um im Rang aufzusteigen, neue Ausrüstung freizuschalten und Cordells Fähigkeiten wie Ausdauer oder Lebensenergie zu verbessern. Leider ist die Steuerung beim Schießen richtig schlecht. Zielbewegungen mit dem Controller sind ungenau, was schnelle Actionszenen kaputtmacht. Auch das Autofahren ist nervig – zu sensibel, unpräzise, und eine in der Theorie coole Straßenrennen-Minispiel ist dadurch kaum spielbar.

Teilweise verschenktes Potential, aber es bleibt grundsympathisch
Auch beim Storytelling wird viel Potenzial verschenkt. Die Geschichte startet mit starken Figuren und einer interessanten Prämisse, bleibt danach aber überraschend flach. Zwischen Einleitung und Finale passiert wenig, das Gameplay bleibt immer gleich: Beweise sammeln, Leute verhaften, Boss freischalten, repeat – sechsmal. Typische Cop-Klischees sind auch dabei: der idealistische Rookie, der abgebrühte Partner kurz vor der Rente, der bärbeißige Chief. Die Dialoge sind dabei zwar eher übertrieben als realistisch – aber das passt zum Retro-Serien-Flair. Erst in der letzten Mission zeigt das Spiel, was es eigentlich könnte: mehr Story, echte Entscheidungen, vielseitigeres Gameplay. Hätte The Precinct dieses Niveau gehalten, wäre es ein richtig gutes Polizei-Abenteuer geworden.

Ein spannender Aspekt ist, dass ihr euch an Polizeivorschriften halten müsst: Fehler oder übertriebene Gewalt kosten euch Erfahrungspunkte. Wer sauber arbeitet, schaltet schneller neue Ausrüstung und Fähigkeiten frei. Aber auch hier kann das Gameplay etwas eintönig werden – Festnahmen laufen oft nach dem gleichen Muster ab, und das System ist nicht immer fair: Wenn euch jemand überfährt und ihr euch wehrt, gibt’s Minuspunkte. Stattdessen bleibt’s bei Frustmomenten: Bugs wie Autos, die im Boden verschwinden, oder KI-Kollegen, die euch nicht helfen, wenn es drauf ankommt. Besonders schade, weil andere Elemente liebevoll umgesetzt wurden – etwa die detaillierte Spielwelt, das Polizeihandbuch oder der coole Soundtrack. Trotzdem überzeugt das Spiel mit Liebe zum Detail, toller Fahrphysik und der charmanten 80s-Atmosphäre. The Precinct ist kein neuer Klassiker, aber eine gelungene Hommage an eine Ära, in der Streifenpolizisten noch Helden waren – zumindest im Fernsehen. The Precinct hat viele gute Ideen, aber die Umsetzung hinkt. Technische Schwächen, Steuerungsprobleme und eine schwache Story verhindern, dass aus dem Spiel das geworden ist, was es hätte sein können. Wer trotzdem reinschauen will, findet zumindest ein paar unterhaltsame Ansätze.

Fazit
The Precinct hat eine wunderbare ungenutzte Prämisse und nutzt diese weitesgehend auch sehr gut aus. Man fühlt sich bei den vielen Patrouillen samt Polizeihandbuch unter dem Arm wirklich wie ein Hüter des Gesetzes. Leider macht da die unsaubere Technik und die aufkommende Repetition nicht ganz mit, um den Titel zu einer höheren Wertung zu helfen.

Positiv:
+ ungenutztes Setting schön umgesetzt
+ Cop-Feeling kommt perfekt auf
+ komplett vertont
+ zunächst recht abwechslungsreiche Fälle
Negativ:
– unsaubere Technik und Animationen
– Steuerung bei Schießereien ungenau
– Ablauf wiederholt sich recht schnell