Review: Paper Mario The Origami King – Kein Fall für den Papierkorb

Die Erfolgsgeschichte von Paper Mario begann schon früh auf dem Nintendo 64, wo man erstmals im Jahr 2000 in die Papierwelt des Klempners eintauchen durfte. Bereits vier Jahre später folgte mit „Die Legende vom Äonentor“ der Ableger für den Gamecube, der selbst heute noch Kultstatus genießt und zum absoluten Liebling der Reihe avancierte. Während man in diesen beiden Abenteuern noch als Rollenspiel auftrat, so verlegte sich der Fokus seit der Wii-Ära auf das Adventure-Genre.  Damit hat man sich leider selbst keinen Gefallen getan, denn dem sehr guten Super Paper Mario folgten mit den Ablegern Color Spalsh und Sticker Star nur noch mittelmäßige Kritiken und man drohte in der Versenkung zu verschwinden. Ein Neustart musste also her und dieser kam nicht nur unerwartet und überraschend, sondern auch richtig schnell seit seiner Ankündigung. Ob es Nintendo geschafft hat, mit Paper Mario: The Origami King seiner vielgefeierten Reihe neues Leben einzuhauchen, das verraten wir euch wie gewohnt in unserem Review.

Feindselige Invasoren mit Ecken und Kanten

In seiner Vergangenheit hat Papier-Mario bereits zahlreiche Gefahren abwehren müssen. Mal mussten sieben Sternjuwelen gefunden werden, mal wollte ein böser Graf eine leere Welt erschaffen oder gar trat mal wieder Langzeit-Rivale Bowser auf den Plan. Während all diese Abenteuer in einer glatten Papierwelt stattfanden, so hat sich still und heimlich ein neuer Bösewicht im wahrsten Sinne zusammengefaltet. Gemeinsam mit seinen Heerscharen an Faltschergen fiel der Origami-König Olly im Pilzkönigreich ein und hat nicht nur Toad Town auf den Kopf gestellt, sondern all dessen Bewohner mitsamt Peach in willenlose Origamis verwandelt. Doch nicht nur das, denn auch das Schloss von der Prinzessin blieb nicht verschont und thront neuerdings am Himmel, eingewickelt von fünf mächtigen Luftschlangen. Damit sieht sich der italienische Klempner, wie üblich, mit keiner einfachen Aufgabe konfrontiert, denn um Peach zu retten muss nicht nur König Olly besiegt, sondern auch dessen Luftschlangen gelöst werden, die quer über das Königreich verstreut sind. Hilfe erhält er dabei aber nicht nur von seinem Bruder Luigi, sondern auch von der gutherzigen Schwester des Königs, Olivia, die bei ihrem Bruder ebenfalls in Ungnade gefallen ist. Selbst mit Bowser und seinen Schergen steht man diesmal auf ein und derselben Seite, denn nur mit vereinten Kräften lässt sich auch diese Gefahr hoffentlich abwenden.  

Prinzessin Peach mit Ecken und Kanten ist ziemlich gruselig

Mit diesen düsteren Ereignissen hat man bei Nintendo den Grundpfeiler für eine klassische Geschichte gelegt, die euch von einem Schauplatz zum nächsten führt, stets mit einem festen Ziel vor Augen. Zwischendurch bekommt ihr aber auch Gesellschaft in Form von einzigartigen Gefährten, die euch nicht nur im Kampf beistehen, sondern auch euer Abenteuer voranbringen. Diese ergänzen sich perfekt mit eurer Begleiterin Olivia, die stets für einen guten Spruch zu haben ist und euch mit Rat und Tat zur Seite steht, solltet ihr mal nicht wissen wie es weiter geht. Doch wer an dieser Stelle glaubt, dass es sich bei Paper Mario: The Origami King um ein kindliches Abenteuer handelt, der wird im weiteren Verlauf des Spiels eines besseren belehrt. Die Handlung und seine Charaktere überzeugen mit überraschend viel Tiefgang und selbst traurige und herzergreifende Momente sind ein fester Bestandteil eurer Reise. Das macht den Titel, trotz seiner niedlichen Optik zu einer bemerkenswerten Reise für Jung und Alt, die vor allem durch die zahlreichen und abwechslungsreichen Gebiete nie an Spannung verliert.

Idyllische Gegenden laden zum Verbleib ein

Auf der Suche nach den Luftschlangen

Wie bereits eingangs erwähnt ist es eure Aufgabe, nicht nur das Pilzkönigreich vor den Faltschergen zu retten, sondern auch die fünf Luftschlangen zu lösen. Diese führen unübersehbar durch die einzelnen Gebiete und stehen alle für ein eigenes Thema. Von der Herbsthöhe und dem Shogunland bis hin zur Sandpapierwüste und auf den Weiten des Ozeans gilt es den Anfang jeder Luftschlange zu finden. Dabei sind die Areale stets überschaubar gehalten und man fühlt sich selten überfordert, sollte man sich mal in der Gegend auf der Suche nach Geheimnissen verlieren. Dafür sorgt auch das sehr präzise und angenehme Tempo der Geschichte, die nie in Leerlauf gerät sondern euch regelmäßig auf Trab hält und eure Gedanken kaum abschweifen lässt.

Zwischendurch spielt Mario auch mal in einem Musical mit

Dafür sorgen auch die Einwohner des Pilzkönigreichs, allen voran die quirligen Toads. Diese wurden zwar nicht in böse Faltschergen verwandelt, dafür aber zusammengefaltet und in der gesamten Welt verstreut. Eure Aufgabe ist es, diese kleinen  und zum Teil sehr gut versteckten Racker zu finden und mit eurem Hammer wieder glatt zu schlagen. Danken tun es euch diese mit richtig witzigen Anekdoten, weswegen die überraschend schlagfertigen Gesellen schon früh zu den heimlichen Stars avancieren. Doch abseits von ihren lustigen Sprüchen sind all die von euch geretteten Pilzköpfe von großer Bedeutung, denn neben Betreibern von bedeutenden Shops in Toadtown, fungieren diese auch als Publikum für eure Kämpfe, die diesmal völlig anders ablaufen als ihr es womöglich gewohnt seid.    

Darf ich vorstellen: Die wahren Stars des Spiels!

Einfaches Kampfsystem? Von wegen!

Ein Blick auf die Spielbeschreibung von Paper Mario: The Origami King verrät, dass man dem Genre Rollenspiel erneut den Rücken gekehrt hat. Wer also auf taktische Geplänkel gehofft hat, den müssen wir leider enttäuschen. Vielmehr ist man diesmal eine Mischung aus einem rundenbasierten Geschicklichkeitsspiel inklusive Knobelfaktor. Dafür sorgt die neue kreisförmige Arena, die aus vier Ringen besteht, die ihr vom Mittelpunkt aus im Blick habt. Diese Ringe sind in mehrere Felder unterteilt, auf denen sich ab sofort eure Gegner tummeln. Hier spielt die richtige Anordnung eine große Rolle, denn der Kampf gliedert sich in zwei Teile. Zunächst habt ihr eine vordefinierte Anzahl an Spielzügen zur Verfügung, um die Ringe und Felder horizontal und vertikal zu verschieben. Euer Ziel ist es, die Feinde in Vierer-Blöcke oder in Reihen anzuordnen, was ihr jedoch tunlichst innerhalb eines Zeitlimits erledigen solltet. Ist das erfolgreich erledigt, erhält ihr eine Multiplikator von 1,5 womit die Schadensphase eingeläutet wird. Hier habt ihr die Möglichkeit, gebildete Reihen mit Sprüngen auf den Kopf zu bearbeiten, oder die Blöcke mit dem Hammer zu begrüßen.

Die neue Kampfarena lädt zum Knobeln ein

Richtiges Timing wird mit einem Schadensbonus belohnt, solltet ihr es jedoch nicht schaffen, eure Feinde in einem Zug auszuschalten, dann sind in Folge dessen diese am Drücker. Während ihr zu Beginn kaum bis wenig Probleme haben werdet, so zieht der Schwierigkeitsgrad mit fortschreitender Dauer des Spiels weiter zu und auch die Knobeleinlagen können sich sehen lassen. Zudem teilen alle Feinde ordentlich aus, selbst wenn ihr zu einem rechtzeitigen Block ansetzt. Besonders die Bosskämpfe sind hier erbarmungslos, denn bis ihr endlich die richtige Taktik heraußen habt, verstreichen schon mal gut und gerne einige Züge von euch ungenutzt. Sollte es mal ernst werden, dann könnt ihr euer Leben mittels Pilzen wieder auffrischen, was euch jedoch ebenfalls eine Aktion kostet. Dennoch wollen wir hier auch einen Kritikpunkt anbringen, denn die meisten Boss-Gegner sind zwar nett designed, passen aber so gar nicht zum Rest des Abenteuers.

Antiklimatischer kann ein Bosskampf kaum sein

Doch nicht nur Faltschergen besiedeln neuerdings das Pilzkönigreich, sondern auch Pappmaché Feinde. Dabei handelt es sich um übergroße Gumbas, Shy-Guys, Koopas und Co., die ihr nicht in taktischen Begegnungen bekämpfen müsst, sondern innerhalb des Spiels in Echtzeit. Mit Stickern an ihren Schwachstellen versehen gilt es hier seine Jump & Run Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, denn Fehltritte werden ebenfalls mit einem gehörigen Lebens-Verlust bestraft. Dieser regelmäßige Wechsel zwischen den beiden Kampfsystemen sorgt für viel Abwechslung, denn Bosse gilt es auch hier zu bekämpfen. Obwohl man laut Beschreibung mit dem Rollenspiel-Genre nichts zu tun haben will, so haben sich dennoch einige Mechaniken und Elemente in „The Origami King“ verirrt, die euer Leben maßgeblich erleichtern.

Diesem Oktopus geht es in Echtzeit an den Kragen

Von versteckten Schätzen und Rollenspielelementen

Besiegte Feinde bringen euch hier zwar keine Erfahrungspunkte, beschenken euch aber mit reichlich Münzen und Papierschnipsel. Zweiteres nutzt ihr für das Schließen von Löchern in der Landschaft, wodurch ihr ebenfalls mit Bargeld belohnt werdet. Dieses könnt ihr in Toad Town in allerhand Nützliches investieren, allen voran Verbrauchsgegenstände und Zubehör. Neben Items die eure Energie auffüllen könnt ihr unterschiedliche Hämmer und Stiefel kaufen, die zwar nur eine begrenzte Anzahl an Einsätzen zulassen, dafür aber ordentlich reinhauen. Zubehöre hingegen sind da schon etwas kostspieliger, gelten dann aber als permanente Perks im Kampf, die euch zum Beispiel mehr Zeit bei den Rätseleinlangen verschaffen oder eure Blocks stärken werden lassen.

Schätze sind gut versteckt und überall zu entdecken

Wer in Toad Town, das in diesem Ableger als eure Zentrale fungiert, jedoch auf der Ausschau nach Nebenquests ist, der schaut hier leider in die Röhre. Dafür haben die Entwickler in jedem Areal neben den Toads auch geheime Blöcke und Schätze versteckt, wovon letztere keinen Einfluss auf das Spiel nehmen, Perfektionisten aber definitiv ansprechen werden. Auch Abkürzungen zu bereits besuchten Gebieten finden sich im Stadtmuseum wieder, weswegen mühsames oder zeitaufwendiges Backtracking so gut wie gar nicht vorkommt.

Neue Stiefel und Hämmer füllen das Inventar

Fazit

Nintendo kam, sah und siegte! Überraschend angekündigt, nicht verschoben und direkt abgeliefert, so kann man Paper Mario: The Origami King beschreiben. Die malerische Welt strotzt nur so vor Witz, Charme und Details und lädt zu einem wunderschönen Abenteuer ein, das sein Herz am rechten Fleck trägt. Lediglich beim Kampfsystem muss man Abstriche machen, denn das ist nicht nur repetitiv sondern passt auch leider nicht zum Rest des Spiels.   

Positiv:

+ Sensationeller Witz und Charme

+ Sympathische Charaktere, allen voran Origami-Königin Olivia

+ Abwechslungsreiche und sehr schön gestaltete Welten

+ Erfrischendes Kampfsystem mit viel Knobelei

+ Leichte RPG-Einflüsse dank Ausrüstung und Zubehör

+ Es gibt zwar sehr vieles zu entdecken, …  

Negativ:

– …dafür aber kaum Nebenquests

– Bosskämpfe sind aufgrund Trial & Error eher nervend als fordernd

Paper Mario: The Origami King ist am 17.Juli 2020 für Nintendo Switch erschienen.

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Written by: Manuel Barthes

Ehemaliger freier Redakteur bei Cerealkillerz