Review: Soul Hackers 2 – Ein cyberpunkiger Einstieg in Shin Megami Tensei

Eine Fortsetzung, die 25 Jahre nach dem ursprünglichen Devil Summoner: Soul Hackers spielt. Das ist Soul Hackers 2. Oder viel mehr Shin Megami Tensei Devil Summoner: Soul Hackers 2, wenn man alle Zusätze benutzen würde. Doch für wen ist das Spiel geeignet? Hardcore-MegaTen-Fans, die jeden Teil verschlungen haben, oder eher für Neulinge, die sich noch nicht an das zuletzt erschienene SMT V gewagt, aber bereits Persona gespielt haben? Grundsätzlich auf jeden Fall für beide. Doch lest selbst und macht euch einen Eindruck in unserem Test.

Ein Einstieg in das Ende der Welt

Soul Hackers 2 dreht sich um einen geheimen Krieg zwischen zwei Fraktionen von Devil Summoners: Die Yatagarasu und die Phantom Society (erstere taucht in den Raidou Kuzunoha-Spielen auf, letztere im ursprünglichen Soul Hackers). Aion, ein digitales Hivemind, das Gefühle entwickelt hat, errechnet, dass die Menschheit bald vor einer weltumspannenden Katastrophe stehen wird, und erschafft zwei Agenten, die dagegen kämpfen sollen: Ringo und Figue. Im Laufe des Spiels spielt ihr die Rolle von Ringo, untersucht die Katastrophe, trefft neue Verbündete und lernt langsam die Schönheit der Menschheit jenseits ihrer ursprünglichen KI-Ursprünge kennen.

Extravagante Charaktere gibt es genügend.

Was die Devil Summoner-Spiele von der Shin Megami Tensei-Hauptreihe unterscheidet, ist, dass diese Spiele anstelle des postapokalyptischen Settings eher wie pulpige Detektivkrimis wirken. Devil Summoner, die ihre Dämonen einsetzen, um übernatürliche Rätsel in einer zeitgenössischen Umgebung zu lösen. Für jemanden, der mit Persona 5 in die Atlus-Spiele eingestiegen ist, könnte dies daher ein sehr guter Einstieg sein, um zu sehen, wie vielfältig die breite Palette der Atlus-Rollenspiele sein kann. Soul Hackers 2 ist so ziemlich genauso zugänglich wie jenes Spiel, aber mit den dunkleren Konzepten von Dämonen und geheimen Kulten, um die langjährigen Fans bei Laune zu halten. Auch wenn ich sagen muss, dass der Einstieg in die Story etwas zäh und mit viel Informationen und etwas drögen ersten Dungeons daherkommt. Denn ein alter Container-Hafen oder eine stillgelegte U-Bahn-Station sind bei dem guten Grundsetting eher enttäuschend.

Bunte Ästhetik gepaart mit Cyberpunk

In Soul Hackers 2 erleben Ringo und ihr Team ein Abenteuer in einer glitzernden japanischen Metropole, in der moderne Technologie eine große Rolle spielt. Hier sind Dämonen nur Mythen und Legenden, aber Summoner können „Realms“ betreten (ähnlich wie das dunkle Reich in den Raidou-Spielen), wo sich Dämonen versammeln und Summoner treffen können. Hier findet man Einrichtungen für Summoner, die Dämonenfusionen, COMP-Verbesserungen und das Sammeln von Informationen ermöglichen.

Auch nicht ausgerüstete Dämonen erhalten stets EXP. Sehr praktisch!

Wie das ursprüngliche Soul Hackers bedient sich das Spiel einer Cyberpunk-Ästhetik, die jedoch durch ein moderneres Design aktualisiert wurde, so dass eine farbenfrohe Stadt entsteht, die einen interessanten Kontrast zu den traditionelleren Dämonen-Designs bildet. Ältere Fans werden vielleicht sagen, dass es zu schrill ist, aber ich finde es gut, dass es sich so deutlich von den vorherigen Spielen unterscheidet. Es gibt dem Spiel eine eigene Identität und vermittelt immer noch ein starkes Sci-Fi-Gefühl, das sich mit dem Vorgänger Soul Hackers deckt, einem Spiel, in dem es stark um das Aufkommen neuer Technologien ging. Wie ihr an meinen ständigen Bezugnahmen erkennen könnt, hat es die älteren Spiele keineswegs vergessen. Das Spiel knüpft sehr stark an die vergangenen Devil Summoner-Spiele an, mit wiederkehrenden Charakteren wie Victor, die neben ähnlichen Mechanismen wie der Beschwörung eines Dämons, der einem bei der Suche nach Gegenständen hilft, wieder auftauchen.

In der Bar Heidrun gibt es immer wieder Gespräche, die euren Seelenrang zum jeweligen Charakter steigern.

Eine Stärke liegt in den Charakteren und ihren Geschichten, doch der Weg dahin…

An der Seite von Ringo befinden sich die Partymitglieder Arrow, Milady und Saizo. Dämonenbeschwörer, die dabei helfen, die weltvernichtende Katastrophe zu verhindern. Da Ringo keine stumme Protagonistin ist, könnt ihr im Laufe des Spiels sehen, wie sie wächst und sich mit den anderen Charakteren verbindet. Dies kann durch die Annahme von Quests geschehen, bei denen man die Hintergrundgeschichte der anderen Charaktere erfährt und das Team dadurch stärker wird. Ihr könnt auch einfach mit ihnen in eurem Unterschlupf abhängen, wo ihr einen Burger essen und eure HP wieder auffüllen könnt. Jedem Gruppenmitglied muss ein Dämon sowie Beschwörer-Fähigkeiten zugewiesen werden. Diese Fähigkeiten erwirbt Ringo aus der „Seelenmatrix“, einem Raum in ihrem mentalen Zustand. Je enger sie sich im Laufe der Hauptgeschichte mit ihren Verbündeten verbindet, desto weiter steigt ihr „Seelenlevel“ und desto mehr Bereiche der Matrix kann sie erforschen, um neue Fähigkeiten freizuschalten.

Innerhalb der Soul Matrix sieht leider jeder Flur gleich aus.

Daher könnt ihr während Gesprächen selber anhand der Antwort wählen mit welchem der drei Charaktere ihr das Seelenlevel verstärken wollt. Die Dungeons der Seelenmatrix sind übrigens mein größter Kritikpunkt. Denn diese sind immer gleich aussehend, bieten keine wirkliche Abwechslung oder interessante Features und spielen sich alle gleich mit den gleichen Nebenquests für alle drei Partymitglieder, auch wenn es zwischendurch vertonte Sequenzen, die viel zu deren Vergangenheit beitragen, gibt. Und einzelne Bosse am Ende der Level fordern einen ebenso sehr gut. Aber der öde Weg und die häufigen Ladezeiten dahin sind es sicherlich nicht jedem Wert. Tartarus und Mementos aus der Persona-Reihe lassen grüßen!

Jede Anlaufstelle wird direkt auf der Karte markiert.

Das Kampfsystem ist erneut das Herzstück

Das Spiel verwendet das bewährte Megami Tensei-Press-Turn-System, bei dem der Spieler versucht, den Schwachpunkt des Gegners zu treffen. Im Gegensatz zu früheren Spielen, in denen man dadurch einen zusätzlichen Zug erhält, erhält die Gruppe hier durch das Treffen einer Schwachstelle einen Stack. Und am Ende des Zuges nutzt man diese Stacks, um einen sogenannten „Sabbath“ zu entfesseln. Dabei handelt es sich um einen finalen Schlag, der allen Gegnern massiven Schaden zufügt, ähnlich wie die All-Out-Attacken aus den Persona-Spielen. Somit ist anderes Taktieren notwendig, denn eurer Zug ist nicht direkt vorbei, wenn ihr eine Stärke des Gegners trefft und euch der Angriff wieder um die Ohren fliegt. Das Spiel ist im Vergleich zum Hauptspiel SMT definitiv eher für Einsteiger in das Franchise geeignet. Es gibt sogar einen Assistenzmodus, der euch bestimmte Angriffe vorschlägt, wenn ihr es mit einem Boss schwer habt. Damit laufen die Kämpfe nicht direkt von sich ab, aber es bietet eine gute Hilfestellung oder beschleunigt Kämpfe, wenn man nur eben durch ein Gebiet kommen möchte. Und das möchte man häufiger! Denn wenn ihr die Charaktergeschichten in der Soul Matrix alle erleben möchtet, seid ihr für die Dungeons der Hauptstory häufig etwas überlevelt.

Gegner sind jederzeit sichtbar, sobald sie spawnen und können daher auch vermieden werden.

Neue Ausrüstung gibt es in den zahlreichen Shops oder als Belohnung für Nebenquests. Eurer Aussehen verändern diese übrigens nicht, dafür gibt es ab Release zahlreiche DLC-Outfits, die man sich für Echtgeld dazukaufen muss. Typisch Atlus leider! Zusätzlich könnt ihr euren Partymitgliedern auch noch Essenzen ausrüsten, die ihr von Dämonen erhalten, nachdem diese alle Skills erlernt haben. Damit steigert sich zum Beispiel die Effektivität von Heilzaubern, oder Feuermagie richtet mehr Schaden an. Doch auch nützliche Items oder neue Fusionsrezepte gibt es abzustauben, und mit der hohen Anzahl an Nebenmissionen ist auf jeden Fall genug zu tun. Diese reichen von üblichen „Töte X Monster in Dungeon Y“ bis zu Liefermissionen oder Quizspielen. Einige davon erzählen dabei schöne kleine Geschichten, der Großteil schickt euch aber einfach nur noch einmal durch einen vorangegangenen Dungeon.

Buffs und Debuffs sollten immer zu eurem Repertoire gehören.

Und damit kommen wir zu meinem größten Kritikpunkt – den Dungeons! Alleine wenn man in den ersten 15 Stunden immer noch nicht weiter als innnerhalb des gleichen Soul Matrix-Dungeons oder der dritten Variante einer verlassenen U-Bahn-Station unterwegs ist, schläft einem schon etwas das Gesicht ein. Es gibt später abwechslungsreichere Umgebungen, aber auch diese können vom Design her nicht wirklich überzeugen. Die immer gleiche labyrinthartige Aufmachung, die zwar durchaus mit kleineren Rätseln aufgewertet werden, damit aber dennoch nicht genügend Spaß bieten, sind einfach nicht zeitgemäß. Da kann auch die sehr gute Synchro, die fetzige Musik oder der coole Look nicht alles retten.

Commander Skills sind nach mehreren Zügen verfügbar und geben euch hilfreiche Boni.

Fazit

Insgesamt ist Soul Hackers 2 ein sehr guter Einstieg in das Megami Tensei-Franchise. Wer den drögen Dungeons etwas abgewinnen kann und es nicht ständig mit anderen Teilen des Franchises vergleicht, hat hier definitiv Spaß und bekommt ein wirklich gelungenes, wenn auch nicht großartiges JRPG.

Soul Hackers 2 erscheint am 25. August 2022 für PlayStation 4, PlayStation 5, Xbox One, Xbox Series und PC.

Positiv:

+ tolles „Press-Turn“-Kampfsystem

+ Dämonensammeln und Fusionieren macht immer wieder Spaß

+ großartiger, unverbrauchter Look

+ ausgearbeitete Charaktere mit ernstem Hintergrund

+ viele Verweise auf vorangegangene Teile der Reihe

+ sehr guter Einstieg in die Reihe

Negativ:

– repetitive Dungeons

– Soul Matrix ist reine Beschäftigungstherapie

– Story braucht eine Weile

– viele einzelne Ladezeiten beim Wechseln der Gebiete

Teilt uns eure Meinung mit

Written by: Nick Erlenhof

Hitoshura, Sith & FOXHOUND-Spectre

No comments yet.

Leave Your Reply