Ich bin schon mein ganzes Leben ein Fan von Nippon Ichis Spielen, besonders von ihrer Disgaea-Reihe. Der verrückte Anime-Humor und die Action haben mich damals total geprägt, und ich mag sie bis heute. Aber Disgaea war nur eines der vielen RPGs, die sie gemacht haben, von denen einige leider nur einen einzigen Teil bekommen haben. Eines dieser Spiele war Phantom Brave. Ich hab es damals ein bisschen gespielt, aber es hat nie den gleichen Platz in meinem Herzen eingenommen wie Disgaea. Die Story und Charaktere waren nicht so übertrieben und witzig, und das Gameplay war ziemlich unkonventionell. Doch wie sieht das mit dem Nachfolger jetzt aus? Unser Test soll es zeigen.
Kopffüßler, Chibi-Lool oder die Eingewöhnung in den Stil
Ich war also ziemlich okay damit, Phantom Brave nur durch die Cameos seiner Charaktere in Disgaea zu kennen und sonst nicht weiter zu beachten. Deshalb hat mich die Ankündigung von Phantom Brave: The Lost Hero auch nicht wirklich aus den Socken gehauen – immerhin liegen zwanzig Jahre zwischen den Veröffentlichungen. Jetzt, wo ich es gespielt habe, muss ich aber sagen: Ich wurde positiv überrascht. Das Spiel ist zwar nicht perfekt, aber es weckt schöne Erinnerungen an Disgaea und die besten Momente von Phantom Brave, während es trotzdem eine eigene Identität behält. Und das ist bei meiner Liebe zu diesen Spielen ein ziemlich großes Kompliment. Das Spiel dreht sich wieder um Marona, eine Chroma, die die Geister Verstorbener sehen, hören und mit Kräften ausstatten kann. Zusammen mit ihrem Phantom-Wächter Ash wird sie bei einem Auftrag von einer mysteriösen Piratenarmee namens Shipwreck Fleet angegriffen. Der Kapitän versucht, Maronas Chroma-Kräfte zu absorbieren, aber Ash greift ein und ermöglicht ihr die Flucht, während er die Stellung hält. Marona wird auf einer Insel angespült, wo sie auf Apricot, einen schüchternen Phantom-Piraten trifft, deren Vater, Argento, von der Fleet gefangen genommen wurde. Zusammen tun sich die beiden zusammen, um die Argento-Piratencrew wieder aufzubauen, Verbündete zu finden und ihre Liebsten zu retten.

Die Story folgt dem klassischen JRPG-Muster: ein simples Abenteuer, das in der Mitte durch einen großen Twist komplizierter wird. Trotzdem ist die Geschichte nicht besonders komplex. Die ersten Kapitel bestehen größtenteils aus Exposition und Einführung, statt dass es interessante Charakterentwicklungen gibt, und die angesprochenen Themen sind eher Standard. Aber in der zweiten Hälfte wird es besser: Besonders die größere Party gibt der Geschichte etwas Schwung. Anders als im Original, wo nur Marona und Ash einzigartige spielbare Charaktere waren, gibt es hier etwa ein halbes Dutzend Figuren mit eigenen Eigenschaften. Nach den Einführungskapiteln bekommen diese Charaktere deutlich mehr Tiefgang, und sie haben genug Chemie, um der Story am Ende etwas mehr Gewicht zu verleihen. Die größte sichtbare Veränderung ist das grafische Update. Phantom Brave: The Lost Hero hat den Sprung von 2D-Sprites zu 3D-Modellen gemacht. Die Charaktermodelle sehen anständig aus, aber die Animationen lassen zu wünschen übrig – viele Bewegungen wirken steif und limitiert, besonders bei den Spezialangriffen. Auch die Kamera hat ihre Macken: Sie verfolgt Angriffsziele manchmal nicht richtig, was es schwer macht, die Wirkung eines Angriffs einzuschätzen. In der zweiten Hälfte fällt zudem auf, wie oft die Umgebungen und Bosse aus den ersten Kapiteln wiederverwendet werden.

Objektbasierte Kämpfe sind das Highlight
Der Soundtrack schlägt sich besser, vor allem die Tracks mit Gesang stechen heraus, aber insgesamt ist er nur „okay“. Die meisten Sprecher machen einen soliden Job, besonders Risa Mei als Apricot und Daman Mills als Rouen. Leider kommen die alten Sprecher von Marona und Ash (Sandy Fox und Lex Lang) nicht so gut weg; ihre Darbietungen wirken oft gezwungen. Wo das Spiel aber wirklich glänzt, ist das Gameplay. Die Kernmechanik, Phantome an physische Objekte zu binden, wurde vom Original übernommen und bleibt ein echtes Highlight. Unterschiedliche Objekte bringen verschiedene Boni, und viele Objekte können Buffs oder Debuffs verursachen – das alles macht die Kämpfe überraschend taktisch. Dabei müsst Ihr immer im Blick behalten, dass die Phantome nur eine begrenzte Zeit auf dem Schlachtfeld bleiben. Es gilt also, die richtigen Einheiten zur richtigen Zeit einzusetzen, bevor ihre Zeit abläuft.

Das System wird durch zwei neue Mechaniken ergänzt: Confire und Confriend. Mit Confire könnt Ihr Phantome an schwere Maschinen binden, die schnellere Aktionen und spezielle Skills ermöglichen. Confriend erlaubt es, dass Marona mit einem Phantom verschmilzt. Dadurch entsteht eine mächtige Einheit mit Buffs und mehreren aufeinanderfolgenden Aktionen. Das sorgt für interessante taktische Optionen, auch wenn es Kämpfe später ein bisschen zu leicht machen kann. Phantom Brave: The Lost Hero ist vielleicht nicht das außergewöhnlichste JRPG, aber es schafft es, den typischen Nippon-Ichi-Charme einzufangen. Für Fans des Originals oder von Nippon Ichis RPGs im Allgemeinen ist es ein absolutes Muss – und ich bin echt froh, dass diese Reihe ein Comeback feiern darf.

Fazit
Phantom Brave: The Lost Hero macht mit seiner Story nichts außergewöhnliches, aber der typische Charme des Studios gepaart mit dem sehr coolen Kampfsystem macht einfach Laune und sollten von jedem RPG-Fan einmal zumindest ausprobiert werden, es gibt ja zum Glück eine Demo.
