Was Fortsetzungen mit dem Wort „Rache“ im Titel angeht, ist Revenge of the Savage Planet weit entfernt von dem düsteren zweiten Akt, den dieser Namenszusatz sonst oft andeutet. Stattdessen dreht dieses Sequel zum 2020 erschienenen Journey to the Savage Planet ordentlich auf: Es ist verrückter, größer und bringt euch auf gleich vier üppige Alien-Planeten, die ihr erforschen könnt, während ihr Pflanzen und Kreaturen katalogisiert und den zahlreichen Geheimnissen des Spiels auf die Spur kommt. Es ist ein wildes Genre-Mix – hauptsächlich Sci-Fi-Action-Adventure mit Metroidvania-Anleihen, aber es steckt auch ein gutes Stück Puzzle, Survival-Crafting, Kreaturenfangen und sogar ein bisschen Animal Crossing-Deko-Laune drin. Wie schon im Vorgänger ist der Kampf der große Schwachpunkt – aber in fast allen anderen Bereichen legt der zweite Teil deutlich zu. Mehr dazu in unserem Test.
Eine verrückte Fortsetzung in einer neuen Perspektive
Was fast schon ironisch wäre, wenn es nicht so alltäglich wäre: Die Story von Revenge of the Savage Planet ist klar von der echten Geschichte der Entwicklung beeinflusst. Das Studio hinter dem ersten Teil, Typhoon Studios, wurde 2019 von Google übernommen, nur wenige Monate vor Release. Gedacht war das Ganze für Googles Cloud-Plattform Stadia. Als diese floppt, wurde das Studio kurzerhand dichtgemacht. Viele ehemalige Teammitglieder gründeten dann Raccoon Logic, sicherten sich die Rechte an Savage Planet und schufen diesen Nachfolger, inklusive einer Story über altbekannte Konzerninkompetenz. Ihr spielt eine namenlose intergalaktische Kolonisatorin (oder Kolonisator), die nach 100 Jahren Kryoschlaf aufwacht, nur um festzustellen, dass sie jetzt für Alta Interglobal arbeitet, eine Holding, die während eures Schlafs euren alten Arbeitgeber Kindred Aerospace aufgekauft hat. Und natürlich wurdet ihr gleich nach der Übernahme entlassen. Kommt euch bekannt vor? Jetzt gestrandet in einem fremden Sonnensystem, macht ihr euch auf den Weg, um euch an eurem alten Arbeitgeber zu rächen – und irgendwie wieder nach Hause zu kommen.

Wenn man die Hintergründe von Raccoon Logic kennt, liest sich der bissige Humor über gierige, inkompetente Unternehmen nochmal ganz anders. Trotzdem: So scharfzüngig wie erwartet ist das Ganze nicht. Vor allem bleibt das Spiel durch und durch fröhlich, bunt und lässt sich nie so richtig ernst nehmen. Egal ob es sich über CEOs in schrägen FMV-Spots lustig macht oder euch auf knallbunte Planeten mit kuriosen Alien-Lebewesen schmeißt, Revenge of the Savage Planet ist am besten, wenn es das Thema Konzernwahnsinn auf die Schippe nimmt. Leider verliert es zum Ende hin ein wenig den Faden und driftet in ein eher lahmes Meta-Gelaber über Spieldesign ab. Das mindert aber nicht den Spaß, den das Spiel bis dahin macht. Ob ihr zu einem Lied über das Pinkeln auf Firmenkosten tanzt oder euch ein Werbespot für eine Krypto-Nasenbohr-Maschine anlacht – dieser schräge Style trifft nicht jeden Geschmack, aber nervt nie. Auch die neue Third-Person-Perspektive passt gut zum albernen Ton: Ob ihr watet, rennt oder einem felligen Viech in den Hintern tretet, euer Charakter bewegt sich wie in einem Looney Tunes-Cartoon. Ihr rutscht auf Glibber aus, lasst euch von Monstern verschlucken und platzt dann wieder raus, das ist albern, aber es passt.

Satirische Story gepaart mit urwitzigem Gameplay
Klar, mit der neuen Perspektive verliert das Spiel ein bisschen von der „Metroid Prime“-Stimmung des Vorgängers, aber es gewinnt dafür bei den Plattforming-Elementen. Alle vier Planeten sind vertikal aufgebaut, ihr hüpft über schwebende Felsen oder klettert tief in unterirdische Höhlen. Zuerst habt ihr nur einen Doppelsprung, aber später kommen ein Greifhaken, eine Stampfattacke und Tauch-Gadgets dazu, das Erkunden macht Spaß, allein schon, weil die Welten alle handgemacht und abwechslungsreich sind. Auch das Gefühl von Fortschritt ist stark: Egal ob durch neue Upgrades, Boosts für Gesundheit und Ausdauer oder einfach nur neue Hinweise auf Altas Machenschaften, das Spiel belohnt eure Neugier. Oft seid ihr auf dem Weg zu einem Ziel und werdet dann doch abgelenkt von einem Pilzpfad am Felsen oder einer Höhle, die ihr jetzt endlich betreten könnt. Und bei aller Motivation zur Rache: Die Planeten selbst sind einfach schön, jeder hat seinen ganz eigenen Look, mit Biomen und Ökosystemen, die unabhängig von euch interagieren. Los geht’s auf Stellaris Prime, das erinnert noch stark an den ersten Planeten aus Teil 1. Hier richtet ihr eure Basis in den Sümpfen von „Nu Florida“ ein – mit eigenem 3D-Drucker für Upgrades und einer Wohnung, die ihr nach Lust und Laune einrichten könnt. Küche, Schlafzimmer, Bad, Fitnessraum mit Hamsterrad und ein Klo, das die Hinterlassenschaften in ein Mini-Schwarzes Loch saugt – alles dabei. Bringt spielerisch nichts, macht aber Laune.

Die anderen Planeten bieten ganz unterschiedliche Biome, von der Wüste Xephyr bis zum Vulkaneis-Mix Zenithian Rift. Hier kommt dann auch der Power Hose ins Spiel, ein Upgrade, mit dem ihr farbigen Glibber aufsaugen und versprühen könnt. Je nach Farbe hat der Schleim andere Effekte: lila leitet Strom, grün brennt, rot ist eher klassisch schädlich. Damit löst ihr Rätsel oder erledigt Gegner, clever gemacht. Was leider nicht clever ist: der Kampf. Ohne schleimbeschmierte Pflanzen in der Nähe habt ihr nur eure kleine Laserpistole, die sich anfühlt wie eine Spielzeugwaffe. Kämpfen macht keinen Spaß, also versucht man, es zu vermeiden. Eine neue Mechanik erlaubt es immerhin, Gegner zu fangen statt zu töten. Das geht schneller und bringt manchmal auch kosmetische Items wie neue Farbschemen für den Raumanzug – ein netter Nebeneffekt, aber rettet das Kampfsystem leider nicht. Trotzdem ist Revenge of the Savage Planet ein herrlich unbeschwertes Abenteuer, egal ob ihr allein oder im Koop (online oder Splitscreen) spielt. Es ist selbstbewusster, abwechslungsreicher und spielt seine Stärken in Comedy und Leveldesign deutlich besser aus als der Vorgänger. Klar, das Kampfsystem bleibt ein Schwachpunkt, aber der Rest macht richtig Spaß: vom kreativen Einsatz eurer Gadgets über clevere Rätsel bis hin zur puren Freude am Erkunden dieser verrückten Alienwelten. Und auch wenn das Spiel aus eher traurigen Umständen geboren wurde, man merkt bei jeder Minute, wie viel Spaß Raccoon Logic daran hatte, dieses Ding überhaupt machen zu dürfen.

Fazit
Revenge of the Savage Planet lädt zum Erkunden ein und vermittelt dabei eine wunderbar verrückte und satirische Welt. Der Perspektivenwechsel im Vergleich zum Vorgänger und das viele Sammeln, die Gadgets und die Möglichkeit all das im Koop zu Erleben machen den Titel zu einem gelungenen Ausflug auf andere Planeten.

Positiv:
+ charmant und satirisch zugleich
+ viele unterschiedliche Planeten
+ Platforming macht in der neuen 3rd-Person direkt mehr Spaß
+ lädt zum Erkunden und Entdecken ein, besonders durch die Gadgets
Negativ:
– Kämpfe verzögern den Spaß meist nur
– Story überzeugt nicht