Team Ninja dürften vielen vor allem durch Ninja Gaiden oder Nioh bekannt sein, die beide durch ihre knallharten Kämpfe durchaus als frustige Durchhalte-Games berüchtigt sind. Dead or Alive gibt es da aber auch noch und ihr letztes Werk Wo Long: Fallen Dynasty gefiel uns mit seinen etwas anderen Ansätzen ja sogar besser als Nioh. Doch was fehlt noch? Natürlich Open World, denn alles muss ja irgendwann irgendwie offen und erkundbar werden. Doch hat das hier funktioniert oder hätte es doch lieber ein Nioh 3 oder Wo Long 2 sein sollen? Mehr dazu in unserem Test.
Wege, um auch Neulinge besser integrieren zu können
Der PS5-Exklusivtitel, der zum Teil von Sony unter dem Banner der PlayStation Studios finanziert wurde, präsentiert sich etwas als Nioh für den Mainstream, mit Schwierigkeitsoptionen und zusätzlichen Zugänglichkeitseinstellungen, die nicht nur das masochistische Dark Souls-Publikum ansprechen. Im Pausenmenü kann der Schwierigkeitsgrad spontan angepasst werden, um die Art von Erfahrung, die man sucht, zu ermöglichen. Drei Schwierigkeitsgrade stehen zur Auswahl, und dann kann man die Gesundheits- und Ausdauermechanik noch weiter verfeinern. Darin ist Rise of the Ronin absolut erfolgreich, denn wenn man mal auf einen besonders schwierigen Bosskampf oder eine besonders schwierige Sequenz stößt, gibt es Möglichkeiten, die Dinge zu erleichtern. Das Gleiche gilt, wenn die Dinge sich als zu einfach erweisen: Eine härtere Twilight-Schwierigkeitsoption ist für Puristen da, die die Herausforderung lieben. Obwohl es komisch ist, die Schwierigkeitseinstellungen zu loben, hat der Entwickler gut daran getan, das Gewohnte zu modifizieren, um ein breiteres Publikum anzusprechen. Wenn ihr das Spiel wie einen traditionellen Action-Adventure-Titel spielen wollt, könnt ihr das tun. Wenn ihr auf brutale Team-Ninja-Action aus seid, könnt ihr es auch so spielen.
Wo es nicht ganz so gut abschneidet, ist sein riesiger Spielraum. Mit Spielen wie Elden Ring und The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom in der Hinterhand hat das Open-World-Genre bewiesen, dass es immer noch ein starkes Gefühl der Entdeckung, des Staunens und des Geheimnisses vermitteln kann. Rise of the Ronin hat nichts von alledem. Die Kartensymbole werden durch Bond-Levels und nicht durch das Erklimmen von Türmen aufgedeckt, aber das Ergebnis ist dasselbe; ein Ansatz, der so banal ist, dass er eher an das Design der Assassin’s Creed-Spiele vor dem RPG-Neustart der Serie erinnert. Ihr werdet Katzen finden und sie streicheln. Ihr geht zu Schreinen und betet sie an. Ihr geht auf benannte Gegner zu und besiegt sie im Kampf. Ihr geht zu einem Ort und macht ein Foto von einem bestimmten Landschaftsstück. Damit bleibt alles sehr gleichförmig und es gibt einfach wenig Überraschungen oder Motivation auf eigene Faust Sachen zu entdecken, was schade ist, aber auf eine andere Art und Weise eben auch wieder Spaß macht.
Ein Genre-Konglomerat, das nicht immer aufgeht
Meistens blockieren Feinde euren Weg von einer Kartenmarkierung zur nächsten, und es sind diese vielen Kampfbegegnungen, die den Titel ausmachen. Aufbauend auf der Nioh-Serie und Team Ninjas neuerem Wo Long: Fallen Dynasty, sind die Kämpfe im neuesten PS5-Projekt des Studios zwar zugänglicher, aber sie haben immer noch genauso viel Tiefe. Zu Beginn des Spiels erstellt man zwei Charaktere (der erste wird zum Protagonisten und der zweite spielt eine wichtige Rolle in der Geschichte) und wählt dann seine Startklasse und Waffen aus. Wie bei einem FromSoftware-Titel sind diese Auswahlmöglichkeiten jedoch eher als Startpunkte gedacht und nicht als das, was euer Build für die nächsten 50 Stunden ausmacht. Von Doppelschwertern und Katanas bis hin zu Bajonetten und sogar Pistolen gibt es eine riesige Menge an Waffen- und Standanpassungen, in denen man sich verlieren kann, zusammen mit dem für Team Ninja typischen Loot-System, das Rüstungsteile fallen lässt, als wären sie eine normale Währung.
Egal, welche Art von Klinge ihr ausgerüstet habt, die Kämpfe erinnern im Allgemeinen mehr an Sekiro: Shadows Die Twice als an irgendetwas anderes. Während Blocken und Ausweichen durchaus brauchbare Taktiken sind, ermutigt das Spiel zum Parieren, um die Ausdauerleiste des Gegners aufzubrauchen und ihn für einen tödlichen Schlag offen zu halten. Ihr müsst nicht nur dafür sorgen, dass der Gegner nicht das Gleiche mit euch macht, sondern auch mit mehreren Kämpfern gleichzeitig fertig werden, spezielle Schwächen ausnutzen und sich in Sicherheit bringen, wenn die Chancen gegen euch stehen. Nervig dabei ist, dass viele Gegner sich während der Angriffe nicht durch Hiebe unterbrechen lassen, ihr aber sofort aus der Combo geworfen werdet, sobald ein Gegner dazwischen funkt. Das ist einfach nur unfair und macht keinen Spaß. Die Kämpfe werden dann durch das Standsystem vertieft. Ähnlich wie beim Stein-Schere-Papier-System können bis zu drei Haltungen gleichzeitig ausgerüstet werden, wobei die meisten Gegner gegen einige wenige stark und gegen andere schwach sind. Das Wechseln zwischen den Stellungen kann sich im Kampf als etwas fummelig erweisen, aber sie sind eine großartige Möglichkeit, das Blatt im Kampf zu euren Gunsten zu wenden. Neue Fähigkeiten und Moves können dann aus verschiedenen Skill-Trees ausgewählt werden, so dass man sich auf einen bestimmten Spielstil konzentrieren kann.
Besser gut geklaut, als schlecht selbst gemacht
Generell wurde vieles alter Titel übernommen, aber angepasst, bzw. benutzt man diese Features nun anders. Schleierbanner sind der Ersatz für Lagerfeuer, nur dass man sie eher als Schnellreisepunkte als als Respawn-Ort benutzt. In den Hauptmissionen gibt es Kontrollpunkte, auf die ihr zurückgreifen könnt, und ihr könnt Verbündete rekrutieren, die euch helfen. Wenn ihr im Kampf gefallen seid, übernehmt ihr die Kontrolle über diese Gefährten, um das Abenteuer fortzusetzen und sogar eure Hauptfigur mit dem richtigen Gegenstand wiederzubeleben. Durch die Zusammenarbeit mit diesen Verbündeten steigert ihr deren Bindungsstufe, ein System, das neue Verbindungen und Belohnungen ermöglicht. Im Verlauf der Haupthandlung müsst ihr Entscheidungen treffen, die sich auf die Beziehungen auswirken, indem ihr euch entweder auf die Seite der Hauptfiguren stellt oder sie verratet. Die Umsetzung ist relativ simpel, aber sie funktioniert gut genug, um dem Spielerlebnis eine kleine Prise Entscheidungsfreiheit zu verleihen. Das Bonds-System ist allerdings so ziemlich das Einzige, was die Geschichte zu bieten hat, um euch bei der Stange zu halten, denn die Zwischensequenzen und Handlungspunkte sind so uninteressant, dass ihr Schwierigkeiten haben werdet, überhaupt zu erkennen, wer wer ist. Obwohl historische Figuren wie Ryoma Sakamoto und Matthew Perry im Verlauf der Handlung auftauchen, tragen ihre Auftritte nur wenig dazu bei, die Geschichte über etwas anderes als das Nötigste zu erheben.
Es ist schade, dass sich die Geschichte als so eintönig erweist, denn das Aufeinandertreffen östlicher und westlicher Kulturen in der offenen Welt ist eines der wirklich gelungensten Dinge, die die gigantische Landmasse des Spiels zu bieten hat. Vor allem in den großen Städten wie Yokohama kann man innerhalb von Sekunden von einer Straße mit traditionellen japanischen Gebäuden in eine andere mit den vergleichsweise faden Strukturen der USA wechseln. Das macht die Erkundung interessanter, da man sich nie ganz sicher ist, welche Art von Landschaft einen neuen Ort ausmachen wird, wobei das ansprechende Design der östlichen Architektur im Kontrast zu den tristen westlichen Bauten steht. Schade ist auch, dass die grafische Qualität des Spiels nicht auf der Höhe der Zeit ist, obwohl es wirklich viele schöne Farbeindrücke gibt und die Umgebungen schön designt sind, nur eben nicht auf PS5-Niveau. Team Ninja hat schon immer dem Gameplay den Vorrang vor der Grafik gegeben, aber Rise of the Ronin erscheint als Exklusivtitel mit Unterstützung von Sony, sodass die Erwartungen hoch sind.
Fazit
Rise of the Ronin macht wenig neu und dennoch viel Spaß. Das Kampfsystem aus Nioh und Wo Long trifft auf klassische Open World, packt eine entscheidungsreiche Story der Duo-Protagonisten dazu und macht es insgesamt einsteigerfreundlicher. Wer Lust auf das Setting hat und keine großen Innovationen erwartet, bekommt ein unterhaltsames Abenteuer auf der Inselnation.
Positiv:
+ tiefgehendes Kampfsystem mit vielen Stilen
+ einige sehr schön designte Städte und Umgebungen
+ viele Story-Entscheidungen
+ Bond-System
+ Missionen mit mehreren Begleitern, wahlweise auch im Online-Koop
+ Einstellungen der Schwierigkeit und Accessibility
Negativ:
– Figuren und Animationen sehen teils altbacken aus
– inflationärer Loot
– Open World verkommt mehr zu Arbeit als Erkundung
– wenige wirkliche Alleinstellungsmerkmale
– aus dem Setting wird innerhalb der Story zu wenig gemacht