Im August 2017 erschien mit Hellblade: Senua’s Sacrifice ein überraschend gutes storygetriebenes Abenteuer, das Ninja Theory einen Hit verschaffte, bevor sie von Microsoft im Folgejahr gekauft wurden. Nun kommt der zweite Teil und erzählt Senuas Geschichte in Senua’s Saga Hellblade II weiter. Wir haben uns sowohl die Xbox, als auch die PC Version für euch angeschaut. Abseits einer etwas besseren Grafik am PC (passende Hardware vorausgesetzt) sind die Versionen allerdings ident.
Spiel oder Film?
Da die Protagonistin Senua von starken Psychosen geplagt ist und dauerhaft Stimmen in ihrem Kopf hört, liegt ein Hauptaugenmerk des Spiels auf der Darstellung von Senuas Psyche. Die Entwickler legen einem daher bei jedem Spielstart die Verwendung von Stereokopfhörern ans Herz, damit die speziell aufgenommenen Stimmen aus unterschiedlichen Richtungen kommen. Das funktioniert richtig gut und sorgt für Gänsehaut und viel Immersion. Auch die Landschaft Islands ist sehr detailreich übernommen worden und sieht hervorragend und vor allem glaubwürdig aus. Das Development Diary dazu zeigt auch, welche Mühen Ninja Theory dafür auf sich genommen hat. Einzig das Nichtvorhandensein von Tieren, mit Ausnahme weniger Vögel, fällt negativ auf.
Ansonsten wirkt das Spiel fast durchgehend wie ein stark immersiver Film. Das liegt aber nicht nur an der Grafik und dem sehr guten Sounddesign, sondern vor allem auch daran, dass es in Sachen Gameplay keine großen Veränderungen zum Vorgänger gibt. Viele Sequenzen sind schlicht ein Marsch von A nach B oder sehr einfache Schalterrätsel. Der Fokus liegt auf dem Erleben von Senuas innerer Welt und der Story als solches. In diesem Sinne ist Hellblade II nur ein glorifizierter Walking Simulator, der ab und an mit sehr einfachen Rätseln und ein paar Kämpfen aufgelockert wird.
Die eigene Vergangenheit wird man nicht los
Doch warum ist man überhaupt in Island? Senua versucht nach den traumatischen Erlebnissen des ersten Teils die Raubzüge der Wikinger zu stoppen, indem sie sich selbst als Sklavin einfangen lässt. Damit will sie dem Ursprung der Angriffe auf den Grund gehen. Der Plan wird allerdings von einem Sturm vereitelt und spült sie geschwächt am Strand in der Fremde an. Trotz dieses Rückschlags und den immerwährenden Stimmen in ihrem Kopf, ist sie dennoch fest entschlossen alles in die Tat umzusetzen. So schafft sie es zu Beginn knapp den Wikinger Thórgestr zu besiegen und ihn dazu zu zwingen sie zu seinem Dorf zu führen.
Doch im Zuge der Reise bemerkt Senua, dass Draugr (vereinfacht gesagt die skandinavische Version von Zombies) des Nächtens angreifen und sogar Riesen eine Bedrohung für die Bevölkerung darstellen. Und so wird sie wider Willen zur potentiellen Rettung der Isländer und trifft auf ihrer Reise noch weitere Mitstreiter. Gleichzeitig kämpft Senua aber immer noch ihren eigenen Kampf mit sich selbst, da die Stimmen in ihrem Kopf ihr teilweise noch immer ihre Ängste und Wertlosigkeit vorhalten. In diesen Situationen der Verzweiflung spielt Ninja Theory ihre größten Trumpfkarten aus, da einem als Spieler nicht immer klar ist, was Realität ist und was nur in Senuas Kopf passiert. Zudem ist die skandinavische Mythologie und damit im weitesten Sinne Magie ebenso vorhanden und lässt die Grenze zwischen Realität und Einbildung noch weiter verschwimmen.
Walking Simulator mit Extras
Wie bereits erwähnt, ist Senua’s Saga Hellblade II näher an einem Film, als an einem Spiel. Darum gibt es gameplaytechnisch auch nicht viel mehr zu erzählen. Abseits der Rätsel und Kämpfe gibt es nämlich nur noch ein paar versteckte Steingesichter und Stecken mit Runen zu finden, an denen man noch ein wenig mythologische Hintergründe und Senua Lore erzählt bekommt. Alles andere ist mehr oder minder Automatik und „nach vorne Laufen“.
Wir hätten uns an dieser Stelle einfach etwas mehr gewünscht. Denn schlussendlich ist man nach ca. 7-8h bereits durch das Spiel durch. Als Bonus gibt es dann aber die Möglichkeit mit dem Kommentar anderer Hauptfiguren die Geschichte erneut zu erleben. Das ist nicht viel, aber zumindest der Versuch mehr Spielzeit aus Hellblade II herauszuholen. Fairerweise bekommt man das für ca. 50€ auf Steam oder sogar gratis im Microsoft Gamepass zum Release.
Fazit
Wer wissen wollte wie es mit Senua weitergeht und auf storylastige, immersive Spiele steht, der wird mit Hellblade II seine Freude haben. Die Präsentation ohne jedwedes HUD Element und beeindruckendes Sound- und Grafikdesign bieten ein hervorragendes erzählerisches Erlebnis. Genau hier hört es allerdings auch auf. Zwar sind die Kämpfe packend und intensiv inszeniert, aber im Kern sehr simpel. In Kombination mit im Grunde immer gleichen Rätseln, gibt es in Sachen Gameplay leider eher Langeweile zu vermelden. Wer nicht über den Gamepass quasi gratis spielen kann, sollte ohne Vorerfahrung mit dem ersten Teil gut überlegen, ob er diese Art von Spielerlebnis wirklich möchte.
Positiv
- Island hat nie schöner ausgesehen
- Sounddesign und Synchronisation sind hervorragend
- Respektvolle und gelungene Darstellung von Senuas Psychosen
- Dichte Atmosphäre und perfektes Storytelling, auch in Sachen Pacing
Negativ
- Wenig Neuerungen zum ersten Teil
- Die Rätsel sind zu einfach und stark repetitiv
- Es gibt keine Abzweigungen im Spiel und somit keinerlei Eingriff durch den Spieler
- In Summe ein Walking Simulator