Vertikale Shoot ‚em Ups sind in ihrer Prämisse meist ziemlich einfach gestrickt: Erschieße alles was sich bewegt. Daher kommt es vor allem auf sekundäre Systeme wie verschiedene Waffen, Gegner und Highscoresysteme an. Wie gut sich CYGNI – All Guns Blazing aus dem Hause KeelWorks in diesen Dingen schlägt, wollen wir in diesem Test erkunden. Wir haben uns dabei die PC Version zu Gemüte geführt, aber auch PS4, PS5, Nintendo Switch, Xbox One und XBox Series X|S bekommen eine Veröffentlichung.
Wofür schieß ich überhaupt?
CYGNI hat eine Story… Wirklich! Und die wird sogar in kurzen Zwischensequenzen erzählt und bietet aus irgendeinem Grund sogar einen Pantyshot der weiblichen Pilotin, deren Rolle man übernimmt. In aller Kürze: Die Welt steht vor dem Untergang, weil eine unfassbar große Armada an Roboterkäfern angreift. Als letzte Hoffnung der Menschheit muss man nun sein ganzes Geschick als Pilot einsetzen, um den Untergang noch irgendwie aufzuhalten. Die Zwischensequenz setzt mit seinem rockigen Intro dabei aber nicht den richtigen Ton für den Rest des Spiels. Alle weiteren Videos sind nämlich wesentlich ernster und sehen erstaunlicherweise auch nicht so gut aus. Aber das muss bei einem Shmup ja auch nicht unbedingt sein, solange die Action stimmt.
Und die ist auf jeden Fall von Beginn an intensiv. In der ersten von sieben 10-17 Minuten dauernden Missionen wird man direkt in eine große Masse an Gegnern geworfen und alles ausser Dauerfeuer ist keine Lösung. Und bevor fünf Minuten vergangen sind, hat man schonen Miniboss vor sich und fühlt sich auf dem normalen Schwierigkeitsgrad massiv gefordert. Trotz einem kurzen interaktiven Tutorial braucht es etwas Übung, um mit dem Schild/Waffen System sicher umzugehen bzw. sich an die sehr sensible Steuerung zu gewöhnen
No risk no fun
Das Hauptgimmick des Spiels ist nämlich ein Energiesystem, das man zwischen Schild und Waffen aufteilen muss. Besiegte Gegner liefern neue Energie, die immer zuerst an das Schild geht. Als Spieler kann man diese Punkte auf die Waffensysteme umleiten um a) mehr Schaden zu verursachen und b) Raketen abfeuern zu können, wobei das einen Energiepunkt verbraucht. Auch das Zurückumleiten ist möglich und sorgt dafür, dass man ständig Energie hin- und herschiebt, um genug Schaden zu verursachen, Raketen zu schießen und gleichzeitig geschützt vor dem vorzeitigen Ableben zu sein.
Diese Energiepunkte sind zudem auch noch die Upgrade Währung zwischen Missionen und werden für diesen Zweck nur dann gesammelt, wenn das eigene Schild voll ist. Damit nicht so geübte Spieler aber genug Punkte sammeln können, hat sich KeelWorks dazu entschieden an manchen Stellen einen Überfluss an Punkten zur Verfügung zu stellen. An diesen Stellen ist man annähernd unbesiegbar, da jeder Hit auch eine kurze Unverwundbarkeitsphase nach sich zieht, in der man quer über den Bildschirm wieder Energie sammeln kann. Dies sorgt für ein seltsames Ungleichgewicht in den Levels das zwischen „oh mein Gott, wann kommt endlich wieder Energie“ und „ich bin unbesiegbar“ hin und her wechselt. Im Schnitt ist man aber selbst auf dem mittleren der drei Schwierigkeitsgrade derart gefordert, dass wir nicht nur einmal überlegt haben auf Easy umzustellen. Interessanterweise nimmt der gefühlte Schwierigkeitsgrad aber zu späteren Missionen hin ab.
Mehr badabumm kostet ein Vermögen
Tatsächlich den Schwierigkeitsgrad reduziert haben wir aber dann, als klar war, dass es zur letzten Mission sehr sinnvoll wäre endlich alle Upgrades gekauft zu haben. Und dazu muss man grinden. Am besten gelingt das auf Easy in der ersten Mission, wofür man für jeden Durchgang etwa eine Viertelstunde einplanen darf. Es ist schade, dass normales Durchspielen nicht ausreicht, um auch nur annähernd alles zu kaufen. Da es sich um garnicht soviele Updates handelt, ist das besonders bemerkenswert. Hier ein paar Raketen pro Salve mehr, dort ein schnellerer Bodenangriff, ansonsten mehr Schüsse (die sich hinter dem „Drohnen“ Upgrade verstecken) und schlussendlich ein all out Angriff und ein langsamer, aber starker Laserschuss. Alles in allem keine spannenden Optionen, aber grundsätzlich notwendig, um dem Ansturm an Roboterkäfern gerecht zu werden.
Es könnte sein, dass dieser Grind und die Notwendigkeit der Upgrades dazu animieren soll alle Schwierigkeitsgrade auszuprobieren. Denn rein über Skill in Shmups, was gleichbedeutend ist mit „allem ausweichen“, kommt man in CYGNI nicht immer weiter, da die Bulletpatterns und die hohe Sensibilität der Steuerung das sehr schwer machen. Nur Profis des Genres werden ohne Upgrades auf Anhieb durch alle Missionen auf Normal oder Hart kommen.
Bombast in Sachen Sound und Bosse
Dieses etwas unrunde Gefühl weicht mehr Begeisterung, wenn man sich auf den Soundtrack und die riesigen Bosse konzentriert. Abseits des Rockintros glänzt nämlich der sonstige Soundtrack mit orchestralen und dramatischen Tönen, während man versucht irgendwie am Leben zu bleiben. Das passt insbesondere bei den gigantischen Maschinen, die als (Zwischen)Bosse herhalten. Alle Endgegner gehen in die Richtung von Ausdauerkämpfen, bei denen man nur spärlich Energie zurückbekommt und man sich stark darauf konzentrieren muss, nicht getroffen zu werden.
Einmal haben wir uns sogar so sehr darauf konzentriert, dass unterging, dass man den Boss mit der Bodenwaffe angreifen musste. Ein etwas peinlicher Moment, den wir dann mit einem Neustart des Levels nach unserem Ableben bezahlen mussten. Der Wechsel zwischen Boden- und Luftkampf ist nämlich durchaus ein Grundsatzfeature. Manchmal wird man nämlich vom Boden aus beschossen und kann zudem der eigenen Armee Luftunterstützung bieten. Dieses Feature hätten wir uns allerdings viel öfter und kreativer eingesetzt gewünscht. Am Schluss einer jeden Mission bekommt man sogar die toten „Friendlies“ gezeigt, aber wirklich einen Unterschied macht es im Spiel nicht. Hier wären unterschiedliche Routen/Gegner/Belohnungen eine gelungene Abwechslung gewesen. So ist das Bombardement Feature nur spärlich eingesetzt und ob nun die Kollegen am Grund sterben oder nicht ist nicht relevant in diesem Krieg.
Schlussendlich bräuchte es aber genau diese Abwechslung, denn abseits des rudimentären Upgradesystems, den sieben Missionen und dem Arcademode für ein direktes Aneinanderreihen dieser Missionen (und begrenzten Upgrademöglichkeiten) gibt es nämlich nicht viel mehr zu finden. Die Gegner sind bis auf wenige Ausnahmen Kanonenfutter und vor allem durch ihre Masse gefährlich, aber nicht, weil sie besondere Fähigkeiten haben. Auch das Fehlen eines ausgeklügelten Highscoresystems, das Grazen (= knapp an Geschossen vorbeifliegen), fehlerfreie Sektionen oder eben das Retten der befreundeten Soldaten belohnt ist sehr, sehr schade. Nur der Co-op Modus bringt noch etwas Leben in die Bude und motiviert für schnelle Runden zwischendurch.
Fazit
CYGNI – All Guns Blazing schafft es leider nicht wirklich zu überzeugen. Trotz Daueraction, hübscher Explosionen in der Unreal Engine und einem guten orchestralen Soundtrack, fehlt es an einem Alleinstellungsmerkmal und nötiger Abwechslung. Da nicht getroffen werden quasi unmöglich ist und sich auch nicht wirklich in besseren Highscores niederschlägt, ist das Hauptaugenmerk in Sachen Langzeitspaß nur das optimierte Jonglieren der Schild/Waffenenergie, nachdem man alle Upgrades gegrindet hat. Mehr Abwechslung und ein ausgefeiltes Highscoresystem vermisst man schmerzlich. Jamestown aus dem Jahr 2011 hatte mit verschiedenen Schiffen, einem perfekt abgestimmten OST und 4-Spieler Co-Op bereits mehr zu bieten. Und Hardcore Shmup Fans werden sich weiterhin tendenziell wohl eher zu Spielen wie Crimzon Clover oder anderen Shmups aus dem Hause CAVE hingezogen fühlen.
Positiv
- Hübsche Explosionen und Effekte
- Orchestraler Soundtrack
- Die Bosskämpfe gegen riesige biomechanische Aliens machen viel her
- Von Beginn an (fast schon zu) fordernd
- 2 Spieler Co-Op
Negativ
- Keine Alternativen Schiffe/Routen/Modi/Unlockables
- Dem Highscoresystem fehlt es an Schliff
- Die Upgrades müssen ergrindet werden und bieten keine Besonderheiten
- Alles in allem viel zu wenig Abwechslung und Langzeitmotivation