Review: Star Wars Outlaws – Eine Open-World, die die Galaxis erobern will

Es scheint kaum zu glauben, dass Star Wars Outlaws das allererste Open-World-Spiel im Star Wars-Universum ist, aber es stimmt tatsächlich. Mit diesem ersten Schritt kommen viele Erwartungen, aber auch viel Aufregung, besonders, wenn das Studio, das dafür verantwortlich ist, Massive Entertainment ist, die talentierten Entwickelnden von The Division. Persönlich muss ich zugeben, dass ich mich heutzutage nicht mehr so oft für Open-World-Spiele begeistern kann, außer für die von Rockstar, da diese jedes Mal die Messlatte höher legen. Schafft Star Wars Outlaws das auch oder verschwindet es im Maul einer Sarlacc-Grube? Unser Test will es wissen.

Stealth und Reputation sind wichtiger als Action und Lichtschwerter

Outlaws spielt direkt nach „Das Imperium schlägt zurück“, ihr spielt als die Gaunerin Kay Vess vom Kaliber eines Han Solo anstelle eines weiteren Jedi und ihr habt ein großartiges, außerirdisches Haustier namens Nix an eurer Seite, das nicht nur niedlich ist, sondern auch das Gameplay beeinflusst. Mit anderen Worten, auf dem Papier hat es schon viel zu bieten. In Star Wars Outlaws versucht Kay Vess in der galaktischen Unterwelt zu überleben. In der Haupthandlung wird Kay versuchen, einen der größten Raubüberfälle im Outer Rim zu begehen, während sie gleichzeitig versucht, die Reichweite des Imperiums, den Zugriff der Syndikate und Elemente ihrer Vergangenheit zu überlisten. Kay hofft, mit dem Gewinn aus dem Raubüberfall ein neues Leben beginnen zu können, aber wie ich meine Star Wars kenne, ist das immer leichter gesagt als getan. Auf dem Weg dahin bleiben Kay und Nix natürlich nicht alleine und ich kann wohl sagen, dass der vom Cover bereits bekannte Droide ND-5 zu einem meier größten Überraschungen zählt, da er nicht nur cool aussieht, sondern auch eine so trockene, aber kühle Art an den Tag legt, dass es nicht besser passen könnte. Und obwohl Outlaws die Messlatte nicht auf Rockstar-Niveau hebt, kann ich sagen, dass es dennoch viel Neues für das Universum zu bieten hat und viele Fans der Vorlage abholen sollte, wenn man die Erwartungen richtig im Blick hat und weiß, was für eine Art Spiel es ist. Ubisoft hat sich ja den Ruf erarbeitet, „Checklisten“-Open-World-Spiele zu machen; große Welten, in denen man eine Aufgabenliste mit Nebenquests und Aktivitäten abarbeiten muss, die außerhalb des Hauptpfads liegen. Im Allgemeinen ist das kein Kompliment. Aber eine der Dinge, die mich an Star Wars Outlaws beeindruckt haben, ist, dass ich nicht das Gefühl hatte, einfach nur Kästchen abzuhaken, um dem 100-prozentigen Abschluss näherzukommen.

Denn im Gegensatz zu vielen früheren Ubisoft-Spielen wird eure Karte nicht automatisch mit Symbolen übersät, sondern ihr erstellt sie selbst. Während ihr die Städte und Außenposten der Welt erkundet, schaltet ihr Nebenquests und interessante Punkte auf eine viel natürlichere Art und Weise frei – zum Beispiel durch das Belauschen von Gesprächen oder das Finden von Datenpads. Diese Mission erhält dann eine Markierung auf eurer Karte, wobei der Pfad dorthin durch den Nebel des Krieges immer noch voller Geheimnisse ist. Auf dem Weg dorthin könnt ihr noch mehr Informationen (die Bezeichnung für die Nebenquests im Spiel) oder ein Upgrade für euren Blaster, Speeder oder sogar ein ganzes Raumschiff finden. Da man in Star Wars Outlaws nicht aufsteigt, erhält jede dieser Expeditionen zusätzliches Gewicht, da die Belohnung am Ende der Reise eure Ausrüstung wirklich verbessern könnte. Bessere Ausrüstung ist die einzige Möglichkeit, sich zu verbessern und interessante Informationen, mit kleinen Geschichten, sind der Weg, sie zu erhalten. Es gibt in Outlaws auch abseits davon jede Menge zu tun und generell fühlen sich diese Nebenquests und Aktivitäten viel organischer an als in anderen Spielen des Publishers. Zum Beispiel bin ich beim Herumwandern in der Stadt Mirogana auf dem Planeten Toshara an einer Art Arcade-Minispiel vorbeigekommen, habe mich darauf eingelassen und eine Runde gespielt.

Ich bin auch auf einen Wettstand gestoßen, wo ich auf holografische Pferderennen wetten konnte. Durch reines Glück habe ich auf das richtige Pferd gesetzt, was mich später zum Lachen brachte, als ich ein Datapad fand, das mir einen deutlichen Hinweis darauf gab, auf wen ich mein Geld setzen sollte. Ich bin auch einem spielsüchtigen Pechvogel begegnet, der mich um Geld angebettelt hat. Ich gab ihm etwas und verließ ihn mit dem Versprechen, dass er seinen Gewinn mit mir teilen würde, falls ihm das Glück wieder hold sein sollte. Natürlich gibt es auch eine Cantina und ich habe sogar einen Sabacc-Tisch gesehen, der mich direkt fast schon ähnlich zu Gwent damals in seinen Bann gezogen hat. Denn fortan war ich in einem planetenübergreifenden Turnier, welches mich sogar noch nach Tatooine führen sollte und Sabacc hat wohl leider fast schon zu viel meiner Spielzeit dabei gefressen. Aber alleine das ist ein super Beispiel dafür, warum Outlaws so Spaß machen kann. Denn das Kartenspiel ist sehr ausgereift implementiert, optisch sehr stimmig mit einem Kartendealer-Droiden dargestellt und sieht dabei auf jedem Planeten einzigartig aus. Und genau das ist es, was mir beim gesamten Spielen immer wieder positiv aufgefallen ist, die absolut tolle und sehr detailreich umgesetzte Atmosphäre.

Selten war Star Wars so immersiv und atmosphärisch

Massive hat wirklich hervorragende Arbeit geleistet, um eine authentische Star Wars-Atmosphäre zu schaffen. All diese optionalen Aktivitäten fühlen sich auf den Planeten und in den Städten von Outlaws sehr natürlich an und das liegt zum Teil an der exzellenten künstlerischen Gestaltung, die jede Location vor Star Wars-Authentizität strotzen lässt. Vom Lichtdesign über die Architektur bis hin zu den NPCs, die umherstreifen – Massive hat hervorragende Arbeit geleistet, um eine immersive Star Wars-Bühne zu schaffen. Ich wäre nachlässig, wenn ich nicht erwähnen würde, wie die Geschichte von Star Wars Outlaws all dies unterstützt und verstärkt. Das Setting wird dabei schnell klar, denn Kay will sich einfach in einer gnadenlosen Galaxie durchschlagen, lügt oder betrügt, wenn es nötig ist, um sich selbst zu schützen und hat daher Augen auf den nächsten großen Coup geworfen. Dies spielt sich in gelegentlichen Dialogoptionen ab, die während der Zwischensequenzen auftauchen und euch ein bisschen mehr Einfluss auf das Geschehen geben, was ansonsten ein Mini-Star-Wars-Film im Spiel wäre. Diese Entscheidungen verändern den Verlauf der Handlung zwar leider nicht, aber es gibt ein lobenswertes Fraktions-Reputationssystem, das verfolgt, wie sehr oder wenig euch die Syndikate im Spiel mögen. Betrügt ihr die Hutts, schadet ihr eurer Reputation bei ihnen, aber ihr steigert euer Ansehen bei Crimson Dawn beispielsweise. Wenn ihr eine Fraktion genug verärgert, wird sie euch den Zutritt zu ihrem Territorium verwehren, was bedeutet, dass ihr euch hineinschleichen und unentdeckt bleiben müsst, wenn ihr Zugang haben wollt oder sie hetzen euch sogar ständig Attentäter auf den Hals.

Dafür gibt es dann bei maximaler Stufe nette Boni wie ein paar kostenlose Items, ihr könnt deren komplette Basis auskundschaften und einsacken, was geht sowie auch besondere Händler finden, die euch dann exklusive Ausrüstung verkaufen. Und in Gefechten, auch im Orbit, helfen euch die gutgesinnten Fraktionen dann auch gerne mal. Es lohnt sich also natürlich idealerweise alle immer positiv gesinnt zu halten, was aber gar nicht so leicht ist. Aber ihr fragt euch wahrscheinlich, wie es mit den Schussgefechten aussieht? Da brauchte ich zunächst einige Stunden, um meine Erwartung richtig zu setzen. Es ist nämlich schon durch und durch ein Stealth-Spiel, auch wenn ihr einen sehr schlagkräftigen Blaster dabei habt. Dabei gefällt mir auch sehr gut, dass man kein Lichtschwert hat, das euch rettet, viel mehr müsst ihr Kays Blaster – der übrigens aufrüstbar ist – verwenden, um aus Schwierigkeiten herauszukommen und das verstärkt das Gefühl der Gefahr. Natürlich gibt es auch ein Schlossknacken, das in Form von Datenspikes erfolgt und mir gefiel, wie Outlaws das umsetzt. Jedes Schloss hat eine bestimmte akustische Signatur und es liegt an euch, dieses Muster zu erkennen, indem ihr den richtigen Auslöser im Rhythmus der Töne drückt. Je länger ihr braucht, desto wahrscheinlicher werdet ihr entdeckt. Auch das Hacking-Minispiel ist wirklich unterhaltsam. Hier müsst ihr die richtigen Symbole in der richtigen Reihenfolge anordnen, was in der Regel mehrere Versuche erfordert. Wenn ihr zu oft scheitert, könnt ihr den Hack vollständig vermasseln. Es hat ein paar Versuche gebraucht, bis ich den Dreh raus hatte, aber als ich es geschafft hatte, habe ich die Möglichkeiten zum Hacken wirklich genossen, besonders da ihr dafür dann später noch weitere Skills freischalten könnt, die es frisch und spaßig halten. Für weitere Fähigkeiten müsst ihr jedoch zunächst immer einen Experten in dem Gebiet über eine Nebenmission aufspüren und dann ein paar Aktionen in der Welt absolvieren, zack ist die neue Fähigkeit auch schon aktiv.

Das Stealth-Gameplay wird durch den heimlichen Star von Outlaws, Nix, unterstützt. Ja, Nix ist der BD-1 dieses Spiels, aber im Vergleich zu Cal Kestis‘ Droidenbegleiter kann Kays organischer Kumpel viel mehr für euch tun. Er kann einen Feind ablenken, indem er dessen Aufmerksamkeit auf sich zieht und sich dann niedlich totstellt oder ihn direkt angreifen. Er kann auch Knöpfe oder Schalter betätigen und Gegenstände holen, Kameras ablenken oder euch mitteilen, wenn ihr Items vergessen habt. All das ist nützlich und wenn ihr zum Beispiel in einem Feuergefecht feststeckt und ein stärkeres A300-Blastergewehr am anderen Ende des Raumes liegt kann Nix es holen und euch vor die Füße legen, ohne dass ihr die Deckung verlassen müsst. Mir gefällt wie Outlaws mit diesen größeren Waffen umgeht: Sie können nicht nachgeladen werden, was bedeutet, dass ihr sie nach dem Verschießen aller Runden einfach wegwerft und zu euren vertrauten Blastern zurückkehrt. Das ist wahrscheinlich eine Designentscheidung, um sicherzustellen, dass Kay nie zu mächtig wirkt, und so bleibt der Spielende im Kampf immer wachsam.

Mein Schiff, mein Speeder, mein Blaster, meine Outfits

Und schließlich wäre ein Open-World-Star-Wars-Spiel ohne Fortbewegungsmöglichkeiten in dieser Weite nicht komplett. In Outlaws ist das Kays Speeder-Bike, das, wie ihr euch denken könnt, ebenfalls aufrüstbar ist. Ihr könnt Credits durch Rennen verdienen oder einfach auf dem Weg zu eurem Ziel an einem interessanten Ort anhalten. Das Bike steuert sich gut und es fühlt sich fast so an, als würde man ein Boot in Waverace 64 fahren, da es ziemlich schnell und manövrierfähig ist, aber nicht wie auf Schienen fährt. Auch die tolle, noch gar nicht erwähnte, Dead-Eye-Fähigkeit, die euch mehrere Gegner in Zeitlupe markieren lässt, damit Kay diese dann gezielt ausschaltet, kann vom Bike aus direkt genutzt werden, was einem häufig aus der Patsche hilft. Ergänzt wird dies durch Kays Schiff, die Trailblazer (und ja, es ist auch aufrüstbar). Und während die Landungssequenzen allesamt nur Ladezeiten verschleiern, dafür aber klasse aussehen, geht es im Orbit in die nächste offene Welt, wenn auch nicht ganz so interessante. Hier könnt ihr auf dem Weg zum nächsten Planeten nämlich nur Materialien sammeln oder Schiffe vor Piraten retten, so richtig viel ist abseits davon nicht zu tun. Dafür sieht auch das optisch absolut großartig aus und lockert die Bodenmissionen immer sehr gut auf, da ihr mit eurem Schiff schon recht früh offensiv gut mitmischen könnt.

Wenn es eine Sache gibt, die mich während meiner Zeit mit dem Spiel gestörthat, dann sind es Bugs. Denn obwohl es heutzutage fast immer einen Day-One-Patch gibt, war es trotzdem enttäuschend, so viele nervige kleine, zugegebenermaßen meist visuelle und harmlose, Fehler zu sehen. Hoffentlich wird das Day-One-Update den Großteil davon beheben, aber aktuell sind gerade beim Schleichen häufig Gegner auch mal vor mir verschwunden, ein Stealth-Takedown hat nicht funktioniert und ich wurde entdeckt oder ein Stormtrooper hat mich durch eine geschlossene Tür hindurch entdeckt. Zusammen mit der leider häufig auch eher mäßig cleveren KI sind so ein paar nervige Situationen entstanden, die mit neu laden verbunden waren. Das sind alles recht auffällige Sachen, die sicher schnell behoben werden, sind gepaart mit kleiner visuellen Bugs aber schon schade. Letztendlich hatte ich jedoch eine fantastische Zeit mit Star Wars Outlaws. Open-World-Spiele neigen dazu, in vielen Bereichen gut, aber in keinem herausragend zu sein und das ist hier definit anders. Denn der Flair, die Atmosphäre und generell die Optik sind häufig wirklich beendrucken hochwertig. Mann muss sich jedoch vorm Spielen wirklich nochmal bewusst machen, dass der Gameplay-Fokus auf Schleichen und unentdeckt bleiben liegt, da ihr als Kay Vess einfach keine Armee seid und euch gegenüber auch häufig eine viel zu riesige Schar an Widersachern gegenübersteht.

Fazit

Star Wars Outlaws geht etwas weg von der typischen Ubisoft-Formel und präsentiert eine angenehm fokussierte Open-World mit einer runden Spielzeit von 30-40 Stunden und einem großen Fokus auf Stealth. Nicht jeder Planet ist dabei gleich offen und groß, dafür sieht jeder unglaublich schön aus und weiß die von Fans so geliebte Star-Wars-Atmosphäre enorm gut zu transportieren. Die KI und gelegentliche Bugs holen einen zwar durchaus wieder aus der Immersion raus und die Geschichte ist abgesehen von den Charakteren nicht herausragend, aber wir konnten dennoch nicht genug von Kay, Nix, ND-5 und den vielen Planeten bekommen. Hütet euch nur vor dem Suchtpotential beim Kartenspiel Sabacc.

Star Wars Outlaws erscheint am 30. August 2024 für PlayStation 5, Xbox Series X|S und PC.

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Written by: Nick Erlenhof

Hitoshura, Sith & FOXHOUND-Spectre

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