Tales of Graces f war nach Vesperia erst mein zweites Tales-Game und ein RPG, in dem man sich im Kampf frei bewegen und aktiv Angriffe ausführen konnte, was für mich als alter Runden-Fan immer noch recht neu war. Und auch wenn die Story etwas vorhersehbar war, so hat es mich doch damals schon überzeugen können, sodass ich es im Handumdrehen durchgespielt hatte. Aber wie es so ist, braucht man viel Zeit für solche dichten JRPGs, und die Tales-Reihe ist da keine Ausnahme. Daher ist nun die Frage, ist das Remaster eure Zeit denn noch wert? Unser Test soll es zeigen.
Wie aus Freunden Feinde werden
Tales of Graces f Remastered wurde als Teil des 30-jährigen Jubiläums der Tales-Serie angekündigt, das am 15. Dezember 2025 stattfindet – genau 30 Jahre nach dem Release von Tales of Phantasia. Das Originalspiel erschien 2009 für die Wii und 2010 als Graces f für die PS3, blieb aber auf veralteter Hardware stecken, die heute nicht gerade nutzerfreundlich ist. Glücklicherweise scheint Graces f Remastered die durchwachsene Rezeption von Symphonia Remastered hinter sich zu lassen. Die Geschichte von Tales of Graces beginnt mit den Kindheitsfreunden Asbel und Hubert, die in Ephinea leben, einer Welt voller politischer Konflikte und Monster. Zwar mag die Handlung anfangs etwas langsam starten, aber diese Phase ist nötig, um den Hintergrund für die späteren Ereignisse zu legen. Asbel und Hubert treffen ein Mädchen ohne Erinnerung, das sie Sophie nennen. Sie wird in ihre Freundesgruppe integriert und spielt im weiteren Verlauf der Geschichte eine zentrale Rolle. Wie bei vielen erinnerungswürdigen RPGs arbeitet Tales of Graces hart daran, die Bedeutung seiner Charaktere und der Welt zu etablieren. Ihr erlebt die Konflikte, die oft lokal und persönlich beginnen. Doch dann nehmen die Ereignisse eine Wendung, die Einsätze werden höher, und sowohl ein großer Verrat als auch die tiefere Natur von Ephinea und dem Universum sorgen für spannende Eskalationen. Dieses typische „Gott töten“-Motiv in Spielen fand ich immer faszinierend – nicht nur, weil es sich so ermächtigend anfühlt, sondern auch, weil es oft das Ergebnis einer sorgfältig aufgebauten Geschichte ist.

Eine starke Besetzung von Charakteren trägt viel zur Dramatik von Tales of Graces bei. Spielende wachsen mit ihnen durch Quests, Kampfdialoge und zahlreiche Zwischensequenzen zusammen. Die Möglichkeit, zwischen japanischer und englischer Sprachausgabe zu wechseln, bietet dabei für jeden Geschmack das richtige Erlebnis. Das Kampfsystem ist eines der Elemente, das mich an Symphonia erinnert und hier wieder überzeugt. Gegner werden auf dem Feld angetroffen, und die Kämpfe finden in einem abgesteckten Kreis statt, in dem man sich frei bewegen kann. Charaktere können in vier Richtungen ausweichen, blocken und sich gezielt auf Gegner stürzen. Angriffe werden in zwei Kategorien unterteilt: Artes für physische und magische Fähigkeiten. Statt eines zeitbasierten Systems gibt es in Graces die sogenannte Chain Capacity (CC), die anzeigt, wie viele Aktionen ausgeführt werden können. Manche Kombos oder Artes verbrauchen mehr CC, und man muss kurz warten, bis sie sich wieder auffüllt. Eine interessante Ergänzung zum Kampfsystem sind die Titel, die wie Jobs funktionieren. Sie werden gelevelt, um neue Fähigkeiten oder Buffs freizuschalten. Mit etwa 100 Titeln und zahlreichen Artes kann der Kampf in Tales of Graces extrem spaßig sein – vor allem für Strategen, die wissen, wann sie Gegner fokussieren oder die Party aufteilen sollten.

Viele Quality-of-Life-Verbesserungen, die ein erneutes Spielen rechtfertigen
Eine der spannendsten Neuerungen in Graces f Remastered ist der frühzeitige Zugang zum Grade Shop, der im Original erst nach Abschluss des Spiels verfügbar war. Damit könnt ihr Boni wie mehr Erfahrung, erhöhte Lebenspunkte oder härtere Herausforderungen freischalten. Wer die Kämpfe schnell hinter sich bringen will, kann sich alle möglichen Vorteile aktivieren und die Gegner mühelos besiegen. In dieser Version könnt ihr zudem nach einer Niederlage direkt einen Kampf wiederholen, ohne einen Spielstand neu laden zu müssen. Fast alle DLCs des Originals sind enthalten, einschließlich des Lineage and Legacies-DLCs, der nach der Hauptgeschichte spielt und den Charakteren zusätzlichen Abschluss bietet. Die grafische Überarbeitung bringt die charmante Ästhetik des Spiels auf moderne Konsolen, ohne die Essenz des Originals zu verlieren. Das Spiel bietet genug Verbesserungen, um ein neues Publikum anzusprechen, bleibt dabei aber seinen Wurzeln treu. Tales of Graces f Remastered ist eine liebevolle Umsetzung eines klassischen JRPGs für moderne Plattformen. Statt aufwendige, unnötige Änderungen vorzunehmen, haben Tose und Bandai Namco der Serie ihren Respekt erwiesen, indem sie das Spiel so erhalten haben, wie es war, mit sinnvollen Qualitätsverbesserungen. Technisch solide und mit einer guten Portion Nostalgie ist Tales of Graces f ein Highlight für Veteranen und Neulinge gleichermaßen. Es zeigt eindrucksvoll, dass nicht jedes Spiel ein Remake auf dem Niveau von Final Fantasy VII Remake sein muss, um zu glänzen.

Fazit
Tales of Graces f Remastered ist ein Rollenspiel-Remaster, wie es sein muss. Es hält die Qualität des Originals bei, verbessert es aber optisch und bringt noch ein paar neue Features hinzu, die das Spielerlebnis für Neulinge und Fans gleichermaßen verbessern. So können die Remaster aus der Reihe gerne weitergehen.

Positiv:
+ toller und interessanter Cast an Charakteren
+ sehr spaßiges Kampfsystem
+ viele QoL-Verbesserungen
+ mit scharfen Texturen schön aufgehübscht
Negativ:
– Story etwas vorhersehbar
– fühlt sich mitunter schon in die Jahre gekommen an
– wirklich sehr langsamer Anfang, der nicht allen gefällt