Review: Saints Row: The Third Remastered – Hübsche Schale, alter Kern

Die Zeit der Remaster und Remakes scheint aktuell nicht abklingen zu wollen. Erst vor ein paar Tagen wurde mit der Mafia Trilogy sogar beides angekündigt, denn für den ersten Teil erscheint ein komplettes Remake, während Teil 2 & 3 nur ein Remaster mit verbesserter Grafik spendiert bekommen. Auf diesen Zug möchte auch Publisher Deep Silver aufspringen und bringt euch zusammen mit Entwickler Sperasoft heute Saints Row: The Third Remastered für alle aktuellen Konsolen und PC. Viele Fans hätten sich wohl eher ein Remaster zum zweiten Saints Row mit einer ernsten, emotionalen Story gewünscht. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Ob sich der Ausflug in ein grafisch aktualisiertes Steelport aus dem Jahre 2011 lohnt, erfahrt ihr hier in unserem Test.

Man sieht dem Spiel die neun Jahre wirklich nicht an

Zuerst einmal zu den grafischen Neuerungen, denn spielerisch hat sich nichts verändert, außer dass ihr von Anfang an Zugriff auf über 30 verschiedene herunterladbare Inhalte inklusive der Punktejagd mit Gegnerwellen im sogenannten „Whored Mode“ habt. Ihr könnt euch also, wenn ihr wollt, direkt nach dem Tutorial in einen Panzer im Saints-Design schwingen und Chaos und Zerstörung in Steelport anrichten. Sperasoft hat hier wirklich keine Kosten und Mühen gescheut, um alle Waffen und sämtliche Fahrzeuge im Spiel neu zu modellieren.

Ein Großteil der Stadt hat neue und hochaufgelöste Texturen spendiert bekommen und insgesamt 4.000 Grafik-Assets wurden überarbeitet. Darüber hinaus kommt ein neues Beleuchtungssystem mit physikbasiertem Rendering und Global Illumination zum Einsatz. Dies sorgt für eine höhere Sichtweite, eine belebtere Stadt mit mehr Verkehr und Fußgängern, allgemein mehr Effekte (Filmkörnung, Bewegungsunschärfe, volumetrischer Nebel etc.), HDR-Unterstützung und besserem Anti-Aliasing.

Die grafischen Neuerungen fallen wirklich auf und das Spiel sieht einfach klasse aus. Besonders die neuen Modelle der Fahrzeuge machen einiges her und die Neonlichter der Wolkenkratzer sehen beeindruckend aus. Leider trifft das aber nicht auf das komplette Steelport zu, denn besonders aus der Luft sieht es doch immer wieder sehr hässlich aus und dazu kommt eine häufig erst nachträglich ladende Umgebung, die den ersten sehr positiven Eindruck doch ganz schön schmälert.

Die Saints sind noch die Alten

Für die Story sind keine Kenntnisse früherer Saints Row-Spiele erforderlich, um in den Wahnsinn von The Third zu springen. Nach einer wirklich spektakulären Eröffnungssequenz wird die Gang von ihrer Heimatstadt Stilwater in die Stadt Steelport verfrachtet. Als deren Anführer liegt es an euch, sie von aufstrebenden Neulingen zu Herrschern der Stadt zu machen, was bedeutet, dass ihr häufig mit den lokalen Gangs, den maskierten Luchadores, den stilvollen Morningstars und den von Tron inspirierten Deckern in Konflikt geraten werdet. Dabei begegnen euch einige verrückte Charaktere, wie z.B. Oleg, ein Hüne, der so groß ist, dass er nur auf der Ladefläche eures Pickups mitfahren kann, oder Zimos, welcher aus unbekannten Gründen immer über ein Kehlkopfmikrofon zu euch spricht.

Neben verrückten Charakteren erwartet euch auch die aus dem Originalspiel bekannte Musik wie die pochenden Rhythmen von Kanye Wests „Power“, welche euch im Tutorial begleiten, während ihr ein Penthouse zusammenschießt. Gelegentlich geht jedoch der sorgenfreie Ton des Spiels auch mal etwas zu weit. Eine Mission, bei der der Menschenhandel mit Sexarbeiterinnen als Handlungsgrundlage für ein cartooniges Zerstörungschaos dient, ist ein Beispiel, bleibt aber in der Gesamtübersicht die Ausnahme. Generell muss jeder selbst wissen, ob einem der unernste sarkastische Stil und der häufige Stumpfsinn zusagt. Die Optionen der Charaktererstellung direkt zu Beginn alleine laden nur zu Quatsch ein. Zwischen Zombie-Gestöhne, pinker Hautfarbe oder einem Werwolfkostüm ist alles dabei und es fällt schwer, einen relativ realistischen Charakter zu kreieren.

Was man dem Spiel nicht vorwerfen kann, ist repetitives Missionsdesign, denn hier haben sich die Entwickler wirklich austoben können. Egal ob ihr als eine Toilette in einer digitalen Welt einen Hacker aufhalten wollt, in einem Wrestling-Match als Luchadore verkleidet die Fäuste sprechen lasst oder ob ihr nackt in einem Bordell aufwacht, nur um kurze Zeit später einen Streitwagen mit maskierten BDSM-Sklaven als Pferde in einer Verfolgungsjagd zu steuern. Leider reichen nach neun Jahren die bizarren Ideen alleine nicht mehr aus, um einen als Spieler langfristig begeistern zu können.

Spielerisch leider ganz schön in die Jahre gekommen

Optisch wurde wie gesagt einiges getan, leider trifft das aber nicht auf KI, Bugs und das generelle Gameplay zu. Der erste Blick in die Missionsübersicht als Beispiel ist nicht nur nicht sonderlich hübsch, sondern total unübersichtlich, da nicht klar ist, welche Mission zum Hauptspiel und welche zum DLC gehört, und erst viel später gespielt werden sollte.

In Missionen, bei denen ihr nur auf dem Beifahrersitz Platz nehmt und meist mit einer großkalibrigen Waffe euch verfolgende Feinde ausschaltet, passiert es immer wieder, dass der KI-Kollege am Steuer an einem Bordstein oder einem anderen Hindernis hängen bleibt und ihr den letzten Checkpoint laden müsst. Die Animationen wirken häufig hakelig und vieles wirkt in die Jahre gekommen. Das sind alles kleinere Fehler, die natürlich zu verzeihen sind, nur leider bleibt auch abseits davon das generelle Gameplay hinter der aufpolierten Optik zurück. Feuergefechte fühlen sich lahm und nicht intuitiv an und machen einfach keinen Spaß, Feinde halten häufig viel zu viel aus und besonders später im Spiel erwarten einen auf den Straßen und in Missionen schier nie enden wollende spawnende Gegner, Panzer und Helikopter, die einem das Vorankommen arg erschweren und bei mir dafür sorgten, dass ich nur bis zum nächsten Missionspunkt durchgerannt bin.

Fazit

Saints Row: The Third Remastered ist ein okayes Remaster und schafft es mit seiner neuen Optik Steelport so schön wie noch nie aussehen zu lassen. Der Humor und die verrückten Missionen sowie die übertriebene Inszenierung funktionieren auch heute noch, solange man damit etwas anfangen kann. Leider kommt bei den Schießereien kein wirklicher Spaß auf und die Technik hinter dem hübschen Äußeren ist immer noch von 2011.

Positiv

+ wahnwitziger Humor und Action funktionieren auch heute noch gut

+ Neue Texturen und Charaktermodelle sehen klasse aus

+ abwechslungsreiche Hauptmissionen,…

Negativ

– langweilige und zu langwierige Feuergefechte

– Story sehr vorhersehbar

– … mit häufig monotonem Gameplay

Saints Row: The Third Remastered erscheint am 22. Mai 2020 für Xbox One, Playstation 4 und PC via dem Epic Games Store.

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Written by: Nick Erlenhof

Hitoshura, Sith & FOXHOUND-Spectre