Mit Resident Evil 4 sorgte Capcom am 11.Jänner 2005 für einen Meilenstein der Videospielgeschichte. Bis zu diesem Zeitpunkt galt die Survival-Horrorreihe als knallhartes Gruselerlebnis mit Zombies soweit das Auge reichte. Mit dem vierten Ableger wagte man aber eine Neuausrichtung, die sich zumindest für Leon Scott Kennedy lohnte. Zahlreiche Portierungen waren die Folge, weswegen der Titel noch immer vielen Spielern in bester Erinnerung geblieben ist. Bis heute ist Resident Evil 4 omnipräsent, obwohl schon mehr als ein Jahrzehnt vergangen ist. Hat es da überhaupt ein Remake nötig? Eine berechtigte Frage, die wir euch in unserem spoilerfreien Review gerne beantworten!
Willkommen zurück, Leon
Acht Jahre sind vergangen, seit dem Vorfall Raccoon City, bei dem eine ganze Stadt binnen einer Nacht von der Landschaft getilgt wurde. Zu verantworten hatte das der Pharmakonzern Umbrella, dessen biochemischen Waffen an diesem Abend außer Kontrolle gerieten. Mittendrin stand damals der Jungpolizist Leon Scott Kennedy, der einen ersten Arbeitstag der besonderen Art antrat. Seitdem ging seine Karriere aber steil bergauf, die ihn als Geheimagent nun in die Pampa Spaniens führt. Die Tochter des amerikanischen Präsidenten wurde entführt und wenn einer für einen Infiltrationsjob in Frage kommt, dann nur er. Doch zu diesem Zeitpunkt hätte Leon wohl nicht gedacht, dass die Geschehnisse aus Raccoon City kein Einzelfall bleiben sollten. Und dass totgeglaubte Kameraden bekanntlich länger leben, als einem womöglich lieb ist.
Damit wäre der Grundstein gelegt, für ein Abenteuer, das sich in seinen Grundzügen nur wenig von seinem Original unterscheidet. Zu seiner Zeit hielt man sich jedoch eher bedeckt mit Informationen bezüglich der Geschichte, der Fokus lag klar auf der Action. Resident Evil 2 Remake hat es bereits vorgemacht, wie man eine bestehende Geschichte neu interpretiert, ohne dabei auf seine Horrorwurzeln zu verzichten. Und Ähnliches trifft nun auch auf Resident Evil 4 zu, das nun abseits der trashigen Pfade wandert. Capcom füttert die Geschichte mit einer Vielzahl an Details, haucht den Charakteren viel Leben und Tiefe ein und beantwortet offene Fragen. Besonders Ashley soll hier positiv hervorgehoben werden, die zu einer tapferen und sympathischen Teenagerin herangereift ist. Das alles verleiht dem Ganzen einen neuen Anstrich, der besonders bei Kennern für unzählige Aha!-Momente sorgt. Aber auch Neueinsteiger kommen voll auf ihre Kosten! Davon profitieren nicht nur Leons Verbündete, sondern auch seine Widersacher und Gegenspieler. Und natürlich darf ein alter Bekannter nicht fehlen: Der Händler!
Welcome, Stranger!
Sind die ersten Schritte getan, dauert es nicht lange bis Leon das ikonische Dorf betritt. Ab diesem Zeitpunkt beginnt Resident Evil 4 so richtig und zeigt im Anschluss direkt, was sich mit dem Remake nun ändert. Allen voran ist Leon nun agiler, was seinen Messerkünsten zu verdanken ist. Ab sofort können mit dem richtigen Timing Gegnerangriffe pariert oder zu Boden gegangene Gegner direkt niedergestreckt werden. Auch eine Stealth-Komponente kommt neu zu tragen, denn unentdeckt lassen sich die Gegner auch direkt aus dem Weg räumen. Das alles geht aber auf die Kosten eurer Messer, die ab sofort eine Haltbarkeit besitzen. Besonders auf dem höheren Schwierigkeitsgrad Veteran ist eine lautlose Vorgehensweise ratsam, denn Munition ist trotz der Fülle des Arsenals doch überraschend rar gesät. Damit schlägt man in dieselbe Kerbe wie Resident Evil 2, jede verschossene Kugel schmerzt, selbst im Standard-Modus. Doch wie kommt Leon überhaupt an so viele Waffen um seinen Aktenkoffer, der erneut als Inventar fungiert, bis an den Rand zu füllen?
Die Antwort ist schnell gefunden, denn ein mysteriöser Händler treibt ebenfalls in der spanischen Landschaft sein Unwesen. Dieser folgt Leon auf Schritt und Tritt, egal ob im Dorf, der Burg oder der Insel. Dazu aber später mehr. Denn fürs erste steht natürlich das hart verdiente Geld auszugeben an der Tagesordnung. Das geschieht wie gehabt in Form vom Kauf verschiedener Waren, sowie das Verbessern von Waffen. Wer aufmerksam durch die Gebiete wandert, heimst zudem zahlreiche Schätze ein, die sich ebenfalls verkaufen lassen. Kombiniert man diese zudem geschickt, lässt sich deren Wert sogar noch steigern. Zusätzlich dazu gibt es diesmal auch kleine Nebenquests zu absolvieren, die ebenfalls vom Händler gut entlohnt werden. Das erhöht den Forscherdrang enorm, denn oft wird eine Rückkehr in bereits besuchte Gebiete mit Rohstoffen zur Munitionsherstellung belohnt. Vor allem wenn sie intelligent miteinander kombiniert werden, wie nun im Remake. Ganz neu hinzugekommen ist übrigens auch die Aufbewahrungsbox, wo sich nicht genutzte Waffen jederzeit deponieren lassen. Ein Paradies für Sammler und Perfektionisten!
Spanien, das Land der Sehenswürdigkeiten
Wollten Sie schon immer ein Wochenende am Land verbringen? Eine historische Burg besuchen oder die Ruhe auf einer einsamen Insel genießen? Das Resident Evil 4 Remake macht es möglich! Jeder Ort, jedes Gebiet, gar jedes Haus wurden generalsaniert und sehen im Vergleich zum Vorgänger optisch einfach umwerfend aus. Kenner des Originals fühlen sich an vielen Stellen heimisch, werden aber dennoch von vielen neuen Pfaden und Möglichkeiten überrascht. Zwar unterteilt sich das Spiel noch immer in drei Drittel, die einzelnen Gebiete sind aber extrem gut miteinander verzahnt. Dabei kommt man zur Gänze ohne Ladezeiten aus, grafisch lässt man besonders auf PlayStation 5 uns Xbox Series X seine Muskeln spielen. Und egal wie viele Feinde sich gleichzeitig auf dem Bildschirm tummeln, Einbrüche in der Framerate sind eine Fehlanzeige. Und in einem könnt ihr euch sicher sein: Es gilt reichlich Feinde in Jenseits zu befördern!
Gab es damals nur eine Handvoll an unterschiedlich aussehenden Gegner, so hat man diesmal ordentlich aus dem Vollen geschöpft. Identische Gesichter findet man nur beim genaueren Hinsehen, vielmehr überrascht man diesmal mit angepassten Mechaniken. Egal ob Dorf, Burg oder Insel, überall erwartet euch die eine oder andere neue und unangenehme Überraschung. Selbiges gilt auch für Bosse, wo einige eventuell anders ablaufen könnten, als man sie in Erinnerung hat. Aus Spoiler-Gründen wollen wir an dieser Stelle aber nicht genauer eingehen, denn am generellen Spielablauf ändert sich wenig. In puncto Spielzeit schlagen sich, je nachdem ob Veteran oder Neueinsteiger, zwischen 15 und 20 Stunden zu Buche. Eine für heutige Maßstäbe optimale Laufzeit, die dadurch kaum Längen vorweist. Lediglich die Zusatzgeschichte „Adas Auftrag“, die damals mit der PlayStation 2-Version hinzukam, sucht man vergebens. Da dies im Vorfeld aber weder versprochen, noch dementiert wurde, kann man hier Capcom keinen Vorwurf machen. Für einen enorm hohen Wiederspielwert hat man trotzdem mehr als gesorgt, besonders Kenner werden wissen, was sie erwartet ab dem zweiten Spieldurchlauf 😉
Fazit
Vor achtzehn Jahren schrieb Capcom mit Resident Evil 4 Videospielgeschichte und revolutionierte das Genre neu. Ob eine erneute Neuauflage wirklich notwendig war, sorgte vielerorts für Zweifel. Zweifel, die man mit diesem Remake nun eindrucksvoll ausräumt. Die überarbeitete Geschichte von Leon begeistert mit grafisch beeindruckenden Szenerien, cineastischen Zwischensequenzen und einem tadellosen Gameplay. Auch die Handlung hat einen Feinschliff erfahren, Plot Holes geschlossen und distanziert sich vom trashigen Charme des Originals. Kurzum: Ein rundum erneuertes und nun, perfektes, Spielerlebnis.
Positiv:
+ Optisch und atmosphärisch eindrucksvoll inszeniert
+ Perfekte Balance aus Original und Neuinterpretation
+ Die überarbeitete Handlung schließt alle Plot Holes und verleiht den Charakteren mehr Tiefe
+ Zahlreiche neue Gameplay-Mechaniken die das Spielerlebnis bereichern, wie z.B. Nebenquests und Rohstoffe
+ Auch für Kenner eine Herausforderung im ersten Spieldurchgang inklusive hohem Wiederspielwert und vier unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden
Negativ:
– …
Resident Evil 4 Remake erscheint am 24.März 2023 für PC, PlayStation und Xbox Series.
Technischer Disclaimer:
Getestet wurde die PlayStation 5 Version. Beim Spielen kam es zu keinen technischen Fehlern, die das Spielerlebnis beeinträchtigt hätten. Lediglich ein Soundbug bei Telefonsequenzen und Halluzinationen fiel negativ ins Gewicht. Sollte dieser nach dem offiziellen Release nicht behoben werden, dann muss ein Prozentpunkt in der Wertung abgezogen werden.
Da die PlayStation 4 Version verschiedenen Berichten zu Folge nicht die optimale technische Performance liefert, ist hier die Wertung um 0.8 Punkte zu verringern.