Review: Tactics Ogre Reborn – Die Mutter aller Tactics-RPGs kehrt zurück

Kaum zu glauben aber mit Tactics Ogre: Reborn beehrt uns die Neuauflage zu einem Stück Videospielgeschichte. Egal ob Final Fantasy Tactics oder das dieses Jahr erschienene Triangle Strategy, alle folgen im Grunde einem Ursprung. Dieser geht zurück ins Jahr 1995, als auf dem Super Nintendo bzw. zwei Jahre später für PlayStation Tactics Ogre erschien. Das strategische Rollenspiel zeichnete sich nicht nur durch seine spannende Story aus, sondern auch durch sein komplexes Kampfsystem und dem knallharten Schwierigkeitsgrad. Letzteren hat man zumindest beim Remake mit dem Titel Tactics Ogre: Let Us Cling Together für die PlayStation Portable entschärft und zudem eine neue Gameplaymechanik zur Erleichterung eingeführt. Auf dieser Version basiert nun Tactics Ogre: Reborn und wie sich dieses Urgestein unter heutigen Maßstäben schlägt, verraten wir euch wie gewohnt jetzt!   

Ein gespaltenes Land

Die valerianischen Inseln im Obero-Meer in all ihrer Pracht! Seit alters her ein blühendes Handelszentrum – doch auch ein Schauplatz nie endender Konflikte zwischen den Völkern. Bis ein Mann alle kriegerischen Auseinandersetzungen beendete: Dorgalua Oberyth, später bekannt als der »Friedenskönig«. Er einte die zerstrittenen Völker und unter seiner Führung florierte Valeria für ein halbes Jahrhundert. Nach seinem Tod brach jedoch erneut Krieg aus: Die Bakramer, regiert von Aristokraten, die Galgastaner, zahlenmäßig die Hälfte der Bevölkerung Valerias, und die Walister, eine unterdrückte Minderheit, kämpften um die Vorherrschaft, bis die Bakramer und die Galgastaner die Inseln schließlich in zwei Gebiete teilten. Es kehrte Ruhe ein – doch sie war nicht von langer Dauer …

Aufgrund der hohen Komplexität der Handlung haben wir uns für die Einleitung beim offiziellen Text von Square Enix bedient. Denn ab der ersten Spielsekunde werdet ihr in eine Spielwelt voll mit Namen und Begriffen geworfen, die kaum erklärt werden. Das erschwert vor allem für Neulinge den Einstieg, am ehesten zu vergleichen wie die erste Episode Game of Thrones. Erst mit steigenden Spielstunden entwickelt ihr ein Gefühl für Valeria, deren Völker und Rassen, sowie den drei Protagonisten Denam, Vyce und Catiua. Diese begleiten euch von Anfang an durch eine Geschichte, vollgepackt mit Liebe, Verrat und allem was das Herz begehrt. Und je nachdem wie ihr euch verhält, welchen Völkern ihr gegenüber wohlgesinnt seid und in wichtigen Situationen entscheidet, variiert das Spielende. Ein Ende, welches ihr nach ca. 40 Stunden erreicht habt. Und zugleich der Startschuss für noch mehr ist. Doch Obacht, denn der Tod ist euer ständiger Begleiter. Dazu später mehr!

Der Ursprung der Taktik-Rollenspiele

Beginnen wir nun mit dem Tactics-Einmaleins. Insgesamt kann eure Truppe aus einer Vielzahl an Mitgliedern bestehen, zum Kampf zugelassen sind aber maximal bis zu 12. Protagonist Denam muss stets gesetzt sein, der Rest bleibt euch überlassen. Möglich macht das das freie Rekrutieren neuer Mitglieder, deren Klassen ihr je nach Herzenslust mithilfe von käuflich erwerbbaren Siegeln ändern könnt. Zu Beginn stehen dabei Klassiker wie Krieger, Schütze, Magier oder Heiler zur Verfügung, aber auch Runenfechter und Walküren. Mit weiteren Spielverlauf werden die Jobs erweitert mit Rittern, Schwertmeistern, Dragonieren oder Hexen. Aber auch Nebencharaktere mit klassenspezifischen und mächtigen Jobs können sich der Truppe anschließen. Ist erstmal ein Line-Up festgelegt geht es an die Ausrüstung. Waffen, Rüstungen von Kopf bis Fuß und ein Accessoire können gewählt werden. Je nach Gegenstand lernen eure Charaktere auch automatische Fertigkeiten wie Zangenangriff, LP- oder MP-Erhöhung und vieles mehr.

Auch Zauber und Items wollen sorgfältig gewählt werden, weil von all den genannten Optionen habt ihr immer nur vier Slots übrig. All das mal zwölf Charakteren und einigen Reservisten klingt ziemlich kostspielig oder? Ist es auch! Denn Geld in die Kriegskasse bringt nur Währung, die ihr in Story- und optionalen Gefechten sammelt. Und das reicht auf normalem Weg bei weitem nicht aus, was einiges an Grinding erfordert. Doch keine Angst, alle Gefechte müsst ihr nicht selbst bestreiten sondern könnt das auch mal der KI überlassen. Die kämpft ganz von alleine und das sogar richtig stark und effektiv, eventuell besser als ihr. Nur Vorsicht, denn wer sich nur darauf verlässt steht schnell vor leeren Kriegskassen. Denn so gut die KI auch sein mag, geht sie außerordentlich verschwenderisch mit Items um. Vor allem Heilsalbe und Steine zum Wiederbeleben schlagen finanziell ordentlich zu Buche.

Ist die Vorbereitung, die gut und gerne die Hälfte der Spielzeit in Anspruch nimmt abgeschlossen, geht es an die Arbeit Die Kämpfe selbst laufen klassisch ab, in vordefinierten Gebieten, die ihr auf der Weltkarte frei bereist. Dort spielt dann das Terrain sowie die gegnerischen Truppen die letzte wichtige taktische Komponente. Wer auf eine breitgefächerte Truppe setzt, hat eindeutig die besseren Karten und ist für jedes Szenario gewappnet. Denn auch Drachen, Bestien, Dämonen, Feen und Untote stellen sich euch in den Weg. All diese lassen sich sogar rekrutieren und für die eigenen Zwecke einsetzen, sofern Bedarf besteht. Das ermöglicht unzählig viele Optionen das Spiel zu bestreiten, was den Titel aus dem Jahr 1995 noch beeindruckender macht. Selbiges gilt auch für den Schwierigkeitsgrad, denn egal wie gut ihr vorbereitet seid, Tactics Ogre: Reborn erwischt euch trotzdem oft und gerne auf dem falschen Fuß.

Knallharter Schwierigkeitsgrad selbst für Veteranen des Genres

Wie zu Beginn unseres Artikels beschrieben, zeichnete sich das Original von Tactics Ogre: Reborn vor allem durch seinen Schwierigkeitsgrad aus. Und auch wenn dieser mit dem ersten Remake milder wurde, so stellt er noch immer eine große Herausforderung dar. Am meisten macht sich das durch den permanenten Verlust liebgewonnener Mitglieder bemerkbar. Denn wie in klassischer Tactics-Manier sendet ihr ausgewählte Truppen auf ein Spielfeld, um den Feind in seine Schranken zu weisen. Fällt dabei einer eurer Kameraden und ihr verabsäumt es, diesen nach drei Runden wiederzubeleben, dann stirbt er. Bis auf den Protagonisten Denam kann dieses Schicksal jeden ereilen, egal ob ein willkürlich rekrutiertes Mitglied oder aber ein für die Handlung essentieller Charakter. Dementsprechend bereitet euch darauf vor, nach einem harten Kampf auch mal Abschied nehmen zu müssen. Denn das wird definitiv passieren! Dank dem auf der PSP eingeführten „Rad der Zeit“ lassen sich Unachtsamkeiten aber zum Glück noch korrigieren.

Bis zu 50 Spielzüge könnt ihr dabei zurückspulen und den Kampfverlauf noch drehen. Wer an dieser Stelle glaubt, dass derartige Missgeschicke nicht vorkommen und im Vorfeld lieber Level grinden geht, der bekommt einen weiteren Haken präsentiert. Denn Tactics Ogre versieht eure Truppe je nach Fortschritt der Story stets mit einem Level-Cap. Dieses liegt weit unter den Stufen der handlungsrelevanten Bosse, wodurch diese Aufeinandertreffen zu richtig harten und strategischen Schlachten werden. Allen voran das Ende, das dem Ganzen noch einmal eine Krone aufsetzt. Wer sich blind ins Finale stürzt, betritt unwissentlich ein Gebiet, das mit vierzehn Schlachten hintereinander auf euch wartet. Ohne der Möglichkeit, eure Verbrauchsgüter rund um Heilitems aufzustocken, die ihr bitternötig habt. Ein großer Frustfaktor! Zwar schickt euch das Spiel im Laufe der Handlung in ähnliche Situationen, über vier Begegnungen in Folge kam man aber nie hinaus. Ist der Abspann aber erst einmal gesehen, offenbart das Spiel den Endgame-Content.

Nach dem Ende ist vor dem Ende

Hier kommt noch einmal das Rad der Zeit ins Spiel, das nun eine zusätzliche Fähigkeit hat. So könnt ihr mit eurer aktuellen Truppe durch die Geschichte reisen und an vordefinierten Einstiegspunkten einsteigen. Diese sind meistens bei Weggabelungen der Story angesetzt, wodurch ihr neue Routen freispielt. Habt ihr zufällig eine Side-Quest verpasst weil euch das Spiel nicht mitgeteilt hat, Neuigkeiten zu lesen? Kein Problem, das Rad der Zeit machts möglich. Dadurch lassen sich sogar der eine oder andere neue und mächtige Charakter für die Gruppe rekrutieren. Doch Obacht, denn das kann mitunter auch vom Chaosrang abhängig sein und der ist sehr komplex. Alle eure Handlungen und besiegten Gegner nahmen im ersten Spieldurchgang darauf Einfluss, welche Völker euch wohlgesinnt sind. Der Chaosrang offenbart euch nach Spielende, wie es um diese Beziehungen steht. Wer also alle Enden sehen möchte, vor dem liegt ein großes Stück Arbeit, was den Spielumfang sogar noch verfünffacht.

Fazit

Es ist schon beeindruckend, wie komplex Tactics Ogre bei seiner Erstveröffentlichung im Jahr 1995 war. Mit dem ersten Remake für PSP führte man einige Mechaniken zur Erleichterung ein, die der heutigen Generation an Videospielenden sehr zu Hilfe kommen werden. Diese bekommen mit der Neuauflage „Reborn“ dennoch ein knallhartes Strategie-Rollenspiel präsentiert. Das überzeugt zum Glück aber mit viel Tiefgang, einer komplexen aber spannenden Story und einem riesigen Umfang. So wartet auf Veteranen des Genres ein wahres Meisterwerk, Neulinge hingegen sollten lieber Probespielen oder zu leichteren Vertretern greifen.

Positiv:

+ Packende Handlung mit einem riesigen Umfang

+ Sehr motivierender Endgame-Content und Wiederspielwert mit vielen Enden

+ Unzählige Möglichkeiten bei der Auswahl der Truppe

+ Vollständig vertonte Gespräche in Englisch und Japanisch

+ Sehr herausfordernder Schwierigkeitsgrad …

Negativ:

– … der ab und zu doch ein wenig bis viel zu unfair ausfällt

– Charaktermodelle sehen detailarm und eher blass aus

– Mehr Erklärungen hätten zu Beginn nicht geschadet

Tactics Ogre: Reborn erscheint am 11.November 2022 für Nintendo Switch, PC und PlayStation. Getestet wurde die PlayStation 5 Version.

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Written by: Manuel Barthes

Ehemaliger freier Redakteur bei Cerealkillerz

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