Review: One Piece Pirate Warriors 4 – Vier gewinnt!

Videospielumsetzungen von Manga- und Animeserien gelten für Entwickler schon seit jeher als rotes Tuch, denn im Gegensatz zu anderen Franchises sind hier die Fans besonders kritisch, wenn es um ihre liebgewonnen Helden geht. Keine leichten Voraussetzungen vor allem für One Piece möchte man meinen, dem mittlerweile wohl bekanntesten und beliebtesten popkulturellen Export aus dem Land der aufgehenden Sonne. Doch weit gefehlt, denn den japanischen Entwicklern von Koei Tecmo gelang das, wovon viele Studios nur träumen können und erschufen eine Spiele-Reihe, die anfangs auf der Wii und in späterer Folge auf Sony’s Playstation 3 und 4 von den Fans nicht nur akzeptiert, sondern auch gefeiert wurde. Dabei handelt es sich um One Piece: Pirate Warriors, ein Produkt aus der hauseigenen Dynasty Warriors-Reihe und dem One Piece-Universum, das nun zu seinem vierten Streich einlädt und das erstmals auf allen verfügbaren Plattformen. Ob sich dieser gewagte Schritt für Publisher Bandai Namco auszahlt und man seiner epischen Vorlage abermals gerecht werden kann, das verraten wir euch jetzt in unserem Review!

Die Suche nach dem One Piece – Klappe, die Vierte!

Seit dem 19.Juli 1997 begeistert Eiichiro Odas Suche nach dem legendären Schatz, One Piece, wöchentlich die Fans und konnte im Laufe der Jahre immer mehr an Popularität hinzugewinnen. Kein Wunder, dass der Anime-Umsetzung in weiterer Folge auch zahlreiche Filme und Videospiele folgten, die die Geschichte von der Strohhutbande rund um Kapitän Monkey D. Ruffy ebenfalls erzählten. Da der Manga aktuell 975 Kapitel zählt und aus zahlreichen unterschiedlichen Story-Arc’s besteht, ist es stets ein schwieriges Unterfangen für Koei Tecmo,  eine Auswahl zu treffen, die den Weg ins Spiel findet, ohne den Rahmen dabei gehörig zu sprengen. Deswegen müssen sich Spieler in One Piece: Pirate Warriors 4 diesmal mit sechs unterschiedlichen Handlungs-Abschnitten begnügen, was der Stimmung aber keineswegs Abbruch tut. Beginnend mit der Schlacht um Alabasta rund um Sir Crocodile überspringt das Spiel diesmal die Anfänge der Piraten-Saga und steigt direkt bei den ersten 20% der Geschichte ein. Direkt danach folgt der nächste Zeitsprung und es gilt, Nico Robin im Water-7/Enies-Lobby Arc zu befreien. Komplettiert wird die erste Hälfte vor dem Zeitsprung mit der Ankunft auf dem Sabaody-Archipel und der Schlacht bei Marineford.

Entweder wird die Geschichte in Zwischensequenzen erzählt…

Während im Vorgänger aus 2015 nach dem Zeitsprung die Fischmenscheninsel und Punk Hazard im Fokus standen, verzichtet man in Teil 4 zur Gänze darauf und beschäftigt sich direkt mit dem Dressrosa-Arc rund um den Samurai der Meere Don Quichotte de Flamingo, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von Teil 3 leider nicht korrekt fertig erzählt wurde, diesmal jedoch relativ detailgetreu seinen Weg ins Spiel gefunden hat. Doch all diese vier Story-Abschnitte bilden nur das Vorspiel, denn das was die Fans eigentlich sehen wollen sind die Duelle mit den zwei Kaisern, Big Mom und Kaido, die beide in ihrem jeweiligen Arc, Whole Cake Island und Wa no Kuni, auf die Strohhutpiraten warten. An dieser Stelle sei aber ausdrücklich erwähnt, dass sich besonders der Abschnitt mit Kaido zum Zeitpunkt der Entwicklung weit weg von den aktuellen Geschehnissen im Manga befand, sich Fans deswegen hier nicht zu viel Detailtreue erwarten dürfen. Doch wer nun fürchtet, dass die Story dadurch konfus werden würde und nur noch Kenner ansprechen soll, der irrt sich. Denn in toll inszenierten und komplett synchronisierten Zwischensequenzen versucht das Spiel, alte Erinnerungen aufzufrischen und fasst die verpassten Geschehnisse kurz und kompakt zusammen. Dies ist besonders für Neu- oder Quereinsteiger äußerst interessant und attraktiv, sofern man sich keine Zeit nehmen kann, hunderte von Anime-Episode zu durchforsten um auf dem aktuellen Stand zu sein. Doch nicht nur die Story ist vollgepackt mit Action, denn auch das Kampfsystem strotzt nur so vor Vielfalt!

…oder in stimmig inszenierten Rückblenden

Dynasty Warriors war gestern!

Spielern von früher ist die Dynasty Warriors-Serie bestimmt noch ein Begriff, in der es darum galt, im alten China mit chinesichen Kommandanten feindliche Armeen aufzumischen. Was sich damals als Hack and Slay noch relativ eintönig gestaltete, entfaltet besonders im One Piece-Universum seine wahre Stärke! Zwar hat sich am Spielprinzip nichts geändert und ihr pflügt nur so durch gegnerische Reihen und Territorien, doch die Art und Weise wie ihr das tut, macht den Reiz von One Piece: Pirate Warriors 4 aus. Gegenüber dem Vorgänger hat man sich grafisch von dem kindlichen Comic-Look verabschiedet und schlägt nun in eine realistischere Kerbe, passend zu den neuen Bedrohungen. Dabei habt ihr sogar im Story-Modus stets die Qual der Wahl, mit welchem Helden oder Bösewicht ihr euch ins Kampfgeschehen stürzen wollt, sofern dieser im betreffenden Arc natürlich auch mit von der Partie war. So kommen Spieler über kurz oder lang in den Genuss von bis zu 43 unterschiedlichen Charakteren, die allesamt auf ihre, aus der Vorlage bekannten Teufelskräfte und Fähigkeiten, zurückgreifen dürfen.

Wer die Wahl hat, hat die Qual!

Im Kampf unterscheidet sich das in vier verschiedenen Stilen, die passenderweise auf die jeweiligen Personen zugeordnet sind. Krieger wie Strohhut Ruffy, Ritter der Meere Jinbei oder Kaiser Whitebeard zählen zum Kraft-Typ, die in der Schlacht zwar ordentlich austeilen, jedoch langsamer über das Schlachtfeld pflügen und etwas längere Zeit benötigen, ihre Spezialangriffe aufzuladen. Flinke Kämpfer wie Schwarzfuß Sanji, Feuerfaust Portgas D. Ace oder Sabo, Kommandant der Revolutionäre, zählen zu den Geschwindigkeits-Typen. Diese verfügen über eine hohe Ausdauer und eine etwas größere Reichweite gegenüber ihren brachialen Kollegen, müssen dabei aber auf etwas schwächere Angriffe zurückgreifen, können diese dafür auch öfters einsetzen. Der dritte Spielstil im Bunde ist der Technik-Typ wozu zum Beispiel „Gott“ Lysop und der Chirurg des Todes Trafalgar Law zählen. Diese Krieger behelfen sich diversen Hilfsmitteln oder ihren besonderen Teufelskräften, um den Widersachern im Nahkampf aus dem Weg zu gehen. Selbiges könnte man auch über den vierten und letzten Kampfstil sagen, wo man mit dem Himmels-Typ seinen Gegner vorzugsweise von oben aufs Korn nimmt. Dazu zählen bekannte Logia Nutzer wie Ex-Samurai der Meere Sir Crocodile oder Vizeadmiral Smoker, die dank ihren Fähigkeiten schnurstracks über das Schlachtfeld schweben, im Gegenzug aber auf Durchschlagskraft verzichten müssen. Dank dieser vier unterschiedlichen Typen spielt sich das breit gefächerte Teilnehmerfeld teilweise enorm unterschiedlich und unterhaltsam, was dem eintönigen Kampfprinzip überraschend viel Frische beschert. Doch auch abseits der Schlacht lassen sich seine Lieblingscharaktere zusätzlich verstärken, womit wir auch direkt bei der nötigen Spieltiefe angelangt sind.

Eure Performance wird immer bewertet

Power-Ups wie in der Vorlage

Jeder Held lebt von seinen Herausforderungen, die ihn stärker machen und neue Kräfte verleihen. Ein Prinzip, das besonders bei Shonen-Mangas ein beliebtes Hilfsmittel ist, um bevorstehende Bedrohungen bezwingen zu können. Zwar erhält ihr in One Piece: Pirate Warriors 4 nach jedem abgeschlossenen Level Erfahrungspunkte, die euren Charakter automatisch stärken, doch das allein reicht noch nicht aus, um die noch bevorstehenden Aufgaben zu meistern. Nach dem erfolgreichen Abschluss eines Levels erhält ihr im Anschluss je nach Performance eine gewisse Menge an Berrys, der Währung in One Piece, sowie diverse Heldenmünzen. Das angesammelte Guthaben gilt es gezielt in eure Charaktere zu investieren, was ihr über die sogenannte Wachstumskarte bewerkstelligen könnt. Diese ist in drei Abschnitte unterteilt, wovon die erste Karte für alle Charaktere gilt und wo die Parameter für Gesundheit, Ausdauer, Angriff und Verteidigung erhöht werden können. Auch spezifische Perks lassen sich dort freischalten, die ihr vor Beginn einer Schlacht zuordnen könnt.

Power-Up dank der Wachstumskarte

Mehr Spieltiefe bringen die beiden anderen Karten mit sich, die charakter-spezifisch aufgebaut sind und eine individuelle Förderung zulassen für all jene Helden oder Bösewichte, zu denen ihr bevorzugt greift. Diese sind passend vor bzw. nach dem Zeitsprung aufgebaut und beherbergen demzufolge alte sowie brandaktuelle Spezialangriffe, wovon ihr bis zu vier mit in die Schlacht nehmen könnt. Wer sich dabei gezielt auf seine Stärken fokussiert und die Helden trainiert, die zu einem passen, der behält auch auf höheren Schwierigkeitsgraden stets die Überhand. Während auf „Leicht“ die Missionen ein Selbstläufer sind, so sollte man bereits auf „Normal“ stets auf der Hut sein, sofern man sich im Kampfgetümmel mit einem noch ungespielten Charakter befindet. Auf „Schwer“ muss man neben der richtigen Skillung auch taktisches Kampfgeschick beweisen, denn stupides button-mashing findet spätestens hier ein Ende. Doch was tun wenn man die Story durch hat?

Die Wahl der Spezialangriffe bleibt euch überlassen

Spielspaß abseits der Story

Für all jene, die die Handlung beendet haben oder eine Pause brauchen, die können ihr Glück im sogenannten Schatz-Log versuchen, der je nach Schwierigkeit unterteilt ist zwischen East-Blue, Grand Line und neue Welt. In unterschiedlichen Missionen trefft ihr auf allerhand spielbare und nicht spielbare Charaktere aus der Story und müsst euch durch Horden von Gegner boxen, bis keiner mehr übrig ist. Leider bieten diese Missionen bis auf einzigartige Helden-Münzen und Berry keinen erzählerischen Mehrwert und sind lediglich für Trophäenjäger oder Spieler, die nicht genug bekommen können, von Interesse. Wer genug davon hat, sich alleine durchzukämpfen, der kann zusätzlich auch zum Online-Coop greifen, wo man Seite an Seite mit einem Freund den Widersachern den gar ausmacht.

Neben dem Geschichten-Logbuch gibt es noch mehr zu entdecken

Sucht man jedoch einmal wirklich Abstand zum Kampfgeschehen, dann eignet sich die Galerie perfekt dafür. Diese beinhaltet neben dem Charakterlexikon ein Glossar, wo sich Fans ihre Erinnerungen auffrischen oder ihre Lieblinge nachschlagen können. Mit dem Ereignis Viewer lassen sich bereits gesehene Story-Sequenzen wiederholen und serientypische Musikstücke mittels der Musiksammlung wiedergeben. Zur Komplettierung lädt auch das Münzalbum ein, wo ihr die Voraussetzungen für eure noch fehlenden Sammlungsstücke nachschlagen könnt.  Vervollständigt wird die Galerie von dem Crew-Handbuch, wo die japanische Synchronisation und die Emotionen der Charaktere näher bestaunt werden dürfen. Zu guter Letzt bietet das freie Logbuch noch einmal die Gelegenheit, Story-Missionen nachzuspielen, ohne die Sorge um lästige Zeitlimits oder ähnliche Beschränkungen haben zu müssen.

Eustass „Captain“ Kid ist auch im Charakterlexikon kein netter Zeitgenosse

Fazit

Vier gewinnt! Passender lässt sich One Piece: Pirate Warriors 4 nicht beschreiben, das sich eindrucksvoll zum besten Ableger der gesamten Warriors-Spielereihe gesteigert hat. Mit einer Vielfalt an Charakteren, einer packende Inszenierung und einem erwachsenen Look schafft es Koei Tecmo gekonnt, dem Piraten-Epos auch in Videospielform gerecht zu werden.

Positiv:

+ Starke Inszenierung der sechs Story-Arc’s

+ vollständige japanische Synchronisation

+ mehr als vierzig spielbare Charaktere

+ Level fühlen sich nie zu lange an

+ spricht Neulinge und Hardcore-Fans gleichermaßen an

Negativ:

– wenig Abwechslung in den Missionen

– Schatz-Logbuch sehr langweilig inszeniert

– Entfall einiger Fan-Lieblinge

One Piece: Pirate Warriors 4 ist am 27.März 2020 für PC, Playstation 4, Nintendo Switch und Xbox One erschienen.

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Written by: Manuel Barthes

Ehemaliger freier Redakteur bei Cerealkillerz