Review: Sword Art Online Alicization Lycoris – Abenteuer in Underworld aus der Unterwelt

Trotz der noch immer vorherrschenden COVID-19 Pandemie fiel das Jahr für Anime-Fans bislang sehr ergiebig aus. Den Startschuss markierte man schon früh mit Dragon Ball Z: Kakarot, dicht gefolgt von der ersten Videospielumsetzung zu OnePunchMan und dem zweiten Ableger von My Hero One’s Justice. Das große Highlight im Sommer, trotz einer einmonatigen Verschiebung, markiert diesmal Sword Art Online Alicization Lycoris, dem mittlerweile fünften Ableger der Erfolgs-Serie auf der aktuellen Konsolengeneration. Darin verschlägt es uns in die weiten Welten von Underworld, wo ein neues Abenteuer auf Protagonist Kirito wartet. Wie sich das neue Online-Spiel im Online-Spiel bei uns im Test geschlagen hat, das verraten wir euch selbstverständlich jetzt.

Willkommen in Underworld

Die Geschichte von Sword Art Online ist mittlerweile eine lange, die ihren Ursprung mit dem gleichnamigen fiktiven Online-Spiel hat, in welches sich der junge Kirito zu Release Hals über Kopf gestürzt hat. Als Beta-Tester hatte dieser natürlich bereits Vorkenntnisse, dass aber beim fertigen Produkt die Logout-Funktion fehlte, das brachte man erst in Erfahrung, als bereits Tausende Spieler eingeloggt waren. Die einzige Möglichkeit aus dieser virtuellen Realitäts-Falle zu entkommen war, das Spiel durchzuspielen oder darin zu sterben, was aber unweigerlich ein Ableben in der realen Welt zur Folge hatte. Gemeinsam mit neu gewonnenen Verbündeten und Freunden gelang es Kirito dennoch, das gefährliche Videospiel zu beenden und Sword Art Online zu verlassen. Dies markierte jedoch nur den Startschuss für den fähigen Zocker, der sich danach auch in die Welten von ALfheim Online und Gun Gale Online stürzte, um dort Mysterien und Verbrechen aufzuklären. Nun wartet mit Underwold eine neue Online-Welt auf den Helden, der sich diesmal jedoch nur noch vage an seine Zeit vor den Login erinnern kann, womit wir handlungstechnisch nun endlich bei Alicization Lycoris angekommen wären.

Auf dem ersten Blick sieht Underworld durchaus attraktiv aus

Warum wir euch das so ausführlich erklären ist einfach beantwortet, denn in Alicization Lycoris geht man davon aus, dass ihr als Spieler über umfassende Kenntnisse verfügt, die idealerweise alle Staffeln des Animes beinhalten. Deshalb fühlen sich all jene Fans, die seit Beginn der Serie mit Held Kirito und seinen Gefährten mitfiebern, auf Anhieb heimisch, während alle anderen ein bisschen verloren wirken. Hier sei jedoch zusätzlich erwähnt, dass die aktuell noch immer laufende, bislang noch zweiteilige Underworld-Staffel des Animes nur zur ersten Hälfte im Spiel enthalten ist. Der aktuell in der Vorlage noch stattfinde „War of the Underworld“ wird innerhalb des Spiels nicht behandelt, sondern hier geht man einen völlig anderen Weg der geebnet ist von Fanservice und bekannten Gesichtern. Doch so spannend die Handlung klingt, so gibt es leider einige Abzüge in der B-Note zu verzeichnen, besonders was die Erzählweise betrifft.

Sogar Beziehungen dürft ihr eingehen, wie zum Beispiel hier mit der schönen Alice

Story vor Action  

Die Videospielumsetzung zu Alicization Lycoris steht seiner Vorlage als Online-Rollenspiel in nichts nach. Die Welt von Underworld ist in vier große Gebiete unterteilt, die jeweils in kleinen Karten erkundet werden können. Mal ist es ein mit Pflanzen überwuchender Dschungel, mal eine trostlose Wüste, mal eine finstere Höhle oder wie man im Genre sagen würde: Klassische 0815-Kost. Die einzelnen Areale sind gefüllt mit Monstern und Feinden, die nur darauf warten, für euch als Exp-Futter zu dienen. Doch bevor es überhaupt so weit ist, gilt es mal die Story hautnah zu erleben und das kann dauern. Wie euch das Spiel diese umfangreiche Handlung vermitteln will, das weiß man bei den Entwicklern anscheinend selbst nicht so genau. Wichtige Ereignisse werden in packenden Videosequenzen erzählt, die jedoch eher die Seltenheit sind. Vielmehr wechselt das Spiel regelmäßig seine Erzwählweise, mal mit teilnahmslos stehenden Charakteren oder in klassischen Gesprächsszenen mit Standbildern. Besonders im ersten Kapitel, das die Geschehnisse des Animes wiedergibt, müsst ihr ordentlich viel Geduld und Sitzfleisch mitbringen, denn mindestens die Hälfte davon besteht aus Dialogen.

Solche Zwischensequenzen sind leider eine Seltenheit

Vor, nach und während den Missionen wird gelabert was das Zeug hält. Auch wenn wir begrüßen, dass jeder Charakter wirklich tief durchleuchtet wird und uns alle seine Erfahrungen mitteilt, so kann man es mit der Zeit auch überbreiten. Es ist keine Seltenheit, dass einer zehnminütigen Mission in der Wildbahn zahlreiche Gespräche folgen, die sich auf eine summierte Zeit von dreißig Minuten belaufen. Als Extrembeispiel führen wir hier gerne eine Szene an, die sich nach rund 8 Stunden Spielzeit ereignet und fast eine komplette Stunde andauerte. Zwar ist es sehr vorbildlich, dass all diese Dialoge mit den originalen japanischen Synchronsprechern vertont sind, die Arbeit sie dennoch zu lesen, bleibt euch dadurch nicht erspart. Aus diesem Grund verliert die Story leider relativ früh ihre Spannung,  denn neben Langeweile kommt auch ein gewisse Portion Frust hinzu, vor allem dann, wenn das Kampfsystem nicht dafür entschädigen kann.

Stattdessen bekommt ihr vorwiegend solche Szenen zu Gesicht

Kampfsystem lernen auf die harte Tour

Wie schon in seiner Vorlage definiert sich das Kampfsystem auch hier über eure Fertigkeiten. Während ihr anfangs zunächst nur in den Besitz eines Schwerts kommt, so dürft ihr später zu einem breiten Waffenfundus greifen, die alle mit eigenen Skills im Kampf bestechen. Jeder Levelaufstieg beschenkt euch mit Skill-Punkten, die es in einem riesigen Skill-Baum auch auszugeben gilt. Dort könnt ihr nicht nur eure waffenspezifischen Fähigkeiten fördern, sondern auch Standardfähigkeiten erlernen, die sich auf die drei Sparten Angriff, Verteidigung und Buff aufteilen. Nach Kapitel 1 steht euch sogar frei zur Auswahl, welche drei Charaktere ihr in eure Gruppe aufnehmt, wo ein großes, spieleübergreifendes Heldengespann zur Verfügung steht. Je nachdem, für welche Gefährten ihr euch dabei entscheidet, desto mehr steigt euer Beziehungslevel, wodurch auch Aktivitäten außerhalb der Gefechte unternommen werden können. Doch das ist eher zweitrangig, denn eine besonders große Hilfe sind eure Unterstützer ohnehin nicht.

Skillpunkte lassen sich vielseitig investieren.

Wer glaubt, dass sich zu viert die Wildnis problemlos durchstreifen lässt, der irrt sich gewaltig. Im Kampf macht ihr hauptsächlich Schaden mittels euren Spezialattacken, die ihr über eine Leiste abfeuert, die ihr mit normalen Angriffen füllt. Leider sind diese normalen Attacken im Vergleich dazu nur geringfügig effektiv und keine große Hilfe. Was die Kämpfe aber zusätzlich erschwert ist die Untätigkeit eurer Truppe, denn während ihr damit beschäftigt seid, einen Angriff nach dem nächsten zu starten, stehen eure Verbündete oft nur tatenlos in der Gegend herum. Zwar könnt ihr mittels flinken Fingern diese auch für kurze Zeit selbst übernehmen, doch in der Praxis ist dies ein durchaus mühsames Unterfangen. Das liegt auch daran, dass die Standard-Gegner schon früh im Spiel bereits einen derart hohen Lebensbalken aufweisen, sodass ihr selbst für solche Begegnungen einen vergleichsweise hohen Aufwand betrieben müsst, obwohl die Ausbeute an Erfahrungspunkten sehr dürftig ausfällt. Dies gilt übrigens auch für alle Haupt- und Nebenmissionen, wo sehr gegeizt wird mit hilfreichen Ressourcen. Zu guter Letzt sei hier erwähnt, dass euch das Spiel zu Beginn kein detailliertes Tutorial zur Verfügung stellt, weswegen ihr die fortgeschrittenen Mechaniken zum Großteil selbst herausfinden müsst. Das macht besonders dann Spaß, wenn ihr euch alleine einem Boss stellen müsst, der genau diese voraussetzt.

So sehr wir Eugeo auch mögen, eine große Hilfe ist er selten

Technisch eine Katastrophe mit Ansage

Auch wenn man über die Erzählstruktur streiten kann und das Kampfsystem erst seine Zeit braucht, um es zu beherrschen, so gibt es gewisse No-Go’s, die man sich keinesfalls leisten sollte. Bedauerlicherweise schöpft hier Sword Art Online Alicization Lycoris aus dem Vollen und leistet sich einige Fehltritte. Schon beim Start des Spiels kommt es in den recht überschaubaren Mini-Karten regelmäßig zu Einbrüchen der Framerate, was angesichts den schwammigen und sehr detailarmen Texturen an Lächerlichkeit kaum zu überbieten ist. Auch das automatische Speichersystem hat einen großen Haken, denn dieses aktiviert sich nur beim Wechsel eines Gebiets. Stellt euch vor, ihr absolviert eine Stunde lang Nebenquests, bevor das Spiel im Zuge eines einfachen Bosskampfes plötzlich abstürzt und den ganzen Fortschritt löscht. Dieses Szenario war keine Seltenheit, sondern ist im Zuge unseres Review sogar viermal aufgetreten. Zweimal davon geschah es sogar in der finalen Sequenz nach vier Bosskämpfen am Stück, die nach Neustart des Spiels natürlich alle noch einmal besiegt werden mussten.

Nach Abschluss eines Bosskampfes müsst ihr stets hoffen, dass das Spiel nicht „freezed“

Es sind die technischen Unsauberheiten, die ihren übrigen Beitrag zum Spiel leisten. Da tröstet auch nicht der Mehrspielermodus drüber hinweg, verfügbar erst nach rund 15 Stunden Spielzeit. Auch das personalisieren des Hauptcharakters funktioniert nur mäßig, denn egal wieviel Mühe ihr euch gebt, in den Story-Sequenzen bleibt Kirito auch Kirito. Dies raubt ein wenig die Immersion, weswegen auch die Handlung an Spannung verliert, da ihr euch nicht mit den Figuren identifizieren könnt. Wer über alle diese Probleme dennoch hinwegsehen kann, auf den wartet ein riesiges Abenteuer, mit dem man problemlos über 100 Stunden verbringen kann.

Fazit

Sword Art Online Alicization Lycoris ist wirklich nur ein Spiel für absolute Fans der Serie, denn nur so kann man vielleicht über die lahme Erzählweise und das mühsame Kampfsystem hinwegsehen. Was aber unentschuldbar ist, sind die vielen technischen Schnitzer, die oft zu Frustmomenten führen und in der aktuellen Konsolengeneration nicht mehr notwendig sind. Kenner des Animes können reinschauen, der Rest macht am besten einen großen Bogen darum.

Positiv:

+ Vollständige Synchronisation aller Story-Dialoge

+ Stimmiger Soundtrack

+ Die sechs Story-Kapitel bieten einen enormen Spielumfang  

Negativ:

– Detailarme Spielwelt und langweilige Nebenaufgaben

– Technisch sehr unsauber und regelmäßige FPS Einbrüche

– Belanglose und langweilige Dialoge strecken das Spielerlebnis enorm

– A.I. Kameraden sind nahezu unbrauchbar im Kampf

– Große Schwankungen beim Schwierigkeitsgrad zwischen spielend einfach und unverschämt schwierig

Sword Art Online Alicization Lycoris ist seit 09.Juli für PC und seit 10.Juli für Playstation 4 und Xbox One erhältlich.

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Written by: Manuel Barthes

Ehemaliger freier Redakteur bei Cerealkillerz