Der kometenhafte Aufstieg und der darauffolgende Izuna Drop von Ninja Gaiden gehören zu den größten Tragödien des Character-Action-Genres. Das meisterhaft designte und unglaublich schwierige erste Spiel legte den Grundstein, bevor es von einer noch chaotischeren, brutaleren und befriedigenderen Fortsetzung in den Schatten gestellt wurde. Doch dann kam Ninja Gaiden 3, das völlig überdrehte und Ryu Hayabusa quasi auf Lebenserhaltung setzte. Team Ninjas Versuch, Ninja Gaiden einem breiteren Publikum zugänglich zu machen und Ryu Hayabusa zu vermenschlichen – eine Figur, die alle einfach als eiskalten Killer akzeptierten – hat die Serie beinahe getötet. Ironischerweise geschah das genau ein Jahr, bevor das Soulslike-Genre bewies, dass schwierige Spiele beliebter sind als je zuvor. Das wäre genau der Moment gewesen, in dem Ninja Gaiden ins Rampenlicht hätte treten können. Ninja Gaiden 3 bekam zwar mit Razor’s Edge eine verbesserte Version, die das Erlebnis deutlich aufwertete, doch es bleibt trotzdem der schwächste Teil der Trilogie. Diese 13 Jahre andauernde Tragödie hat nun endlich ein Ende – mit dem lang erwarteten vierten Hauptteil und dem brandneuen 2D-Sidescroller Ragebound, die beide 2025 erscheinen. Es sieht also ganz danach aus, als würde Ryu ein spektakuläres Comeback hinlegen. Doch Team Ninja hatte noch eine Überraschung für uns parat: Ein Remake des besten Spiels der Serie – Ninja Gaiden 2. Und wie das geworden ist, sagen wir euch in unserem Test.
Wunderhübsch anzusehen
Da die Sigma-Version von Ninja Gaiden 2 fast universell verhasst ist, war die Rückkehr eines so beliebten Spiels eine undankbare Aufgabe. Nach mehreren Tagen intensiven Spielens kann ich aber mit Freude sagen, dass Team Ninja hier wirklich abgeliefert hat. Ninja Gaiden 2 Black ist ein atemberaubendes Upgrade und in fast jeder Hinsicht besser als Sigma. Falls Ihr neu in der Serie seid und Euch fragt, ob es riskant ist, direkt mit der Fortsetzung anzufangen, kann ich Euch beruhigen. Die Geschichte von Ninja Gaiden 2 – in der unser Lieblings-Ninja Ryu Hayabusa die Welt bereist, um den Black Spider Clan zu bekämpfen – ist nach wie vor kaum der Rede wert. Die immer absurderen Situationen und übernatürlichen Gegner wie sprechende Werwölfe, Ninjas und Dämonen sorgen zwar für Abwechslung, aber die Story selbst bleibt Unsinn. Ryu ist kein richtiger Charakter, sondern betritt einfach verschiedene Arenen, wo Gegner ihn volllabern, bis er sie und alle anderen um ihn herum niedermetzelt. Die Handlung ist also nicht gerade schlecht gealtert, sie war von Anfang an belanglos. Black bringt die fast zwei Jahrzehnte alte Geschichte aber zumindest optisch auf ein völlig neues Level dank der Unreal Engine. Die HD-Version in der Master Collection sah schon gut aus, aber die Neuauflage setzt nochmal eine ordentliche Schippe drauf.

Besonders beeindruckend sind die neuen Charaktermodelle und die blutgetränkten Texturen, aber das größte Upgrade erfährt die Umgebung. Während man die Levels im Originalspiel kaum beachtet hat, sind sie jetzt ein echter Hingucker. Es ist teilweise kaum zu glauben, wie gut Ninja Gaiden 2 Black aussieht – ich habe mich sogar dabei erwischt, das Tempo rauszunehmen und einfach die Umgebung zu genießen. Ryu Hayabusas strahlend grüne Augen und das schicke neue UI sind nette Extras, aber bei einem Character-Action-Spiel kommt es natürlich auf das Gameplay an. Ninja Gaiden 2 gehört zu den besten des Genres, weil der Kampf so schnell, brutal und spektakulär ist. Devil May Cry, Metal Gear Rising und Bayonetta bieten ebenfalls atemberaubendes Combat, aber Ninja Gaiden zwingt Euch, jeden einzelnen Schwerthieb, Izuna Drop und jeden verdammten Fehler mit voller Härte zu spüren. Das erste Ninja Gaiden war zwar etwas eleganter, aber die Fortsetzung machte das Gameplay noch rasanter und stellte das Zerstückeln der Gegner in den Mittelpunkt. Jeder Angriff lässt Blutfontänen spritzen, und die Finisher sind nicht nur cool, sondern absolut essenziell, um im Kampf eine faire Chance zu haben. Es braucht eine Weile, um sich alles anzueignen, aber wenn Ihr den Dreh raus habt, fühlt sich Ninja Gaiden 2 in fast jeder Hinsicht fantastisch an.

Ein Kampfsystem wie eine Choreographie
Während die Grafik für Black komplett überarbeitet wurde, hat Team Ninja das Gameplay größtenteils unangetastet gelassen, eine kluge Entscheidung, da das Kampfsystem nach wie vor perfekt funktioniert. Ein paar Alterserscheinungen gibt es aber doch, wie die manchmal hakelige Kamera oder die etwas steifen Bewegungen, besonders wenn das Spiel plötzlich meint, Plattforming-Passagen einbauen zu müssen. Langjährige Fans sind diese kleinen Macken gewohnt, aber wer mit Black zum ersten Mal in die Serie einsteigt, wird sich erst an die Lernkurve gewöhnen müssen. Trotzdem ist dies die beste Version von Ninja Gaiden 2, die wir seit dem Original bekommen haben, da viele Fehler der Sigma-Fassung korrigiert wurden. Für diejenigen, die es nicht wissen: Sigma war die PS3-Portierung von Ninja Gaiden 2, die berüchtigt dafür war, den Schwierigkeitsgrad, den Gewaltgrad und sogar ganze Inhalte des Xbox-Originals zu kürzen. Black übernimmt zwar einige Elemente von Sigma, wie die reduzierte Gegnerzahl im normalen Schwierigkeitsgrad, aber viele der umstrittensten Änderungen – darunter die beschnittenen Waffen-Upgrades und der Mangel an Blut – wurden rückgängig gemacht.

Die absoluten Puristen werden sich daran stören, dass Black nicht komplett mit Sigma bricht, aber für Neueinsteiger ist dies ohne Zweifel die beste Version des Spiels. Die einzige große Enttäuschung für Nicht-Hardcore-Fans ist der überraschende Verlust von Inhalten. Zahlreiche freischaltbare Kostüme fehlen, und ganze Modi wie Survival und Ninja Race wurden gestrichen, was das Endgame etwas dünner macht. Die wiederkehrenden Tag-Missionen sind immerhin eine nette Ergänzung, und der Chapter Challenge-Modus macht das Fehlen von New Game Plus etwas erträglicher. Trotz der fragwürdigen Kürzungen (die hoffentlich noch nachgereicht werden) ist Ninja Gaiden 2 Black der perfekte Einstieg für neue Spieler in die Serie – mit dem actionreichsten und blutigsten Teil der Reihe. Hardcore-Fans werden vielleicht nach wie vor das gnadenlose Original bevorzugen, aber die meisten von uns sind einfach nur froh, Ryu Hayabusa wieder in Bestform zu sehen und endlich mit der Sigma-Ära abzuschließen.

Fazit
Ninja Gaiden 2 Black feiert gekonnt die Rückkehr des blutigsten Videospiel-Ninjas und liefert ein wunderbares Upgrade des Originals. Fast alle umstrittenen Änderung der Sigma-Version sind Vergangenheit und es kann endlich wieder munter gemeuchelt werden, wenn auch mit ein paar fehlenden Inhalten und einer immer noch total abstrusen Geschichte.

Positiv:
+ sieht mit der Unreal Engine 5 unfassbar gut aus
+ unsägliche Kürzungen und Änderung des Sigma-Teils sind Geschichte
+ fulminante und spaßig blutige Character-Action
Negativ:
– fehlender Content aus der Sigma-Version
– immer noch bockschwer und mitunter frustig