Tokyo ist ein bekanntes Setting für RPG-Fans, da viele Spiele bekannte Orte der Metropole aufgreifen. FuRyu und Natsume-Ataris Reynatis ist das neueste Spiel, das Moderne und Fantasy miteinander verbindet und den beliebten Stadtteil Shibuya als Kulisse nutzt. Doch warum es abseits des schön umgesetzen Stadtteils und der wirklich spaßigen Kämpfe nicht wirklich viel lobenswertes im Spiel gibt, erfahrt ihr in unserem Test.
Shibuya, das Setting der japanischen Welt
Die Version von Tokyo in Reynatis spielt in einer Welt, in der Magie real ist und von der Bevölkerung gefürchtet wird. Magier müssen ihre Kräfte verbergen und unterliegen der Kontrolle der Magieverwaltungsbehörde (MEA). Im Spiel stehen zwei Hauptcharaktere im Mittelpunkt, die auf unterschiedlichen Seiten des Konflikts um die Befreiung und Regulierung der Magie stehen. Marin Kirizumi ist ein 19-jähriger Student, der den Einschränkungen für Magieanwender unterliegt und sich durch das Ziel, der stärkste Magier zu werden, davon befreien will. Sari Nishijima ist eine 24-jährige ehemalige Polizistin, die der MEA beigetreten ist, nachdem sie ihre magischen Kräfte entdeckt hatte und ungewollt zur Aushängeschild der Organisation wurde.
Im Spiel wechselt ihr in jedem Kapitel zwischen den Perspektiven von Marin und Sari, die von verschiedenen Verbündeten begleitet werden und sich immer wieder über den Weg laufen. Während der Erkundung des Spiels diskutieren die Charaktere relevante Handlungspunkte und das Spiel ist komplett auf Japanisch vertont, mit Untertiteln. Es gibt eine magische Parallelwelt namens „Another“, eine freiwillige Bürgerwehrgruppe namens Owl, die dort agiert, wo die MEA es nicht kann, und eine Gruppe magiebefreiter Magier namens „Guild“, die eine magieverstärkende Droge namens Rubrum verteilt. Neben der Hauptgeschichte enthält das Spiel eine Zusammenarbeit mit NEO: The World Ends with You, die ungefähr zur Mitte des Spiels freigeschaltet wird und das Setting ist auf jeden Fall interessant, wenn auch die Schauplätze sich viel zu schnell wiederholen und besonders ein Wald und eine Wüste im Another kann man nach dem zweiten Besuch bereits nicht mehr sehen.
Ihr bekommt jederzeit eine Richtungs- und Entfernungsanzeige zu eurem nächsten Missionsziel, könnt aber auch unterwegs verschiedene Nebenquests annehmen. Ein frühes Beispiel ist, dass Sari Poster entfernt, auf denen falsche Informationen über sie stehen, aber auch da muss ich etwas meckern, denn das exakt gleiche Ziel ist eine Nebenmission bei zweiten Charakter ein Kapitel später. Ein einzigartiges Element von Reynatis, das eine große Rolle im Kampf und in der Erkundung spielt, ist das „Hoodie System“. Alle Magier können zwischen Unterdrückungsmodus und Befreiungsmodus wechseln. Während ihr die Welt erkundet, versteckt der Unterdrückungsmodus eure magische Natur, sodass ihr mit NPCs sprechen und wie normale Bürger agieren könnt, was euch hilft, Quests zu finden und voranzutreiben. Der Befreiungsmodus erlaubt es euch jedoch, Magie zu nutzen, etwa um euch schneller zu bewegen. Dieser Modus erregt jedoch die Aufmerksamkeit der Bürger und, wenn er zu lange aufrechterhalten wird, der MEA, die dann einschreitet. Man kann jedoch entweder schnell in ein neues Gebiet reisen und sich zurückteleportieren, um die Fahndungsstufe zurückzusetzen, oder man verliert den Kampf und wählt eine der „Nochmal versuchen“-Optionen, um genau an dieselbe Stelle zurückgebracht zu werden, an der man sich befand, ohne etwas zu verlieren, und die Fahndungsanzeige wird zurückgesetzt. Das System ist somit leider völlig sinnlos.
Designtechnisch irgendwo in der frühen PS3-Ära
Reynatis bietet eine authentische Umsetzung von Shibuya, einschließlich echter Geschäfte und Orte wie Shibuya 109, kombiniert mit Smartphone-artigen Menüs. Die Stadtteile bestehen aus einer Reihe von miteinander verbundenen kleineren Karten, die ihr erkundet, während ihr Quests abschließt, wobei das erkundbare Gebiet im Laufe des Spiels erweitert wird. Bei der Erkundung findet ihr Wizart, spezielle Kunstwerke, die neue Fähigkeiten, Erfahrung oder Geldboosts bieten. Ihr könnt eure Wizart-Fähigkeiten verbessern und einige von ihnen sogar in beeindruckendere Angriffe umwandeln. Die Erkundung wirkt sich auch auf das Stress- und Malicesystem aus. Stress kann durch Gespräche mit Menschen und das Lernen bestimmter Informationen aufgebaut werden, kann aber durch Snacks – die an vielen Orten wie Automaten gekauft werden können – oder das Streicheln von Katzen gesenkt werden. Ein höherer Stresslevel steigert eure Angriffskraft, aber wenn er zu hoch wird, könnt ihr den Unterdrückungsmodus nicht mehr aufrechterhalten. Malice hingegen misst die Verderbnis in Shibuya und kann durch das Abschließen von Nebenquests gesenkt werden, wodurch neue Wizart freigeschaltet werden.
Coole Ideen gibt es also auf jeden Fall, aber die Umsetzung dieser ist häufig seltsam. Reynatis hat viele Ecken und Kanten und seltsame Entscheidungen beim Spieldesign, die die Interaktion mit dem Spiel etwas nervig machen. So gibt es zum Beispiel eine Social-Media-Funktion im Spiel, mit der ihr euch über eure Telefon-App mit euren Gruppenmitgliedern unterhalten könnt. Während die Dialoge absolut witzig sind und die Interaktionen zwischen den Charakteren wirklich interessant und lustig sind, sind die Unterhaltungen in der App überhaupt nicht sortiert. Manchmal erhält man eine Benachrichtigung, dass eine neue Unterhaltung verfügbar ist, und muss dann eine Liste mit Hunderten von Einträgen nach der anderen durchgehen, bis man den Eintrag mit dem Symbol für die neue Nachricht findet. Ein weiterer Schmerzpunkt ist die Mechanik, mit der man Handwerksmaterialien sammelt, um neue Fähigkeitsslots freizuschalten, wobei man das Material einzeln an den NPC verkaufen muss. Diese Materialien haben keinen anderen Zweck im Spiel, sie sind nur dazu da, um verkauft zu werden und trotzdem muss man sie eins nach dem anderen anklicken, um sie zu verkaufen. Außerdem wurde diese Mechanik erst nach etwa 15 Stunden eingeführt, also weit nach der Hälfte des Spiels. Ich dachte, ich hätte sie verpasst, weil ich einige Fertigkeitsslots fast das ganze Spiel über nicht freischalten konnte.
Schnelle und imposante Kämpfe sind ein Highlight
Im Kampf werden Marin und Sari von bis zu zwei Verbündeten unterstützt, wobei ihr jederzeit zwischen den drei Gruppenmitgliedern wechseln könnt. Das Hoodie-System spielt auch im Kampf eine zentrale Rolle. Im Unterdrückungsmodus werden gegnerische Angriffe verlangsamt und sind leichter auszuweichen. Durch das Ausweichen sammelt ihr magische Energie für eure Angriffe. Im Befreiungsmodus könnt ihr dann eure vollen Angriffe entfesseln, seid aber auch völlig ungeschützt. Der Kampf besteht also aus einem ständigen Hin und Her zwischen Verteidigen und Angreifen. Obwohl Strategie gefragt ist, bleibt der Kampf schnell und dynamisch, da ihr oft blitzschnell zwischen Angriff und Verteidigung wechseln müsst. Nach jedem Kampf gibt es einen Ergebnisbildschirm, auf dem euer Rang und die erhaltenen Erfahrungspunkte angezeigt werden. Es gibt einen spürbaren Unterschied zwischen den Fähigkeiten der Charaktere; Marin setzt beispielsweise auf Nahkampf, während seine Verbündete Nika beschwörungsbasierte Magie nutzt. Das Spiel ermutigt euch, während des Kampfes zwischen den Charakteren zu wechseln, insbesondere bei schwierigeren Bossen.
Jeder Charakter kann zwei aktive Fähigkeiten aus dem gesammelten Wizart ausrüsten, von denen einige spezifisch für bestimmte Charaktere sind, während andere von mehreren ausgerüstet werden können. Jedes Wizart kann verstärkt werden, was seine Stärke und andere Effekte erhöht, wie etwa die Wirkungsdauer. Charaktere können außerdem Fähigkeiten-Wizart ausrüsten, die verschiedene passive Boni bieten, mit bis zu fünf freischaltbaren Slots. Reynatis hat einen Schwierigkeitsgrad, der eine gewisse Herausforderung bietet, aber das Spiel verzeiht Niederlagen, indem es euch ermöglicht, vor jedem erneuten Versuch eines Kampfes auf das Menü zuzugreifen. Zusätzlich zu Shibuya werdet ihr auch in die jenseitige Welt von Another geführt, die als Dungeon dient und optisch stark vom Großstadtdschungel von Shibuya abweicht. Ein erster Dungeon bestand aus üppig grünen Wäldern, es gibt aber auch andere wie eine Wüste oder eine vergangene Version von Shibuya. Die Änderung der Szenerie wird durch eine Musikuntermalung von der bekannten Komponistin Yoko Shimomura begleitet, was die Kontraste noch verstärkt.
Fazit
Reynatis begeistert mit schnellen und effektreichen Kämpfen, die den Hauptteil des Spaßes im Spiel ausmachen. Denn auch wenn Shibuya hier wirklich schön gestaltet ist, so wird man mit vielen merkwürdigen und nervigen Designentscheidungen konfrontiert und bekommt eine teils sehr altbackene Optik. Doch wer nicht zu viel erwartet und vielleicht frühere FuRyu-Titel kennt, weiß was man erwarten kann.
Positiv:
+ actionreiche und spaßige Kämpfe
+ interessantes Setting
+ Shibuya wurde super umgesetzt
+ Doppel-Protagonisten
Negativ:
– altbackene Optik
– viele Features nicht komplett durchdacht
– Nebenmissionen sind reine Fetchquests
– repetitive Dungeons
– keine englische Vertonung