Metal Slug Tactics verwirrt mich. Und ich meine das nicht im übertragenen Sinn oder dass das Spiel besonders kompliziert wäre. Ich meine, dass ich mehrmals innegehalten und mich gefragt habe… warum? Dotemus taktische Neuauflage der Metal Slug-Reihe hat ein paar kluge und interessante Ideen im Kern, die aber ständig mit einigen wirklich seltsamen Mechaniken in Konflikt geraten und jede Mission frustrierender machen, als sie sein sollte. Doch mehr dazu in unserem Test.
Eigenheiten und Eigenartiges mit einer tollen Optik
Die Geschichte von Metal Slug Tactics ist eher nebensächlich. General Morden ist wieder aus dem Gefängnis ausgebrochen und es ist eure Aufgabe, ihn zurückzubringen. Kaum draußen, hat er schon drei Mega-Waffen über die Karte verteilt, und indem ihr in jeder Region ordentlich Krawall macht, lockt ihr seine Anhänger heraus, damit ihr es gleichzeitig mit ihnen und den Waffen aufnehmen könnt. Die Story ist fluffig und überdreht, genau wie die älteren Metal Slug-Games, und das reicht vollkommen. Jede Region hat eine Karte mit mehreren zufällig generierten Levels, die jeweils eigene, zufällige Belohnungen und Bedingungen bieten. Die Vielfalt der Missionsziele und Kartengestaltung hat sich in meiner Spielzeit zum Glück nie wirklich abgenutzt. Falls es doch mal monoton wird, lassen sich höhere Schwierigkeitsstufen freischalten, um das Ganze wieder spannender zu machen. Die Karten von Metal Slug Tactics haben mehrere Höhenebenen, ähnlich wie Final Fantasy Tactics oder Triangle Strategy, aber eine der merkwürdigsten Mechaniken ist, wie diese Ebenen eure Kampfoptionen beeinflussen. Man kann nur Gegner auf derselben Ebene angreifen. Es hat eine Weile gedauert, bis ich verstanden habe, dass ein Scharfschütze nicht von einem Dach aus nach unten zielen kann und dass ein einfaches Sims schon reicht, um einen Panzer mit unglaublicher Reichweite aufzuhalten.
Auch das Deckungssystem ist eigenartig. Blaue Felder auf der Karte – meist hinter kleinen Wänden oder Sandsäcken – bieten Deckung, die den erlittenen Schaden reduziert, egal aus welcher Richtung der Angriff kommt. Das heißt, ein Gegner kann euch buchstäblich ins Gesicht schießen, und ihr nehmt keinen Schaden, solange sich eine Wand hinter euch befindet. Klar, bei Videospielen, besonders bei Rundenkämpfen, muss man oft die Logik ein bisschen ausblenden, aber dass eine Deckung im Rücken Schutz vor jedem Angriff bietet, ist doch etwas übertrieben. Es gibt ein vages Ressourcensystem, das euch auffordert, „dunkle Felder“ zu überqueren, um irgendetwas einzusammeln, wahrscheinlich Munition, aber so ganz klar wird das nicht. Außerdem könnt ihr quasi ausweichen. Charaktere bekommen ein Ausweichattribut, wenn sie sich bewegen, das anfangs null ist und sich dann auf zwei bis vier oder mehr erhöht, je nachdem, wie viele Felder man im Zug zurücklegt. Diese Zahl reduziert den erlittenen Schaden – an sich eine nette Idee, aber sie fördert oft unnötige, manchmal sogar kontraproduktive Bewegungen, die echte Strategie nur behindern. Denn ihr könnt wirklich nie an einer Position verweilen, was für manche Einheiten sicher ein cooes Gimmick ist, aber wenn ich einen nahkämpfer immer wieder umherlaufen lassen muss, so nervt das leider mehr als es müsste. Das wirkt wie künstliche Strategie, die Metal Slug Tactics eine besondere Identität verleihen soll, was das Spiel aber gar nicht bräuchte. Unter den nervigen, merkwürdigen Entscheidungen hat das Spiel durchaus ein gutes Verständnis davon, was ein taktisches Spiel ausmacht.
Roguelite Kämpfe ohne Pause
Jeder Charakter hat eine Standardwaffe, eine stärkere Waffe mit begrenztem Einsatz, die an bestimmten Punkten aufgeladen werden muss und im späteren Spielverlauf ein paar einzigartige Aktionen, die durch Adrenalin, eine Ressource, die sich im Kampf auflädt, aktiviert werden können. Zwei Waffentypen oder Granaten zu haben klingt simpel, aber es entsteht eine erstaunliche Tiefe, wenn man Reichweite, Charakterpositionierung und den Einfluss der Fähigkeiten eines Charakters auf die Angriffe des nächsten berücksichtigt. Und das ist, bevor man überhaupt an die Sync-Attacken denkt. Diese kombinierten Angriffe werden ausgelöst, wenn man einen Gegner innerhalb der Reichweite eines Verbündeten angreift, ähnlich dem Dreiecks-System in Triangle Strategy – mit dem Unterschied, dass auch die eigenen Verbündeten getroffen werden können. Ich würde mir wünschen, dass ein Freund keine Granate auf meinen Kopf wirft, nur weil sie dabei auch einen Feind trifft, aber anscheinend ticken die Metal-Slug-Charaktere da anders. Wie dem auch sei, abgesehen von diesem seltsamen Verhalten der Charaktere ist es ein meist kluges System, das sorgfältige Planung fördert.
Dotemu hat bei der Gegnerauswahl und Animation auf skurrile Ideen gesetzt, was Metal Slug Tactics eine willkommene zusätzliche Prise Persönlichkeit verleiht. Natürlich gibt es die üblichen Gegner mit Gewehren und Bomben, aber auch Schwertwerfer, die nach dem Wurf einfach ein neues Schwert hochwürgen, sowie eine Menge weiterer seltsamer Figuren mit ungewöhnlichen Angriffsmustern. Selbst wenn man diese durchschaut hat und der Überraschungseffekt verloren geht, macht es immer noch Spaß, ihre detailreichen und bizarren Animationen zu sehen. Metal Slug Tactics ist eine Art Hybrid. Zum größten Teil ist es ein verkürztes, rundenbasiertes Taktik-RPG, das kleine Spielbretter und bestimmte Missionsziele verwendet. Es ist auch ein Roguelike, bei dem der Spieler bei jedem Durchlauf verschiedene Möglichkeiten für temporäre Power-Ups, gestaffelte Freischaltungen und Durchläufe hat, die sehr schnell schiefgehen können. Zwischen den Missionen könnt ihr neue Upgrades kaufen, um den Pool zu erweitern, Einheiten und Ausrüstungen in der Kaserne ausprobieren und vieles mehr. Hier gibt es eine Menge Spiel, auch wenn die Präsentation oft auf engem Raum wirkt.
Fazit
Metal Slug Tactics ist optisch und designtechnisch genau so charmant wie die restlichen Ableger, verfrachtet euch aber diesmal in ein durchaus ausgeklügeltes Taktik-System mit Roguelike-Elementen. Manches ist dabei leider etwas zu gezwungen eigen und mindert den Spielspaß und leicht ist es auch nicht, doch die Motivation immer neues freizuschalten und nur noch diese eine Map zu absolvieren halten einen bei der Stange.
Positiv:
+ unverkennbarer Look der Reihe
+ tolle Designs
+ motivierende Freischaltungen
+ große Bosse
Negativ:
– unspaßige Gameplay-Elemente (Friendly Fire, Höhenunterschiede & Ausweichpunkte)
– keinerlei Story
– bietet nichts abseits der Kämpfe
– sehr kleine, nicht anpassbare, Texte